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Wirksamkeit einer Hinauskündigungsklausel bei einem GmbH-Managermodell

OLG München – Az.: 7 U 1844/19 – Urteil vom 13.05.2020

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I, Az. 10 HK O 6998/18, vom 15.03.2019 dahingehend ergänzt, dass der Kläger verurteilt wird, an die Beklagte 6.250,00 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.11.2019 zu zahlen.

Im Übrigen werden die Hilfswiderklage abgewiesen und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

2. Der Kläger ist seines Rechtsmittels der Hilfsanschlussberufung verlustig.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 64 %, die Beklagte 36 %.

4. Dieses Urteil sowie das in Ziffer 1 bezeichnete Endurteil des Landgerichts München I sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.

Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die Parteien streiten um die Stellung des Klägers als Gesellschafter der Beklagten.

Am 24.11.2016 schlossen der Kläger und weitere 16 natürliche und juristische Personen den Gesellschaftsvertrag laut Anl. K 4, sowie die Gesellschaftervereinbarung laut Anl. K 1, die als Anlage 6 die „CEO-Zusatzbestimmungen“ laut Anl. K 5 beinhaltete. Die Gesellschaftervereinbarung ergänzt gemäß ihres Abschnitts P.5 S. 1 den Gesellschaftsvertrag.

Jedenfalls bis zu den auf der Gesellschafterversammlung vom 23.04.2018 gefassten streitgegenständlichen Beschlüssen war der Kläger Gesellschafter der Beklagten, die ein Stammkapital von 25.000,00 €, bestehend aus 25.000 Geschäftsanteilen zu je 1,00 €, hat. Der Kläger hielt davon 25 %, nämlich die Geschäftsanteile mit den laufenden Nummern 16.126 bis 22.375. Neben dem darauf anteilig entfallenden Stammkapital von 6.250,00 € leistete der Kläger noch eine „Einlage in Rücklagen“ in Höhe von 293.750,00 € und damit insgesamt 300.000,00 € (vgl. Abschnitt P.2 der Gesellschaftervereinbarung laut Anl. K 1). Diese Zahlung bildet den sogenannten „CEO-Erwerbspreis“. Von der „Einlage in die Rücklage“ zahlte die Beklagte nach der Feststellung, dass der Kapitalbedarf der Beklagten niedriger als erwartet war, 75.000,00 € an den Kläger zurück.

Die restlichen 75 % der Gesellschaftsanteile werden von insgesamt 16 natürlichen und juristischen Personen gehalten. Auch diese leisteten neben den auf sie entfallenden Anteil des Stammkapitals jeweils eine „Einlage in die Rücklagen“, deren Höhe – wie beim Kläger – proportional zum Umfang des jeweiligen Gesellschaftsanteils war (vgl. Abschnitt P.2 der Gesellschaftervereinbarung laut Anl. K 1).

Abschnitt 1.2.2 der Gesellschaftervereinbarung lautet wie folgt:

„Ist die Fremd- oder Mezzaninkapitalfinanzierung nicht zu angemessenen Gesamtkonditionen zu erhalten, werden die Beteiligten die Möglichkeit der Gewährung von Gesellschafterdarlehen erörtern. Es besteht jedoch keine Finanzierungspflicht der Gesellschafter. (…)“

Abschnitt 1.3 der Gesellschaftervereinbarung lautet wie folgt:

„Ungeachtet der Regelungen der vorstehenden Ziffer 1.2 ist jeder Investor verpflichtet, der Gesellschaft zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen, soweit diese zur Deckung einer etwaigen Nachfinanzierungsverpflichtung der Gesellschaft aus Ziffer 8.4 des V.-Kaufvertrages erforderlich sind. Über Art und Höhe der zusätzlichen Mittel entscheidet die Gesellschafterversammlung mit der Maßgabe, dass alle Investoren stets nur im Verhältnis ihrer Beteiligungen zueinander verpflichtet werden dürfen.“

Abschnitt 3 „Ausschüttungen an die Gesellschafter“ lautet wie folgt:

„Der Jahresüberschuss, Gewinnvorträge sowie Gewinn- und Kapitalrücklagen sind von der Ausschüttung an die Gesellschafter ausgeschlossen und werden bzw. bleiben thesauriert, es sei denn, die Gesellschafterversammlung beschließt mit einfacher Mehrheit etwas anderes und diese beabsichtigte Beschlussfassung steht im Einklang mit allen Anforderungen aus bestehenden Finanzierungsverträgen der Gesellschaft und der V.-Gruppengesellschaften.“

Nach der Gesellschaftervereinbarung vom 24.11.2016 (Anl. K 1) (Abschnitt 6), gelten für „die Beteiligung des CEO an der Gesellschaft, die er gemäß besonderer Vereinbarung kauft und erwirbt, (…) die in Anlage 6 (zur Gesellschaftervereinbarung) niedergelegten CEO-Zusatzbestimmungen“.

Nach Ziffer 1 dieser „CEO-Zusatzbestimmungen“ (Anl. K 5) bot der CEO „hiermit schon jetzt verbindlich und unwiderruflich aufschiebend bedingt durch den Eintritt eines der nachstehend beschriebenen Fälle seines Ausscheidens als Geschäftsführer der Gesellschaft der V. oder einer anderen V.-Gruppengesellschaft (“Ausscheidensfall“) [scil. an,] seine Beteiligung an die Gesellschaft oder einen oder mehrere (…) Dritte gemäß den nachstehenden Bestimmungen zu verkaufen und abzutreten.“

Der „Ausscheidensfall“ war in Ziffer 1.2 der CEO-Zusatzbestimmungen wie folgt definiert:

„1.2.1 Jedwede Beendigung des Dienstvertrages oder der Organstellung als Geschäftsführer der Gesellschaft, der V. oder einer V.-Gruppengesellschaft;

1.2.2 Freistellung als Geschäftsführer von seiner Tätigkeit gemäß Dienstvertrag;“

Der von der Gesellschaft im Falle eines „Ausscheidensfalles“ an den Kläger zu zahlende Kaufpreis war in Ziffer 6 der CEO-Zusatzbestimmungen geregelt, die wie folgt lautet:

Wirksamkeit einer Hinauskündigungsklausel bei einem GmbH-Managermodell
(Symbolfoto: fizkes/Shutterstock.com)

„Der Kaufpreis für die Managementbeteiligung bei der Ausübung von Andienungs- oder Ankaufsrechten bestimmt sich in Abhängigkeit von der Art des Ankaufs- bzw. Andienungsinteresses nach dem Verkehrswert (…) oder nach dem vom CEO in die Gesellschaft investierten in Höhe von EUR [d.h. der vom CEO investierte Anteil an der anfänglichen Investition von 1,2 Mio. EUR] wie folgt:

Sofern ein Akzeptiertes Ereignis (…) vorliegt, entspricht der Kaufpreis dem anteiligen Verkehrswert der Beteiligung, mindestens jedoch dem CEO-Erwerbspreis der Beteiligung.“

Nachdem die Beklagte mit notariellem Geschäftsanteilskauf- und -abtretungsvertrag vom 11.11.2016 (UR-Nr. …75/2016S des Notars Dr. S.) sämtliche Geschäftsanteile an der S. V. GmbH erworben hatte, wurde der Kläger am 01.12.2016 zum alleinigen Geschäftsführer der S. V. GmbH bestellt, die am 19.12.2016 in V. D. GmbH umfirmierte. Vor dem Erwerb der S. V. GmbH war der Kläger dort bereits Prokurist gewesen (vgl. insoweit den Handelsregisterauszug laut Anl. K 3).

Mit Beschluss der Gesellschafter der Beklagten vom 26.03.2018 (Anl. K 12) wurde der Kläger mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer der V. D. GmbH abberufen und von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt.

Mit Schreiben vom 26.03.2018 laut Anl. K 10 wurde der Geschäftsführerdienstvertrag mit dem Kläger von der V. D. GmbH ordentlich zum 30.09.2018 gekündigt.

Eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der Beklagten fasste am 23.04.2018 jeweils gegen die Stimmen des Klägers folgende Beschlüsse (Protokoll vom 23.04.2018 laut Anl. BE 10):

zu TOP 1: „Die Gesellschafterversammlung stimmt dem Erwerb der derzeit von dem Gesellschafter Dr. K. A. gehaltenen Geschäftsanteile (6.250 Geschäftsanteile mit den laufenden Nr. 16.126 bis 22.375) und damit dem Erwerb dieser Geschäftsanteile als eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft zu“.

zu TOP 2: „Die Gesellschafterversammlung bestimmt, dass die Gesellschaft die Angebote nach Ziffer 1.1 der CEO-Zusatzvereinbarung annehmen soll und damit zugleich, dass auf die Benennung eines Dritten als Erwerber der von dem Gesellschafter Dr. K. A. gehaltenen Geschäftsanteile an der Gesellschaft verzichtet wird. Die für den Beschlussantrag stehenden Gesellschafter erklären auch für sich selbst, dass die Gesellschaft die Angebote nach Ziffer 1.1 der CEO-Zusatzvereinbarung annehmen soll und dass sie auf die Benennung eines Dritten als Erwerber der von dem Gesellschafter Dr. K. A. gehaltenen Geschäftsanteile an der Gesellschaft verzichten.“

zu TOP 3: „Die Gesellschafterversammlung stimmt gemäß Ziffer 10 des Gesellschaftsvertrages der Verfügung über die Geschäftsanteile an der Gesellschaft, welche sich durch die Annahme der Angebote nach Ziffer 1.1 der CEO-Zusatzvereinbarung ergibt, zu.“

zu TOP 4: „Der Geschäftsführer der Gesellschaft, Herr C. B., wird

(i) angewiesen, die in der vorliegenden Gesellschafterversammlung gefassten Gesellschafterbeschlüsse unverzüglich umzusetzen,

(ii) ermächtigt, alle zur Umsetzung dieser Gesellschafterbeschlüsse zweckmäßigen Handlungen für die Gesellschaft vorzunehmen und die Gesellschaft bei allen zweckmäßigen Erklärungen zu vertreten, und

(iii) angewiesen, insbesondere eine (notarielle) Annahmeerklärung der CEO-Zusatzbestimmungen durch die Gesellschaft abzugeben und dabei ebenfalls für die Gesellschaft zu versichern, dass die aufschiebende Bedingung für das Wirksamwerden des Angebots des Gesellschafters K. A. nach Ziffer 1.1 der CEO-Zusatzbestimmungen eingetreten ist und dass die Voraussetzung für den Erwerb eigener Geschäftsanteile nach § 33 Abs. 2 Satz 1 GmbHG erfüllt ist.“

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Für den Erwerb der Gesellschaftsanteile mit den laufenden Nrn. 16.126 bis 22.375 erhielt der Kläger von der Beklagten 225.000,00 €.

Mit notariellem Vertrag vom 21.12.2018 laut Anl. BE 2 verkaufte die Beklagte ihre Anteile an der V. D. GmbH.

Der Kläger behauptete, die zu Tagesordnungspunkt 1 bis 4 der Gesellschafterversammlung vom 23.04.2018 gefassten Beschlüsse der Gesellschafterversammlung seien nichtig. Denn sie wirkten in der Gesamtschau wie die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers, die jedoch entsprechend § 241 Nr. 3 und 4 AktG nichtig sei, wenn bereits bei Beschlussfassung feststehe, dass die Abfindung ganz oder teilweise nur aus gebundenem Vermögen gezahlt werden könne und der Beschluss nicht klarstelle, dass die Zahlung nur bei Vorhandensein ungebundenen Vermögens erfolgen dürfe.

Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung seien aber auch bereits wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig. Sie dienten nämlich dem Zweck, dem Kläger aufgrund eines unwirksamen Angebots in den CEO-Zusatzbestimmungen aus der Gesellschaft auszuschließen und ihm damit die Beteiligung an der Gesellschaft, das heißt den Kern seiner Minderheitsposition zu nehmen. Hintergrund der Hinauskündigung des Klägers sei, dass die V. D. GmbH einen Verkehrswert von 10.000.000,00 € habe, von dem bei einem 25prozentigen Anteil des Klägers an der Beklagten 2.500.000,00 € auf den Kläger entfielen, während die Beklagte nach seiner Hinauskündigung nur den CEO-Erwerbswert in Höhe von 300.000,00 € an ihn zahlen wolle.

Die CEO-Zusatzbestimmungen seien insgesamt nichtig, da sie nach der Rechtsprechung des BGH gegen das Hinauskündigungsverbot verstießen. Darüber hinaus läge ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, da der Kläger als einziger Investor mit dem „Damoklesschwert“ der Hinauskündigung belastet sei. Schließlich würden die CEO-Zusatzbestimmungen gegen § 622 Abs. 6 BGB sowie §§ 305 ff., 134, 138, 242 BGB verstoßen. Aufgrund der Nichtigkeit der CEO-Zusatzbestimmungen gebe es schon kein wirksames Angebot des Klägers, seine Gesellschaftsanteile zu verkaufen.

Wenn die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 23.04.2018 nicht nichtig seien, seien sie jedenfalls anfechtbar.

Der Kläger beantragte daher:

1. Es wird festgestellt, dass die folgenden Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 23.04.2018 nichtig sind:

1.1 Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 23. April 2018 zum Tagesordnungspunkt 1, mit dem die Gesellschafterversammlung der Beklagten beschlossen hat: „Die Gesellschafterversammlung stimmt dem Erwerb der derzeit von dem Gesellschafter Dr. K. A. gehaltenen Geschäftsanteile (6.250 Geschäftsanteile mit den laufenden Nr. 16.126 bis 22.375) und damit dem Erwerb dieser Geschäftsanteile als eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft zu“;

1.2 Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 23. April 2018 zum Tagesordnungspunkt 2, mit dem die Gesellschafterversammlung der Beklagten beschlossen hat: „Die Gesellschafterversammlung bestimmt, dass die Gesellschaft die Angebote nach Ziffer 1.1 der CEO/Zusatzvereinbarung annehmen soll und damit zugleich, dass auf die Benennung eines Dritten als Erwerber der von dem Gesellschafter Dr. K. A. gehaltenen Geschäftsanteile an der Gesellschaft verzichtet wird. Die für den Beschlussantrag stehenden Gesellschafter erklären auch für sich selbst, dass die Gesellschaft die Angebote nach Ziffer 1.1 der CEO/Zusatzvereinbarung annehmen soll und dass sie auf die Benennung eines Dritten als Erwerber der von den [sic] Gesellschafter Dr. K. A. gehaltenen Geschäftsanteile an der Gesellschaft verzichten“;

1.3 Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 23. April 2018 zum Tagesordnungspunkt 3, mit dem die Gesellschafterversammlung der Beklagten beschlossen hat: „Die Gesellschafterversammlung stimmt gemäß Ziffer 10 des Gesellschaftsvertrages der Verfügung über die Geschäftsanteile an der Gesellschaft, welche sich durch die Annahme der Angebote nach Ziffer 1.1 der CEO/Zusatzvereinbarung ergibt [sic]“;

1.4 Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 23. April 2018 zum Tagesordnungspunkt 4, „Der Geschäftsführer der Gesellschaft, Herr C. B., wird

(i) angewiesen, die in der vorliegenden Gesellschafterversammlung gefassten Gesellschafterbeschlüsse unverzüglich umzusetzen,

(ii) ermächtigt, alle zur Umsetzung dieser Gesellschafterbeschlüsse zweckmäßigen Handlungen für die Gesellschaft vorzunehmen und die Gesellschaft bei allen zweckmäßigen Erklärungen zu vertreten, und

(iii) angewiesen, insbesondere eine (notarielle) Annahmeerklärung der CEO-Zusatzbestimmungen durch die Gesellschaft abzugeben und dabei ebenfalls für die Gesellschaft zu versichern, dass die aufschiebende Bedingung für das Wirksamwerden des Angebots des Gesellschafters K. A. nach Ziffer 1.1 der CEO-Zusatzbestimmungen eingetreten ist und dass die Voraussetzung für den Erwerb eigener Geschäftsanteile nach § 33 Abs. 2 Satz 1 GmbHG erfüllt ist“.

