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Hausratsversicherung: Haftung für Diebstähle aus Wohnmobil

Amtsgericht Coburg

Az.: 15 C 393/01

Verkündet am 26.07.2001

 

Berufung: LG Coburg – Az.: 33 S 146/01 siehe unten


In dem Rechtsstreit erkennt das Amtsgericht Coburg durch Richter am Amtsgericht gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren, in welchem alle bis 17.07.2001 eingegangenen Schriftsätze Berücksichtigung fanden, für Recht:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.100,– DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin macht Ansprüche aus einer Hausratversicherung wegen eines Diebstahls geltend.

Die Parteien schlossen zum 01.06.1991 eine „Hausratsversicherung zum Neuwert“, unter anderem gegen Schäden aus Einbruch und Diebstahl. Dem Versicherungsvertrag wurden die „Allgemeinen Hausratsversicherungsbedingungen“ (VHB 84) mit Stand vom 01.01.1991 zu Grunde gelegt.

Im Mai und Juni 2000 unternahmen die Klägerin und ihre Familie mit einem Wohnmobil eine Urlaubsreise. Dabei wurde das auf einem öffentlichen Parkplatz abgestellte Wohnmobil am 06.06.2000 von Dritten aufgebrochen. Die Täter entwendeten verschiedene in dem Fahrzeug befindliche Gegenstände. Der entstandene Schaden wurde der Beklagten mit Schreiben vom 16.06.2000 gemeldet, die eine Regulierung ablehnte.

Die Klägerin meint, die Ablehnung sei nicht begründet, da ein Versicherungsfall nach § 12 Abs. 1 VHB 84 vorliege. Sie ist der Ansicht, nach dieser Regelung wäre es nicht erforderlich, daß die versicherten Sachen durch den Raum eines Gebäudes geschützt sein müßten. Sofern zu der Auslegung dieser Bestimmung auf weitere Vorschriften zurückgegriffen werden müsse, die dann ein abweichendes Ergebnis begründen könnten, sei § 12 Abs. 1 VHB 84 insoweit völlig unklar, so daß Zweifel in den Bedingungen zu Lasten des Verwenders gehen würden.

Die Klägerin beantragt: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von DM 6.838,25 nebst 9,26 0-. Zinsen seit dem 28.08.2000 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt: Klageabweisung. Die Beklagte meint, die geltend gemachten Ansprüche stünden der Klägerin nicht zu, da die Voraussetzungen eines eintrittspflichtigen Versicherungsfalles im Sinne der vertraglichen Vereinbarung nicht erfüllt seien. Es fehle hier namentlich an der nach § 5 VHB 84 geforderten Gebäudebezogenheit des Einbruchdiebstahls. Auch § 12 VHB 84 lasse hiervon keine Ausnahme zu, sondern schaffe lediglich eine Erweiterung zu den Bestimmungen über den Versicherungsort in den §§ 10 und 11 VHB 84. Durch die Regelung solle aber keinesfalls eine Erweiterung der versicherten Gefahren über die Festlegungen in den H -3 ff VHB 84 hinaus bewirkt werden. Unklarheiten bestünden insofern für den verständigen Versicherungsnehmer nicht.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie die „Allgemeinen Hausratsversicherungsbedingungen“ (VHB 84) der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch aus 1 VVG i.V.m. dem zwischen den Parteien geschlossenen Hausratsversicherungsvertrag in Verbindung mit den wirksam einbezogenen VHB 84 nicht zu.

Die §§ 3 Nr. 2, 5 Nr. la VHB 84 setzen voraus, daß der Dieb in den Räum eines Gebäudes einbricht; einsteigt oder mit einem falschen Schlüssel oder anderen nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen bestimmten Werkzeugen eindringt. Desgleichen wird auch in § 5 Nr. lb VHB jeweils der Bezug des Diebstahls zu einem Gebäude gefordert. Als Gebäude gilt dabei nur ein mit dem Erdboden fest verbundenes Bauwerk.

