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Wohngebäudeversicherung – Versicherungsfall bei Bruch eines Regenfallrohrs

LG Bonn – Az.: 6 S 39/14 – Urteil vom 09.10.2014

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Euskirchen vom 22.01.2014 – 33 C 95/13 – abgeändert und folgendermaßen insgesamt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.155,69 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.04.2012 zu zahlen sowie an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 272,87 EUR zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits der 1. und 2. Instanz tragen die Beklagte.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen hinsichtlich folgender Frage:

Ist ein Rohrbruch an einem Regenfallrohr, welches innerhalb der Bodenplatte des versicherten Gebäudes verlegt ist und mit den inneren Abwasserrohren des Hauses verbunden ist, als Bruchschaden an Rohren der Wasserversorgung innerhalb versicherter Gebäude i.S.v. § 7 Nr. 1 a) VGB 88 einzustufen, auch wenn der Rohrbruch an einer Stelle innerhalb der Bodenplatte erfolgt, an welcher bestimmungsgemäß nach lediglich Regenwasser durch das Rohr fließt?

Gründe

I.

Wohngebäudeversicherung - Versicherungsfall bei Bruch eines Regenfallrohrs
Symbolfoto: Von klikkipetra/Shutterstock.com

Die Kläger sind Eigentümer des Hauses O-Straße …B in … F. Sie unterhalten bei der Beklagten unter der Versicherungsnummer …/… einen Gebäudeversicherungsvertrag unter Einschluss einer Leitungswasserversicherung. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen VGB 88 zu Grunde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in der Akte befindlichen Kopie des Versicherungsscheins vom 12.10.2000, Bl. … der Akte, Anl. ZHS1 verwiesen sowie auf die ebenfalls in Kopie beigefügten Allgemeinen Versicherungsbedingungen, Anl. ZHS2, Bl. … ff. der Akte.

Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Wasserschaden, der sich im Januar 2012 in dem versicherten Objekt der Kläger O-Straße …B in F ereignete. Es kam zur Feuchtigkeitsbildung im Keller. Im Rahmen der von Klägerseite beauftragten Untersuchungen der Feuchtigkeitsbildung durch eine beauftragte Firma ergab sich, dass ein Rohrbruch an einem Regenabwasserrohr, das in das Mauerwerk hinein geht, entstanden ist. Bei der beschädigten Leitung handelte es sich um ein zunächst außen am Gebäude senkrecht verlaufendes Regenwasserrohr, welches sodann gefolgt von einem Materialwechsel unterhalb der Erdoberfläche (Standrohr) und sodann unter Beschreibung eines 45 Gradbogens zum Gebäude hin verläuft. Zwischen den Parteien ist insoweit streitig, ob das Regenwasserrohr in der Bodenplatte des Gebäudes oder unterhalb der Bodenplatte des Gebäudes verläuft.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass sich weder aus § 6 VGB 88, noch aus § 7 VGB 88 eine Eintrittspflicht der Beklagten ergebe.

Nachdem die Klägerin erstinstanzlich noch die Schadenshöhe bestritten hatte, hat die Beklagte zweitinstanzlich unstreitig gestellt, dass für die Behebung des genannten Rohrbruchschadens erforderliche und angemessene Kosten i.H.v. 2.155,69 EUR im Hinblick auf die mit Rechnung vom 21.06.2012 abgerechnete Tätigkeit der E GmbH entstanden sind, welche die Klägerin beauftragt und bezahlt hat.

Die Klägerin behauptet, dass der Rohrbruch innerhalb des Gebäudes entstanden sei.

Die Klägerin beantragt entsprechend ihrer erstinstanzlichen Anträge, das am 23.01.2014 verkündete Urteil des Amtsgerichts Euskirchen (33 C 95/13) dahingehend abzuändern, dass

1. die Beklagte verurteilt wird, an die Kläger einen Betrag i.H.v. 2.155,69 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.04.2012 zu zahlen;

2. die Beklagte verurteilt wird, an die Kläger einen Betrag i.H.v. 272,87 EUR wegen der außergerichtlichen Kosten zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Rohrbruchschaden nicht versichert sei, jedenfalls weil an der Rohrbruchstelle nur Regenwasser durch das Rohr geflossen sei (was unstreitig ist).

Im Übrigen wird Bezug genommen auf das amtsgerichtliche Urteil, auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2013 vor dem Amtsgericht, auf das hiesige Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 01.09.2014 sowie auf die wechselseitigen Schriftsätze.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Soweit das Amtsgericht von „den Klägern“ spricht, hat eine Eigentümergemeinschaft die vorliegende Klage erhoben, also eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die lediglich von ihren beiden Gesellschaftern vertreten wird, die damit also nicht Kläger sind.

