AG Saarbrücken, Az.: 4 C 418/16 (04), Urteil vom 25.01.2017
1. Der Beklagte wird verurteilt, die Rohrverstopfung der Abwasserrohre in dem 2-Parteienhaus … Saarbrücken, in dem sich die Wohnung der Klägerin im Erdgeschoss befindet, so zu beseitigen, dass die Abwässer der Wohnung des 1. OG und der Erdgeschoßwohnung nicht mehr aus der Abwasserrohreinrichtung in der Küche sich zurückstauen und dort die Gebrauchstauglichkeit der Sanitäreinrichtung nebst Abwasservorrichtung beeinträchtigen.
Im Übrigen ist die Klage aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien erledigt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin begehrte ursprünglich von dem Beklagten die Herrichtung der Heizungsanlage und die Beseitigung einer Rohrverstopfung in den Abwasserrohren.
Der Beklagte ist Alleineigentümer des Hausanwesens … in … Saarbrücken.
Der Beklagte bewohnt die Wohnung im 1. Obergeschoss, die Klägerin diejenige im Erdgeschoss. Sie hat ein lebenslängliches unentgeltliches dingliches Wohnrecht an dieser Wohnung.
In der Erdgeschoßwohnung der Klägerin befindet sich eine Gaskesseltherme CERASTAR der Firma Junkers Bosch Gruppe, Modell ZWR 18-3KE.
Mit Schreiben vom 12.2.2016 ihres Prozessbevollmächtigten teilte die Klägerin der Prozessbevollmächtigten des Beklagten mit, dass die Elektronik der Heizungsanlage defekt sei und die Anlage total erneuert werden müsse.
Mit weiterem Schreiben vom 18.3.2016 wurde mitgeteilt, dass aufgrund des Defektes der Elektronik der streitgegenständlichen Therme das Gas nicht mehr ordnungsgemäß transportiert und zum Zünden gebracht werden könne. Die Flamme gehe regelmäßig aus.
Auch könne keine ordnungsgemäße Einstellung der Heiztherme mehr vorgenommen werden. Unter Hinweis darauf, dass die Klägerin die Gastherme als wesentlichen Bestandteil des Grundstücks ansehen und die Erhaltung dieses Bestandes nach ihrer Ansicht in den Verantwortungsbereich des Beklagten falle wurde dieser aufgefordert binnen einer Frist von 14 Tagen, also spätestens bis 1.4.2016 die defekte Heiztherme in Stand zu setzen.
Eine Reparatur der Heizungsanlage durch den Beklagten erfolgte nicht.
Mit Schreiben vom 3.8.2016 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin der Prozessbevollmächtigten des Beklagten mit, dass am 24.7.2016 die Abwasserrohre in der Wand verstopft seien. Gegenwärtig fließe das Abwasser aus der Küche des Beklagten in die Küche der Klägerin.
Es komme dadurch zu einem erheblichen Wasserschaden in ihrer Küche. Dem Beklagten wurde eine Frist zur Beseitigung bis spätestens 11.8.2016 gesetzt.
Nachdem im streitgegenständlichen Verfahren der Sachverständige … mit der Begutachtung der Heizungsanlage und der Abflussrohre beauftragt worden war und sein Gutachten eingegangen war, hat die Klägerin die Heizungsanlage durch die Firma … in Stand setzen lassen.
Die Klägerin ist der Ansicht, sowohl die Instandsetzung der Heizungsanlage als auch die Beseitigung der Rohrverstopfung der Abwasserrohre obliege dem Beklagten. Es sei zwar richtig, dass sie als Wohnungsberechtigte verpflichtet sei, diejenigen gewöhnlichen Unterhaltungsaufwendungen für die Wohnung vorzunehmen, die zur Erhaltung in ihrem wirtschaftlichen Bestand gehörten. Pflichten, die über die gewöhnliche Unterhaltung hinaus gingen und Ausbesserung oder Erneuerung der Sache betreffen, müsse jedoch der Eigentümer, also der Beklagte, tragen. Bei einer völlig defekten und nicht reparabel Gaskesseltherme könne nicht von einer gewöhnlichen Erhaltung gesprochen worden werden. Darüber hinaus liege der Grund der Rohrverstopfung im Hauptwasserrohr des Hauses. Auch dafür sei der Beklagte verantwortlich.
Nachdem die Klägerin zunächst beantragt hatte, den Beklagten zu verurteilen,
1. die Heizungsanlage in dem 2 Parteienhaus am …, …, … Saarbrücken, indem sich ihre Wohnung im Erdgeschoss befinde, so herzurichten, dass in der Heizperiode vom 1.10.2016 bis 30.4.2017 in den Räumen von 6.00 bis 23:00 Uhr eine Temperatur von 20 °C, in Bad und Toilette von 21 °C erreicht werden könne und in der Zeit von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr morgens in allen Räumen eine Temperatur von 18° unterhalten werden könne, sowie 2. den Beklagten zu verurteilen, die Rohrverstopfung der Abwasserrohre in dem 2 Parteienhaus … Saarbrücken, in dem sich ihre Wohnung im Erdgeschoss befinde, derart zu beseitigen, dass die Abwässer der Wohnung des 1. Obergeschosses und der Erdgeschoßwohnung nicht mehr aus der Abwasserrohreeinrichtung in der Küche sich zurückstauen und dort die Gebrauchstauglichkeit der Sanitäreinrichtung nebst Abwasservorrichtung beeinträchtigen, hat sie im Termin vom 11.1.2017 den Klageantrag zu 1 für erledigt erklärt und insoweit Kostenantrag gestellt.