Vorliegend fehlt es schon an dem erforderlichen Gebäudebezug. Die Sachen, für welche die Klägerin nunmehr Ersatz begehrt, sind aus einem Wohnmobil gestohlen worden, das als beweglicher Gegenstand kein Gebäude darstellt. Auch das Fahrzeug selbst befand sich zum Schadenszeitpunkt unstreitig nicht in einem Gebäude, sondern war im Freien auf einer öffentlichen Parkfläche abgestellt.

Die §§ 3 Nr. 2, 5 Nr. la VHB 84 werden auch nicht durch die von der Klägerin geltend gemachte Regelung des § 12 Nr. 1 VHB 84 (Außenversicherung) dahingehend modifiziert, daß ein Gebäudebezug in den dort bezeichneten Fällen gerade nicht zu fordern wäre. Bei der Auslegung dieser Vertragsbedingung bestehen insbesondere keine Zweifel im Sinne des § 5 AGBG, die eine solche Deutung zulassen und zu Lasten der Beklagten gehen würden.

Die Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) hat sich am Verständnis eines durchschnittlichen, juristisch und versicherungstechnisch nicht vorgebildeten Versicherungsnehmers zu orientieren, daß dieser bei aufmerksamer Durchsicht und verständiger Würdigung der jeweiligen Fassung der AVB unter Beachtung des dabei erkennbar werdenen Sinnzusammenhanges gewinnt (BGH NJW-RR 1999; S. 1473). Es kommt dabei im Gegensatz zur Auslegung einer individuell ausgehandelten Vereinbarung darauf an, daß das Auslegungsergebnis als allgemeine Lösung des stets wiederkehrenden und zu regelnden Interessenkonfliktes dienen kann und nicht einzelfallbezogen ist (BGH NJW 1999, S. 1712).

Nach dem Wortlaut des § 12 Nr. 1 VHB 84 sind versicherte Sachen innerhalb Europas im geographischen Sinn auch versichert, solange sie sich vorübergehend außerhalb der Wohnung befinden. Dieser Formulierung allein kann ein verständiger Versicherungsnehmer schon keine erweiternde Regelung zur sachlichen Reichweite des Versicherungsschutzes entnehmen, da hier nicht mehr angesprochen wird, welche Gefahren im Einzelfall versichert sein sollen.

Der aufmerksame Versicherungsnehmer hat, nachdem er die VHB 84 bis zu dieser Bestimmung durchgearbeitet hat, bereits erkannt, daß die Versicherungsbedingungen deutlich zwischen einer Regelung der versicherten Gefahren in den §§ 3 bis 9 VHB 84 einerseits und des Versicherungsortes in den §§ 10 bis 12 VHB 84 anderseits unterscheiden.

In den Bestimmungen zur sachlichen Reichweite des Versicherungsschutzes werden insbesondere die Voraussetzungen einer Sachversicherung bei Einbruchdiebstahl detailliert geregelt und ein besonderer Gebäudebezug gefordert. Ein verständiger Versicherungsnehmer kann vor diesem Hintergrund nicht zu der Auffassung gelangen, daß neben der in § 12 Nr. 1 VHB 84 bestimmten Erweiterung des Versicherungsschutzes über die Wohnung des Versicherten hinaus auch eine pauschale und unüberschaubare Erweiterung der versicherten Risiken eintreten soll.