Die Kammer vermag nicht der Auffassung des Amtsgerichts zu folgen, dass kein Fall von § 7 VGB 88 vorliege. Der Begründung des Amtsgerichts, dass § 7 Abs. 1 VGB 88 nicht einschlägig sei im Hinblick auf das Fehlen einer Bruchstelle an einem Rohr der Wasserversorgung, kann nicht beigepflichtet werden. Der Argumentation des Amtsgerichts, dass von einem Rohr der Wasserversorgung erst ausgegangen werden könne, soweit eine entsprechende Zuführung von Abwasser in das Rohr tatsächlich erfolge, vermag die Kammer nicht zuzustimmen. Soweit dies der vom Amtsgericht zitierten Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt (Urteil vom 14.10.1999, 3 U 215/98 = VersR 2000, 723) und der (kurzen) Kommentierung von Kollhosser (in Prölss/Martin, VVG, 27. Auflage, § 6 VGB 88) entsprechen sollte, ist auch diesen Auffassungen nicht zuzustimmen.

Zu beachten ist dabei durchaus, dass sich die genannte Kommentierung und die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt gar nicht auf einen Rohrschaden gemäß § 7 Nr. 1 a) VGB 88 bezieht, sondern auf einen Leitungswasserschaden im Sinne von § 6 VGB 88. Die im Urteil enthaltenen Ausführungen dürften allerdings durchaus so zu verstehen sein, dass der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt der Auffassung ist, dass ein versicherter Rohrbruchschaden an einem Rohr der Abwasserversorgung (auch) im Sinne von § 7 Nr. 1 a) VGB 88 nur vorliegen könne, wenn der Rohrbruch an einer Stelle des Rohrs stattgefunden hat, an der bereits Hausabwasser eingeleitet wird und bis dahin nicht nur bestimmungsgemäß Regenwasser durch das Rohr fließt. Es kann offen bleiben, ob sich aus der weiteren Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 13.02.2003 (3 U 152/02) eine andere Auffassung ergeben sollte, wobei die Beklagte durchaus zutreffend darauf hingewiesen hat, dass der Schwerpunkt der Entscheidung in diesem Fall eher darauf lag, dass Wasser nach Rückstau ausgetreten war.

Die Kammer ist jedenfalls der Auffassung, dass – auch unter Berücksichtigung von § 305c Abs. 2 BGB und des Transparenzgebots – das allein taugliche Abgrenzungskriterium für die Bejahung eines Versicherungsfalls gemäß § 7 VGB 88 in den Fällen eines Rohrbruchschadens im Zusammenhang mit einem Regenfallrohr darin liegt, ob das Regenfallrohr Teil des Abwasserrohrsystems ist (also mit Abwasserleitungen verbunden ist) und ob die Bruchstelle innerhalb des Gebäudes liegt, ungeachtet dessen, ob bereits Hausabwasser in das Rohr eingeleitet worden sein sollte oder nicht. Zunächst spricht hierfür der Wortlaut von § 7 Nr. 1 VGB 88, wonach „innerhalb versicherter Gebäude“ Bruchschäden an Rohren der Wasserversorgung versichert sind, wobei nach dem allgemeinen Sprachverständnis unter „Rohre der Wasserversorgung“ auch Abwasserrohre fallen und auch Regenwasser in der Regel Abwasser ist (jedenfalls wenn es zur reinen Ableitung ins Haus geleitet wird). Ebenso spricht hierfür die Systematik von § 7 VGB 88, wonach in § 7 Nr. 1 u. 2 VGB 88 versicherte Fälle innerhalb versicherter Gebäude und nach § 7 Nr. 3 VGB 88 versicherte Fälle außerhalb versicherter Gebäude geregelt sind, so dass dieser Aspekt „innerhalb/außerhalb des Gebäudes“ ein maßgebliches Abgrenzungskriterium für das Vorliegen eines Versicherungsfalls ist. Nach dem maßgeblichen Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers und unter Berücksichtigung dessen, dass Zweifel bei der Auslegung der vorliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu Lasten der Beklagten als Verwender gehen, darf der Versicherungsnehmer diese Formulierungen im Zweifel so verstehen, dass alle Rohre, die in Verbindung mit den Abwasserrohren stehen und damit nach laienhafter Sicht das Abwasserrohrsystem bilden und innerhalb des Hauses verlaufen, für den Fall des Rohrbruchs versichert sind. Die feinsinnige Unterscheidung, ob an der Bruchstelle bereits „häuslich generiertes“ Abwasser eingeleitet worden sein sollte, kann aus Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers angesichts dieser Formulierung der Klausel nicht maßgeblich sein, zumal nach dem allgemeinen Sprachverständnis auch Regenwasser in der Regel Abwasser ist und nicht nur das „häuslich generierte“ Abwasser.