2. Hilfsweise:

Folgende Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 23.04.2018 werden für nichtig erklärt:

2.1 Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 23. April 2018 zum Tagesordnungspunkt 1, mit dem die Gesellschafterversammlung der Beklagten beschlossen hat: „Die Gesellschafterversammlung stimmt dem Erwerb der derzeit von dem Gesellschafter Dr. K. A. gehaltenen Geschäftsanteile (6.250 Geschäftsanteile mit den laufenden Nr. 16.126 bis 22.375) und damit dem Erwerb dieser Geschäftsanteile als eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft zu“

2.2 Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 23. April 2018 zum Tagesordnungspunkt 2, mit dem die Gesellschafterversammlung der Beklagten beschlossen hat: „Die Gesellschafterversammlung bestimmt, dass die Gesellschaft die Angebote nach Ziffer 1.1 der CEO/Zusatzvereinbarung annehmen soll und damit zugleich, dass auf die Benennung eines Dritten als Erwerber der von dem Gesellschafter Dr. K. A. gehaltenen Geschäftsanteile an der Gesellschaft verzichtet wird. Die für den Beschlussantrag stehenden Gesellschafter erklären auch für sich selbst, dass die Gesellschaft die Angebote nach Ziffer 1.1 der CEO/Zusatzvereinbarung annehmen soll und dass sie auf die Benennung eines Dritten als Erwerber der von den [sic] Gesellschafter Dr. K. A. gehaltenen Geschäftsanteile an der Gesellschaft verzichten“

2.3 Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 23. April 2018 zum Tagesordnungspunkt 3, mit dem die Gesellschafterversammlung der Beklagten beschlossen hat: „Die Gesellschafterversammlung stimmt gemäß Ziffer 10 des Gesellschaftsvertrages der Verfügung über die Geschäftsanteile an der Gesellschaft, welche sich durch die Annahme der Angebote nach Ziffer 1.1 der CEO/Zusatzvereinbarung ergibt [sic]“

2.4 Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 23. April 2018 zum Tagesordnungspunkt 4, „Der Geschäftsführer der Gesellschaft, Herr C. B., wird

(i) angewiesen, die in der vorliegenden Gesellschafterversammlung gefassten Gesellschafterbeschlüsse unverzüglich umzusetzen,

(ii) ermächtigt, alle zur Umsetzung dieser Gesellschafterbeschlüsse zweckmäßigen Handlungen für die Gesellschaft vorzunehmen und die Gesellschaft bei allen zweckmäßigen Erklärungen zu vertreten, und

(iii) angewiesen, insbesondere eine (notarielle) Annahmeerklärung der CEO-Zusatzbestimmungen durch die Gesellschaft abzugeben und dabei ebenfalls für die Gesellschaft zu versichern, dass die aufschiebende Bedingung für das Wirksamwerden des Angebots des Gesellschafters K. A. nach Ziffer 1.1 der CEO-Zusatzbestimmungen eingetreten ist und dass die Voraussetzung für den Erwerb eigener Geschäftsanteile nach § 33 Abs. 2 Satz 1 GmbHG erfüllt ist“.

3. Hilfsweise: Festzustellen, dass die zwischen dem Kläger und der Beklagten am 24. November 2016 als Anlage 6 der Urkunde des Notars Dr. W. S., Urk.-Nr. …60/2016 S, abgeschlossene Vereinbarung unwirksam ist.

4. Es wird festgestellt, dass das Verfügungsgeschäft, mit dem die Geschäftsanteile der Beklagten (Amtsgericht München HRB …8654) mit der lfd. Nr. 16126 bis 22375 erworben wurden, nichtig bzw. unwirksam ist.

5. Hilfsweise: Die Beklagte wird verurteilt, die Geschäftsanteile der Beklagten (Amtsgericht München HRB ..8654) mit der lfd. Nr. 16126 bis 22375, derzeit gehalten von der Beklagten als eigene Anteile, an den Kläger zu übertragen.

6. Die Beklagte wird verurteilt, eine neue Gesellschafterliste für die Beklagte beim Handelsregister am AG München zu HRB …8654 einzureichen, in welcher der Kläger als Eigentümer der Gesellschaftsanteile mit der lfd. Nr. 16126 bis 22375 ausgewiesen wird.

Die Beklagte erwiderte, dass es auf die Zahlbarkeit des Kaufpreises aus freiem Vermögen der Beklagten nicht ankomme. Denn dies sei nur bei Einziehungsfällen nach § 34 GmbHG zu fordern, da dort der Einziehungsbeschluss unmittelbar zum Anteilsverlust des betroffenen Gesellschafters führe. Im streitgegenständlichen Fall würden die Gesellschafterbeschlüsse jedoch gerade keine unmittelbare rechtsgestaltende Wirkung entfalten. Vielmehr zielten sie nur darauf ab, das in den CEO-Zusatzbestimmungen abgegebene Rückkaufangebot des Klägers anzunehmen. Sollten die CEO-Zusatzbestimmungen – wie vom Kläger behauptet – unwirksam sein, würde dies nicht zur Nichtigkeit der Beschlüsse führen. Die Beschlüsse würden in diesem Fall lediglich leerlaufen.

Aufgrund dieser vorzunehmenden inhaltlichen Trennung der Gesellschafterbeschlüsse einerseits und der CEO-Zusatzbestimmungen andererseits seien die Gesellschafterbeschlüsse selbst bei einer vom Kläger behaupteten Sittenwidrigkeit der CEO-Zusatzbestimmungen inhaltlich sittlich indifferent und daher selbst nicht sittenwidrig.

Im Übrigen seien die CEO-Zusatzbestimmungen aber auch nicht unwirksam. Diese müssten sich zwar an den Grundsätzen des Hinauskündigungsverbots messen lassen. Im streitgegenständlichen Fall handle es sich aber um ein nach der Rechtsprechung des BGH zulässiges Managermodell. Denn der Kläger sei an der Beklagten mit einer Minderheitsbeteiligung unterhalb der Schwelle einer Sperrminorität beteiligt gewesen, er habe stets die Sicherheit gehabt, zumindest sein Anfangsinvestment zurückzuerhalten, und die Rückabtretung seiner Geschäftsanteile sei an die Beendigung seines Geschäftsführeramts bzw. seiner Anstellung geknüpft gewesen.

Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz läge nicht vor, da die Beteiligung des Klägers an der Beklagten und seine Geschäftsführerstellung einen sachlichen Grund für die im Vergleich zu den übrigen Gesellschaftern andersartige Behandlung darstelle.

Schließlich sei die Anfechtungsklage des Klägers auch verfristet.

Die Beklagte beantragte:

Klageabweisung.

Mit ausführlich begründetem Endurteil vom 15.03.2019, Az. 10 HK O 6998/18, stellt das Landgericht München I antragsgemäß fest, dass die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 23. April 2018 zu den Tagesordnungspunkten 1, 2, 3 und 4 nichtig sind (Ziffer 1 des Tenors). Gleichzeitig stellte das Landgericht München I fest, dass das Verfügungsgeschäft, mit dem die Geschäftsanteile der Beklagten mit der laufenden Nr. 16126 bis 22375 erworben wurden, nichtig bzw. unwirksam ist (Ziffer 2 des Tenors). Schließlich verurteilt das Landgericht München I die Beklagte, eine neue Gesellschafterliste für die Beklagte beim Handelsregister einzureichen, in der der Kläger als Inhaber der Geschäftsanteile mit der laufenden Nr. 16126 bis 22375 ausgewiesen ist (Ziffer 3 des Tenors). Im Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit (Ziffer 5 des Tenors) erklärte das Landgericht sein Urteil „in Ziffer 3 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 €, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages (für) vorläufig vollstreckbar.“

Das Landgericht begründete seine Entscheidung damit, dass das in Ziffer 1 der CEO-Zusatzbestimmungen vorgesehene Ankaufsrecht der Beklagten im Falle eines Ausscheidens des Klägers gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig sei und diese Nichtigkeit auf die streitgegenständlichen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung durchschlage, sodass auch diese nichtig seien.

Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Endurteils wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.

Am 20.03.2019 fand eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der Beklagten statt, zu der der Kläger nicht geladen worden war. Die Gesellschafterversammlung fasste folgenden Beschluss (Anl. BE 6):

1. Die Unterzeichnenden und Vertretenen sind – neben eigenen Geschäftsanteilen der Gesellschaft – ausweislich der aktuellen Gesellschafterliste vom 19.03.2019 sämtliche Gesellschafter der V. D. Holding GmbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts München unter HRB …8654 (die „Gesellschaft“).