Dies findet er durch die in § 12 Nr. 3 VHB 84 getroffene Regelung bestätigt, wonach für Sturmschäden nach §§ 3 Nr. 5, 8 VHB 84 ein Außenversicherungsschutz nur besteht, wenn sich die Sachen in Gebäuden befinden. Damit ist der räumlichen Ausweitung des Versicherungsschutzes insofern eine sachliche Einschränkung entgegengesetzt worden. Deren ausdrückliche Bezeichnung war notwendig, da bei der Versicherung für Sturmschäden, wie sich etwa aus § 10 Nr. 2 S. 4 VHB 84 ergibt, grundsätzlich auch Sachen erfaßt sind, die zwar zur Wohnung gehören, sich aber nicht in Gebäuden befinden. Für den Fall eines Einbruchdiebstahls bedurfte es einer solchen Regelung nicht mehr, da bereits in den §§ 3 Nr. 2, 5 Nr. 1 VHB 84 bestimmt ist, daß sich der Diebstahl stets auf Sachen beziehen muß, die sich in einem Gebäude befinden.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts Hamburg (NJW-RR 1995, S. 923) kann einem juristischen Laien mit Blick auf § 12 Nr. 3 VHB 84 nicht unterstellt werden, daß er im Wege eines Umkehrschlusses diesbezüglich zu einem entgegengesetzten Ergebnis gelangt. Es kann hier dahinstehen, ob ein solches Ergebnis sich tatsächlich nach den allgemeinen Grundsätzen der Logik ergeben würde, da dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer die juristischen Methodenlehre, hier in Form eines Umkehrschlusses, jedenfalls im allgemeinen fremd ist. Insofern ist davon auszugehen, daß er sich als Nichtjurist üblicherweise darauf beschränkt, die Versicherungsbedingungen aufmerksam durchzuarbeiten und bestehende Sinnzusammenhänge zu erkennen (BGH NJW-RR, S 1473).

Hat der Versicherungsnehmer den unterschiedlichen Regelungszusammenhang in den §§ 3 ff und 10 ff VHB 84 aber erkannt, wird er verständlicherweise auch nicht erwarten, daß Regelungen über die versicherten Gefahren in den Bestimmungen zu dem Versicherungsort jeweils erneut getroffen werden, sofern nicht eine Abweichung eintreten soll.

In diesem System stellt sich § 12 Nr. 1 VHB 84 eindeutig nur als erweiternde Ausnahmeregelung zu der in den §§ 10 und 11 VHB 84 aufgestellten Definition des Versicherungsortes dar. Die Bestimmungen der §§ 3 ff VHB 84, in denen die Umstände eines Versicherungsfalles und damit die versicherten Gefahren näher beschrieben werden, sind davon nicht betroffen (LG Konstanz VersR 1991, S 883; LG Stuttgart VersR 1997, S. 1483).

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.


LG Coburg

Az.: 33 S 146/01

Urteil vom 19.10.2001

Vorinstanz: AG Coburg – Az.: 15 C 393/01


In dem Rechtsstreit wegen Forderung hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Coburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2001 für Recht erkannt:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Amtsgerichts Coburg vom 26.07.2001 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Von der Darstellung des T a t b e s t a n d e s wird gemäß § 543 Absatz 1 ZPO abgesehen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg .

Das Amtsgericht Coburg hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Kammer folgt den ausführlichen Gründen der angefochtenen Entscheidung und macht sich diese vollumfänglich zu eigen. Von einer nochmaligen Darstellung der Rechtslage wird deshalb abgesehen (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Lediglich ergänzend ist zu bemerken:

Die vom Amtsgericht Coburg vertretene Rechtsauffassung steht im Einklang mit der ganz herrschenden. Rechtsprechung. Hiernach besteht für versicherte Sachen, die sich innerhalb Europasvorübergehend in einem Wohnmobil befinden und durch Einbruch in das Wohnmobil entwendet werden, kein Versicherungsschutz nach § 12 Nr. 1 VHB (84), da die versicherte Gefahr Einbruchdiebstahl auch im Rahmen der Außenversicherung Gebäude gebunden ist. § 12 Nr. 1 VHB (84) ist hinsichtlich der Gebäudegebundenheit der versicherten Gefahr Einbruchdiebstahl nicht unklar i. S. d. § 5 AGBG.

Die Kammer schließt sich dieser herrschenden Rechtsprechung unter Bezugnahme auf die überzeugende Begründung des OLG Köln in dessen Urteil vom 28.11.1991 (r + s 1991, 426 f.) an.

Nach alledem war die Berufung der Klägerin mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge als unbegründet zurückzuweisen.

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