Mit anderen Worten: Der Versicherungsnehmer darf nach Lektüre des § 7 VGB 88 davon ausgehen, dass für alle Rohrbrüche innerhalb des Hauses, die mit der Abwasserleitung im Zusammenhang stehen, Versicherungsschutz besteht. Das Regenrohr ist nach Eintritt in die Gebäudehülle der Anfang der Gesamtabwasserleitung innerhalb des Hauses bzw. jedenfalls ein Bestandteil des zusammenhängenden Gesamtabwasserrohrsystems. Dass eine innerhalb des Hauses liegende Rohrleitung, die Teil des Abwassersystems ist, nicht unter den Begriff „Rohr der Wasserversorgung“ fallen sollte, nur weil bis zur Bruchstelle (innerhalb des Hauses) lediglich Regenwasser durch das Rohr fließt und ggf. erst (kurz) danach auch häuslich generiertes Abwasser, ist für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht hinreichend verständlich. Dies geht zu Lasten der Beklagten (§ 305c Abs. 2 BGB) mit der Rechtsfolge, dass ein Versicherungsfall zu bejahen ist, wenn ein Rohrbruch an einem ins Haus führenden Regenfallrohr, welches mit den Hausabwasserrohren verbunden ist, innerhalb des versicherten Gebäudes vorliegt, was hier der Fall ist.

Es ist übrigens anzumerken, dass der „Zeuge der Beklagten“, der Architekt G, der den Schadensfall nach Aktenlage für die Beklagte bewertete, in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der Kammer bekundete, dass es maßgeblich darum gehe, ob der Schaden innerhalb oder außerhalb des Gebäudes liege (Bl. …R d.A.), so dass zweifelhaft sein dürfte, ob die allgemeine Regulierungspraxis der Versicherungen überhaupt der in diesem Prozess vertretenen Rechtsauffassung der Beklagten entspricht. Inzident stützt jedenfalls diese Ansicht eines Architekten die Annahme, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die Klausel so verstehen darf wie dargestellt.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht gemäß § 286 ZPO fest, dass der Rohrbruchschaden innerhalb des versicherten Gebäudes, nämlich innerhalb der Bodenplatte des versicherten Hauses der Klägerin eingetreten ist. Dies steht fest aufgrund der glaubhaften Bekundungen des Zeugen E in der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2013 vor dem Amtsgericht Euskirchen (Bl. … ff. d.A.), während die weiteren Zeugenaussagen hierzu unergiebig waren. Der Zeuge E bekundete auf explizite Nachfrage des Gerichts, wo genau das Rohr verlaufen sei, das schadhaft war. Wenn er jetzt so gefragt werde, dann habe er halt die Bodenplatte aufgestemmt und das Rohr sei seiner Einschätzung nach noch innerhalb der Betonmasse verlaufen, d.h. nicht im Erdreich, sondern das Rohr sei auch nicht besonders tief verlegt gewesen. Das seien vielleicht ca. 10 cm gewesen. Er habe mit der Kamera das Rohr abgefahren und habe dann auch die schadhafte Stelle gefunden und habe das dann auf der Bodenplatte markiert und habe von oben aus dann die Bodenplatte geöffnet, d.h. den Beton. Er sei dann schon relativ bald auf das Rohr gestoßen. Er habe dann das Rohr aufgeschnitten, und es sei so gewesen, dass das gesamte Rohr noch von Beton umgeben gewesen sei, d.h. es habe innerhalb der Betonmasse gelegen. Dies habe er, wenn er danach gefragt werde, deutlich vor Augen. Die Kammer sieht keine Veranlassung an diesen nachvollziehbaren, in sich stimmigen Ausführungen des Zeugen E zu zweifeln, die ihrer objektiven Schilderung nach dafür sprechen, dass der Zeuge dies wie geschildert tatsächlich so erlebt hat. Insbesondere die Äußerung, dass er noch vor Augen habe, dass das Rohr innerhalb der Betonmasse gelegen habe und dass das gesamte Rohr von Beton umgeben gewesen sei, zeugt vom Wahrheitsgehalt der Bekundungen des Zeugen. Diese Bekundungen zeigen, dass der Zeuge dies tatsächlich so, wie geschildert, erlebt hat. Die Kammer hat keinen Anlass gehabt, an der Glaubwürdigkeit des Zeugen E zu zweifeln und hat deswegen auch keinen Anlass gesehen, den Zeugen selber nochmals zu vernehmen. Allein das Auftragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Firma E vermag keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu begründen.

