Landgericht Bochum
Az: 6 O 376/04
Urteil vom 07.04.2007
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Auf die Widerklage werden die Drittwiderbeklagten zu 1. und 2 verurteilt, als Gesamtschuldner an den Beklagten 4.000 Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.06.2005 zu zahlen.
3. Weiter wird auf die Widerklage festgestellt, dass die Drittwiderbeklagten zu 1. und 2. verpflichtet sind, als Gesamtschuldner dem Beklagten allen gegenwärtigen und künftigen materiellen Schaden sowie die nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden aus der fehlerhaften Behandlung vom 02.11.2002 bis 27.04.2004 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
4. Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.
5. Von den Gerichtskosten sowie den außergerichtlichen Kosten des Beklagten, tragen die Drittwiderbeklagten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner 34 %, die Klägerin 9 % und der Beklagte 57 %.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen der Beklagte zu 77 % und die Klägerin selbst zu 23 %.
Die außergerichtlichen Kosten des Drittwiderbeklagten zu 1. tragen der Beklagte zu 44 % und der Drittwiderbeklagte zu 1. zu 56 %.
Die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten zu 2. tragen der Beklagte zu 44 % und der Drittwiderbeklagte zu 2. zu 56 %.
6. Das Urteil ist für sämtliche Parteien gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des für jede Partei jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Zahlung zahnärztlichen Honorars aus abgetretenem Recht.
Der Beklagte war Privatpatient der Zedentin und der Drittwiderbeklagten zu 2), der Zahnarztpraxis L in Herne, wo er vom Drittwiderbeklagten zu 1) behandelt wurde Die Leistungen wurden unter 12.12.2003 mit 7.573.90 € in Rechnung gestellt, wobei 5.381,35 € auf Laborkosten entfielen.
Streitig ist, was Gegenstand der Behandlung war; nach dem Vortrag des Beklagten wünschte er einen gaumenfreien und festsitzenden Zahnersatz; dieses Versorgungskonzept ist von den Drittwiderbeklagten allerdings in Abrede gestellt worden. Die Behandlung begann Ende 2002. Um einen Zahnersatz im Oberkiefer eingliedern zu können, wurden am 18.03.2003 zunächst 4 Implantate als Stützpfeiler gesetzt; nach entsprechender Einheilzeit wurden diese dann am 14.07.2003 freigelegt. Am 28.07.2003 wurde mit der Ober- und Unterkieferprothetik begonnen, zugleich erfolgte an diesem Tag auch eine Wurzelkanalbehandlung der Zähne 43 und 35; bei Zahn 35 war diese hier noch nicht abgeschlossen. Letztlich wurde am 03.12.2003 dann der Zahnersatz im Oberkiefer in Form einer Steg-Riegel verankerten Totalprothese und im Unterkiefer eine teleskopierende Versorgung gestützt auf die Zähnen 33,35 und 43 eingesetzt.
Die Klägerin macht geltend, dass sie die Forderung von dem Drittwiderbeklagten zu 1) wirksam erworben habe. Alle in den Liquidationen aufgeschlüsselten Leistungen seien ordnungsgemäß, vollständig und mangelfrei im Rahmen des erteilten Behandlungsauftrages erbracht worden.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 7.573,90 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 10.02.2004 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bestreitet zunächst die Abtretung und wendet diverse Mängel ein, die dazu führen würden, dass die Leistung des Drittwiderbeklagten zu 1) völlig unbrauchbar seien und damit auch der Klägerin kein Honorar zustehe. Insoweit rügt der Beklagte, dass er durch die gewählte Konstruktion beeinträchtigt sei. Es liege nach wie vor ein Fremdkörpergefühl vor. Zudem verursache die Konstruktion dauerhaft Schmerzen im Unterkiefer. So befinde sich in der Primärkrone des Zahns 35 ein Loch, die Krone sei fehlerhaft. Der rechte Eckzahn 43 des Unterkiefers schmerze. Die dort ausgeführte Wurzelbehandlung sei fehlerhaft
gewesen. Zudem habe sich an der äußeren Kieferwand des Zahns 43 ein Abszess gebildet, so dass dieser nunmehr extrahiert werden muss. Weiter habe die Zunge zu wenig Platz, so dass er beim Sprechen beeinträchtigt sei. Auch die Okklusion sei fehlerhaft, denn die Zahnreihen würden beim Zubeißen nicht ordnungsgemäß aufeinandertreffen. Letztlich wackele die obere Prothese und habe keinen festen Sitz. Die Mängel seien auch durch ein eingeholtes privates Gutachten bestätigt worden; insoweit wird auf das als Anlage zum Schriftsatz vom 28.10.2004 beigefügte Gutachten des Zahnarztes I vom 19.10.2004 Bezug genommen.Zudem hätten die Drittwiderbeklagten auch deshalb fehlerhaft gehandelt, weil er keinen festsitzenden Zahnersatz, wie besprochen, erhalten habe.
