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Zahnarzthonorar – Bei Nichterscheinen zu einem vereinbarten Termin

AG Nettetal

Az.: 17 C 71/03

Urteil vom 12.09.2006


Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.293,96 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2002 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 10% und die Beklagte zu 90%. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für den Kläger nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand :

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung eines ihm entgangenen Zahnarzthonorars in Anspruch, da die Beklagte zu einem vereinbarten Termin nicht erschien. Der Kläger ist Zahnarzt, die Beklagte ist gesetzlich krankenversichert und war Patientin des Klägers.

Am 15.05.2001 schlossen die Parteien eine schriftliche Behandlungsvereinbarung nach dem Modell des so genannten Bestellsystems. In dieser Behandlungsvereinbarung heißt es im ersten Absatz wörtlich: „Sie kommen zur Zahnarztbehandlung in eine Praxis, die nach dem Bestellsystem geführt wird. Dies bedeutet, dass die vereinbarte Zeit ausschließlich für Sie reserviert ist und Ihnen hierdurch in der Regel die anderorts vielfach üblichen Wartezeiten erspart bleiben. Dies bedeutet jedoch auch, dass sie, wenn sie vereinbarte Termine nicht einhalten können, diese spätestens 48 Stunden vorher absagen müssen, damit wir die für sie vorgesehen Zeit noch anderweitig verplanen können. Bei Präparationsterminen im Zusammenhang mit Kronen oder Zahnersatzarbeiten bitten wir sogar um eventuelle Absage spätestens 5 Arbeitstage im voraus. Diese Vereinbarung dient nicht nur der Vermeidung von Wartezeiten im organisatorischen Sinne, sondern begründet zugleich beiderseitige vertragliche Pflichten. So kann Ihnen, wenn Sie den Termin nicht rechtzeitig absagen, die vorgesehene Zeit und die Vergütung bzw. die ungenutzte Zeit gemäß § 615 BGB in Rechnung gestellt werden, es sei denn, an dem Versäumnis des Termins trifft Sie kein Verschulden. Es wird vereinbart, dass ansonsten Annahmeverzug dadurch eintritt, dass der vereinbarte Termin nicht fristgerecht abgesagt und eingehalten wird . …“

Wegen der Einzelheiten der Behandlungsvereinbarung wird auf Bl. 9 der Gerichtsakten Bezug genommen.

Unter dem 18.01.2002 stellte der Kläger für die Beklagte einen Antrag auf Zahnersatzplanung (Heil- und Kostenplan) plus Mehrkostenvereinbarung bei der DAK Geldern, die diesen genehmigte. Daraufhin vereinbarten die Parteien einen Termin , den die Beklagte am 05.03.2002 absagte. Daraufhin wandte sich der Kläger an die Beklagte und erläuterte ihr die geplante zahnmedizinische Behandlung telefonisch. Die Beklagte erbat sich daraufhin Bedenkzeit aus. Am 02.04.2002 vereinbarte die Beklagte dann mit dem Kläger einen Behandlungstermin für den 25.04.2002 zur Durchführung des Zahnersatzes. Der Kläger wies die Beklagte insofern telefonisch darauf hin, dass die Behandlung einen Zeitraum von 2 Stunden in Anspruch nehme. In Kenntnis dessen bestätigte die Beklagte den Termin.

Am 23.04.2002 gegen 16.00 Uhr sagte die Beklagte dann den Termin für den 25.04.2002 um 8.30 Uhr ab, da eines ihrer Kinder erkrankt war. Nach der Absage wandte sich der Kläger nochmals telefonisch an die Beklagte und bot ihr an, ihr erkranktes Kind entweder in die Praxis mitzubringen oder aber während der Behandlungszeit ihr Kind durch eine Zahnarzthelferin zu Hause betreuen zu lassen.
Weiter teilte der Kläger der Beklagten mit , dass es ihm wegen der kurzfristigen Absage der Beklagten nicht möglich sei, seine Termine umzudisponieren und einen Ersatzpatienten zu finden. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte in Anbetracht dessen den Termin vom 25.04.2002 nochmals gegenüber dem Kläger bestätigte.

