AG Bremen, Az.: 9 C 187/18, Urteil vom 18.02.2019
1. Die beklagte Partei wird verurteilt, an die Klägerin EUR 205,88 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf EUR 29,99 seit dem 16.05.2017, auf EUR 38,99 seit dem 14.06.2017, auf EUR 29,99 seit dem 17.07.2017, auf EUR 32,49 seit dem 15.08.2017, auf EUR 42,49 seit dem 13.09.2017, auf EUR 29,99 seit dem 16.10.2017, auf EUR 23,99 seit dem 15.11.2017 zu zahlen; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Die Klägerin ist nach bloßer Umfirmierung der ursprünglich als Firma „…“ registrierten juristischen Person aktivlegitimiert.
Der Beklagte schuldet Zahlung in Höhe von insgesamt 227,93 € (§§ 611, 612 BGB). Denn die geltend gemachten Forderungen für den Zeitraum 01.03.2017-30.09.2017 (Anlage K 2) auf Basis des Vertrags vom 19.11.2003 sind als solche nicht bestritten worden. Hinsichtlich der Bezahlung/Erfüllung wäre der Beklagte beweispflichtig (Palandt, 77. A., § 363, Rn. 1). Gleiches gilt hinsichtlich des Einwands des Beklagten, dass das – unstreitig zunächst bestehende – Vertragsverhältnis zur Rufnummer … zum März 2017 (fristlos) gekündigt und also beendet worden sei. Mangels Beweisangebots bleibt der Beklagte insofern beweisfällig. Der Vortrag des Beklagten zu einer Kündigung vom 28.03.2017 (Anlage B1) betrifft ersichtlich ein anderes Vertragsverhältnis. Denn dort lautet die Kundennummer: „…“, während die hier streitgegenständlichen Abrechnungen (Anlage K2) auf die Kundennummer: „…“ abstellen; die Klägerin trug zu mehreren Schuldverhältnisses des Beklagten vor.
Allerdings schuldet der Beklagte nach Ansicht des erkennenden Gerichts keinen Schadensersatz in Höhe von 205,88 €. Denn anders als hinsichtlich des Erfüllungs-/Beendigungseinwands (s.o.) trifft die Klägerin bezüglich des geltend gemachten Schadensersatzes nach §§ 626, 628 BGB) die volle Darlegungs- und Beweislast (Palandt, 77. A., § 628, Rn. 9). Insofern bleibt zu konstatieren, dass zwischen den Parteien der Kündigungszeitpunkt streitig ist. Das Anlagenkonvolut K 2 enthält gerade keine Schlussabrechnung, die auch die die Position Schadenersatz umfasste. Auch trägt die Klägerin zu zwei Kündigungserklärungen (vom 25.09.2017 und vom 09.11.2017) vor, ohne die Kündigungsschreiben zur Akte zu reichen.

Im Übrigen hätte die Klägerin angesichts des sich seit März 2017 beständig vergrößernden Zahlungsrückstands das Vertragsverhältnis bereits vor der automatischen Vertragsverlängerung im August 2017 fristlos kündigen können (§ 242 BGB). Denn nach 5 Monaten der vollständigen Zahlungsverweigerung, der – ausweislich der Rechnungen erfolgten – Sperrung des Internetzugangs, des Anfalls von Rücklastschriftkosten und der seitens der Klägerin schließlich sogar vollzogenen Sperrung der Mobilfunkkarte zum Juli 2017, war die fristlose Kündigung des Vertrags geboten. Das offenbar bewusste Zuwarten der Klägerin mit der Kündigungserklärung bis unmittelbar nach Eintritt der automatischen Vertragsverlängerung (3 Monate vor dem 19.11.2017) zwecks Generierung eines zusätzlichen Schadensersatzanspruchs erscheint jedoch unbillig, zumal die Klägerin diesen ohne Gegenleistung mit 100 % der (entgangenen) Grundgebühren veranschlagt (vgl. dagegen die im Beschluss vom 31.01.2019 zitierte Rechtsprechung zur Berücksichtigung ersparter Aufwendungen: AG Münster, MMR 2016, 496: 50 %; AG Kassel, Urteil vom 22. Mai 2013 – 435 C 623/12 –, juris, Ziff. 11: 50 %; AG Sondershausen, Urteil vom 30. März 2017 – 4 C 11/17 –, juris, Ziff. 53: 10 %; AG Hamburg, Urteil vom 24. Oktober 2014 – 36a C 459/13 –, juris, Ziff. 42 ff.: 90 % gegen LG Hamburg, Urteil vom 21. Mai 2015 – 413 HKO 47/14 –, juris, Ziff. 52 ff.: 0 %). Nach der 1 zu 1 Berechnung der Klägerin wäre die monatliche Grundgebühr des typischen Handynutzers zu 100 % (!) eine reine Gewinnposition der Telekommunikationsanbieter. Dies kann schwerlich anzunehmen sein, ist jedoch auch nicht überprüfbar, da die Telekommunikationskonzerne zu ihren Betriebskosten bezüglich der Unterhaltung der Sendemasteninfrastruktur ebensowenig Auskunft geben, wie zu ihrer durchschnittlichen Funkauslastung. Ein entfallener Kunde belastet die technische Infrastruktur nicht mehr (befreite Datenkapazitäten) und entlastet die bürokratische Kundenverwaltung; auch kann seine frei werdende Rufnummer an neue Kunden vergeben werden.
Aus grundsätzlichen Erwägungen (vgl. AG Bremen NJW-RR 2012, 1523) und wegen erheblicher Zuvielforderung (vgl. Palandt, 77. A., § 286, Rn. 20) schuldet der Beklagte der Klägerin auch nicht die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92, 713 ZPO.