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Widerrufsrecht bei individuell angefertigten Wintergärten zur Selbstmontage

Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 6 U 48/20 – Urteil vom 25.03.2021

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Kiel vom 20.07.2020, Az. 13 O 257/19, wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Kiel ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 20.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten Unterlassung der Verwendung bestimmter Widerrufsbelehrungen und meint, es liege ein Verstoß gegen verbraucherschützende Informationspflichten vor. Die Beklagte handelt mit Glasanbauten / Wintergärten und bietet hierzu ihren Kunden Bausätze für Wintergärten zur Selbstmontage an. Auf den Bestellformularen für ein Montageset für einen Glasanbau / Wintergarten findet sich neben der Angabe der Vertragsparteien eine genauere Beschreibung der bestellten Ware und in einem Kasten im unteren Bereich des Formulars folgender Hinweis:

„Ich habe die allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie die Leistungsbeschreibung gelesen und akzeptiere diese. Das Widerrufsrecht besteht laut § 312g Abs. 2 Ziffer 1 BGB bei diesem, mit dem Auftragnehmer bestehenden Vertrag nicht, da es sich bei den bestellten Bauteilen um nach den individuellen Wünschen / Maßen des Kunden herzustellende Bauteile handelt und insofern der Ausschluss des § 312g Abs. 2 Nr. 1 Anwendung findet. Dieser lautet wie folgt:

(2) Das Widerrufsrecht besteht, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, nicht bei folgenden Verträgen:

1. Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind.“

Wegen des weiteren Inhalts des Bestellformulars wird auf die Anlage K 3 (Bl. 32 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die genannte Ausnahme in § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB vorliegend nicht greife, da es sich bei den von der Beklagten angebotenen Waren lediglich um vorgefertigte Bausätze handele. Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 01.07.2020 (Bl. 120) habe er nachgewiesen, dass die Beklagte jedenfalls auch vorgefertigte Bausätze liefere. Auf die Anlagen K 10 und K 11 wird Bezug genommen. Zudem handele es sich, da auch die Montage der Wintergärten vermittelt werde, um Werkverträge, bei denen die Ausnahme vom Widerrufsrecht nicht eingreife.

Die Beklagte hat behauptet, dass für jeden einzelnen Wintergarten ein genaues Aufmaß genommen werde. Dieses Aufmaß entspreche den örtlichen Gegebenheiten beim Kunden und werde dann hinsichtlich der Dachkonstruktion beim Werk der T GmbH & Co. KG bestellt und dort von dieser vormontiert. Hinsichtlich des Kunststoffunterbaus schicke sie die jeweiligen erhobenen Maße und die Anzahl sowie die Art der Öffnungen und die gewählte Farbe unter Vorlage entsprechender Skizzen des geplanten Wintergartenbausatzes an die Firma R GmbH. Die Kunststoffelemente würden fest miteinander verschweißt und könnten nicht mehr getrennt werden, ohne dass das Bauteil zerstört werde. Dadurch entstünden fest verschweißte Seitenteile und ein bis zwei Frontteile. Die Beklagte hat weiter behauptet, die jeweils hergestellten Bauteilteile könnten in der Regel nicht für einen anderen Wintergarten Verwendung finden, da jeweils die örtlichen Gegebenheiten wie z. B. die Dachneigung, die Statik eines bestimmten Hauses – insbesondere bei Vorliegen großer Fenster -, die Windlast, der Fußbodenaufbau, etwaige Kellerabgänge oder Mauerteile am vorhandenen Gebäude berücksichtigt worden und die Gegebenheiten in der Regel individuell seien.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, nachdem es in der mündlichen Verhandlung noch angekündigt hatte, einen Hinweis- oder Beweisbeschluss zu erlassen. Zur Begründung heißt es u. a.: Die Beklagte könne sich auf die Bereichsausnahme des § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB berufen. Sie fertige Bausätze, die auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten seien. Die gefertigten Bauteile würden derart verschweißt, dass sie sich nicht ohne Substanzverlust oder unverhältnismäßigen Arbeitsaufwand voneinander trennen ließen. Diese Überzeugung habe sich das Gericht aufgrund des konkreten und detailreichen Vortrages der Beklagten, der Schilderung im Termin und der Vorlage von Planungsunterlagen gebildet. Es handele sich nicht um einen Werkvertrag, da die Montage nicht geschuldet sei, sondern nach den vorliegenden Unterlagen von dem Montageservice H zu erbringen sei. Der diesbezügliche Vortrag der Beklagten sei nicht als verspätet zurückzuweisen, der Kläger habe fristgemäß erwidert, den dortigen Vortrag aber nicht widerlegen können.