2. Von dem liquiden Vermögen der Gesellschaft soll ein Gesamtbetrag in Höhe von EUR 3.750.000 an alle Gesellschafter laut aktueller Gesellschafterliste (mit Ausnahme der Gesellschaft als Inhaber eigener Geschäftsanteile) ausgeschüttet werden.

3. Bei der Gesellschaft besteht per 31.12.2018 eine Kapitalrücklage iSv. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB in Höhe von 656.250,00 €. Diese soll aufgelöst werden.

4. Wie sich aus dem Anlagenkonvolut 1 beigefügten Unterlagen der Gesellschaft ((i) Zwischenabschluss per 28.02.2019, (ii) Prognose des Jahresüberschusses für das laufende Geschäftsjahr 2019, (iii) cash flow Prognose für das laufende Geschäftsjahr 2019) ergibt, ist davon auszugehen, dass die Gesellschaft im Geschäftsjahr 2019 einen Jahresüberschuss in Höhe von mindestens EUR 5.800.000 erwirtschaften wird und zur Ausschüttung dieses Betrags auch liquiditätsmäßig in der Lage ist. Davon soll ein Teilbetrag in Höhe von 3.093.750,00 als Vorabgewinnausschüttung an die Gesellschafter ausgeschüttet werden.

5. Vor dem Hintergrund des laufenden Rechtsstreits um die Wirksamkeit der Einziehung der ehemals von Herrn Dr. K. A. gehaltenen Geschäftsanteile, die die Gesellschaft nun als eigene Geschäftsanteile hält, ist Folgendes geplant: Von den insgesamt zur Ausschüttung zur Verfügung stehenden Vermögen wird ein Teilbetrag in Höhe des quotal auf die eigenen Geschäftsanteile entfallenden Anteils jetzt nicht ausgeschüttet. Sollte Herr Dr. K. A. mit seiner Rechtsansicht obsiegen, soll dieser in die Gewinnrücklage eingestellte Teilbetrag allein an diesen ausgeschüttet werden, um dessen anteilige Beteiligung an der heutigen Gewinnausschüttung nachträglich herzustellen. Die an Herrn Dr. K. A. bereits bezahlte Einziehungsvergütung wird dabei wirtschaftlich saldiert oder nach Rückzahlung an die Gesellschaft mit ausgeschüttet.“

In der Folge schüttete die Beklagte die bis dahin noch bei ihr verbliebenen „Einlagen in die Rücklage“ der übrigen Gesellschafter laut Anl. BE 8 an diese aus.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzliches Klageabweisungsziel vollumfänglich weiter. Sie ergänzt dazu ihren erstinstanzlichen Sachvortrag zu den Umständen der Beteiligung des Klägers an der Beklagten und zu Geschäftsführertätigkeit des Klägers.

Die Beklagte beantragte in der Berufung zunächst, gemäß § 718 Abs. 1 ZPO vorab über den landgerichtlichen Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit zu entscheiden und das landgerichtliche Endurteil in Ziffer 5 des Tenors dahingehend abzuändern, dass das Urteil in Ziffer 3 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 245.000,00 vorläufig vollstreckbar ist.

Mit Teilurteil vom 05.06.2019, Az. 1844/19, (Bl. 156/165) wies der Senat diesen Antrag zurück.

Die Beklagte beantragt nunmehr:

1. Das Urteil des Landgerichts München I vom 15.02.2019 (richtigerweise: 15.03.2019) (Az. 10 HK O 6998/18) wird wie folgt abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.

2. Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht die Klage teilweise abweisen, den erstinstanzlich nicht entschiedenen Hilfsantrag auf Rückübertragung der ehemals von dem Kläger gehaltenen Geschäftsanteile mit den Nummern 16126 bis 22375 für im Übrigen aber begründet halten sollte:

Die Verurteilung zur Rückübertragung der ehemals von dem Kläger gehaltenen Geschäftsanteile mit den Nummern 16126 bis 22375 erfolgt nur Zug-um-Zug gegen Zahlung eines Betrags in Höhe von EUR 225.000,00 von dem Kläger an die Beklagte.

3. Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste, welche den Kläger als Inhaber der Geschäftsanteile mit den Nummern 16126 bis 22375 ausweist, für im Übrigen begründet halten sollte:

Die Verurteilung zur Einreichung einer wie beantragt geänderten Gesellschafterliste erfolgt nur Zug-um-Zug gegen Zahlung eines Betrags in Höhe EUR 225.000,00 [sic] von dem Kläger an die Beklagte.

4. Hilfsweise und nur für den Fall, dass das Gericht feststellen sollte, dass die CEO-Zusatzbestimmungen und/oder das Verfügungsgeschäft, mit welchem die Beklagte die Geschäftsanteile des Klägers mit den Nummern 16126 bis 22375 dinglich erworben hat, nichtig oder unwirksam ist:

Der Kläger und Berufungsbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte und Berufungsklägerin einen Betrag in Höhe von EUR 225.000,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz p.a. seit dem 13.04.2019 zu zahlen.

Der Kläger beantragt:

1. Die Berufung wird zurückgewiesen.

Klageerweiternd beantragt der Kläger:

2. Für den Fall des Obsiegens bezüglich des Antrags zu 1. wird festgestellt, dass die dem Kläger und Berufungsbeklagten aus den Gesellschafterbeschlüssen der Beklagten und Berufungsklägerin vom 20.03.2019 zustehenden Ausschüttung auf EUR 1.025.000,00 zu beziffern ist.

Der Kläger erwidert, dass der in der Berufungsinstanz erbrachte Vortrag der Beklagten zu den Umständen der Beteiligung des Klägers an der Beklagten sowie zur Geschäftsführertätigkeit des Klägers verspätet sei.

Die Beklagte beantragt hinsichtlich der Klageerweiterung:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte erwidert, der Feststellungsantrag sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig.

Der Senat hat am 13.05.2020 mündlich verhandelt. In der mündlichen Verhandlung nahm der Klägervertreter seine Hilfsanschlussberufung zurück. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.05.2020, die zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze sowie den übrigen Akteninhalt wird Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nur insoweit begründet, als der Kläger auf die Hilfswiderklage der Beklagten laut Nr. 4 des Berufungsantrags zur Zahlung von 6.250,00 € an die Beklagte zu verurteilen war. Im Übrigen ist die Berufung der Beklagten unbegründet, da das Landgericht der Klage zu Recht vollumfänglich stattgegeben hat.

I.

1. Die vom Kläger angegriffenen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 23.04.2018 zu TOP 1 bis 4 sind sittenwidrig und damit nichtig, da sie auf Ziffer 1 der CEO-Zusatzbestimmungen beruhen, die ihrerseits inhaltlich sittenwidrig und nichtig ist. Entgegen der Ansicht der Berufung gehen die angegriffenen Beschlüsse damit nicht nur ins Leere (vgl. zur Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen, die an sittenwidrige Satzungsklauseln anknüpfen BGH, Urteil vom 29.04.2014 – II ZR 216/13, Rdnr. 10). Dass es sich bei Ziffer 1 der CEO-Zusatzbestimmungen um eine schuldrechtliche Vereinbarung und nicht – wie in der BGH-Entscheidung um eine Satzungsregelung – handelt, spielt insoweit keine Rolle. Die Natur der sittenwidrigen Regelung, auf der die angegriffenen Beschlüsse beruhen, spielt für die Frage der Sittenwidrigkeit dieser Beschlüsse keine Rolle.

Die streitgegenständlichen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten beruhen auch auf Ziffer 1 der CEO-Zusatzbestimmungen. Denn schon dem Wortlaut der angegriffenen Beschlüsse zu TOP 2 bis 4 nach beziehen sich diese auf das in Ziffer 1.1 der CEO-Zusatzvereinbarung vom Kläger abgegebene Angebot auf Verkauf- und Abtretung seiner Gesellschaftsanteile. Der Beschluss zu TOP 1 enthält zwar keine ausdrückliche Bezugnahme auf Ziffer 1.1 der CEO-Zusatzbestimmungen, regelt aber den Erwerb der Gesellschaftsanteile des Klägers durch die Beklagte, der seinerseits das in Ziffer 1.1 der CEO-Zusatzbestimmungen enthaltene Verkaufs- und Abtretungsangebot des Klägers voraussetzt.