Zum Termin am 25.04.2002 gegen 8.30 Uhr erschien die Beklagte dann nicht. Der Kläger fragte mit Schreiben vom selben Tage dann schriftlich bei ihr an, warum sie den vereinbarten Termin nicht eingehalten habe, und bat um die Mitteilung ihrer Gründe. Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Bl. 28 der Gerichtsakten Bezug genommen. Die Beklagte reagierte auf dieses Schreiben nicht.

Am 29.09.2002 kündigte der Kläger daraufhin den Behandlungsvertrag und machte das ihm entgangene Zahnarzthonorar in Höhe von 1.443,69 Euro für die reservierte Zeit der nicht erfolgten zahnmedizinischen Behandlung geltend. Die Gründe hierfür legte er der Beklagten im einzelnen schriftlich dar. Und hierauf reagierte die Beklagte nicht.

Der Kläger behauptet, im Telefonat vom 23.04.2002 habe die Beklagte ihm gegenüber erneut die Zusage erteilt, dass sie am 25.04.2002 zur Behandlung erscheinen werde und keine Betreuung ihres erkrankten Kindes benötige.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.443,69 Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2002 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet mit Nichtwissen , dass der Kläger ihr gegenüber klargestellt habe, dass für sie am 25.04.2002 der Behandlungstermin exklusiv vorgehalten werde.
Auch könne sie nicht bestätigen, im Telefonat vom 23.04.2002 dem Kläger gegenüber eine Zusage für den Termin am 25.04.2002 gemacht zu haben.
Sie meint, der Kläger könne das von ihm geltend gemachte Zahnarzthonorar nicht verlangen, da nach § 4 Abs. 5 litera b Bundesmantelvertrag der Kassenzahnärzte eine Abrechnung von zahnärztlichen Leistungen nur in Betracht komme, wenn hierüber eine schriftliche Vereinbarung getroffen sei. Die Behandlungsvereinbarung vom 15.05.2001 genüge insofern nicht, da sie zu allgemein sei. Ein Anspruch des Klägers unter dem Gesichtpunkt des Annahmeverzuges scheide mangels eines ihr vorwerfbaren Verschuldens aus. Dem Kläger sei auch kein Schaden in Form eines entgangenen Zahnarzthonorars entstanden, da er sich um einen Ersatzpatienten hätte bemühen können, und zudem sei anzurechnen, dass dem Kläger wegen ihres Nichterscheinens zwei Stunden zur freien Verfügung gestanden hätten, die er anderweitig genutzt habe.

Entscheidungsgründe :

Eine Entscheidung nach Lage der Akten ergeht gemäß § 251 a Abs. 1 ZPO, da beide Parteien im Termin vom 05.08.2003 nicht verhandelt haben und zuvor bereits im Termin vom 27.05.2003 mündlich verhandelt worden ist. Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch in Höhe des ausgeurteilten Betrages aus §§ 615, 611 BGB. Zwischen den Parteien ist ein Dienstvertrag gemäß § 611 BGB zustande gekommen. Inhalt dieses Dienstvertrages war die Erbringung von Zahnersatzleistungen seitens des Klägers. Der zahnärztliche Behandlungsvertrag ist rechtlich als Dienstvertrag gemäß § 611 BGB einzuordnen, da der Zahnarzt grundsätzlich nur das Bemühen um den Erfolg seiner Behandlung schuldet.

Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs gemäß § 615 BGB sind im vorliegenden Fall gegeben. Die Erbringung der Zahnersatzleistungen durch den Kläger waren möglich, da der Kläger am 25.04.2002 bereit stand, um die Beklagte zahnärztlich zu behandeln. Seine Dienste sind indes unterblieben, da die Beklagte zum Termin nicht erschienen ist. Der Kläger hat der Beklagten auch seine Dienstleistungen ordnungsgemäß angeboten. Zwar liegt infolge des Nichterscheinens der Beklagten zum Behandlungstermin weder ein tatsächliches Angebot im Sinne von § 294 BGB noch ein wörtliches Angebot gemäß § 295 BGB vor, jedoch war ein solches Angebot der Leistung seitens des Klägers gemäß § 296 BGB überflüssig, weil für die vom Kläger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender zwischen den Parteien bestimmt war.