Der Auffassung, ein Widerrufsrecht bestehe auch bei individuell hergestellten Waren, solange mit der Produktion noch nicht begonnen worden sei, folge das Gericht nicht. Dies entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers. Es würde zudem Rechtsunsicherheit verursachen, da der Verbraucher in der Regel keinen Einblick in die Bestell- und Produktionsvorgänge habe. Da der Kläger keinen Fall vorgelegt habe, in dem tatsächlich vorgefertigte Waren verkauft worden seien, sei die Klage ohne weitere Beweisaufnahme abzuweisen gewesen. Denn es seien keine weiteren falschen Informationen in den beanstandeten Unterlagen enthalten.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Klageziel weiterverfolgt. Das Landgericht habe fehlerhaft den präkludierten Vortrag der Beklagten berücksichtigt. Verfahrensfehlerhaft habe das Landgericht entgegen dem erteilten Hinweis ohne weitere Beweisaufnahme entschieden. Die der Entscheidung zugrundeliegenden Tatsachen seien im Wesentlichen streitig, würden vom Landgericht jedoch im Ergebnis als unstreitig behandelt. Ausweislich des Tatbestandes habe auch die Beklagte lediglich behauptet, die gefertigten Teile seien in der Regel nicht mehr verwendbar. Dies setze Ausnahmen voraus. Zu einer endgültigen Zerstörung der Bauteile bei einer Trennung fehle es an Vortrag; ebenso dazu, dass die Beklagte keine vorgefertigten Bauteile verwende. Bei den Teilen, die z. B. zur Montage auf dem Boden oder der Wand fest verbunden werden müssten, handele es sich lediglich um einen unbedeutenden Teil des Gesamtgegenstandes. Die Beklagte gebe selbst nur Daten weiter und liefere die fertigen Teile. Im Übrigen wiederholt der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen.

Der Kläger beantragt die Abänderung des angefochtenen Urteils und verfolgt seine erstinstanzlich gestellten Anträge weiter.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und verteidigt das angefochtene Urteil mit den erstinstanzlich vertretenen Argumenten.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Berufung zeigt keine entscheidungserheblichen Verfahrensfehler auf.

Widerrufsrecht bei individuell angefertigten Wintergärten zur Selbstmontage
(Symbolfoto: Ben Schonewille/Shutterstock.com)

a) Ohne Erfolg wendet der Kläger ein, die Entscheidung des Landgerichts beruhe auf verspätetem Vorbringen, das gem. § 296 Abs. 2 ZPO nicht habe berücksichtigt werden dürfen. Denn die Zulassung verspäteten Vorbringens kann – mit Ausnahme verspäteter Rügen zur Zulässigkeit gem. § 296 Abs. 3 ZPO – ein Rechtsmittel des Gegners nie rechtfertigen, da es der Wahrheitsfindung dient (Zöller-Greger, ZPO, 33. Aufl., § 296 Rn. 35 m. w. N.). Das Berufungsgericht kann eine fehlerhafte Zurückweisung nicht nachholen (für den Fall eines trotz fehlenden Vorschusses eingeholten Sachverständigengutachtens: BGH, NJW 2017, 2288, Rn. 15 – beck-online -).

b) Auch die an sich zutreffende Rüge, das Landgericht habe gegen die materielle Prozessleitungspflicht aus § 139 ZPO verstoßen, bleibt ohne Erfolg. Denn gem. § 513 ZPO ist die Berufung nur dann erfolgreich, wenn ein Urteil auf einer Rechtsverletzung beruht. Damit das Rechtsmittelgericht diese Kausalität überprüfen kann, muss angegeben werden, was auf einen entsprechenden Hinweis vorgetragen worden wäre (Zöller, a. a. O., § 139 Rn. 20 m. w. N.). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Kläger hat in der Berufungsbegründung angeführt, er hätte, wenn das Gericht darauf hingewiesen hätte, seine Entscheidung auf den verspäteten Vortrag stützen zu wollen, von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, „ergänzend, vertiefend und auch wiederholend vorzutragen oder anderweitige Rechtsbehelfe einzulegen.“ Konkreter Vortrag fehlt jedoch.