2. Zutreffend ist das Landgericht auf der Grundlage der Rechtsprechung des BGH zum sogenannten Managermodell auch davon ausgegangen, dass das in Ziffer 1 der CEO-Zusatzbestimmungen stipulierte Ankaufsrecht der Beklagten nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und damit nichtig ist. Zu Recht hat das Landgericht zur Begründung der Sittenwidrigkeit unter Bezugnahme auf die der BGH-Entscheidung zu Grund liegende Sachverhaltskonstellation auch entscheidend darauf abgestellt, dass es dem Kläger auf Grund des von ihm gehaltenen 25prozentigen Anteils und der Vielzahl der übrigen Gesellschafter nicht faktisch unmöglich gewesen sei, in der Gesellschafterversammlung seinen Willen durchzusetzen (LGU S. 12 Mitte), und dass der Kläger gleichzeitig mit seiner Beteiligung das erhebliche wirtschaftliche Risiko der Bereitstellung zusätzlicher Mittel eingegangen sei (LGU S. 12 letzter Absatz), weshalb die Beteiligung des Klägers an der Beklagten nicht nur Annex zu seiner Stellung als Geschäftsführer der V. D. GmbH war (LGU S. 11).

a. Nach der Rechtsprechung des BGH sind gesellschaftsvertragliche Regelungen, die einem Gesellschafter, einer Gruppe von Gesellschaftern oder der Gesellschaftermehrheit in einer GmbH das Recht einräumen, einen Mitgesellschafter ohne sachlichen Grund aus der Gesellschaft auszuschließen, grundsätzlich nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Das gleiche gilt für neben dem Gesellschaftsvertrag getroffene schuldrechtliche Regelungen (BGH, Urteil vom 19.09.2005 – II ZR 173/04, Rdnr. 10) und damit im streitgegenständlichen Fall für die Gesellschaftervereinbarung und deren Anlage 6, die CEO-Zusatzbestimmungen. Die freie Ausschließungsmöglichkeit könnte nämlich vom betroffenen Gesellschafter als Disziplinierungsmittel empfunden werden, das ihn daran hindert, von seinen Mitgliedschaftsrechten nach eigener Entscheidung Gebrauch zu machen und seine Mitgliedschaftspflichten zu erfüllen (BGH, aaO).

Von diesem Grundsatz der Sittenwidrigkeit macht der BGH jedoch dann eine Ausnahme, wenn wegen besonderer Umstände ein sachlicher Grund für die freie Ausschließungsmöglichkeit gegeben ist (BGH, aaO, Rdnr. 11), wobei eine Rückkauf- und -abtretungsvereinbarung nach den Umständen des Einzelfalles einen derartigen sachlichen Grund darstellen kann (BGH, aaO, Rdnr. 12).

In dem von ihm entschiedenen Fall sah der BGH dies als gegeben an. Denn die gesellschaftsrechtliche Beteiligung des jeweiligen Geschäftsführers mit bis zu 10 Prozent hatte nach dem Unternehmenskonzept die Funktion, den Geschäftsführer stärker an das Unternehmen zu binden, seine Motivation zu steigern und seine Stellung als „geschäftsführender Gesellschafter“ innerhalb des Betriebes und nach außen aufzuwerten. Dabei stand wirtschaftlich die Teilhabe am Gewinn der Gesellschaft, der jeweils vollständig ausgeschüttet wurde, im Vordergrund. Damit wurde dem Geschäftsführer eine – von seinem Geschick bei der Unternehmensführung mitabhängige und diesen Erfolg widerspiegelnde – Einnahmequelle neben seinem Gehalt eingeräumt. Demgegenüber waren die Möglichkeiten des Geschäftsführers, in der Gesellschafterversammlung seine Vorstellungen gegen den Willen der einzigen Mitgesellschafterin durchzusetzen, praktisch ausgeschlossen. Alle gesetzlichen und satzungsmäßigen Mehrheiten hatte die einzige Mitgesellschafterin. Dafür war das finanzielle Risiko des Geschäftsführers gering. Er brauchte für den Erwerb des Geschäftsanteils nicht mehr als den Nennwert zu zahlen. Im Ergebnis erlangte der Geschäftsführer eine treuhänderähnliche Stellung, deren wirtschaftlicher Wert – bei denkbar geringem eigenen Risiko – in dem erheblichen Gewinnausschüttungspotential während der Dauer seiner organschaftlichen und dienstvertraglichen Bindung an die Gesellschaft lag. Mit deren Beendigung war es selbstverständlich, dass die weitere Beteiligung ihren rechtfertigenden Sinn – Bindung an das Unternehmen, Motivationssteigerung und Belohnung für erfolgreichen Einsatz – verlor. Nur durch die Rückübertragung wurde der Mitgesellschafterin unter Wahrung ihres mindestens 90prozentigen Gesellschaftsanteils die Möglichkeit eröffnet, den Nachfolger im Amt des Geschäftsführers in gleicher Weise zu beteiligen und damit das Geschäftsmodell auf Dauer fortzuführen (BGH, aaO, Rdnr. 13).

Bei dieser Sachlage folgerte der BGH, dass der das Hinauskündigungsverbot tragende Gedanke, den Gesellschafter bei der Wahrnehmung seiner Mitgliedschaftsrechte nicht unter unangemessenen Druck zu setzen, nicht berührt sei. Der Verlust der Gesellschafterstellung des Geschäftsführers falle insoweit nicht entscheidend ins Gewicht, weil die – von vornherein auf Zeit eingeräumte – Beteiligung in dem „Managermodell“ nur einen Annex zur Geschäftsführerstellung darstelle.

b. Im streitgegenständlichen Fall ist der Sachverhalt jedoch ein grundlegend anderer.

aa. Schon die Höhe des Anteils des Klägers an der Gesellschaft (25 %) spricht dagegen, die Beteiligung des Klägers als reinen Annex zu seiner Geschäftsführertätigkeit zu qualifizieren. Dies wäre nämlich nur dann der Fall, wenn es – wie im Fall des BGH aufgrund des zuletzt über 90prozentigen Anteils der Mehrheitsgesellschafterin – praktisch ausgeschlossen wäre, dass der Kläger seine Vorstellungen in der Gesellschafterversammlung durchsetzen kann. Gerade dies ist aber aufgrund der 25prozentigen Beteiligung des Klägers und der Vielgliedrigkeit der Beklagten (neben dem Kläger noch sechzehn weitere Gesellschafter) nicht tatsächlich unmöglich.

Zunächst kann der Kläger nach Ziffer 8.8 lit. b des Gesellschaftsvertrages und entsprechend § 50 Abs. 1 und Abs. 2 GmbHG die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung und die dortige Behandlung von „Gegenständen zur Beschlussfassung“ erzwingen, was dem Geschäftsführer im BGH-Fall bei einem zuletzt 9,95prozentigen Anteil schon nicht möglich war.

