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Wohnungsfinanzierung/Darlehensvertrag als Verbundgeschäft, Haustürwiderrufsgesetz

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN

Az.: 9 U 93/02

Verkündet am 29.04.2003

Landgericht Frankfurt a. M. – Az.: 2/7 O 388/01


In dem Rechtsstreit hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. März 2003 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 17. Mai 2002 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main – Az. 2/7 O 388/01 abgeändert.

Die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hanau vom 2. August 2001 in Höhe von 23.727,58 DM sowie aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hanau vom 19. September 2001 in Höhe von 5.718,80 DM, beide betreffend Aktenzeichen 4 O 540/99, wird für unzulässig erklärt.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung von Höhe von 110% des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Die Klägerin wendet sich gegen die Vollstreckung aus zwei Kostenfestsetzungsbeschlüssen, nachdem sie mit einer Gegenforderung auf Rückzahlung eines Darlehens aufgerechnet hat.

Es wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17. Mai 2002, mit dem die Klage abgewiesen wurde.

Gegen dieses ihr am 7. Juni 2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 27. Juni 2002 bei Gericht eingegangene und 6. August 2002 begründete Berufung der Klägerin.

Die Klägerin ist der Ansicht, der Darlehensvertrag und der Kaufvertrag über die Wohnung stellten kein verbundenes Geschäft dar. Sie wiederholt hierzu ihr tatsächliches Vorbringen erster Instanz zum Fehlen der Voraussetzungen eines solchen verbundenen Geschäfts.

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hanau vom 2. August 2001 in Höhe von 23.727,58DM sowie aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hanau vom 19. September 2001 in Höhe von 5.718,80 DM, beide betreffend Aktenzeichen 4 O 540/99, für unzulässig zu erklären.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Der Beklagte hält das Bestreiten der Beklagten für unwirksam und vertritt die Ansicht, es liege ein verbundenes Geschäft vor.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht gegen die beiden Kostenfestsetzungsbeschlüsse eine Einwendung zu, die die Zwangsvollstreckung unzulässig macht (§§ 767, 795 ZPO). Die Klägerin hat insoweit wirksam mit einem ihr zustehenden Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta aus dem Darlehensvertrag vom 30. Oktober/ 2. November 1990 aufgerechnet. Ein dahingehender Anspruch steht ihr aus § 3 HTWG zu, nachdem der Vertrag wirksam nach § 1 HTWG widerrufen wurde (Senatsurteil vom 25. Oktober 2000, 9 U 59/00).

Dem Rückzahlungsanspruch der Klägerin steht weder § 9 II 4 VerbrKrG noch ein vergleichbare Regelung des AbzG oder ein allgemeiner Rechtsgedanke aus § 242 BGB entgegen. Der zwischen den Parteien abgeschlossene Darlehensvertrag und der Kaufvertrag über den Erwerb einer Eigentumswohnung, für den die Darlehenssumme eingesetzt wurde, stellen kein verbundenes Geschäft dar.

Beim finanzierten Immobilienerwerb ist nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich keine wirtschaftliche Einheit von Kaufvertrag und Darlehensvertrag anzunehmen, weil auch der rechtsunkundige und unerfahrene Laie merkt, dass Kreditgeber und Verkäufer verschiedene Personen sind (BGH NJW 2000, 3065; Becher, BKR 2002, 931). Der bloße Umstand, dass der Zweck des Darlehens in der Finanzierung des Immobilienerwerbs liegt, führt nicht zu einer Verflechtung im Sinne wirtschaftlicher Einheit. Erforderlich dazu sind vielmehr weitere Umstände, etwa das Überschreiten der Rolle des Finanzierers durch den Kreditgeber (BGH a.a.O.; BGH NJW 1996, 3414 und 3416 „Securenta-Entscheidungen III und IV“). Solche Umstände sind nicht schon darin begründet, dass Immobilienerwerb und Finanzierungsvertrag durch einen Strukturvertrieb vermittelt wurden. Entgegen der Ansicht des Beklagten (die sich auf die Entscheidungen des OLG Karlsruhe BKR 2003, 26,27 und OLG Oldenburg, BKR 2003, 28, 29 stützen kann) folgt aus den Securenta-Entscheidungen des BGH nichts anderes. Dort lag ein verbundenes Geschäft nicht wegen der Verwendung des Darlehens für die Kapitalanlage und dem gleichzeitigen Abschluss der beiden Verträge vor, sondern wegen der engen persönlichen und sachlichen Verflechtung von Bank und Anlagegesellschaft (der Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaft war Alleingesellschafter und Generalbevollmächtigter der Bank sowie Vorstand der der mit der Abwicklung betrauten Treuhandgesellschaft und hatte das Gesamtkonzept unter Beteiligung der Bank entwickelt. Die bloße Vermittlung von Darlehens- und Anlagevertrag mit nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich unterschiedlichen Vertragspartnern ist jedenfalls dann, wenn die Bank ihre Rolle als Kreditgeber nicht überschreitet, für die Annahme eines verbundenen Geschäfts nicht ausreichend (Freckmann BKR 2003, 30, 31; Senatsentscheidung vom 31. März 2003, 9 W 3/03).