2. Die Beklagte kann sich im Rahmen der vorgelegten Verträge auf die Bereichsausnahme des § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB berufen. Die von ihr verwendeten Vertragsformulare und Allgemeinen Geschäftsbedingungen führen somit nicht zu einem Verstoß gegen ihre Informationspflichten aus § 312j BGB oder zu irreführenden geschäftlichen Handlungen gem. § 5, § 5a UWG. Dem Kläger stehen somit Unterlassungsansprüche gem. § 8 UWG nicht zu. Nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB besteht das Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen oder im Fernabsatz geschlossenen Verträgen nicht, wenn es sich um Verträge zur Lieferung von Waren handelt, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist, oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind. Diese Voraussetzungen liegen vor.

a) Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei den vorliegenden Verträgen nicht um Werkverträge, für die die Anwendung der Bereichsausnahme nicht in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 30. August 2018, VII ZR 243/17, Rn. 19ff, – juris -). Die Beklagte unterteilt die von selbstständigen Handelsvertretern vermittelten Verträge in Verträge auf Lieferung von „Bauteile[n] zur Montage eines kompletten Glasanbaus/Wintergartens“ (vgl. Anlage K10, Bl. 116) und einen Montageauftrag mit einem nicht mit ihr verbundenen Handwerksbetrieb (vgl. Anlage K11, Bl. 122). Sie hat hierzu bisher unwiderlegt angegeben, der Besteller könne auch den Wintergarten selbst aufstellen oder einen anderen Handwerksbetrieb mit der Montage beauftragen. Damit liegt der Schwerpunkt der von der Beklagten angebotenen Leistung in der Lieferung von Waren i. S. d. § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB und nicht in der Herbeiführung eines Werkerfolges.

b) Auch die weiteren Voraussetzungen der Bereichsausnahme liegen vor. Die Ausnahme für Waren, die nach Kundenspezifikation hergestellt sind, entspricht im Wesentlichen Art. 2 Nr. 4 VerbrRRL, die zur Begriffsbestimmung in Erwägungsgrund 49 als Beispiel nach Maß gefertigte Vorhänge angibt (Staudinger-Thüsing (2019), BGB, § 312g Rn. 21). Weitere Beispiele sind Maßanzüge, mit persönlicher Gravur versehene Schmuckstücke oder Grabsteine (Staudinger, a. a. O., Rn. 22). Nach der auch in § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB genannten Alternative greift die Ausnahme zudem bei Waren, die eindeutig auf die persönlichen Verhältnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind. Dies wäre getreu dem Wortsinn auch bei Möbeln der Fall, die aus einer Angebotspalette des Herstellers individuell zusammengestellt werden, oder bei Kraftfahrzeugen, die vom Verbraucher gewünschte Extras enthalten (MüKo-BGB/Wendehorst, § 312g Rn. 16; Staudinger, a. a. O. Rn. 22, jeweils m. w. N.). Daher ist die Vorschrift eng auszulegen.

aa) Der Zweck der Bereichsausnahme liegt darin, dass eine Rückabwicklung des Vertrages für den Unternehmer unzumutbar ist, wenn hierdurch für ihn erhebliche wirtschaftliche Nachteile entstehen. Dieses Risiko muss über das allgemeine Risiko eines Fernabsatzgeschäftes hinausgehen, das für den Unternehmer bereits durch die Vorteile dieses Vertriebsmodells ausgeglichen wird. Für das Vorliegen der Ausnahme sind daher zwei Voraussetzungen erforderlich (vgl. BGH, MDR 2003, 732, Rn. 15ff., juris):

(1) Zum einen darf der Unternehmer die vom Kunden veranlasste Anfertigung der Ware nicht ohne weiteres rückgängig machen können. Hierzu ist erforderlich, dass es einen unvertretbaren wirtschaftlichen Aufwand erfordert, die Bestandteile wieder in einen Zustand zu versetzen, in dem sie sich vor der Zusammensetzung befunden haben. Der BGH hat in der zitierten Entscheidung fünf Prozent des Warenwertes noch nicht als unvertretbaren Aufwand angesehen (BGH a. a. O., Rn. 19, juris).

