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Wirtschaftsauskunftsdatei – Erforderlichkeit und Datenschutz

BUNDESGERICHTSHOF

Az.: VI ZR 3/03

Beschluss vom 24. Juni 2003

Vorinstanz: OLG Stuttgart, LG Tübingen


Leitsatz:

Angaben einer Wirtschaftsauskunftsdatei, die geeignet sind, etwaige Kreditgeber zu einer sorgfältigen Bonitätsprüfung zu veranlassen, sind für das Kreditgewerbe erforderlich und vom Betroffenen grundsätzlich hinzunehmen.


Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juni 2003 beschlossen:

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Streitwert: 50.000 €

Gründe:

I.

Die Beklagte, eine Wirtschaftsauskunftsdatei, teilte auf Anfrage der Klägerin zu 1, einer im Baugewerbe tätigen GmbH, als Selbstauskunft mit, daß der Kläger zu 2, der Geschäftsführer der Klägerin zu 1, als Gesellschafter und Geschäftsführer an fünf weiteren GmbHs beteiligt ist bzw. war. Außerdem gab sie Auskunft über die Höhe des jeweiligen Stammkapitals und des Gesellschaftsanteils des Klägers zu 2 an den einzelnen Gesellschaften. Hinsichtlich der G.-GmbH und einer weiteren GmbH war in der Auskunft vermerkt, daß sie in Konkurs gegangen und am 18. Juli 1997 gelöscht worden sind, wobei in einem Fall der Konkurs mangels Masse nicht eröffnet worden ist. Die Kläger halten diese Mitteilungen für unzulässig. Sie seien für die Bonität und Seriosität der Klägerin zu 1 ohne Aussagewert. Den Kläger zu 2 treffe keine Verantwortlichkeit an den Konkursen, diese seien vielmehr durch die allgemeine Wirtschaftslage verursacht worden.

Die Klage auf Löschung der entsprechenden Daten, hilfsweise Unterlassung der entsprechenden Auskunft hatte in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen, weil sich der Fall in der bloßen Anwendung anerkannter Rechtsgrundsätze erschöpfe, deren konkrete Umsetzung zwischen den Parteien im Streit sei. Dagegen wenden sich die Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht gegeben (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Es wird darin auch nicht aufgezeigt, daß die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision gebiete (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

1. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BGH, Beschluß vom 27. März 2003 – V ZR 291/02 – WM 2003, 987 m.w.N.).

a) Die in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob der bisherige geschäftliche Erfolg bzw. Mißerfolg eines Betroffenen ein schutzwürdiges Interesse im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. § 29 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BDSG begründet, das einer Erhebung der diesbezüglichen Daten bzw. zumindest deren Übermittlung an Dritte im Wege steht, und ob es auf eine solche Abwägung noch ankommt, nachdem der Betroffene der verantwortlichen Stelle ausdrücklich mitgeteilt hat, er verwahre sich gegen die Speicherung und Weiterleitung seiner Daten, bedarf keiner Klärung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung.

Der Senat hat sich im Urteil vom 17. Dezember 1985 – VI ZR 244/84 -NJW 1986, 2505 zu dieser Frage umfassend geäußert. Er hat die Speicherung und Weitergabe persönlicher Daten über den Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH im Zusammenhang mit einer Auskunft über die GmbH dann für zulässig erachtet, wenn diese im Rahmen der Gesamtbeurteilung der Kreditwürdigkeit der Gesellschaft nicht ohne Gewicht sind. Auskünfte, die geeignet sind, etwaige Kreditgeber zu einer sorgfältigen Bonitätsprüfung zu veranlassen, sind für das Kreditgewerbe erforderlich und müssen, wenn sie -wie hier- zutreffen und nicht den sensitiven persönlichen Bereich berühren, regelmäßig vom betroffenen Geschäftsführer und Gesellschafter hingenommen werden, wenn er Vertrauen in seine Zuverlässigkeit und die damit verbundene Kreditwürdigkeit der von ihm geführten GmbH in Anspruch nehmen will (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1985 – VI ZR 244/84- aaO, m.w.N.). Da ein maßgeblicher Unterschied zwischen dem Gesetzeswortlaut des § 32 Abs. 1 BDSG 1977, der Grundlage dieses Senatsurteils war, und dem des § 29 BDSG, der im vorliegenden Fall anzuwenden ist, nicht besteht, ist ein Klärungsbedarf für die von der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Fragestellung zu verneinen.

b) Auch die Frage, ob Wirtschaftsauskunftsdateien personenbezogene Daten eine unbegrenzte Zeit speichern, nutzen und Dritten zugänglich machen dürfen oder ob sie nach Ablauf der in § 915 a Abs. 1 ZPO oder in § 26 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 InsO festgelegten Fristen einem Löschungsanspruch des Betroffenen ausgesetzt sind und zu welchem Zeitpunkt gegebenenfalls diese Fristen zu laufen beginnen, muß ebenfalls nicht durch eine höchstrichterliche Entscheidung geklärt werden, da diesbezüglich eine gesetzliche Regelung besteht. Nach § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG hat jeweils zum Ende des vierten Kalenderjahres beginnend mit der erstmaligen Speicherung eine Prüfung zu erfolgen, ob eine länger währende Speicherung noch erforderlich ist, anderenfalls sind die Daten zu löschen.

2. Von einer weiteren Begründung wird gemäß §544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbs. ZPO abgesehen.

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