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Wirksamer Rücktritt vom Pferdekaufvertrag – vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung

OLG Karlsruhe – Az.: 7 U 74/18 – Urteil vom 03.04.2019

1. Auf die Anschlussberufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 28. März 2018 – 7 U 74/18 (richtigerweise: 1 O 75/17) – unter Zurückweisung der Berufung des Klägers aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen Hengst/Wallach, den der Kläger am 27.05.2016 von dem Beklagten erworben hat.

Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat den Beklagten in der Hauptsache zur Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von EUR 6.009,50 nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Pferdes „…“ verurteilt und festgestellt, dass sich der Beklagte seit dem 11.08.2016 mit der Annahme des Pferdes in Verzug befindet. Hingegen hat es weitergehende Ansprüche aus der Unterhaltung des Pferdes (u.a. Unterbringungs-, Verpflegungs-, Arzt- und Pflegekosten sonstiger Art) verneint. Gegen die Abweisung dieser Ansprüche richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er nunmehr sämtliche Ansprüche unter Aufgabe des Feststellungsantrages 1. Instanz abschließend mit EUR 27.553,81 nebst Zinsen beziffert. Er ist der Ansicht, der Beklagte sei zum Ersatz notwendiger Verwendungen auf das Pferd auch dann verpflichtet, wenn dieser den Mangel nicht gekannt habe. Auf ein Verschulden des Beklagten komme es insoweit nicht an. Jedenfalls sei der Beklagte aber ab Eintritt des Verzuges einstandspflichtig. Der Beklagte verteidigt die teilweise Klagabweisung und begehrt mit seiner Anschlussberufung, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens die umfassende Abweisung der Klage. Bezogen auf die Klage fehle es bereits an einem Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe. Überdies hätte die später aufgetretene Kehlkopflähmung des Pferdes durch eine Operation geheilt werden können. Der Kläger habe ihm eine derartige Gelegenheit zur Nachbesserung jedoch nicht eingeräumt.

Der Beklagte hat den Hengst am 06.04.2018 im Rennstall der Ehefrau des Klägers abgeholt und dem Kläger EUR 6.009,50 nebst Zinsen sowie die erstinstanzlich zugesprochenen vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten gezahlt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, wegen der Antragstellung auf die Sitzungsniederschrift vom 27.02.2019 (II 237).

II.

Die zulässige Berufung des Klägers führt im Ergebnis nicht zum Erfolg. Dem Kläger stehen keine weitergehenden Ansprüche gegen den Beklagten zu, da die Voraussetzungen für eine Rückabwicklung des Kaufvertrages nicht vorliegen und das erstinstanzliche Urteil auf die zulässige Anschlussberufung des Beklagten aufzuheben und die Klage abzuweisen ist.

1. Die Anschlussberufung ist nach § 521 Abs.1 ZPO zulässig.

Der Umstand, dass der Beklagte das Pferd nach Verkündung der landgerichtlichen Entscheidung, aber vor Einlegung von Berufung und Anschlussberufung gegen Zahlung des erstinstanzlich ausgeurteilten Betrages zurückgenommen hat, steht der Zulässigkeit der Anschlussberufung nicht entgegen. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob der Beklagte lediglich zur Abwehr der Zwangsvollstreckung gehandelt hat. Nach § 521 Abs.1 ZPO kann sich der Berufungsbeklagte nämlich selbst dann der Berufung anschließen, wenn er auf die Einlegung einer eigenen Berufung verzichtet hat. Schließlich setzt die Anschlussberufung auch keine Beschwer des Berufungsbeklagten voraus. Die unselbständige Anschlussberufung soll den Berufungsbeklagten vielmehr gegen eine voreilige Aufgabe seiner Berufungsrechte schützen und ihm die Möglichkeit an die Hand geben, seinen Antrag in sachgerechter Weise der Prozesslage in der Berufungsinstanz anzupassen (BGH VersR 1974, 1018; KG Berlin, VersR 1976, 886; Zöller ZPO § 524 Rdnr. 30, 34).