Dass die sechzehn weiteren Gesellschafter in einer dergestalt vom Kläger erzwingbaren Gesellschafterversammlung sodann in jedem Fall einhellig gegen ihn stimmen, deshalb der Beklagte in der Gesellschafterversammlung praktisch immer gegen die Einheitsfront der übrigen Gesellschafter unterliegen würde und folglich faktisch von seiner Gesellschafterstellung gar keinen Gebrauch machen kann, ist von der Beklagten in erster Instanz nicht und in der Folge auch nicht einmal in der Berufungsbegründung behauptet worden. Dies unterblieb, obwohl die Stimmverhältnisse bereits in erster Instanz von den Parteien thematisiert wurden (bspw. im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 06.12.2018, dort S. 3, letzter Absatz, Bl. 60 d.A.). Auch nach den Ausführungen des Landgerichts im angegriffenen Urteil zum Einfluss des Klägers auf das Abstimmungsergebnis in der Gesellschafterversammlung der Beklagten (LGU S. 12, 2. Absatz) trug die Beklagte nur vor, dass es sich bei den weiteren 16 Gesellschaftern „um einen Kreis befreundeter Familien (handle), die sich zum Zwecke der privaten Geldanlage koordinieren“ (Berufungsbegründungsschriftsatz der Beklagtenvertreter vom 01.07.2019, S. 3, Bl. 223 d.A.), und dass „sich der Kläger einerseits und die persönlich verbundenen und gemeinsam agierenden anderen Gesellschafter als Gruppen“ gegenüberstünden (Berufungsbegründungsschriftsatz der Beklagtenvertreter vom 01.07.2019, S. 11, Bl. 231 d.A.). Auch die Bildung einer Gruppe bedeutet jedoch nicht ein notwendigerweise gleiches Stimmverhalten aller Gesellschafter in jeder Abstimmung einer Gesellschafterversammlung. So wird folglich auch im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 12.03.2020, mit dem auf die Berufungserwiderung repliziert wurde und in dem die Einflussmöglichkeiten des Klägers in der Gesellschafterversammlung der Beklagten erneut erörtert wurden, ein notwendigerweise stets einheitliches Stimmverhalten der übrigen 16 Gesellschafter nicht behauptet (vgl. Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 12.03.2020, S. 12, Bl. 317 d.A.).

Im Übrigen wäre dieser in der Berufung neue Vortrag der Beklagten, den der Kläger in der Berufungserwiderung bestritten hat (Berufungserwiderungsschriftsatz der Klägervertreter vom 24.02.2020, dort S. 14, Bl. 284 d.A.), nach § 531 ZPO auch verspätet. Die Frage der Einflussmöglichkeiten des Klägers auf das Abstimmungsergebnis in der Gesellschafterversammlung war – wie soeben dargelegt – nämlich bereits Gegenstand der Erörterungen in erster Instanz.

Da der Kläger somit nicht von vorneherein von jeglicher Mitgestaltungsmöglichkeit innerhalb der Gesellschaft ausgeschlossen ist, besteht damit aber gerade diejenige Gefahr, der nach der Rechtsprechung des BGH durch den Ausschluss der freien Hinauskündbarkeit begegnet werden soll: nämlich dass der Kläger als Gesellschafter bei der Abstimmung in der Gesellschafterversammlung unangemessen unter Druck gesetzt wird, weil er jederzeit durch eine einfache Mehrheit der übrigen Gesellschafter über die Beendigung seiner Geschäftsführerstellung aus der Gesellschaft hinausgekündigt werden kann.

bb. Darüber hinaus spricht für eine Sittenwidrigkeit der vereinbarten freien Hinauskündigung auch, dass der Kläger nach Abschnitt 1.3 der Gesellschaftervereinbarung verpflichtet ist, der Beklagten zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen, soweit diese zur Deckung einer etwaigen Nachfinanzierungsverpflichtung der Gesellschaft aus dem V.-Kaufvertrag erforderlich ist. Diese gegebenenfalls vom Kläger neben dem Nennbetrag seines Kapitalanteils und der Einlage in die Rücklage zusätzlich einzubringenden Mittel fallen jedoch nicht unter die Regelung der Ziffer 6.1. der CEO-Zusatzbestimmungen, wonach der Kläger bei seinem Ausscheiden jedenfalls den CEO-Erwerbspreis und damit den Nominalwert seiner Beteiligung zuzüglich der in die Rücklage geleisteten Einlage von der Beklagten zurück erstattet erhält. Der Kläger trägt damit nach der vertraglichen Gestaltung nicht nur das Insolvenzrisiko hinsichtlich seines Anspruchs gegen die Beklagte auf Rückzahlung des Nennwerts seiner Gesellschaftsanteile sowie der „Einlage in die Rücklage“, sondern ein weitergehendes, von der Insolvenz der Gesellschaft unabhängiges wirtschaftliches Risiko. Dies hebt den Kläger aber von der Stellung eines reinen GmbH-Geschäftsführers ab, der grundsätzlich nicht für Verbindlichkeiten der Gesellschaft einzustehen hat, sodass die Gesellschafterstellung des Klägers auch nicht mehr nur als bloßer Annex zu seiner Geschäftsführertätigkeit angesehen werden kann. Da nach der Rechtsprechung des BGH diese Annexeigenschaft der Gesellschafterstellung aber gerade der Grund dafür ist, dem Verlust der Gesellschafterstellung des Geschäftsführers gegenüber der in § 38 Abs. 1 GmbHG vorgesehenen jederzeitigen Abberufbarkeit eines Geschäftsführers keine entscheidende Bedeutung beizumessen (vgl. BGH, aaO, Rdnr. 14), kommt umgekehrt, das heißt, wenn die Gesellschafterstellung nicht nur bloßer Annex der Geschäftsführertätigkeit ist, dem Verlust der Gesellschafterstellung ein die jederzeitige Abberufbarkeit übersteigendes Gewicht bei. Dies hat dementsprechend die Sittenwidrigkeit der streitgegenständlichen Hinauskündigungsregelungen zur Folge. Das Landgericht Stuttgart geht deshalb in seiner von der Beklagten in Bezug genommenen Entscheidung vom 10.10.2018 (Az. 40 O 26/18 KfH, dort Rdnr. 69) fehl, wenn es pauschal annimmt, dass „(d)ie Übernahme eines unternehmerischen Risikos (…) letztlich nicht ausschlaggebend für die Frage der Sittenwidrigkeit einer Hinauskündigungsklausel sei“. Unerheblich ist nach Auffassung des Senats vielmehr nur, wie hoch das vom Geschäftsführer mit seiner Beteiligung eingegangene Insolvenzrisiko betragsmäßig ist, da dieses bei dem vom BGH grundsätzlich für zulässig erklärten Managermodell nicht vermeidbar ist.

cc. Hinzu kommt schließlich, dass sich im Gegensatz zu dem dem BGH-Urteil zugrundliegenden Sachverhalt (und im Übrigen auch anders als nach dem Sachverhalt des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 10.10.2018, Az. 40 O 26/18 KfH, Rdnr. 5 und 6) der Gesellschaftervereinbarung schon nicht entnehmen lässt, dass bei der Beteiligung des Klägers wirtschaftlich die Teilhabe am Gewinn der Beklagten im Vordergrund stand, um dadurch die Bindung des Klägers an das Unternehmen zu verstärken, seine Motivation zu steigern und/oder eine Belohnung für seinen erfolgreichen Einsatz zu gewähren. Weder der Gesellschaftsvertrag, die Gesellschaftervereinbarung noch die CEO-Zusatzbestimmungen enthält nämlich diesbezüglich irgendwelche Anhaltspunkte. Insbesondere bezeichnet die Gesellschaftervereinbarung alle Gesellschafter unterschiedslos als „Investoren“.

Gegen ein „erhebliches Gewinnausschüttungspotential“ im Sinne der BGH-Entscheidung und damit eine Belohnungs- oder Anreizfunktion spricht schon, dass nach Abschnitt 3.1 der Gesellschaftervereinbarung ein etwaiger Jahresüberschuss, Gewinnvorträge sowie Gewinn- und Kapitalrücklagen grundsätzlich thesauriert werden, es sei denn die Gesellschafterversammlung beschließt anderweitig. Ein solcher anderweitiger Gewinnverwendungsbeschluss der Gesellschafterversammlung setzt aber nach Abschnitt 3.1 der Gesellschaftervereinbarung auch noch zusätzlich voraus, dass die Gewinnausschüttung „im Einklang mit allen Anforderungen aus bestehenden Finanzierungsverträgen der Gesellschaft und der V.-Gruppengesellschaften“ steht. Dies bedeutet, dass eine Gewinnausschüttung an den Kläger nicht nur von der wirtschaftlichen Situation der von ihm geführten Tochtergesellschaft, nämlich der V. D. GmbH, abhängt, sondern darüber hinaus auch noch von der finanziellen Situation der Beklagten als Muttergesellschaft und etwaiger anderer Tochtergesellschaften, auf die der Kläger als Geschäftsführer nur der V. D. GmbH aber gar keinen Einfluss hat. Auch schlägt nicht jeder bei der V. D. GmbH als Tochter erzielte Gewinn notwendigerweise auf die Beklagte als Mutter durch. Damit wird der Kläger aber mit seinem Gesellschaftsanteil nicht in erster Linie für den eigenen wirtschaftlichen Erfolg bei der Leitung der V. D. als Geschäftsführer belohnt, sodass es sich bei der Gesellschaftsbeteiligung auch nicht um einen bloßen Annex zu seiner Geschäftsführertätigkeit handelt. Vielmehr stellt sich seine Beteiligung als ein unternehmerisches Investment dar, dessen Erfolg von einer Vielzahl von Faktoren bestimmt werden kann, die von seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der V. D. GmbH unbeeinflusst sind.