Der Beklagte hat sich der Teilerledigungserklärung angeschlossen und insoweit ebenfalls Kostenantrag gestellt, im Übrigen beantragt er Klageabweisung.
Er trägt vor, die Klägerin sei für ihre Heiztherme selbst verantwortlich. Die Aufrechterhaltung und Herstellung sowie Reparatur gehöre zur gewöhnlichen Unterhaltung und obliege ihr als Nießbrauchberechtigter.
Gleiches gelte für die Rohrverstopfung. Er trägt vor, es handele sich um eine Verstopfung des Abflussrohres der Küche der Klägerin. Dieses sei ausschließlich von dieser zu vertreten. Ihn – den Beklagten – treffe keinerlei Verpflichtung zur Reparatur.
Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die beiderseits gewechselten Anlagen nebst Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Auf das Gutachten des Sachverständigen … wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Beseitigung der Rohrverstopfung der Abwasserrohre in dem streitgegenständlichen Anwesen gemäß §§ 1093, 1041, 1042, 1044 BGB.
Der Klägerin ist unstreitig ein lebenslanges unentgeltliches dingliches Wohnrecht an der Wohnung im Erdgeschoss des streitgegenständlichen Anwesens eingeräumt. Auf dieses Wohnungsrecht finden gemäß § 1093 Abs. 1 BGB die für den Nießbrauch geltenden Vorschriften unter anderem der §§ 1041, 1042, 1044 BGB entsprechende Anwendung.
Gemäß § 1041 BGB hat der Nießbraucher für die Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand zu sorgen. Ausbesserungen und Neuerungen obliegen ihm nur insoweit ob, als sie zur gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören.
Wirtschaftlicher Bestand ist der Zustand der Sache, wie sie sich in Verfolgung seiner wirtschaftlichen Bestimmung unter Beachtung der Regeln ordnungsgemäßer Wirtschaft ergibt (Palandt-Bassenge, BGB, 74. Aufl., § 1041 RN 2).
Gewöhnliche Unterhaltungsmaßnahmen obliegen dem Nießbraucher. Gewöhnlich sind Maßnahmen, die bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung regelmäßig in kürzeren Abständen wiederkehrend zu erwarten sind. Zu den außergewöhnlichen Maßnahmen gehören weitergehende, den wirtschaftlichen Bestand des Eigentums verbessernde Maßnahmen.
Hierzu gehören größere Instandsetzungsmaßnahmen, die den Wert des Hauses erheblich erhöhen können, zum Beispiel die Instandsetzung und Erneuerung der elektrischen Anlage eines Hauses, auf vergleiche BGH, NJW 1993, 3198).
Bezüglich außergewöhnlicher Maßnahmen besteht keine Vornahme-Kostentragungsverpflichtung des Nießbrauchers (Palandt-Bassenge a. a. O., Rn. 4).
Vorliegend handelt es sich bei bei den von Klägerseite behaupteten Mängeln, nämlich dem Nichtfunktionieren der Gastherme und der Rohrverstopfung im Abwasserrohr um außergewöhnliche Maßnahmen in diesem Sinn.
Für das Gericht steht nämlich aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen … fest, dass bezüglich der Gastherme in der Wohnung der Klägerin ein Totalausfall vorliegt.
Der Sachverständige führte aus, die Leiterplatte sei gänzlich defekt. Eine Reparatur durch Austausch der Platte sei nicht möglich. Ob weitere Gerätedefekte vorlägen, könne erst nach Reparatur der Leiterplatte geprüft werden. Insoweit liege ein Totalausfall der Heizungstherme vor.
Es handelt sich insoweit nicht um eine normale Verschleißreparatur. Sondern um eine Instandsetzungsmaßnahme der die zur Beheizung der Wohnung insgesamt erforderlich ist und damit eine Maßnahme, die zur Erhaltung des wirtschaftlichen Bestandes der Wohnung gehört.
Diese Maßnahme stellt eine außergewöhnliche Maßnahme im Sinne des § 1041 Satz 2 BGB dar und ist deshalb vom Beklagten zu übernehmen und zu tragen.
Gleiches gilt vorliegend für die Beseitigung der Verstopfung der Abwasserrohre.
Der Sachverständige … hat insoweit ausgeführt, dass die Ursache für die Verstopfung unterhalb der Abzweigung der Küchenentwässerung der Erdgeschoßwohnung liegt. Eine Verstopfung der Abwasserleitung von der Küchenspüle der Klägerin bis zum gemeinsam genutzten Abwasserfallrohr liege nicht vor.
Der Sachverständige konnte zwar den Grund für die Verstopfung nicht benennen.
Da die Verstopfung jedoch im gemeinsam genutzten Abwasserteil liegt, handelt es sich dabei auch um den Teil der Abwasserrohre, für den der Beklagte als Eigentümer verantwortlich ist.
Er hat insoweit die erforderlichen Rohrreinigungsarbeiten durchzuführen.
Den Klageantrag zu 2 war deshalb stattzugeben.
Der Klageantrag zu 1 wurde durch die Kläger wurde durch die Parteien übereinstimmend erledigt für erledigt erklärt.
Da der Klageantrag zu 1 im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war, waren insoweit die Kosten entsprechend § 91 a ZPO ebenfalls dem Beklagten aufzuerlegen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen deshalb aus §§ 91, 91 a, 709 ZPO.