Bei der ursprünglichen Vereinbarung der Parteien hinsichtlich des Behandlungstermins vom 25.04.2002 handelt es sich ausnahmsweise um eine kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit im Sinne von § 296 BGB. Zwar wird grundsätzlich in der Rechtsprechung uneinheitlich beurteilt, ob die Vereinbarung von Arztterminen eine kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit darstellt, indes ist dies vorliegend aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls anzunehmen. Es mag grundsätzlich sein, dass Terminabsprachen bei Ärzten regelmäßig nur einen zeitgemäßen organisatorischen Behandlungsablauf sicherstellen sollen, indes nicht dafür getroffen werden, um im Falle einer Verspätung zum Termin Honoraransprüche auszulösen ( LG München, NJW 1984, 671,AG Calw, NJW 1994, 3.015). Vorliegend ist das aber wegen der am 15.05.2001 zwischen den Parteien getroffenen Verhandlungsvereinbarungen anders zu beurteilen. Mit der Unterzeichnung dieser Behandlungsvereinbarung hat sich die Beklagte nämlich ausdrücklich damit einverstanden erklärt, das sie im Falle ihres unentschuldigten Nichterscheinens zu einem Termin das entgangene Honorar des Klägers zu tragen hat. In der Behandlungsvereinbarung wurde die Beklagte explizit darauf hingewiesen, dass es sich bei der Praxis des Klägers um eine solche handelt, die organisatorisch nach dem so genannten Bestellsystem geführt wird.

Danach war der Beklagten bekannt, dass die vereinbarten Termine ausschließlich für sie als Patientin reserviert wurden und insofern keine doppelte Vergabe von Terminen an Patienten erfolgte. Unter Berücksichtigung dessen, dass der Kläger der Beklagten die Erbringung seiner zahnärztlichen Leistungen für die vereinbarten Termine ausdrücklich garantiert hat, folgt, dass im Unterschied zu den Gepflogenheiten sonstiger Zahnarztpraxen, in denen entweder keine Termine vergeben werden, die Patienten nur nach der Reihenfolge ihres Erscheinens behandelt werden oder es zu einer Mehrfachvergabe von Terminen kommt und Patienten gleichwohl über einen längeren Zeitraum im Wartezimmer verharren müssen, dass der Kläger wegen der Exklusivität seiner Termine bei Terminsvereinbarungen eine kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit im Sinne von § 296 BGB trifft ( vergleiche LG Konstanz , NJW 1994, 3.015 f.; AG Bad Homburg, MDR 1994, 888, AG Bremen, NJW RR 1996, 818 f. sowie AG Rastatt NJW RR 1996, 817 f. – im letztgenannten Urteil wird entsprechende Überlegung allerdings nur als obiter dictum ausgeführt).

Soweit die Beklagte die Exklusivität der Behandlungstermine des Klägers mit Nichtwissen bestritten hat, ist dies gemäß § 138 Abs. 4 ZPO prozessual unzulässig.
Die Beklagte muss selbst am besten wissen, welche Terminabsprachen sie mit dem Kläger getroffen hat und was der Kläger ihr hierzu jeweils erklärt hat. Zudem ist ihr Bestreiten insbesondere in Anbetracht der Behandlungsvereinbarung vom 15.05.2001 unzulässig, da die Beklagte mit ihrer Unterschrift die Bestätigung dafür abgegeben hat, in Kenntnis davon zu sein, dass die vereinbarten Arzttermine ausschließlich dem jeweiligen Patienten gewidmet sind.

Darüber hinaus kann sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, dass sie den für den 25.04.2002 vereinbarten Termin rechtzeitig gegenüber dem Kläger abgesagt hat. Dies gründet sich auf folgende Erwägungen: Zum einen hat die Beklagte den Termin vom 25.04.2002 nicht frühzeitig genug im Sinne der am 15.05.2001 geschlossenen Behandlungsvereinbarung der Parteien abgesagt. In dieser verpflichtet sich die Beklagte nämlich, vereinbarte Termine spätestens 48 Stunden vor ihrer Durchführung abzusagen. Dies war vorliegend nicht gegeben, da die Beklagte unstreitig erst am 23.04.2002 etwa gegen 16.00 Uhr den Termin für den 25.04.2002 um 8.30 Uhr abgesagt hat. Angesichts dieser Daten lagen zwischen der Absage der Beklagten und dem bevorstehenden Termin keine 48 Stunden .

Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Behandlungsvereinbarung in Bezug auf Zahnersatzarbeiten sogar eine Absagefrist von 5 Arbeitstagen vorsieht. Unter Berücksichtigung dessen, dass die Beklagten am 25.04.2002 solche Zahnersatzleistungen durch den Beklagten erhalten sollte, ist ihre Absage auf der Grundlage der Behandlungsvereinbarung erst recht nicht rechtzeitig erfolgt. Insofern kann dahinstehen, ob auf die geschlossene Behandlungsvereinbarung vom 15.05.2001 die §§ 305 ff. BGB Anwendung finden. Selbst unterstellt, dass es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der vorgenannten Vorschriften handelt, hat das Gericht jedenfalls in Bezug auf die Regelung , dass ein Zahnarzttermin mindestens 48 Stunden vor ihrer Durchführung abzusagen sind, keinen Anlass, an der Wirksamkeit dieser Klausel zu zweifeln.

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Ein Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen des Vorliegens einer unangemessenen Benachteiligung des Patienten ist hierin nicht zu sehen. Die Vereinbarung einer Absagefrist von 48 Stunden in allgemeinen Geschäftsbedingungen zwischen Arzt und Patient für abgesprochene Langzeittermine weicht nicht wesentlich vom Leitgedanken des § 621 Nr. 5 BGB ab. Zwar kann nach dieser Vorschrift der Dienstberechtigte grundsätzlich jederzeit Dienstverhältnisse kündigen, jedoch ist § 621 Nr. 5.2. Halbsatz BGB zu entnehmen, dass auch auf die Interessen des Dienstverpflichteten gewisse Rücksicht zu nehmen ist. Selbst wenn bei der Vereinbarung von Langzeitterminen nicht stets eine vollständige oder hauptsächliche Inanspruchnahme des Dienstverpflichteten im Sinne von § 621 Nr. 5 2. Halbsatz BGB anzunehmen sein sollte, liegt jedenfalls eine erhebliche Inanspruchnahme vor, so dass die Vereinbarung einer kurzen Kündigungsfrist – wie vorliegend 48 Stunden – bezüglich ärztlicher Langzeittermine durch eine entsprechende AGB-Klausel von dem Leitbild der gesetzlichen Regelung in § 621 Nr. 5 BGB, die im übrigen einzelvertraglich auch uneingeschränkt abdingbar ist, nicht unangemessen abweicht ( ebenso : AG Bremen, NJW RR 1996, 818 f. zu einer Absagefrist von 24 Stunden ) . Unter Anschluss an die vorgenannte Rechtsprechung hält das Gericht auch eine Absagefrist von 48 Stunden in Anbetracht von § 621 NR. 5 2. Halbsatz BGB nicht für eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten.

Zum anderen hält das Gericht die Absage der Beklagten vom 23.04.2002 auch nicht für rechtzeitig, da der Klägervortrag als zutreffend unterstellt wird, dass die Beklagte in dem Telefonat vom 23.04.2002 nach nochmaliger Belehrung durch den Kläger sich doch noch damit einverstanden erklärte, den Termin vom 25.04.2002 wahrzunehmen. Zwar „konnte die Beklagte eine solche Zusage nicht bestätigen“, jedoch ist dieses einfache Bestreiten in Anbetracht des substantiierten Sachvortrages des Klägers unbeachtlich. Für die Richtigkeit des klägerischen Vorbringens spricht insbesondere das Schreiben, das der Kläger am 25.04.2002 unmittelbar nach der geplatzten Behandlung an die Beklagte verfasst hat ( Bl. 28 der Gerichtsakten).
In diesem führt der Kläger ausdrücklich auf, dass die Beklagte auch am 23.04. den Termin vom 25.04. noch bestätigt habe. Gleichlautendes hat der Kläger auch in dem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 29.09.2002 ausgeführt, in dem er im einzelnen geschildert hat, wie es zu der abermaligen Zusage der Beklagten zu dem Termin am 25.04.2002 gekommen ist.