Soweit die Beklagte meint, dass sich objektive Zweifel an der Aussage des Zeugen E ergäben, weil dieser zunächst am Anfang seiner Vernehmung bekundet hatte, dass das Regenfallrohr bzw. der Rohrbruch unter der Bodenplatte, ca. 10 cm darunter, lokalisiert worden sei, steht dies nicht im Widerspruch zu den vorstehenden Bekundungen des Zeugen. Damit hat der Zeuge erkennbar gemeint, dass 10 cm unterhalb des oberen Randes der Bodenplatte das Regenfallrohr bzw. die Bruchstelle lokalisiert worden sei. Die Bodenplatte hat jedoch nicht nur eine Dicke von 10 cm, so dass die von der Beklagten angeführten Bekundungen des Zeugen nicht im Widerspruch zu seinen späteren Bekundungen stehen, sondern vielmehr 1:1 im Einklang miteinander stehen. Die Schätzung des Zeugen, dass das Rohr 10 cm unterhalb des Kellerbodens/dem Rande der Bodenplatte verlief, äußerte er sowohl am Anfang seiner Vernehmung als auch am Ende seiner Vernehmung (S. 2 u. 7 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2013, Bl. …R, Bl. …R d.A.).

Eine weitere Sachaufklärung durch Sachverständigengutachten ist nicht veranlasst, schon weil dieser neue Beweisantritt im Schriftsatz vom 20.06.2014 gemäß §§ 529, 531 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen ist, weil bereits erstinstanzlich streitig war und von den Parteien für potentiell erheblich gehalten wurde, wo die Bruchstelle war (abgesehen davon, dass davon auszugehen ist, dass die Klägerin keine substanzzerstörenden Eingriffe dulden würde, die indes erforderlich wären bei Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage, ob das Regenfallrohr bzw. die Bruchstelle innerhalb oder unterhalb der Bodenplatte liegt bzw. lag, so dass eine sinnvolle weitere Beweiserhebung auch unmöglich wäre). Im Übrigen ist es – wie der Kammer aus Bauprozessen bekannt und in der Berufungsverhandlung erörtert – gängige Baupraxis, die horizontale Hausentwässerungsleitung, soweit sie nicht (oft satzungsmäßig geboten) unter der Kellerdecke durch das Haus geführt wird, in die Bodenplatte eingebunden wird, weil sie auch nur auf diese Weise über einen Revisionsschacht kontrollierbar bleibt.

Rechtlich ist ein in der Bodenplatte verlaufendes Rohr als „innerhalb des versicherten Gebäudes“ i.S.v. § 7 VGB 88 anzusehen, weil die Bodenplatte nach der allgemeinen Verkehrsanschauung Teil des Gebäudes ist und damit auch die innerhalb der Bodenplatte verlegten Rohre innerhalb des Gebäudes liegen.

Folglich liegt ein Versicherungsfall gemäß § 7 Nr. 1 a) VGB 88 vor.

Eine abweichende Beurteilung ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht gerechtfertigt, weil „im Rahmen der Rohrbruchversicherung die Voraussetzungen enger als in der Leitungswassersversicherung wären“ oder weil eine uferlose Ausdehnung des Versicherungsschutzes drohe. Das Abgrenzungskriterium, welches die Kammer für maßgeblich hält, ist klar definiert – innerhalb/außerhalb des Gebäudes. Warum sich hieraus eine uferlose Ausdehnung des Versicherungsschutzes oder eine mangelnde Praktikabilität ergeben sollte, ist nicht nachvollziehbar. Vielmehr führt die Auffassung der Beklagten zu einer unnachvollziehbaren Beschränkung des Versicherungsschutzes, die nicht im Einklang mit § 305c Abs. 2 BGB und dem Transparenzgebot steht. Warum im Rahmen der Rohrbruchversicherung die Voraussetzungen enger sein sollten als in der Leitungswasserversicherung ist ebenfalls nicht nachvollziehbar – die eigene Argumentation der Beklagten im Hinblick auf das Urteil des OLG Frankfurt vom 13.02.2003 (3 U 152/02) weist eher in die andere Richtung. Aus dem Wortlaut der §§ 6, 7 VGB 88 ergibt sich dies jedenfalls nicht – § 6 VGB 88 enthält übrigens auch nicht die Tatbestandsvoraussetzung „innerhalb versicherter Gebäude“, wenngleich diese Voraussetzung für Leitungswasserschäden auch selbstverständlich sein mag. Soweit damit argumentiert wird, dass es für (äußere) Regenfallrohre Zusatzversicherungspakete gebe, die einen solchen Schaden abdecken könnten, mag das so sein. Es ist aber nicht vorgetragen worden, dass solche Zusatzversicherungspakete mit der Klägerin bei Vertragsschluss besprochen worden wären und dass die Klägerin dadurch erkannt hat, dass ein Rohrbruchschaden am Regenfallrohr innerhalb des Hauses nicht von der allgemeinen Rohrbruchversicherung umfasst sein werde.