Selbst wenn man – wie die Beklagte im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 21.01.2019, dort S. 6 und 7, – argumentiert, dass durch die in Abschnitt 3.1 der Gesellschaftervereinbarung vorgesehene grundsätzliche Thesaurierung etwaiger Gewinne der Verkehrswert der Beklagten erhöht würde und sich dies auf den dem Kläger bei seinem Ausscheiden aus der Beklagten zustehenden Abfindungsbetrag übertragen würde, würde der Verkehrswert der Beklagten – wie soeben oben dargelegt – maßgeblich von Faktoren mitbestimmt, auf die der Kläger als Geschäftsführer nur der V. D. keinen Einfluss hat. Im Übrigen hätte die Gewinnthesaurierung im streitgegenständlichen Fall nach dem eigenen Vortrag der Beklagten auch gar keine für den Kläger wirtschaftlich vorteilige Auswirkungen gehabt. Denn der Verkehrswert der Beteiligung des Klägers betrage auf Grund der vertraglich vereinbarten Berechnung des Abfindungswertes zum Ausscheidenszeitpunkt 0,00 € (Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 06.12.2018, dort S. 2, Bl. 59 d.A.).

Insgesamt spricht nach der vertraglichen Gestaltung im streitgegenständlichen Fall mehr dafür, dass es sich bei der Beteiligung des Klägers um ein „normales“ Investment in eine Gesellschaft handelt.

Nach alledem kommt es für die Unbedenklichkeit eines Managermodells entscheidend darauf an, dass es in Anbetracht des prozentualen Anteils des Geschäftsführers an der Gesellschaft und unter Berücksichtigung deren Gesellschafterstruktur praktisch ausgeschlossen ist, dass der Geschäftsführer durch sein Stimmverhalten Entscheidungen der Gesellschafterversammlung beeinflussen kann, dass er kein über das bloße Insolvenzrisiko hinausgehendes wirtschaftliches Risiko übernimmt und dass mit der Gesellschaftsbeteiligung eine Anreiz- und Belohnungsfunktion verbunden ist. Da diese Voraussetzungen allesamt nicht erfüllt sind, ist – wie das Landgericht zutreffend angenommen hat – die Regelung der Ziffer 1 der CEO-Zusatzbestimmungen nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig, womit auch die angegriffenen Beschlüsse zu TOP 1 bis 4 der Gesellschafterversammlung vom 23.04.2018 nichtig und nicht nur anfechtbar sind.

II.

Zutreffend hat das Landgericht auch die Nichtigkeit des Verfügungsgeschäfts, mit dem die Geschäftsanteile mit der laufenden Nummer 16.126 bis 22.375 von der Beklagten erworben wurden, festgestellt (Ziffer 2 des Tenors). Mit ihrer Behauptung, eine Unwirksamkeit der CEO-Zusatzbestimmungen ließe die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts unberührt (Berufungsbegründung S. 29, Bl. 249 d.A.), weshalb das Landgericht die Feststellung in Ziffer 2 des Tenors zu Unrecht getroffen habe, vermag die Beklagte nicht durchzudringen. Denn dabei übersieht sie schon, dass Ziffer 1.1 der CEO-Zusatzbestimmungen ausdrücklich auch das Angebot des Klägers, „seine Beteiligung (…) abzutreten“ und damit nicht nur ein Angebot zur Vornahme eines Verpflichtungsgeschäfts, sondern gleichzeitig auch das Angebot auf Vornahme des Verfügungsgeschäfts enthält. Die Sittenwidrigkeit erstreckt sich schon deshalb auch auf das Verfügungsgeschäft.

III.

Ebenfalls zu Recht hat das Landgericht die Beklagte in Ziffer 3 des Tenors zur Einreichung einer neuen Gesellschafterliste, die den Kläger als Inhaber der Geschäftsanteile mit der laufenden Nummer 16.126 bis 22.375 ausweist, verurteilt.

1. Unzutreffend ist insoweit der Einwand der Beklagten, dass, wenn man annehmen wollte, dass die Nichtigkeit der CEO-Zusatzbestimmungen zur Unwirksamkeit des angegriffenen Verfügungsgeschäfts führt, dies auch in gleicher Weise für das Verfügungsgeschäft gelte, mit dem der Kläger die Beteiligung an der Beklagten erworben habe. § 138 Abs. 1 BGB schützt nämlich mit der grundsätzlichen Sittenwidrigkeit der freien Hinauskündbarkeit eines Gesellschafters eben diesen und nur diesen. Wird aber gegen ein Gesetz verstoßen, das eine Vertragspartei vor bestimmten nachteiligen Klauseln wie streitgegenständlich der freien Hinauskündbarkeit schützen soll, beschränkt sich die Nichtigkeit nach dem Zweck der Verbotsnorm auf die verbotene Klausel, das Geschäft im Übrigen bleibt wirksam (vgl. Ellenberger in Palandt, 79. Auflage, München 2020, Rdnr. 18 zu § 139 BGB), wovon bei Gesellschaftsverträgen ohnehin grundsätzlich auszugehen ist (vgl. Ellenberger, aaO, Rdnr. 15)

2. Im Übrigen trägt aufgrund der salvatorischen Klausel in Abschnitt 10.6 der Gesellschaftervereinbarung abweichend von § 139 BGB die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Sittenwidrigkeit von Ziffer 1.1 der CEO-Zusatzbestimmungen und damit einer Einzelnorm zur Gesamtnichtigkeit des Rechtsgeschäfts, das heißt nicht nur der CEO-Zusatzbestimmungen, sondern auch der Gesellschaftervereinbarung und des Gesellschaftsvertrages führt (vgl. Ellenberger aaO, Rdnr. 17). Dies behauptet allerdings nicht einmal die Beklagte. Denn sie führt in der Berufungserwiderung nur aus, dass eine Nichtigkeit der CEO-Zusatzbestimmungen auch die Nichtigkeit des ursprünglichen Anteilserwerbs durch den Kläger gemäß § 139 BGB nach sich zöge (Berufungsbegründung S. 30, Bl. 250 d.A.). Eine Nichtigkeit des gesamten Gesellschaftskonstrukts wird nicht vorgetragen. Die Beklagte kann sich allerdings im Rahmen des § 139 BGB nicht auf die Nichtigkeit nur der ihr nicht konvenierenden Vertragsbestandteile berufen. Denn entweder ist nach § 139 BGB das gesamte Rechtsgeschäft und damit alle gesellschaftsrechtlichen Regelungen nichtig (womit im Übrigen eine faktische Gesellschaft unter Einschluss des Beklagten bestünde) oder es verbleibt bei der Nichtigkeit der sittenwidrigen Einzelklausel mit der Folge, dass nur die freie Hinauskündbarkeit des Klägers aus der Beklagten nicht möglich ist.

3. Die Folgen der Sittenwidrigkeit der Ziffer 1.1 der CEO-Zusatzbestimmungen kann die Beklagten auch nicht durch die Berufung auf einen angeblichen Wegfall der Geschäftsgrundlage abwenden.

IV.

Über den Hilfsberufungsantrag zu 2 der Beklagten war nicht zu entscheiden, da die Bedingung, unter der er gestellt war, nicht erfüllt ist. Denn die Klage wurde nicht teilweise abgewiesen.

V.