(2) Zum anderen müssen die Angaben des Verbrauchers die Sache so sehr individualisiert haben, dass der Unternehmer sie wegen ihrer besonderen Gestalt nicht mehr oder nur noch mit erheblichen wirtschaftlichen Verlusten weiterveräußern kann (BGH a. a. O., Rn. 20ff; Palandt-Grüneberg, § 312g Rn. 4). Unerheblich ist, ob der Unternehmer die Spezifikation selbst vorgenommen hat oder die Ware auf Kundenwunsch hin hat anfertigen lassen.

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bb) Die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 21) hat die Voraussetzung der Ausnahme hinreichend belegt.

(1) Soweit sie dargelegt hat, die Wintergärten seien auf die zu bebauende Fläche, die Traufenhöhe, die Lastabfangung der Wand, Besonderheiten wie das Einschließen einer Hausecke oder Umgehung eines Abganges zugeschnitten, betrifft dies zunächst nur die Frage der Individualisierung im weiten Sinne, also die Frage, ob überhaupt ein Zuschnitt auf die Kundenwünsche, wie z. B. bei Farbe und Ausstattung eines PKW erfolgt. Auch Einzelwünsche wie das für das Dach verwendete Material, zu öffnende Fenster etc. begründen den erforderlichen wirtschaftlichen Nachteil durch die Individualisierung ohne hinzukommende Umstände nicht.

(2) Solche weiteren Umstände sind in der Herstellungsweise der Wintergartenteile, deren Ablauf die Beklagte detailliert unter Vorlage verschiedener Bestellungen und Planungsunterlagen vorgetragen hat, begründet. Der Kläger ist diesem Vortrag lediglich pauschal und damit unbeachtlich entgegengetreten.

Nach dem insoweit zugrunde zu legenden Ablauf werden die Dächer der Wintergärten aus Profilbauteilen zusammengesetzt und dann die Dichtungen und Abdeckleisten auf die jeweilige Länge zugeschnitten. Bereits diese Bereiche und Einzelteile wären zwar theoretisch wiederverwendbar, allerdings lediglich an kürzeren oder kleineren Bauteilen. Außerdem liegt nahe, dass bei weitgehend automatisierter Fertigung die erneute Verwendung bereits auf Länge zugeschnittener Teile einen unwirtschaftlichen Aufwand darstellt.

Offensichtlich ist auch, dass die hergestellten Seiten- und Frontteile nicht ohne Substanzverlust demontiert werden können. Bei der Fertigung von Kunststofffenstern werden die Profile in den Eckbereichen verschweißt und sind somit nicht ohne Zerstörung trennbar. Dieser Vortrag wäre nur dann unerheblich, wenn hier nicht nach individuellen Maßen gefertigt würde, sondern die Kunden nur die Auswahl zwischen verschiedenen Standardgrößen haben, die dann bereits in Serie vorgefertigt und nur zusammengestellt werden. Mit ihren Plänen und Bestellunterlagen hat die Beklagte aber nachvollziehbar dargelegt, zwar mit einem hohen Standardisierungs- und Automatisierungsgrad zu bestellen und fertigen zu lassen. Dies ändert aber nichts daran, dass im Grundsatz belegt wird, dass individuelle Gegebenheiten wie die Einbindung von Treppenbereichen oder sonstigen Besonderheiten erfolgt und die Bestellungen auf jeden Einzelfall angepasst sind. Durch den Umstand, dass die Fensterelemente nur durch ihre faktische Zerstörung zerlegt werden können, ist offensichtlich, dass sie sich nur mit einem deutlich höheren Aufwand als fünf Prozent des Warenwertes wieder trennen lassen.

