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Wirksamkeit einer Abtretungserklärung

OLG Hamm – Az.: 20 U 13/20 – Beschluss vom 16.06.2020

Die Berufung der Klägerinnen gegen das am 21.11.2019 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird auf Kosten der Klägerinnen zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 40.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerinnen fordern als Trocknungs- / Reparaturunternehmen aus abgetretenem Recht des Versicherungsnehmers von der Beklagten insbesondere Vorschusszahlung auf Wiederherstellungskosten für einen Leitungswasserschaden aus Juli 2018, der am 27.07.2018 angezeigt wurde.

Die Abtretungserklärung des Versicherungsnehmers bezüglich „Schadentag: 27.07.2018, Vers-Nr. […], Schaden-Nr. […]“ der Beklagten lautet (Anl. K2, Bl. 33 der elektronischen Gerichtsakte 1. Instanz [im Folgenden: eGA I-33] = GA 17):

„Meine/Unsere Ansprüche gegen [die Beklagte] trete/n ich/wir bis zur Höhe der versicherten Forderung und einschließlich der Verzinsung der Entschädigung ab Fälligkeit der Geldleistung aus dem Versicherungsvertrag an die [Klägerin zu 1] und die [Klägerin zu 2] an Erfüllung statt ab und weise/n den Versicherer unwiderruflich an, insoweit Zahlungen ausschließlich an die [Klägerin zu 1] und die [Klägerin zu 2] zu leisten. Die Abtretung enthebt mich/uns der Notwendigkeit, die Kosten für die Wiederherstellung und Sanierung vorzulegen.“

Die Beklagte lehnte Leistungen mangels Fälligkeit im Hinblick auf die Nichterfüllung der Mitwirkungsobliegenheit ab. Zudem meint sie, die Abtretungsvereinbarung sei unwirksam.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da die Abtretungsvereinbarung unwirksam sei.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge und der genauen Argumentation des Landgerichts wird auf das angefochtene Urteil (eGA I-262 ff. = GA 149 ff.) verwiesen.

Hiergegen wenden sich die Klägerinnen mit ihrer Berufung. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Berufungsbegründung (Bl. 58 ff. der elektronischen Gerichtsakte zweiter Instanz [im Folgenden: eGA II-58 ff.]) verwiesen.

Die Klägerinnen beantragen unter Abänderung des angefochtenen Urteils,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 36.135,14 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.08.2018, zu bezahlen, und

2. die Beklagte zu verurteilen, ihnen Auskunft zur fiktiven Schadensberechnung zu erteilen, indem die Schadensberechnungsgrundlage zur Feststellung der fiktiven Entschädigungsleistung des Sachverständigen T vorgelegt bzw. hilfsweise für den Fall, dass selbiges nicht möglich ist, die Schadensberechnung zur Feststellung der fiktiven Entschädigungsleistung, vorgelegt wird.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Klägerinnen durch Beschluss vom 04.03.2020 (eGA II-79 ff.) darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen.

Die Klägerinnen haben hierzu Stellung genommen. Im Einzelnen wird auf die Stellungnahme vom 09.06.2020 (eGA II-140 f.) Bezug genommen.

II.

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die ergänzend verwiesen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen, da die Abtretungserklärung unwirksam ist. Die Berufungsangriffe der Klägerinnen greifen nicht durch.

In der Abtretungserklärung ist zwar die abgetretene Forderung hinreichend bestimmbar, nämlich die Forderungen des Versicherungsnehmers aus § 1 Satz 1 VVG in Verbindung mit dem Versicherungsvertrag sowie mit den VGB 2002 (Stand 01/2008) gegen die Beklagte („Meine/Unsere Ansprüche gegen [die Beklagte]“) aus dem Versicherungsfall / Schadenstag vom 27.07.2018 („bis zur Höhe der versicherten Forderung […]“).

Es ist aber weder für die Beklagte noch für Gläubiger der Klägerinnen als schutzwürdige Dritte hinreichend erkennbar, wie sich die abgetretene Forderung auf die Klägerinnen aufteilt und wie viel die Beklagte deshalb an jeden von beiden zu leisten hat und wie viel jede Klägerin zu fordern berechtigt ist (vgl. zu diesem Erfordernis bei teilweiser Abtretung BGH Urt. v. 11.5.2017 – IX ZR 238/15, NJW 2017, 3373 Rn. 30 f. m. w. N.).

Die von den Klägerinnen der Abtretungsvereinbarung entnommene Teilgläubigerschaft nach dem Verhältnis der „einzelnen Forderungen der jeweiligen Firmen“ wäre deshalb unwirksam. Zwar käme eine Teilgläubigerschaft nach Maßgabe des § 420 BGB grundsätzlich in Betracht, ginge man vorliegend von einer teilbaren Leistung aus: Im Zweifel wäre jede Klägerin nur zu einem gleichen Anteil berechtigt. Dies sollte aber nach Auffassung der Klägerinnen nicht der Fall sein, was die Abtretung unbestimmt machte.

Aber überhaupt schon eine Teilgläubigerschaft ist der Abtretungsvereinbarung nicht hinreichend klar zu entnehmen. Es könnte auch eine Gesamtgläubigerschaft im Sinne von § 428 BGB oder eine Mitgläubigerschaft im Sinne von §§ 432, 741 ff. BGB gewollt gewesen sein. Anders als bei gemeinschaftlichen Verpflichtungen (§ 427 BGB) gibt es insoweit auch keine Vermutung für die eine oder andere Art der Gläubigerschaft.

Diese Unklarheiten gehen zu Lasten der Klägerinnen. Es besteht für Gläubiger der Klägerinnen und die Beklagte eine nicht hinzunehmende Rechtsunsicherheit, die dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht genügt.

Unerheblich ist es vor diesem Hintergrund, dass den Klägerinnen einerlei ist, ob an sie zu gleichen Teilen gezahlt wird und dass die Beklagte vorprozessual die Unwirksamkeit der Abtretungserklärung nicht eingewandt hat. Ihre Wirksamkeit hat sie jedenfalls zu keinem Zeitpunkt anerkannt. Es ist auch nicht Aufgabe der Beklagten bei dem ihr gegenüber eigentlich bestehenden einheitlichen Entschädigungsanspruch des Versicherungsnehmers zu ermitteln, welcher Klägerin welcher Anteil desselben zustehen soll.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10 Satz 2, § 711  ZPO, die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung dieses Beschlusses unmittelbar aus § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.

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