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Wirksamkeit von wiederholten Befristungen bei Angestellten öffentlichen Dienst

Arbeitsgericht Frankfurt am Main

Az.: 6 Ca 8743/00

Verkündet am 06.06.2001


In dem Rechtsstreit hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main – Kammer 6 – auf die mündliche Verhandlung vom 06.06,2001 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen,

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf DM 10.950,– festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der zwischen ihnen letztvereinbarten Befristung aufgrund der ergänzenden Vereinbarung vom 17. Mai 2000 zum 10. Juni 2001.

Die Klägerin stand bis zum 13. Juli 1993 bei dem beklagten Land in einem Ausbildungsverhältnis zur Justizangestellten. Nach erfolgreichem Abschluss wurde sie auf Grundlage des „Arbeitsvertrages für Angestellte“ vom 15. April 1993 hinsichtlich dessen nähere Einzelheiten auf B1. 41 und 42 d.A. Bezug genommen wird, als vollbeschäftigte Angestellte auf bestimmte Zeit nach SR 2 V BAT für die Zeit bis zum 05. Juli 1995 im C beschäftigt. Die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für das beklagte Land geltenden Fassung wurde vereinbart.

Unter dem Datum des 24. April 1995 und 04. September 1997 schlossen die Klägerin und das beklagte Land jeweils eine „Vertragsänderung für Angestellte“ ab, worin der befristete Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zunächst bis zum 01. Oktober 1997 und anschliessend bis zum 04. Juli 2000 vereinbart wurde. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten dieser Vereinbarungen wird auf Bl. 43 und 44 d.A. Bezug genommen.

Unter dem Datum des 04. Februar 2000 schlossen das beklagte Land und Herr R einen bis zum 31. Dezember 2000 befristeten Arbeitsvertrag für Angestellte nach dem BschFG ab und ab dem 09. Februar 2000 wurde der Arbeitnehmer ausweislich der Verfügung vom gleichen Tage (B1. 55 d. A.) in der Abteilung Immobiliarzwangsvollstreckung des W eingesetzt. Die ebenfalls dort beschäftigte Justizobersekretärin die zuletzt nach Besoldungsgruppe A 7 besoldet wurde ging am 06. März 2000 in den Mutterschutz und gebar am XX.XX.XXXX.

Unter dem Datum des 03. Mai 2000 wandte sich die Justizobersekretärin mit insgesamt drei Schreiben an das beklagte Land, das daraufhin den dabei unter anderem beantragten Erziehungsurlaub mit Ende des Mutterschutzes am 10. Juni 2000 bis zum 10. Juni 2001 mit Schreiben vom 09. Mai 2000 (B1. 52 und 53 d. A.) bewilligte.

Unter dem Datum des 17. Mai 2000 schlossen die Parteien eine weitere „Vertragsänderung für Angestellte“ (Bl. 40 d. A.) ab, wonach die Klägerin in Abänderung des Arbeitsvertrages vom 15. April 1993 ab dem 05. Juli 2000 als vollbeschäftigte Aushilfsangestellte zur Vertretung auf bestimmte Zeit nach SR 2 V BAT für die Zeit bis zum 10. Juni 2001 aus Anlass und für die Dauer des Erziehungsurlaubes der Justizobersekretärin mit der A weiterbeschäftigt wird. Die Personalnummer ist bei dem beklagten Land der W zugeordnet.

Die Klägerin wurde bei dem beklagten Land durchgängig bis zuletzt im W und dort im Schreibdienst der C beschäftigt. Dabei erhielt die Klägerin zuletzt Vergütung nach Vergütungsgruppe VII der Anlage 1a Ib zum BAT. was durchschnittlich rund DM 3.650,00 brutto im Monat entsprach.

Mit ihrer am 20. Dezember 2000 bei dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangenen und dem beklagten Land am 04. Januar 2001 (Bl. 7 d.A.) zugestellten Klage hat sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der zuletzt vereinbarten Befristung gewandt.

Sie ist der Ansicht. die Befristung ihrer Arbeitsverträge und insbesondere des letzten Arbeitsvertrages vom 17. Mai 2000 seien unwirksam. Dabei bestreitet sie insbesondere das Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Erziehungsurlaub der Justizobersekretärin und ihres befristeten Arbeitsvertrages vom 17. Mai 2000.