(3) Schließlich ist auch die weitere Voraussetzung der Bereichsausnahme gegeben, da die vorgefertigten Wintergärten wegen ihres hohen Grades der Individualisierung nur noch mit erheblichen wirtschaftlichen Verlusten weiterveräußert werden können. Zwar könnte theoretisch ein Wintergarten, der nach häufiger vorkommenden Maßen gefertigt wurde und bei dem keine oder nur wenige Besonderheiten in den Wand- oder Bodenanschlüssen vorliegen, auch an einem anderen Haus aufgebaut werden. Ein solcher Handel mit vorgefertigten Wintergärten liegt jedoch außerhalb des Geschäftsmodells der Beklagten. Auch wenn der Kläger mit dem vorgelegten Vertrag einen Fall geschildert hat, in dem der verkaufte Wintergarten durch ein als Standard erscheinendes Maß gekennzeichnet ist, hat er hierdurch nicht widerlegt, dass der Vertrieb der Beklagten darauf gerichtet ist, gerade die individuellen Besonderheiten der Aufstellorte zu berücksichtigen und sich damit vom Verkauf vorgefertigter Standardbauten, wie sie z. B. in Baumärkten angeboten werden, abzusetzen. Zudem mag es wie im vorliegenden Einzelfall dazu kommen, dass ein Wintergarten mit 4006 mm x 3006 mm anderweitig verwendbar und zu verkaufen wäre. Der Kläger hat aber nicht belegt, dass dies in anderen oder häufigeren Fällen so ist. Vielmehr hat die Beklagte durch die Vorlage zahlreicher abweichender Maße dargelegt, dass es sich hierbei um Einzelfälle handelt. Hierzu bedurfte es nicht der weiteren, ungeordnet eingereichten zahlreichen Fotos und Skizzen, die mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 02.03.2021 vorgelegt wurden. Die bereits zuvor eingereichten Unterlagen belegten dies ausreichend. Auch das Vertriebsmodell der Beratung durch selbstständige Handelsvertreter eignet sich weniger, einen ggf. bestehenden wechselnden Lagerbestand an Wintergärten mit wechselnden Abmessungen zu vertreiben.

c) Der Senat konnte ohne weitere Beweisaufnahme entscheiden. Der Substanzverlust, der bei Trennung der aus Kunststoff hergestellten Fensterelemente zu berücksichtigen ist, ist offenkundig. Dass auf ein Standard-Profilsystem bei der Herstellung zurückgegriffen wird, reicht hierfür nicht, dies ist im Fensterbau üblich. Entscheidend ist, dass es auf Maß angefertigt wird. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem mit Schriftsatz vom 01.07.2020 vorgelegten Vertrag. Es mag sein, dass bei den dortigen Bestellern bis auf die Festlegung der Grundfläche wenig Daten zu erheben waren. Die Fertigung aus Fertigteilen oder die einfache Möglichkeit, den Wintergarten auch an anderer Stelle aufzustellen, ergibt sich hieraus nicht (s. o.). Weitere Verträge, aus denen sich Indizien für eine Vorfertigung nach Standardmaßen ergäben, liegen nicht vor.

d) Die Bereichsausnahme für das Widerrufsrecht ist auch nicht für einen begrenzten Zeitraum bis zum Beginn der Fertigung ausgeschlossen (vgl. hierzu Staudinger, a. a. O., Rn. 26; AG München VuR 2017, 191). Denn der EuGH hat mit Urteil vom 21.10.2020 (Rechtssache C-529/19) entschieden, dass die der Regelung des § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB zugrundeliegende Richtlinie dahin auszulegen ist, dass die Ausnahme vom Widerrufsrecht einem Verbraucher unabhängig davon entgegengehalten werden kann, ob der Unternehmer mit deren Herstellung begonnen hat oder nicht (Rn. 30 nach juris).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

4. Anlass für die Zulassung der Revision bestehen nicht. Es handelt sich um eine Entscheidung im Einzelfall, die zugrundeliegenden Rechtsfragen sind, mittlerweile auch zur zeitlichen Geltung der Bereichsausnahme, höchstrichterlich geklärt.

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