Die geschuldete Versicherungsleistung beträgt gemäß §§ 13 ff. VGB 88 2.155,69 EUR. Dies entspricht den erforderlichen und angemessenen Kosten der Beseitigung des Schadens am beschädigten Rohr (vgl. § 15 VGB 88) entsprechend der Rechnung der Firma E vom 21.06.2012 (Anlage ZHS 5, Bl. … ff. d.A.). Soweit die Beklagte erstinstanzlich noch die Entschädigungsberechnung bestritten hatte (S. 5 der Klageerwiderung, Bl. … d.A.), wurde dieses Bestreiten auf Nachfrage der Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 01.09.2014 fallen gelassen.

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Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 280, 286 Abs. 1, 288 BGB im Hinblick auf die befristete Mahnung aus dem Schreiben vom 16.04.2012 (Anlage ZHS 3, Bl. … d.A.).

Der Klageantrag zu 2) ist begründet gemäß §§ 280, 249 ff. BGB, da die Klägerin sich verzugsunabhängig anwaltlicher Hilfe bedienen durfte, nachdem die Beklagte regulierungsunwillig war (vgl. Ausführungen im Schreiben vom 16.04.2012). Das Verschulden der Beklagten wird vermutet, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Berechnung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist zutreffend. Warum diesem Anspruch § 85 Abs. 2VVG entgegenstehen sollte, wie die Beklagte meint, ist nicht nachvollziehbar. § 85 VVG betrifft Schadensermittlungskosten und nicht sonstige Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. Der vorgerichtlich zur Anspruchsdurchsetzung beauftragte Rechtsanwalt nach erfolgter Regulierungsablehnung der Versicherung ist kein Beistand i.S.v. § 85 Abs. 2 VVG.

Soweit ins Blaue hinein die Vorlage einer „prüffähigen Rechnung“ bestritten wird, ist dies unbeachtlich. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger von seinen Prozessbevollmächtigten eine Rechnung erhalten hat entsprechend der in der Klageschrift genannten Eckdaten (S. 5 der Klageschrift, Bl. … d.A.). Es gehört auch nicht zur Schlüssigkeit des Vortrags, ob der Auftrag bedingt oder unbedingt war. Soweit die vorgerichtlichen Kosten geltend gemacht werden, wird selbstverständlich ein allenfalls bedingter Klageauftrag oder sogar ein damals komplett fehlender Klageauftrag vorgetragen. Ob diese Vorgehensweise objektiv angemessen war (§§ 249, 254 BGB) ist eine andere Frage, die hier aber zu bejahen ist, da die Kläger durchaus Erfolgsaussichten sehen durften, dass die Beklagte auf die Einwände des Prozessbevollmächtigten noch einlenken würde, womit dann eine Klage hätte vermieden werden können.

Soweit die Beklagte die Begleichung der Rechnung bestreiten wollen sollte, ist dies unerheblich, weil der im Falle der Nichtbegleichung bestehende Freistellungsanspruch sich durch die ernsthafte und endgültige Verweigerung mit dem Klageabweisungsantrag gemäß §§ 249, 251 BGB in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat (vgl. BGH NJW 2004, 1868).

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Angesichts der Vielzahl der Versicherungsverträge, für die noch die VGB 88 gelten dürften, liegt eine erhebliche praktische Relevanz der aufgezeigten Rechtsfrage vor, inwieweit Regenfallrohre, die im Inneren des Hauses verlaufen und mit den sonstigen Abwasserrohren verbunden sind, unter den Versicherungsschutz gemäß § 7 VGB 88 fallen. Diese Rechtsfrage erscheint auch ungeklärt, bzw. jedenfalls weicht die Kammer von der Auffassung des OLG Frankfurt im Urteil vom 14.10.1999 (3 U 215/98) ab.

Berufungswert: 2.155,69 EUR.

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