2. Die Anschlussberufung ist auch begründet. Der Kläger ist von dem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag nicht wirksam zurückgetreten, weil er dem Beklagten keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt.

a. Zu Recht und mit einer auch den Senat überzeugender Begründung hat das sachverständig beratene Landgericht allerdings festgestellt, dass der verkaufte Hengst bereits bei Übergabe ein sogenannter „Kehlkopfpfeifer“ und damit nicht für die vertraglich vereinbarte Verwendung geeignet war. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Anschlussberufung bleiben erfolglos.

aa. Das Pferd ist durch die deutliche Einengung seines Kehlkopfes mit Verlegung von etwa 40% der Durchtrittsöffnung für die einströmende Luft des Kehlkopfeinganges am Übergang zur Luftröhre nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen bereits in seiner Trainierbarkeit als Rennpferd deutlich eingeschränkt (GA S. 7/15; I 163/179). Dabei treten die einen Sauerstoffmangel indizierenden Atemgeräusche typischerweise erst beim Renntraining mit engem Zügel und auch dann erst im Verlauf des jeweiligen Trainings auf (I 325). Dass außerhalb dessen eine restliche Trainingsfähigkeit erhalten bleibt, die der Beklagte als „dezent“ bezeichnet (II 83), lässt den Mangel mit Blick auf die vereinbarte Beschaffenheit nicht als unerheblich erscheinen. Die Erkrankung des Hengstes limitiert die Art und den Umfang des Trainings vielmehr von vorneherein in erheblichem Maße. Zu Unrecht meint ferner der Beklagte, ein Sachmangel liege gemäß Abschnitt II Ziffer 6. der Versteigerungsbedingungen ohnehin nur vor, wenn das Pferd ein Kopper oder Boxenläufer sei. Bereits der Wortlaut der Bedingungen gibt für eine derart einschränkende Ausschließlichkeitsregelung nichts her. Zudem steht dieser Annahme Abschnitt II Ziffer 4. entgegen, in der die Mangelfreiheit ausdrücklich auf die nach dem Vertrag vorausgesetzte und vereinbarte Verwendung bezogen wird und nicht auf ein Koppen oder Boxenlaufen.

Wirksamer Rücktritt vom Pferdekaufvertrag - vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung
(Symbolfoto: Von praszkiewicz/Shutterstock.com)

bb. Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht zu der Überzeugung gelangt, dass der Mangel bereits bei Übergabe des Pferdes an den Kläger bestand. Dies folgt bereits aus der Pathophysiologie der Erkrankung mit anlagebedingter Verkürzung des linksseitigen Nerves und dem von dem Sachverständigen festgestellten fortgeschrittenen Zustand der Erkrankung. Ein Befund wie vorliegend entwickelt sich nach seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht bei Anstrengung des Pferdes im Rahmen eines Trainings frühestens nach sechs Monaten (I 325). Zudem liegen Anhaltspunkte für eine sekundäre Entstehung nach Übergabe des Pferdes an den Beklagten nicht vor. Entgegen der Berufung hat der Sachverständige die Ergebnisse der von der Zeugin Dr. H. durchgeführten Untersuchungen auch nicht ignoriert. Vielmehr hat er es für wahrscheinlich gehalten, dass Dr. H. Anzeichen einer Stimmbandlähmung nicht feststellen konnte, weil sich das Pferd zu Beginn der Untersuchung direkt aufgestellt und der Kehlkopf ohne weitere Bewegungen des Pferdes geöffnet worden sei. Ebenso könne es sein, dass das Pferd während einer nur kurz andauernden endoskopischen Untersuchung nicht ausgeatmet habe und der Kehlkopf deshalb nicht entspannt gewesen sei. Soweit der Beklagte und auch die Zeugin H. das bei einer Kehlkopfverengung charakteristische Atemgeräusch vor dem Verkauf an den Kläger nicht wahrgenommen haben, steht dies dem Beweisergebnis nicht entgegen. Der Sachverständige hat hierzu nachvollziehbar ausgeführt, es sei geradezu typisch, dass die klinische Symptomatik erst bei angestrengter Atmung im Verlauf eines Renntrainings mit engem Zügel bemerkt werde, wobei die Geräusche zunächst nur ganz leise auftreten würden. Der Sauerstoffmangel trete nicht von Anfang an auf. Die Pferde seien eine Weile voll leistungsfähig. Ob ein Geräusch dann tatsächlich wahrgenommen werde, hänge von der Jahreszeit, der Entfernung vom Pferd und den sonstigen Trainingsumständen ab, etwa auch davon, ob das Pferd einzeln oder gemeinsam mit anderen Tieren trainiert werde.

b. Der Kläger hat dem Beklagten jedoch keine nach §§ 433, 437 Nr. 2, 440, 323 Abs.1 BGB erforderliche Frist zur Nacherfüllung gesetzt.

