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Wohnwagenbrand – Schadensersatzanspruch gegenüber Campingplatzbetreiber

BGH

Az: XII ZR 216/02

Urteil vom 16.02.2005


Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2005 für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 18. Juli 2002 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von dem Beklagten Ersatz des Schadens, den er durch den Brand des Wohnwagens des Beklagten erlitten hat.

Die Parteien waren benachbarte Mieter von Stellplätzen auf einem Dauercampingplatz, auf denen sie jeweils ihren Wohnwagen abgestellt hatten. Am 24. April 1999 gegen 3 Uhr nachts brach in dem Wohnwagen des Beklagten Feuer aus. Der Kläger versuchte den um Hilfe rufenden Beklagten zu retten. Dabei erlitt er Verletzungen und verlor Brille und Gebiß. Darüber hinaus wurde sein Wohnwagen und andere ihm gehörende Campinggegenstände beschädigt.

Das Landgericht hat der auf Zahlung von 27.826,11 DM nebst Zinsen gerichteten Klage in Höhe von 19.735,11 DM nebst Zinsen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil aufgehoben, soweit dem Kläger Schmerzensgeld (500 DM) zuerkannt wurde. Im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klagabweisungsantrag weiter, soweit er zur Zahlung eines 598,34 Euro nebst Zinsen übersteigenden Betrages verurteilt worden ist.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat einen Aufwendungsersatzanspruch des Klägers wegen des Verlusts von Brille und Gebiß (598,34 Euro) – insoweit mit der Revision nicht angegriffen – und einen Schadensersatzanspruch wegen Beschädigung seines Wohnwagens und anderer Campinggegenstände aus positiver Vertragsverletzung des Mietvertrages zwischen dem Beklagten und dem Campingplatzbetreiber bejaht. Es ist der Ansicht, dieser Mietvertrag entfalte eine Schutzwirkung zugunsten der übrigen Stellplatzmieter, also auch zugunsten des Klägers. Zwar lehne die Rechtsprechung die Einbeziehung von Mitmietern in den Schutzbereich eines Raummietvertrages ab, da ein Vermieter in der Regel für das Wohl und Wehe der Mieter nicht verantwortlich sei und deshalb auch kein erkennbares Interesse daran habe, die vertragliche Schutzwirkung auf die übrigen Mieter zu erstrecken. Das gelte jedoch nicht für Mieter auf Campingplätzen. Diese seien erheblich schutzwürdiger als Mieter von Wohnungen und anderen Räumen. Denn sie seien nicht durch Mauern voneinander räumlich getrennt und deshalb den Beeinträchtigungen durch Mitmieter stärker ausgesetzt. Deshalb sei in diesen Fällen die Verantwortung des Vermieters und damit sein Interesse an der Einbeziehung der Mitmieter in den Schutzbereich der einzelnen Verträge größer. Dieses Interesse sei für die einzelnen Mieter auch erkennbar.

Die Einbeziehung von Dritten in den Schutzbereich des Mietvertrages ergebe sich im vorliegenden Fall auch aus Abschnitt VI des zwischen dem Beklagten und dem Vermieter abgeschlossenen Mietvertrages, wonach der Mieter für alle Schäden hafte, die von ihm auf dem Campingplatz einschließlich seiner Einrichtungen verursacht würden. Diese Formulierung sei dahingehend zu verstehen, daß der Mieter nicht nur für Schäden an dem Campingplatz mit seinen Einrichtungen hafte, sondern auch für andere Schäden, die auf dem Gelände entstünden.

Zwar stehe nicht fest, ob der Brand durch eine Pflichtverletzung des Beklagten, nämlich durch einen fahrlässigen Umgang mit einer Zigarette, oder durch eine andere Ursache ausgelöst worden sei. Nach der Beweislastregel des § 282 BGB, die für die positive Forderungsverletzung analog anzuwenden sei, habe der Beklagte aber für die verursachten Vermögensschäden einzustehen, da sie seinem Verantwortungsbereich zuzurechnen seien. Denn der Wohnwagen, durch dessen Brand die Schäden verursacht worden seien, unterliege allein dem Verantwortungsbereich des Beklagten. In solchen Fällen könne aus der Schädigung auf eine Pflichtverletzung geschlossen werden, so daß der Beklagte sich entlasten müsse, um eine Haftung auszuschließen. Diesen Beweis habe er jedoch nicht geführt. Er habe infolge seiner starken Alkoholisierung keine Angaben dazu machen können, wo der Brandherd gelegen und wie sich das Feuer entwickelt habe. Er habe deshalb seine Schuldlosigkeit bezüglich der möglichen Verursachung des Brandes durch fahrlässigen Umgang mit der Zigarette nicht bewiesen.