Ist ein verbundenes Geschäft deswegen schon aus Rechtsgründen nicht möglich, kommt es auf die zwischen den Parteien streitigen tatsächlichen Voraussetzungen im Einzelnen nicht an.

Im Rahmen des Anspruchs § 3 HTWG kann die Klägerin Rückgewähr des Darlehens verlangen, weil der Beklagte dieses auch von ihr „empfangen“ hat. Dem steht nicht entgegen, dass die Auszahlung der Darlehensvaluta nicht an den Beklagten, sondern an den vom ihm benannten Treuhänder des Erwerbsmodells erfolgte.

Da es sich bei der Auszahlung eines Darlehens nicht um eine höchstpersönliche Leistung handelt, kann diese mit befreiender Wirkung auch an einen Dritten erfolgen (§ 362 II BGB). Die hierzu erforderliche Weisung des Beklagten ist bereits im Darlehensantrag enthalten. Auch wenn sie nicht ausdrücklich im schriftlichen Antrag enthalten ist, muss sie den Umständen nach angenommen werden. Der Beklagte wollte das Darlehen zur Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung. Er füllte deswegen einen Antrag auf „Baufinanzierung“ aus und bezeichnete dabei die Wohnung bereits konkret. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dem Kläger der Darlehensvertrag durch den Vermittler K. zusammen mit dem Kaufvertrag im Rahmen eines von der Fa. Kr. Grundbesitz vorbereiteten Gesamtkonzepts angedient wurde und dass die Beklagte im Rahmen dieses Anlageobjekts mehrere Finanzierungen vorgenommen hatte. Auch im Darlehensvertrag wird auf die „Objektunterlagen“ der Fa. Kr. Bezug genommen. Es entsprach damit dem Willen beider Parteien, das Anlagemodell so zu verwirklichen, wie dies durch die Fa. Kr. geplant war. Dazu gehörte von Anfang an die Auszahlung des Darlehens nicht an den Käufer persönlich, sondern an den Treuhänder. Dessen Einschaltung war zur Wahrung der Interessen aller Beteiligten vorgesehen und auch vom Beklagten gewollt. Der Beklagte hatte kein Interesse daran, freie Verfügungsmacht über den Darlehensbetrag zu erlangen, ihm ging es darum, diesen zur Verwirklichung des Wohnungskaufs zu verwenden.

Die Auszahlungsanweisung im später geschlossenen Kaufvertrag stellte damit nur eine Wiederholung und Konkretisierung der bereits bei Abschluss des Darlehensvertrags getroffenen Auszahlungsanweisung dar. Darauf, ob der Beklagte bei Abschluss dieses Kaufvertrags aufgrund der nach dem Rechtsberatungsgesetz unwirksamen Vollmacht wirksam vertreten wurde, kommt es damit nicht an.

Dem Rückforderungsanspruch der Klägerin kann der Beklagte auch nicht den Einwand der Entreicherung entgegen halten (BGH ZIP 03, 22).

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen, da er in vollem Umfang unterlegen ist (§91 Abs. 1 S. 1 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 II ZPO, da die Frage der Anwendung der Grundsätze des verbundenen Geschäfts auf Kredite der vorliegenden Art bislang nicht höchtsgerichtlich entschieden ist.


 

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