Ein Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag wegen eines Sachmangels steht dem Kläger aufgrund des Vorrangs der Nacherfüllung nur unter den Voraussetzungen der §§ 440, 323 BGB zu, mithin nur dann, wenn der Kläger dem Beklagten erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat (§ 323 Abs. 1 BGB) oder wenn eine solche Fristsetzung gemäß § 323 Abs. 2 oder § 440 BGB entbehrlich gewesen wäre (BGH NJW 2010, 1448; NJW 2011, 3435).

aa. Für eine Fristsetzung genügt es, wenn der Gläubiger durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung oder durch vergleichbare Formulierungen deutlich macht, dass dem Schuldner für die Erfüllung nur ein begrenzter (bestimmbarer) Zeitraum zur Verfügung steht. Der Angabe eines bestimmten Zeitraumes oder eines bestimmten (End-)Termines bedarf es nicht (BGH, NJW 2015, 2564, zitiert nach juris). Hieran gemessen liegt eine Fristsetzung nicht vor. Der Kläger hat dem Beklagten in seinem undatierten, dem Beklagten am 13.07.2016 mittels Einschreiben übergebenen Schreiben lediglich angeboten, „unter Umständen ein gleichwertiges, gesundes Rennpferd im Tausch anzunehmen“ (K 4). Diese Formulierung lässt aber ebensowenig wie der übrige Inhalt des Schreibens erkennen, dass dem Beklagten zur Bewirkung einer ordnungsgemäßen Leistung eine zeitliche Grenze gesetzt ist. Auch im weiteren Verlauf hat der Kläger den Beklagten nicht zur Nacherfüllung aufgefordert.

bb. Die Fristsetzung war nicht deshalb entbehrlich, weil der Beklagte eine Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert hat (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an das Vorliegen einer ernsthaften und endgültigen Verweigerung im Sinne des § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB strenge Anforderungen zu stellen. Eine Erfüllungsverweigerung liegt nur vor, wenn der Schuldner unmissverständlich und eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen. Dafür reicht das bloße Bestreiten des Mangels oder des Klageanspruchs nicht aus. Der Gläubiger ist auch dann nicht von seiner Pflicht zur Nachfristsetzung befreit, wenn der Schuldner etwa seine fehlende Passivlegitimation einwendet (BGH NJW 2017, 1666). Vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Schuldner seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen will und es damit ausgeschlossen erscheint, dass er sich von einer Fristsetzung hätte umstimmen lassen (BGH NJW 2006, 1195; NJW 2017, 1666). Die Weigerung muss als das „letzte Wort“ des Schuldners erscheinen (BGH NJW 2016, 3235).

Im Ergebnis zu Recht hat bereits das Landgericht in dem Verhalten des Beklagten keine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung gesehen. Soweit der Beklagte mit Blick auf die dem eigentlichen Kaufvertrag vorgelagerte Versteigerung zunächst seine Passivlegitimation bestritten hat, fehlt es an dem Hinzutreten weiterer Umstände, die die Annahme einer endgültigen Erfüllungsverweigerung rechtfertigen würden. Vielmehr hat der Beklagte diesen Einwand mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 30.11.2016 unmittelbar im Nachgang zum frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht wieder fallen lassen (I 97), was die Annahme nahelegt, dass eine frühere Aufforderung zur Leistung mit Nachfristsetzung unter Hinweis auf die Rechtslage nicht aussichtslos gewesen wäre. Soweit der Beklagte vorprozessual zudem eingewandt und im weiteren Prozessverlauf vertreten hat, das Pferd sei bei ihm kein Kehlkopfpfeifer gewesen, was jederzeit von einer näher benannten Tierärztin bestätigt werden könne, entlastet auch dies den Kläger nicht von seiner Obliegenheit, dem Beklagten Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben. So kann sich ein Kehlkopfpfeifen nach den schriftlichen Darlegungen des Sachverständigen (I 171) sowohl primär anlagebedingt entwickeln, als auch sekundär im Nachgang zu einem schweren Infekt oder einer Vergiftung. Zwar tritt ein anlagebedingter Mangel weitaus häufiger auf und ist deshalb auch wahrscheinlicher. Der Verkäufer soll jedoch durch den Vorrang der Nachbesserung gerade in die Lage versetzt werden, eigene Feststellungen dazu zu treffen, ob die verkaufte Sache einen Mangel aufweist, auf welcher Ursache dieser beruht, ob er bereits zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges vorgelegen hat und ob eine Nachbesserung möglich ist (BGH NJW 2005, 1348; NJW 2006, 1195). Wenn mithin der Beklagte – wie vorliegend – lediglich eine klinische Symptomatik während seiner Besitzzeit bestreitet, liegt hierin keine endgültige Erfüllungsverweigerung. Der Senat vermag darüber hinaus auch bei einer Gesamtbetrachtung der Einwendungen des Beklagten keine derartige Verweigerung des Beklagten zu erkennen.