Die Beklagte ist diesem substantiierten Sachvortrag nicht hinreichend entgegen getreten, sondern sie hat sich lediglich auf die undeutliche Formulierung beschränkt, sie könne eine entsprechende Zusage nicht bestätigen. Dies genügt allerdings nicht, um das Vorbringen des Klägers in erheblicher Weise zu erschüttern. Für den Umstand, dass die Beklagte tatsächlich eine entsprechende Zusage gemacht hat, sprechen zudem die klägerseits vorgelegten Praxisunterlagen ( Bl. 7 f. der Gerichtsakten) . Aus ihnen ist ersichtlich, dass im Terminsbuch des Klägers am 25.04.2002 tatsächlich ein Termin von 8.30 Uhr bis 10.30 Uhr für die Beklagte freigehalten wurde. Weiter spricht für die Richtigkeit des klägerischen Vorbringens das insgesamt als wankelmütig zu beurteilende Verhalten der Beklagten . Die Beklagte hatte sich nämlich schon zuvor nicht ohne weiteres für die medizinische Behandlung entscheiden können. Sie entschloss sich hierzu erst nach entsprechender Bedenkzeit und vereinbarte entsprechend für den 25.04.2002 den exklusiven Behandlungstermin. Offenbar reute sie dies dann und es erfolgte am 23.04.2002 eine erneute Absage. Diesbezüglich ist es nahe liegend , dass nach weiteren Telefonaten der Parteien die Beklagte dann doch zusagte, den Termin am 25.04.2002 wahrzunehmen. Wenn die Beklagte tatsächlich nur wegen der Krankheit ihres Kindes den Termin vom 23.04.2002 abgesagt haben will, so vermag das Gericht nicht nachzuvollziehen, wieso die Beklagte auf das Schreiben des Klägers vom 25.04.2002 und auf seine weiteren Anrufe, die unbestritten sind, nicht reagiert hat.

Wenn die Beklagte tatsächlich die Behandlung, die sie zunächst vereinbart hatte, tatsächlich noch gewollt hätte, so wäre es für sie ein Leichtes gewesen, mit dem Kläger insoweit einen neuen Termin zur Nachholung des Zahnersatzes zu vereinbaren. Die Tatsache, dass die Beklagte indes zu keiner Zeit mehr auf die Nachfragen des Klägers reagiert hat, spricht dafür, dass sie die medizinische Zahnersatzbehandlung, obwohl sie diese zugesagt hatte, tatsächlich nicht mehr wünschte. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände ist jedenfalls das einfache Bestreiten der Beklagten nicht ausreichend, um den Vortrag des Klägers zu entkräften, dass sie tatsächlich auch am 23.04. nach mehrmaligen Telefonaten noch eine Zusage zum Termin gegeben hat.

Soweit die Beklagte darüber hinaus der Ansicht ist, ein Anspruch aus § 615 BGB sei nicht gegeben, weil der Annahmeverzug ein Verschulden voraussetze, vermag das Gericht sich dem nicht anzuschließen. Die Beurteilung , ob ein Annahmeverzug vorliegt, geschieht ohne Rücksicht auf ein Verschulden ( Palandt, BGB, 62 Auflage § 615 , Randnummer 14) . Hintergrund hierfür ist, das der Gläubigerverzug grundsätzlich nicht die Verletzung einer Rechtspflicht , sondern vielmehr den Verstoß gegen eine Obliegenheit darstellt und somit einerseits keine Schadensersatzpflicht auslöst, andererseits aber auch kein Verschulden oder aber ein etwaiges Vertretenmüssen voraussetzt ( Palandt, BGB, 62. Auflage, § 293, Randnummer 1).

In Anbetracht dessen kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte den Termin beim Kläger schuldhaft hat verstreichen lassen. Soweit die Behandlungsvereinbarung vom 15.05.2001 in Verkennung der Rechtslage insofern ein schuldhaftes Versäumen des Termins für einen Anspruch aus § 615 erfordert, hält das Gericht dies selbst im vorliegenden Fall für gegeben. Angesichts des unstreitigen Angebots des Klägers, das erkrankte Kind der Beklagten entweder in der Praxis oder aber zu Hause bei der Beklagten durch eine Zahnarzthelferin betreuen zu lassen, begründet auf Seiten der Beklagten jedenfalls im Falle der Ausschlagung eines solchen Angebots und gleichwohl des Nichterscheinens im Termin ein Verschulden der Beklagten zu mindestens in Form der Fahrlässigkeit. Mit seinem Angebot hat der Kläger nämlich alles Zumutbare getan, um den vereinbarten Termin mit der Beklagten durchzuführen und diese von etwaigen Ansprüchen unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges frei zu stellen.

