Skip to content

Winterdienstpflicht bei öffentlicher innerörtlicher Strasse

Landgericht Bonn

Az: 1 O 237/10

Urteil vom 27.12.2010


Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Der …………..ist eine Anliegerstraße innerhalb einer geschlossenen Ortslage, die in Höhe einer Kapelle, der ……., endet. Die Beklagte führt auf der Fahrbahn des ……….keinen Winterdienst durch.

Der Kläger meint, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, den ……. am oder vor dem ……… mit abstumpfenden Mitteln zu enteisen. Dazu behauptet er, der ……. sei eine Straße von überörtlicher Bedeutung. Neben dem regelmäßigen Anliegerverkehr gebe es an Wochenenden und zu besonderen liturgischen Anlässen das ganze Jahr über Veranstaltungen, die überörtlich besucht würden. Ebenso sei der ……. ein Anziehungspunkt für Wanderer, Wintersportler und Eltern mit kleinen Kindern. An Wochenenden seien stets ungefähr 50 parkende Fahrzeuge zu zählen. Überdies sei der ……. auch als gefährlich einzustufen, weil die Fahrbahn zum rechten Fahrbahnrand hin ein Quergefälle von etwa 10 bis 12 Prozent aufweise.

Der Kläger behauptet weiter, am Sonntag, den………., hätten eine dichte Schneedecke und Eisglätte den ……. für nicht ortskundige Besucher bereits seit etwa zwei Wochen nahezu unpassierbar gemacht. Ob die Straßenglätte auch durch Wintersportler verursacht worden sei, könne er nicht beurteilen. Es seien jedenfalls zahlreiche Kleinkinder mit ihren Eltern zum Schlittenfahren erschienen. Er sei gegen 10:40 mit einem in seinem Eigentum stehenden Pkw der Marke U vom Typ ……… mit Schrittgeschwindigkeit auf dem ……. in Richtung ……. gefahren, um dort einen Gottesdienst zu besuchen. In Höhe der ……. habe auf der rechten Fahrbahnseite und dem angrenzenden Gehweg ein Pkw geparkt. Bei Annäherung an dieses Fahrzeug seien die Winterreifen seines Pkw auf einer für ihn nicht zu erkennenden Spiegeleisfläche nach rechts weggerutscht, so dass sein Pkw den geparkten Pkw gestreift habe. Der Schaden an dem geparkten Fahrzeug sei von seiner Haftpflichtversicherung reguliert worden, weshalb der Vertrag von der Schadensfreiheitsklasse 16 in die Schadenfreiheitsklasse 6 zurückgestuft worden sei. Der Schaden an seinem eigenen Pkw betrage nach einem von ihm eingeholten Kostenvoranschlag 312,08 € zuzüglich einer Kostenpauschale von 20 €.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen an den Kläger 332,08 € und weitere 83,54 € vorgerichtliche Kosten jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem ….. zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den aus der Regulierung eines Drittschadens gegenüber Frau ………..in Höhe von 1.222,27 € entstandenen Schaden des Klägers aus der Herabstufung des Klägers bei seiner Haftpflichtversicherung I, ………..(Versicherungsnummer:………..) von Schadensfreiheitsstufe 16 auf Schadensfreiheitsstufe 6 in Höhe von mindestens 577,40 € in den nächsten Jahren zu leisten.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie meint, sie sei nicht verpflichtet gewesen, auf dem ……. einen Winterdienst auszuführen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Schäden aus § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG. Denn die Schäden sind nicht darauf zurückzuführen, dass die zuständigen Bediensteten der Beklagten ihnen dem Kläger gegenüber obliegende Amtspflichten verletzt hätten. Sie waren nicht verpflichtet, die Fahrbahn des …….s bei Glätte zu bestreuen.

Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, der die Kammer folgt, richten sich Inhalt und Umfang der winterlichen Räum- und Streupflicht auf den öffentlichen Straßen unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherung nach den Umständen des Einzelfalls. Art und Wichtigkeit des Verkehrswegs sind dabei ebenso zu berücksichtigen wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Die Räum- und Streupflicht besteht also nicht uneingeschränkt. Sie steht vielmehr unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, wobei es auch auf die Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen ankommt. Grundsätzlich muss sich der Straßenverkehr auch im Winter den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen. Der Sicherungspflichtige hat aber durch Schneeräumen und Bestreuen mit abstumpfenden Mitteln die Gefahren, die infolge winterlicher Glätte für den Verkehrsteilnehmer bei zweckgerechter Wegebenutzung und trotz Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt bestehen, im Rahmen und nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze zu beseitigen. Für den hier interessierenden Bereich innerhalb geschlossener Ortschaften ist insoweit seit langem allgemein anerkannt, dass die Fahrbahnen der Straßen an verkehrswichtigen und gefährlichen Stellen bei Glätte zu bestreuen sind (BGH, Urteil vom 5.7.1990 – III ZR 217/89 – BGHZ 112, 74 ff.).

Die Kammer lässt offen, ob es sich bei der Unfallstelle auf Grund des vom Kläger behaupteten Quergefälles um eine gefährliche Stelle handelt. Denn jedenfalls ist die Unfallstelle nicht verkehrswichtig. Zu den verkehrswichtigen Stellen in dem genannten Sinne zählen vor allem die verkehrswichtigen Durchgangsstraßen sowie die viel befahrenen innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen (BGH, a.a.O.).

Bei dem ……. handelt es sich nach dem eigenen Vorbringen des Klägers eindeutig weder um eine Durchgangsstraße noch um eine Hauptverkehrsstraße. Der Umstand, dass Gottesdienstbesucher, Wanderer und Wintersportler regelmäßig im Bereich des …….s parken, verleiht dem ……. unter Berücksichtigung der vom Kläger angegebenen Zahl von etwa 50 Fahrzeugen auch noch keine einer Hauptverkehrsstraße auch nur annähernd vergleichbare Verkehrsbedeutung. Dies wird auch dadurch unterstrichen, dass der Kläger es selbst für möglich hält, dass die auf der Fahrbahn vorhandene Glätte durch Wintersportler mit verursacht worden ist. Ob und in welchem Umfang die Besucher der ……. aus dem überörtlichen Bereich kommen, ist für die Beurteilung der Verkehrsbedeutung ohne Belang.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: bis 900 €

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Soforthilfe vom Anwalt!

Jetzt Hilfe vom Anwalt!

Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Beratungsanfrage bzw. Ersteinschätzung.

Ratgeber und hilfreiche Tipps unserer Experten.

Lesen Sie weitere interessante Urteile.

Unsere Kontaktinformationen.

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Hier finden Sie uns!

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

zum Kontaktformular

Ersteinschätzungen nur auf schriftliche Anfrage per Anfrageformular.

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Über uns

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!

Das sagen Kunden über uns
Unsere Social Media Kanäle

 

Termin vereinbaren

02732 791079

Bürozeiten:
Mo-Fr: 08:00 – 18:00 Uhr

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Rechtsanwälte Kotz. Mehr Infos anzeigen.

Ersteinschätzung

Wir analysieren für Sie Ihre aktuelle rechtliche Situation und individuellen Bedürfnisse. Dabei zeigen wir Ihnen auf, wie in Ihren Fall sinnvoll, effizient und möglichst kostengünstig vorzugehen ist.

Fragen Sie jetzt unverbindlich nach unsere Ersteinschätzung und erhalten Sie vorab eine Abschätzung der voraussichtlichen Kosten einer ausführlichen Beratung oder rechtssichere Auskunft.

Aktuelles Jobangebot

Juristische Mitarbeiter (M/W/D)
als Minijob, Midi-Job oder in Vollzeit.

mehr Infos