Ferner rechnet der Beklagte hilfsweise mit vermeintliche Schmerzensgeldansprüchen und „zu erwartenden Kosten auf“.
Zudem macht er gegen die Ärzte C sowie die Mitglieder der Praxis für ganzheitliche Zahnmedizin L wegen der erlittenen Beeinträchtigungen und Schmerzen sowie wegen der Unannehmlichkeiten, die er als Folge der fehlerhaften Behandlung gehabt habe, im Wege der Drittwiderklage Schmerzensgeld – mindestens 15.000 ,- € – und im Wege der Feststellungsklage Schadensersatz geltend; eine zunächst ebenfalls verfolgte diesbezügliche Widerklage gegen die Klägerin wurde mit Schriftsatz vom 07.08.2006 gegen die Klägerin zurückgenommen. Eine weitere Zwischenfeststellungsklage gegen die Drittwiderbeklagten entsprechend dem Schriftsatz vom 15.12.2004 hat der Beklagte ebenfalls zurückgenommen.
Der Beklagte beantragt,
1.
die Drittwiderbeklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Beklagten ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld neben 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2.
festzustellen, dass die Drittwiderbeklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind dem Beklagten alle gegenwärtigen und künftigen materiellen und immateriellen Schäden ab Klageerhebung aus der fehlerhaften Behandlung vom 02.11.2002 bis zum 27.04.2004 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
Die Drittwiderbeklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin sowie die Drittwiderbeklagten machen geltend, dass der Beklagte im Rahmen eines einstündigen Aufklärungsgespräches zunächst den Wunsch nach einem festsitzenden Zahnersatz geäußert habe. Insoweit seien ihm die notwendigen Maßnahmen – u.a. 8 Implantate im Oberkiefer sowie ein umfangreicher Knochenaufbau – und auch die dafür anfallenden Kosten sowie die Risiken ( als Raucher) erläutert worden. Insoweit habe sich der Kläger dann für die kostengünstigere Variante – u.a. z. B. festsitzenden, jedoch herausnehmbare Zahnersatz im Oberkiefer ( = Implantate mit Steg) sowie eine zahngetragene Teleskopprothese – entschieden. Die diesbezüglichen chirurgischen Leistungen seien mangelfrei und lege artis erbracht worden. Auch der Stegreiter habe bei Eingliederung fest gesessen, wenn dieser bei der Begutachtung beweglich gewesen sei, könne dies nur nachträglich eingetreten sein. Artikulations – oder Platzprobleme würden nicht vorliegen. Zwar weise der Zahn 35 ein Loch auf, insoweit sei die Behandlung noch nicht abgeschlossen, der Zahn habe noch vor der Eingliederung eine Wurzelfüllung erhalten sollen, einen diesbezüglichen Behandlungstermin habe der Beklage abgesagt. Beim Eingliederungstermin sei dann versäumt worden, die Wurzelbehandlung abzuschließen. Spätere Termine habe der Beklagte dann nicht mehr wahrgenommen, bei einer Weiterbehandlung wäre dieser Mangel jedoch noch behoben worden. Der Beklagte sei auch starker Knirscher, so dass die anfängliche zentrierte Okklusion allenfalls durch den Kunststoffabrieb verloren gegangen sein könne, so dass es dadurch zu einem Gleiten in eine protrudierte Stellung gekommen sei. Insgesamt sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte dem Drittwiderbeklagten keine Nachbesserung und keine Nachbehandlung zur Beseitigung etwaiger Mängel ermöglicht habe. Gründe für eine Entbehrlichkeit seien nicht ersichtlich, insbesondere sei nichts dafür vorgetragen, warum dies dem Beklagten nicht mehr zumutbar gewesen sein sollte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze in der Akte Bezug genommen. Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen X. Insoweit wird auf das schriftliche Gutachten vom 19.04.2006 Bezug genommen. Darüber hinaus hat der Sachverständige das Gutachten in der mündlichen Verhandlung vom 07.02.2007 erläutert; dort ist auch die Zeugen T ergänzend vernommen worden.
Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.02.2006 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht begründet, die Widerklage hat gegen die Drittwiderbeklagten lediglich im zugesprochenen Umfang Erfolg.
Die Klägerin kann aus abgetretenem Recht gegen den Beklagten keinen Anspruch auf zahnärztliches Honorar geltend machen, da dem Beklagten insoweit gegenüber dem Vergütungsanspruch ein Freistellungsanspruch gegen die Kläger zusteht. Demgegenüber kann der Beklagte von den Drittwiderbeklagten Schmerzensgeld gem. den §§ 280 Abs. 1, 278, 823 Abs. 1, 253 BGB verlangen, wobei die Kammer insoweit einen Betrag von 4.000,– € für angemessen hält. Darüber hinaus ist auch der geltend gemachte Feststellungsanspruch, wonach die Drittwiderbeklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger alle gegenwärtigen und künftigen materiellen Schäden sowie nicht vorhersehbare immaterielle Schäden zu ersetzen, begründet.
1.
Ein Vergütungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten gem. § 611 BGB i. V. m. § 398 BGB ist nicht gegeben.
Zwar hat die Klägerin die bestrittene Abtretung durch Vorlage des maßgeblichen Forderungskaufvertrages nachgewiesen. Gleichwohl kann die Klägerin gegen den Beklagten für die zahnärztliche Behandlung bei dem Drittwiderbeklagten keinen Vergütungsanspruch durchsetzen. Insoweit ist nämlich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass hier die Leistungen der Drittwiderbeklagten mit erheblichen Mängeln behaftet waren, die dazu führen, dass letztlich kein Vergütungsanspruch besteht.
Grundsätzlich haben Zahnärzte unabhängig von der Frage von Mängeln einen Vergütungsanspruch. Dieser entfällt jedoch zumindest dann, wenn die Leistung unbrauchbar ist, da der Patient dann einen Anspruch auf Freistellung aufgrund einer Pflichtverletzung des Dienstvertrages hat.
Insoweit besteht die Besonderheit zwar darin, dass es sich um einen Dienstvertrag handelt; gesetzliche Gewährleistungsansprüche – wie z. B. die Minderung ( auch auf Null) – bei Mängeln kennt das Dienstvertragsrecht an sich nicht. Dem Vergütungsanspruch steht jedoch ein Schadensersatzanspruch des Beklagten wegen einer Schlechtleistung des Behandlungsvertrages als Pflichtverletzung (§§, 280,611 BGB) entgegen, dessen Geltendmachung bewirkt, dass die Vergütung des zur Dienstleistung Verpflichteten von vornherein begrenzt wird und im vorliegenden Fall gänzlich entfällt. Bei unterschiedlichem dogmatischem Ansatz wird in Rechtsprechung und Literatur jedenfalls überwiegend die Auffassung vertreten, dass dann, wenn die Dienstleistung in Form der Behandlung wegen der vom Dienstleistenden zu vertretenden Schlechterfüllung für den Dienstberechtigt kein Interesse hat oder diese wegen gravierender Fehler nahezu wertlos war, dieser berechtigt ist, im Umfang des fehlenden Interesses die Bezahlung der Vergütung zu verweigern.