Schließlich entfällt der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auch nicht aus dem Grunde, weil seine Geltendmachung gegen § 4 Abs. 5 b des Bundesmantelvertrag für Zahnärzte verstößt. Zwar ist richtig, dass Kassenärzte grundsätzlich zur Liquidierung gegenüber den Patienten nur auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung berechtigt sind, jedoch ist nach Auffassung des Gerichts diese Vorschrift grundsätzlich teleologisch dahin zu reduzieren auszulegen, dass nur zahnärztliche Honoraransprüche aus erfolgten Behandlungen schriftlich vereinbart werden müssen. Soweit es – wie vorliegend – um einen vertraglichen Anspruch wegen einer Leistungsstörung geht, vermag das Schriftformerfordernis des § 4 Abs. 5 b Bundesmantelvertrag Zahnärzte grundsätzlich nicht einzugreifen. Diese Vorschrift regelt nämlich keine Ansprüche, die aus Leistungsstörungen des Vertragsverhältnisses erwachsen. Dies ist schon deshalb lebensfern, da ansonsten jeder Kassenzahnarzt mit seinen Patienten eine schriftliche Vereinbarung für sämtliche denkbaren Fälle der Leistungsstörung und hieraus resultierender Ansprüche treffen müsste. So wäre es geradezu absurd, wenn sich ein Kassenzahnarzt vor der Aufnahme der Behandlung schriftlich bestätigen lassen würde, dass er Schadensersatzansprüche wegen eines Bisses seines Patienten nur geltend macht, wenn dies ihm der Patient vorher schriftlich zusagt.

Abgesehen davon, dass § 4 Abs. 5 b des Bundesmantelvertrags für Zahnärzte grundsätzlich nicht Ansprüche aus Leistungsstörungen im Vertragsverhältnis betrifft, enthält darüber hinaus die Behandlungsvereinbarung vom 15.05.2001 tatsächlich die schriftliche Regelung zwischen den Parteien, dass sich die Beklagte ausdrücklich dazu verpflichtet hat, im Falle ihres Nichterscheinens zu einem vereinbarten Termin das Honorar des Klägers zu tragen. Warum diese grundsätzliche Vereinbarung nicht dem Schriftformerfordernis des § 4 Abs. 5 b des Bundesmantelvertrags für Zahnärzte genügen soll, vermag das Gericht nicht nachzuvollziehen. Dies hätte nämlich zur Konsequenz, dass sich ein Kassenzahnarzt vor jeder konkreten Einzelbehandlung eines Patienten immer wieder schriftlich zusichern lassen müsste, dass sämtliche in Betracht kommenden Ansprüche wegen Leistungsstörungen im Vertragsverhältnis vom Patienten getragen werden. Diese kaum praktikable und ebenso wenig sinnvolle Verfahrensweise wird nach Auffassung des Gerichts nicht durch § 4 Abs. 5 b des Bundesmantelvertrages für Zahnärzte gefordert.

Der Höhe nach beläuft sich der Anspruch des Klägers indes nur auf den ausgeurteilten Betrag. Gemäß § 615 Satz 2 muss der Kläger weitere Ersparnisse in Höhe von 150,00 Euro anrechnen lassen. Dies gründet sich darauf, dass der Kläger im Zeitraum von 8.30 Uhr bis 10.30 Uhr aufgrund des Nichterscheinens der Beklagten zwei Stunden zur Verfügung hatte, die er zu seinen eigenen Zwecken nutzen konnte. Zwar hat der Kläger keinen Ersatzpatienten für den fix vereinbarten Termin organisieren können, jedoch entspricht es der Lebenserfahrung, dass der Kläger die Zeit in der Praxis nicht hat ungenutzt verstreichen lassen. Er war insofern im Stande, seine Zeit für Verwaltungs- oder Abrechnungstätigkeiten zu nutzen. Gemäß § 287 ZPO schätzt das Gericht insofern seine ersparten Aufwendungen infolge des Zeitgewinns von 2 Stunden auf 150,00 Euro, wobei es von einem Stundensatz des Klägers von 75,00 Euro ausgeht. Dem gemäß war die geforderte Klagesumme um 150,00 Euro zu kürzen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 , 709 Satz 1 und 2 , 708 Nr. 11, 711 ZPO. Streitwert: 1.443,69 Euro.

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