cc. Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass es einer Fristsetzung deshalb nicht bedurft habe, weil besondere Umstände vorliegen würden, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen einen sofortigen Rücktritt rechtfertigen würden (§ 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB).

aaa. Solche besonderen Umstände liegen insbesondere nicht darin, dass die Gewährleistung in den Versteigerungsbedingungen auf den Rücktritt beschränkt und mithin eine Nacherfüllung nach § 439 BGB nach dem Willen des Beklagten grundsätzlich – die Wirksamkeit der Klausel unterstellt – ausgeschlossen war. Unabhängig von der Frage, ob diese Bedingungen wirksam sind oder nicht, bedeutet dies nämlich nicht, dass dem Beklagten die Berufung auf das dispositive Gesetzesrecht verwehrt wäre (BGHZ 185, 114). Der Beklagte ist selbst dann, wenn es sich bei dem vereinbarten Gewährleistungsausschluss um eine Formularklausel handeln sollte, nicht daran gehindert, sich darauf zu berufen, dass der Kläger dem gesetzlichen Erfordernis einer Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht nachgekommen ist. Ob es einer Fristsetzung zur Nacherfüllung als Voraussetzung für einen Rücktritt vom Kaufvertrag ausnahmsweise nicht bedarf, ist nicht aus dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen herzuleiten, sondern richtet sich nach den Bestimmungen in § 323 Abs. 2 und § 440 BGB, in denen die Voraussetzungen, unter denen eine Fristsetzung zur Nacherfüllung für einen Rücktritt vom Kaufvertrag ausnahmsweise entbehrlich ist, abschließend geregelt sind (so ausdrücklich BGH NJW 2011, 3435 unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung).

bbb. Auch sonst liegen keine besonderen Umstände vor. Es mag in diesem Zusammenhang zwar zweifelhaft erscheinen, ob es für den Kläger zumutbar gewesen wäre, sich auf die Beseitigung des Mangels durch eine relativ indizierte Operation einzulassen, in deren Nachgang selbst bei einem primären Erfolg nach den Darlegungen des Sachverständigen häufig Folgeerkrankungen auftreten. Der Kläger hätte jedoch eine Frist dafür setzen müssen, dass der Beklagte ihm Nacherfüllung in Gestalt der Übergabe und Übereignung eines gleichartigen und gleichwertigen Hengstes leistet. Der Senat verkennt hierbei nicht, dass es sich bei dem erworbenen Wallach um ein individualisiertes Tier für einen bestimmten Zweck handelt. Zu Unrecht beruft sich der Kläger jedoch darauf, dass beim Kauf eines im Wesentlichen durch seine Abstammung individualisierten Galopprennpferdes jedes andere Tier von vorneherein untauglich sei, den vertraglich geschuldeten Zustand herbeizuführen. Auf die vom Kläger mit Schriftsatz vom 8.3.2019 dafür benannten Zeugen kommt es nicht an, da es sich um eine Rechtsfrage handelt und die Zeugen zu dem Interesse des Klägers an der Leistung eines individuell bestimmten Pferdes im konkreten Fall keine Angaben machen können. Eine Nachlieferung ist vielmehr auch bei einem derartigen Pferdekauf nicht von vorneherein ausgeschlossen (BGH, Beschluss vom 24.11.2009 – VIII ZR 124/09 -, zitiert nach juris; OLG Zweibrücken, Urteil vom 30.04.2009 – 4 U 103/08 -, zitiert nach juris). Ob eine Ersatzlieferung – gleichartig und gleichwertig- in Betracht kommt, ist vielmehr nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Willen der Parteien bei Vertragsschluss zu beurteilen. Umstände, die erst nach Vertragsschluss zutage getreten sind, können dabei als Anhaltspunkte für den Parteiwillen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses herangezogen werden (BGH, NJW-RR 1998, 259). Die Auslegung ergibt im vorliegenden Einzelfall, dass die Parteien eine Ersatzlieferung für möglich erachtet haben. So hat der Kläger den Wallach nach seinem eigenem Vortrag als ein für den Rennbetrieb als Galopprennpferd zu trainierendes Pferd erworben. Ein besonderes Affektionsinteresse im Sinne einer besonderen persönlichen Bindung gerade an dem erworbenen Tier hat er nicht geltend gemacht (hierzu auch: OLG Hamm, Urteil vom 05.06.2012 – I-19 U132/11; 19 U 132/11 -, zitiert nach juris). Zwar mag die Kaufentscheidung des Klägers auch von einer vorherigen Besichtigung des Pferdes und seinem ausgewiesenen Stammbaum geleitet worden sein. Er hat jedoch in seinem undatierten, nachvertraglichem Schreiben (K4) selbst ausgeführt, dass er grundsätzlich „unter Umständen“ die Nachlieferung eines anderen Tieres – gleichwertig und gesund – als taugliche Modalität zur Erfüllung des Kaufvertrages ansähe. Hierdurch gibt er zu erkennen, dass es ihm gerade nicht ausschließlich auf das individuelle Tier mit gerade seinem Stammbaum ankam.