Der Hilfsberufungsantrag zu 3 ist unbegründet, da gegenüber dem Anspruch des Klägers gegen die Gesellschaft auf Einreichung einer neuen Gesellschafterliste, die ihn als Inhaber der Gesellschaftsanteile mit der laufenden Nummer 16.126 bis 22.375 ausweist, ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten nach § 273 Abs. 1 BGB nicht besteht. Ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB scheidet nämlich aus, wenn es allgemein dem Zweck der Verpflichtung widersprechen würde, die der Schuldner, das heißt vorliegen die Beklagte, zu erfüllen hat (vgl. OLG Köln, Urteil vom 19.04.1996 – 25 U 13/95, Rdnr. 20, Bittner/Kolbe in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, Rdnr. 81 zu § 273 BGB). Die sich aus § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG ergebende Pflicht zur unverzüglichen Einreichung einer aktuellen Gesellschafterliste dient aber nicht nur der Erfüllung eines darauf gerichteten Anspruchs des Klägers als Gesellschafter, sondern darüber hinaus auch öffentlichen Interessen. So muss beispielsweise das Registergericht wissen, wer jeweils Gesellschafter ist, da es ansonsten die formelle Prüfung von Gesellschafterbeschlüssen nicht durchführen kann. § 40 Abs. 1 GmbHG bezweckt ferner auch den Schutz von aktuellen und potentiellen Gesellschaftsgläubigern sowie die Erschwerung von Geldwäsche durch die Sichtbarmachung „gewichtiger Beteiligungen“ (vgl. Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 9. Auflage, München 2019, Rdnr. 1 und 2 zu § 40 GmbHG, Heidinger in Münchener Kommentar zum GmbHG, 3. Auflage, München 2019, Rdnr. 5 und 6 zu § 40 GmbHG). Mit diesem erheblichen öffentlichen Interesse an der Einreichung einer aktuellen Gesellschafterliste zum Handelsregister wäre ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten nach § 273 Abs. 1 BGB nicht vereinbar (zumal ein solches Zurückbehaltungsrecht der Beklagten an der sich davon unabhängig aus § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG ergebenden Verpflichtung des Geschäftsführers der Beklagten zur Einreichung einer aktuellen Liste ohnehin nichts ändern würde).

VI.

Die Hilfswiderklage der Beklagten laut Nr. 4 des Berufungsantrags ist zulässig, aber nur in Höhe von 6.250,00 € begründet.

1. Die Hilfswiderklage ist nach § 533 zulässig.

a. Sie ist sachdienlich iSd. § 533 Nr. 1 2. Alt. ZPO, da sie geeignet ist, die Frage der noch vom Kläger an die Beklagte zu leistenden Zahlungen im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits auszuräumen, und damit einem weiteren Rechtsstreit vorbeugt.

b. Die Widerklage ist auch auf Tatsachen gestützt, die der Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zu Grunde zu legen sind, da die für die Widerklage entscheidungserheblichen Tatsachen zwischen den Parteien unstreitig sind. Der Vortrag des Klägers zur Auflösung der „Rücklagen in die Einlagen“ durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 20.03.2019 laut Anl. BE 6 und der Ausschüttung dieser Rücklage an die übrigen Gesellschafter laut Aufstellung BE 8 (Schriftsatz der Klägervertreter vom 24.02.2020, S. 30 Rdnr. 178 und S. 31 Rdnr. 181) ist von der Beklagten nicht bestritten worden.

2. Die Hilfswiderklage der Beklagten ist jedoch nur in Höhe von 6.250,00 € begründet.

a. Zwischen den Parteien ist dem Grunde nach unstreitig, dass die Beklagte gegen den Kläger einen Anspruch auf Zahlung eines dem Nennbetrag der Anteile des Klägers entsprechenden Betrages von 6.250,00 € hat (vgl. Berufungserwiderungsschriftsatz der Klägervertreter vom 24.02.2020, S. 32, Bl. 302 d.A.).

An diesem Zahlungsanspruch der Beklagten gegen den Kläger ändert auch der von ihm gemäß Ziffer 5 des Tenors des landgerichtlichen Endurteils vom 15.03.2019 als Sicherheit bei der Landesjustizkasse laut Anl. BE 5 hinterlegte Betrag in Höhe von 20.000,00 € nichts. Denn diese Sicherheitsleistung führt nicht zur Erfüllung des Zahlungsanspruchs der Beklagten, sondern ermöglicht dem Kläger nur eine Vollstreckung von Ziffer 3 des landgerichtlichen Endurteils vor Eintritt der Rechtskraft. Im Übrigen erhält der Kläger diesen Betrag nach Rechtskraft des Urteils von der Landesjustizkasse zurück.

b. Zinsen kann die Beklagte erst ab 06.11.2019 verlangen. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Kläger nicht bereits durch das Email des Beklagtenvertreters vom 08.04.2019 laut Anl. BK 3 mit Ablauf der dort ihm gesetzten Zahlungsfrist am 12.04.2019 in Verzug geraten, da der Anspruch auf Zahlung des anteiligen Stammkapitals zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht fällig war. Die Beklagte beharrte und beharrt immer noch darauf, dass der Kläger nicht mehr ihr Gesellschafter ist, womit aus ihrer Sicht auch kein Anspruch auf Zahlung des anteiligen Stammkapitals besteht. Deshalb hat sie in dem Email vom 08.04.2019 laut Anl. BK 3 vom Kläger auch nur höchstvorsorglich Zahlung verlangt. Der Beklagten stehen daher nur Rechtshängigkeitszinsen iSd. § 291 BGB zu, die mit dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Hilfswiderklageantrags, der den Klägervertretern am 05.11.2019 zugestellt wurde, zu laufen begannen (vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, 79. Auflage, München 2020, Rdnr. 4 zu § 291 BGB).

c. Ein darüber hinausgehender Zahlungsanspruch der Beklagten gegen den Kläger besteht dagegen nicht.

Zwar hat sich der Kläger in Anschnitt P.2 und P.3 der Gesellschaftervereinbarung laut Anl. K 1 verpflichtet, eine Einlage in die Rücklage in Höhe von 293.750,00 € zu leisten. Nachdem er seine zuletzt noch in Höhe von 225.000,00 € bestehende Einlage in Vollzug der streitgegenständlichen Beschlüsse vom 23.04.2018 von der Beklagten zurückerhalten hat, bestünde damit, nachdem der Kläger seine Gesellschafterstellung aufgrund der Nichtigkeit der Beschlüsse vom 23.04.2018 nicht verloren hat, grundsätzlich ein Anspruch der Beklagten aus der Gesellschaftervereinbarung auf erneute Leistung der Einlage in die Rücklage.

Da jedoch unstreitig die Beklagte aufgrund des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 20.03.2019 (Ziffern 2. und 3. laut Anl. BE 6) die gesamte noch bei ihr vorhandene Rücklage in Höhe von insgesamt 656.250,00 € aufgelöst und an die übrigen Gesellschafter ausgeschüttet hat, wäre es ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gesellschafter, wenn nunmehr der Kläger als einziger der Gesellschafter die Einlage in die Rücklage noch zu leisten hätte. Denn dieser Grundsatz verbietet eine willkürliche, sachlich nicht gerechtfertigte unterschiedliche Behandlung der Gesellschafter (vgl. Wicke in Wicke, GmbHG, 3. Auflage, München 2016, Rdnr. 24 zu § 13 GmbHG). Eine Begründung, warum der Kläger nach erfolgter Auflösung der Rücklage diese als einziger der Gesellschafter noch leisten solle, hat die Beklagte auch in ihrer Berufungsreplik vom 12.03.2020 (vgl. dort S. 17, Bl. 322 d.A.) nicht vorgetragen.

C.

Nachdem der Klägervertreter die als Hilfsanschlussberufung auszulegende Klageerweiterung (Antrag Nr. 2) in seinem Berufungserwiderungsschriftsatz vom 24.02.2020 (dort S. 2, Bl. 272 d.A.) in der mündlichen Verhandlung vom 13.05.2020 zurückgenommen hat, war darüber nicht mehr zu entscheiden. Gemäß § 516 Abs. 3 S. 2 ZPO war nur noch festzustellen, dass der Kläger seines Rechtsmittels verlustig ist.

D.

I. Der Ausspruch zu den Kosten beruht auf §§ 92 Abs. 1, 516 Abs. 3 S. 1 ZPO.

II. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

III. Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, da Revisionsgründe (§ 543 ZPO) nicht vorliegen. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Zu würdigen waren ausschließlich die Umstände des Einzelfalles.

 

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