Demgegenüber scheide eine Haftung des Beklagten nach § 823 BGB und damit ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von Schmerzensgeld aus, da die Beweislastregel des § 282 BGB im Deliktsrecht nicht gelte und es dem Kläger nicht gelungen sei, eine schuldhafte Schadensverursachung durch den Beklagten zu beweisen. Nach dem Gutachten des Brandsachverständigen könne zwar die unstreitig vor Ausbruch des Brandes von dem stark alkoholisierten Beklagten angezündete Zigarette zu dem Feuer geführt haben. Der Sachverständige habe aber nicht ausschließen können, daß auch ein Fehler an der Elektrik, für den der Beklagte nicht verantwortlich sei, das Feuer verursacht haben könne.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.

1. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Mietvertrag über einen Stellplatz auf einem Campingplatz wegen der besonderen Umstände auf einem Campingplatz generell vertragliche Schutzpflichten des Mieters zugunsten der anderen Mieter begründet. Im vorliegenden Fall ergibt sich jedenfalls ein vertraglicher Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten aus Abschnitt VI des zwischen dem Beklagten und dem Campingplatzbetreiber abgeschlossenen Mietvertrages.

Das Berufungsgericht ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, daß die in Abschnitt VI des Mietvertrages getroffene Vereinbarung, wonach der Mieter für die Schäden haftet, die auf dem Campingplatz einschließlich seiner Einrichtungen von ihm verursacht werden, eine Einbeziehung der Mitmieter und damit des Klägers in den Schutzbereich des Mietvertrages zwischen dem Beklagten und dem Campingplatzbetreiber enthält. Die Auslegung von Verträgen ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. Sie kann deshalb vom Revisionsgericht grundsätzlich nur darauf überprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt worden ist, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf einem im Revisionsverfahren gerügten Verfahrensfehler beruht (BGH Urteil vom 13. März 2003 – IX ZR 199/00 – NJW 2003, 2235, 2236 m.w.N.). Solche revisionsrechtlich relevanten Auslegungsfehler vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Sie liegen auch nicht vor. Sowohl der Wortlaut als auch der Sinn und Zweck der Vereinbarung in Abschnitt VI lassen eine Auslegung dahin zu, daß der Beklagte als Mieter für alle von ihm schuldhaft verursachten Schäden an Gegenständen, die sich auf dem Campingplatz befinden, auch soweit sie nicht dem Vermieter, sondern Dritten gehören, diesen gegenüber direkt haften soll. Mit dieser Vereinbarung soll dem für den Beklagten erkennbaren Interesse des Campingplatzbetreibers und der anderen Mieter an einem störungsfreien Zusammenleben auf engem Raum Rechnung getragen werden.

2. Die Revision rügt auch ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe die Beweislastverteilung (§ 282 BGB a.F.) verkannt.

Steht nämlich fest, daß als Schadensursache nur eine solche aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Schuldners in Betracht kommt, muß sich der Schuldner nicht nur hinsichtlich der subjektiven Seite, sondern auch hinsichtlich der objektiven Pflichtwidrigkeit entlasten (BGHZ 131, 95, 103; 126, 124, 127; 27, 236).

Diesen Entlastungsbeweis hat der Beklagte nicht geführt. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Brand entweder durch einen fahrlässigen Umgang des Beklagten mit der Zigarette oder durch einen Fehler in der Elektrik des Wohnwagens verursacht worden. Beide möglichen Schadensursachen liegen damit im Gefahrenbereich des Beklagten. Der Beklagte hat, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, nicht bewiesen, daß der Brand durch einen von ihm nicht zu vertretenden Fehler in der Elektrik verursache worden ist.

 

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