Die Klägerin beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Befristung zum 10. Juni 2001 nicht beendet wird.

Das beklagte Land beantragt, die Klage abzuweisen. Das beklagte Land ist der Ansicht, die zuletzt vereinbarte Befristung sei wegen des Erziehungsurlaubs der Justizobersekeretärin nach § 21 BErzGG rechtswirksam.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 22. Januar 2001 (B1. 12 d. A.) und 06. Juni 2001 (Bl. 68 und 69 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die mit der Klägerin zuletzt von dem beklagten Land auf Grundlage der „Vertragsänderung für Angestellte“ vom 17. Mai 2000 vereinbarte Befristung zum 10. Juni 2001 ist wirksam. Der hierfür erforderliche Sachgrund liegt im Hinblick auf den Erziehungsurlaub der Justizobersekretärin vor (§ 21 Abs. 1 BErzGG). Andere Unwirksamkeitsgründe sind ebenfalls nicht ersichtlich: insbesondere kann sich die Klägerin nicht mehr auf die eventuelle Unwirksamkeit vorangegangener Befristungsabreden mit dem beklagten Land berufen. Dieses Entscheidungsergebnis beruht im wesentlichen auf folgenden Erwägungen (§ 313 Abs. 3 ZPO):

Nach der Rechtsprechung des BAG der sich die erkennende Kammer anschliesst, ist die an sich zulässige Befristung von Arbeitsverträgen dann unwirksam, wenn damit Kündigungsschutzbestimmungen umgangen werden und hierfür kein sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages muss ersichtlich sein. dass sowohl die Befristung als auch die Zeitdauer des Vertrages entweder im Arbeitsleben üblich ist, sofern dies der Auffassung verständiger und verantwortungsbewusster Vertragspartner entspricht oder nach den konkreten. sich auf das jeweilige Arbeitsverhältnis auswirkenden Umständen des Einzelfalles sachlich gerechtfertigt ist. Fehlt es für die Befristung am sachlichen Grund, wird das unwirksam befristete durch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ersetzt (Vgl. BAG vom 26. Mai 1983. AP Nr. 78 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag m.w.N.).

Unter Anwendung der vorstehenden Grundsätze liegt ein Sachgrund für die Befristungsabrede der Parteien vom 17. Mai 2000 vor. Bereits zu diesem Zeitpunkt war ersichtlich, dass sich die Justizobersekretärin aufgrund ihres Antrages vom 03. Mai 2000 und der Bewilligung des beklagten Landes vom 09. Mai 2000 (B1. 52 und 53 d. A.) für die Zeit vom 10. Juni 2000 bis zum 10. Juni 2001 im Erziehungsurlaub befinden würde. Im Falle der Befristung eines Arbeitsverhältnisses wegen Erziehungsurlaubs wird nach § 21 Abs. 1 BErzGG wird ein ausreichender sachlicher Grund für die Befristungsvereinbarung mit der Vertretungskraft unwiderleglich vermutet. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass zwischen dem Erziehungsurlaub eines/r vorübergehend ausfallenden Arbeitnehmers/-in und der befristeten Einstellung der Ersatzkraft eine Kausalität besteht. Dabei reicht allerdings auch ein Fall der sogenannten mittelbaren Kausalität aus, um einen sachlichen Grund für eine Befristung wegen Erziehungsurlaubs zu ergeben (Vgl. LAG Köln vom 24. Oktober 1997 – 11 Sa 385/97). Diese Voraussetzungen der zumindest mittelbaren Kausalität sind für die Kammer vorliegend auch erfüllt. Durch den Ausfall der Justizobersekretärin ist, was zwischen den Parteien nicht in Streit steht, die Gesamtzahl der aktuell bei dem beklagten Land im eingesetzten Arbeitskräfte gesunken. Dieses Defizit wurde durch den Einsatz der Klägerin aufgrund des befristeten Arbeitsvertrages der Parteien vom 17. Mai 2000 bis zum Ende des beantragten Erziehungsurlaubs am 10. Juni 2001 ausgeglichen. Hierzu hat das beklagte Land unter Vorlage eines Auszuges aus der Geschäftsverteilung für das Jahr 2000 betreffend die W (Bl. 45 d. A.) behauptet, auf Service-Einheiten komme es zum gleichwertigen Einsatz von Beamtinnen und Beamten des mittleren Dienstes und von Justizangestellten. Die Klägerin ist diesem Vorbringen des beklagten Landes nicht entsprechend § 138 Abs. 2 ZPO substantiiert entgegengetreten, so dass dieses Vorbringen des beklagten Landes damit als zugestanden im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO anzusehen ist. Damit musste das beklagte Land die Klägerin als Vertretung während des Erziehungsurlaubs der Justizobersekretärin nicht zwingend mit deren Aufgaben in der

betrauen.