ccc. Der Kläger hat überdies nicht nachgewiesen, dass ihn der Beklagte arglistig über den Mangel des Hengstes getäuscht hat und ihm deshalb eine Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht zuzumuten war. Allein aus dem Umstand, dass nach der Behauptung des Klägers insgesamt 4 der von dem Beklagten auf der Versteigerung vom 27.05.2016 verkauften Pferde mangelhaft waren, lässt sich angesichts der Darlegungen des Sachverständigen, ein Kehlkopfpfeifen könne anfänglich auch nicht wahrgenommen worden sein, eine Arglist nicht ableiten.

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ddd. Entgegen der Ansicht des Klägers ist eine Fristsetzung auch nicht deshalb unzumutbar, weil es sich vorliegend um einen Verbrauchsgüterkauf nach §§ 474ff BGB handelt und die zur Auslegung heranzuziehende VerbrGKRL 3 die Notwendigkeit einer Fristsetzung nicht vorsieht. Das Landgericht hat insoweit zu Recht und mit zutreffender Begründung das Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufes verneint. Der Kläger verkennt, dass die Legaldefinition der öffentlich zugänglichen Versteigerung in § 312b Abs. 2 Nr. 10 BGB mit Wirkung vom 13.06.2014 durch Gesetz vom 20.09.2013 (BGBl I S. 3642) neu gefasst wurde und die vormals zu § 383 Abs.3 BGB ergangenen Entscheidungen nicht uneingeschränkt auf öffentlich zugängliche Versteigerungen übertragen werden können. Nach § 312b Abs. 2 Nr. 10 BGB muss die Versteigerung gerade nicht mehr durch einen Gerichtsvollzieher oder zu Versteigerungen befugten anderen Beamten oder öffentlich bestellten Versteigerer durchgeführt werden, da die Versteigerung selbst nicht mehr öffentlich, sondern lediglich öffentlich zugänglich sein muss. Fehl geht der Kläger überdies mit seiner Annahme, der zum Zeitpunkt seines Verkaufes drei Jahre alte Hengst sei eine „neue“ und keine „gebrauchte“ Sache. Das Pferd wurde nach den unwiderlegten Angaben des Beklagten bereits für Rennen trainiert, wenngleich es auch noch nicht soweit war, an Rennen tatsächlich teilzunehmen. Es war mithin bereits seiner bestimmungsgemäßen Verwendung (als ein trainierbares Pferd) zugeführt und damit ein im Rechtssinne „gebrauchtes“ Tier.

eee. Schließlich hat der Beklagte auch nicht auf eine Fristsetzung verzichtet, weil er den Hengst nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils am 06.04.2018 abgeholt und dem Kläger die ihm zugesprochenen Beträge ausgezahlt hat. Hiergegen spricht, dass ein solcher Verzichtswille klar und eindeutig zum Ausdruck kommen muss (BGH NJW 1974, 1248) und dass auch dann, wenn keine Zwangsvollstreckung gedroht hat, sich der Beklagte im Allgemeinen nur dem einstweiligen Spruch beugen will (KG VersR 1976, 886). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der Beklagte bei einem Verbleib des Pferdes bei dem Kläger die Geltendmachung weiterer Unterhaltungskosten zu befürchten hat.

3. Der Kläger kann von dem Beklagten den Ersatz notwendiger Verwendungen gemäß §§ 433, 434 Abs.1, 440, 346, 347 Abs.2 Satz 1 BGB nicht verlangen, da, wie dargelegt, die Voraussetzungen für eine Rückabwicklung des Kaufvertrages nicht vorliegen.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 01.03.2019 und vom 08.03.2019 geben keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, § 156 ZPO.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

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