Dass bei Abschluss der Befristungsvereinbarung der Parteien vom 17. Mai 2000 seitens des beklagten Landes bereits eine über den Endtermin der Befristung hinausgehende Beschäftigung der Klägerin vorgesehen gewesen sei. hat die Kägerin im einzelnen konkret selbst nicht behauptet. Nur in diesem Fall wäre eine Vertretungsbefristung nicht gerechtfertigt. da ihre ständige Arbeitsaufgabe dann- wie bei einem Springer – die Vertretung vorübergehend ausfallender Arbeitnehmer gewesen sei (Vgl. BAG vom 03. Oktober 1984, AP Nr. 87 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).

Die Befristungsabrede der Parteien vom 17. Mai 2000 ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Zum einen wurde entgegen der Ansicht der Klägerin kein befristeter Arbeitsvertrag für die Dauer von über fünf Jahren geschlossen. Auch wenn die Vertragsänderung für Angestellte vom 17. Mai 2000 (Bl. 40,d. A.) den ursprünglichen Arbeitsvertrag der Parteien vom 15. April 199; in § 1 abändert, es handelt sich um den Abschluss einer rechtlich selbständigen Befristung durch die Parteien (§§ 133, 157 BGB). Ein Verstoss gegen die Protokollnotiz Nr. 3 zu Nr. l SR 2 V BAT scheidet damit bereits von vornherein aus. Zum anderen hat das beklagte Land zu Recht darauf hingewiesen. dass eine eventuelle Nichtbeachtung von Beteiligungsrechten des Personalrats. die das beklagte Land allerdings in Abrede stellt, nicht zur Unwirksamkeit der Befristungsvereinbarung führt. Letztlich ergibt sich eine Unwirksamkeit der Befristungsvereinbarung der Parteien vom 17. Mai 2000 auch nicht aus dem Umstand. dass seitens des beklagten Landes während des Laufs der Befristung andere Arbeitnehmerinnen unbefristet eingestellt wurden. Auch ein derartiger Unwirksamkeitsgrund ist dem deutschen Arbeitsrecht bislang fremd.

Andere Unwirksamkeitsgründe sind ebenfalls nicht ersichtlich und von der Klägerin – zumindest substantiiert – auch nicht dargetan. Insbesondere bestand das nach Abschluss der Ausbildung zur Justizangestellten ab dem 14. Juli 1993 begründete und im Anschluss mehrfach verlängerte und zuletzt bis zum 04. Juli 2000 befristete Arbeitsverhältnis entgegen der Auffassung der Klägerin über diesen Zeitpunkt hinaus nicht unbefristet fort. Die Klägerin hat die etwaige Unwirksamkeit dieser Befristung nicht rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht. Nach § l Abs. 5 Satz 1 BeschFG in der Fassung vom 25. September 1996 muss der Arbeitnehmer. wenn er die Unwirksamkeit einer Befristung geltend machen will, innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitseericht erheben. Wird diese Frist nicht gewahrt. gilt die Befristung gemäss § 7 KSchG in Verbindung mit l Abs. 5 Satz 2 BeschFG als von Anfang an wirksam (Vgl. BAG vom 09. Februar 2000. MW 2000, 2834). Dabei gilt die Klagefrist des § 1 Abs. 5 Satz 1 BeschFG auch bei Arbeitsverträgen. die nicht nach den Bestimmungen des BeschFG befristet sind (Vgl. BAG, NZA 1999, 967).

Die Klägerin hat als unterlegene Partei gemäss §§ 91 Abs. l Satz 1 ZPO, 46 Abs. 2 ArbGG die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes ist gemäss § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG nach dem dreifachen Bruttomonatsbezug der Klägerin bei dem beklagten Land zu bemessen.

 

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