Dabei wird überwiegend dem Patienten im Falle schuldhafter Schlechtleistung des behandelnden Arztes ein Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt der Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB zugebilligt, der zur Befreiung von der Honorarverbindlichkeit führt. Ein Schadensersatzanspruch des Patienten aus ein solchen Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB kann dem Vergütungsanspruch dabei entgegengehalten werden, ohne dass es einer Aufrechnungserklärung bedarf. Der Schaden ist in der Weise zu ersetzen, dass der Arzt dann keine Vergütung erlangt; ist bereits gezahlt worden, besteht ein Rückzahlungsanspruch. (ygl. dazu z. B.: OLG Oldenburg NJW-RR 1996,1267; OLG Zweibrücken MedR 2002,201 = OLG-Rep. 2002,170 ff; OLG Köln, VersR 1987,620; OLG Düsseldorf, VersR 1985,456; OLG Saarbrücken, OLG-Report 2000, 401; OLG Frankfurt, VersR 1996, 1150; LG Karlsruhe NJW-RR 2005,1507 ff; Rehborn, MDR 2001,1148(1153); Kramer, MDR 1998, 324 m. zahlr. w. N.; Jaspersen, VersR 1992,1431 m. zahlr. w. N.; etwas einschränkend auf gravierende PflichtV.: Laufs/ Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 3. Aufl., § 82 Rdnr. 15; andere Ansicht allerdings z. B. OLG München OLG-Rep. 1998,247).
Ist eine Unbrauchbarkeit der Leistung des Zahnarztes und damit ein Freistellungsanspruch gegeben, kann dies trotz der Abtretung gemäß § 404 BGG auch der Klägerin als Zessionarin entgegen gehalten werden.
Nach dem ausführlichen Gutachten des Sachverständigen X ist hier davon auszugehen, dass die von den Drittwiderbeklagten erbrachten zahnärztlichen Leistungen und die Zahnersatzmaßnahme mit erheblichen Mängeln behaftet und im Ergebnis letztlich unbrauchbar war. Die Kammer folgt insoweit dem Gutachten des Sachverständigen X, da dieses in sich gut nachvollziehbar, widerspruchsfrei und überzeugend ist, und zudem der Kammer die besondere Fachkompetenz des Sachverständigen aus vielen Verfahren bekannt ist.
Die Kammer kann letztlich die Frage dahingestellt sein lassen, was Gegenstand des Auftrages war, ob also der Beklagte „festsitzenden“ Zahnersatz in Auftrag gegeben hat oder ob hier lediglich herausnehmbarer Zahnersatz in ordnungsgemäßer und mangelfreier Form geschuldet war. Insoweit muss die Kammer letztlich auch die im Verhandlungstermin diskutierte Frage, wer bzgl. de Auftragsumfanges beweispflichtig ist, nicht entschieden, so dass es im Ergebnis auch auf die Würdigung der Aussage der vernommenen Zeugin T im Ergebnis nicht ankam.
Insoweit hat der Sachverständige X im Rahmen der Anhörung zunächst klargestellt, dass es prinzipiell möglich war, die prothetische Versorgung des Beklagten so vorzunehmen, wie es von dem Drittwiderbeklagten zu 1. tatsächlich gemacht wurde. Demnach hätte als gewähltes Konzept also durchaus auch herausnehmbarer Zahnersatz gewählt werden können, nur hätte dieser dann in dieser Form auch mangelfrei und ordnungsgemäß erbracht werden müssen.
Selbst wenn man also zu Lasten des Beklagten davon ausgehen würde, dass hier lediglich als Auftragsinhalt nach entsprechender Erörterung herausnehmbarer Zahnersatz gewählt wurde, so ist gleichwohl auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen X davon auszugehen, dass die auf dieser Grundlage dann von den Drittwiderbeklagten erbrachten Leistungen mit erheblichen Mängeln behaftet waren und letztlich im Ergebnis unbrauchbar waren.
So hat der Sachverständige zunächst gravierende Mängel am Zahn 35 im Bereich des Unterkiefers bestätigt. Hier ist nämlich ohne die Wurzelkanalbehandlung durch eine definitive Wurzelfüllung abzuschließen Ende 2003 die primär Teleskopkrone aufgesetzt worden. Insoweit ist also eine Krone auf dem Zahn 35 eingegliedert worden, ohne dass im Vorfeld eine definitive Wurzelfüllung als Abschluss der Behandlung durchgeführt wurde. Sowohl der fehlende Abschluss der Wurzelkanalbehandlung an sich als auch die Teleskopkroneneingliederung vor dem definitiven Abschluss der Wurzelkanalbehandlung entsprechen insoweit nicht den Vorgaben für eine lege artis durchgeführte Wurzelbehandlung bzw. den Voraussetzungen für die prothetische Versorgung eines solchen Zahnes. Dies hat der Sachverständige bei seiner Anhörung auch nochmals ausdrücklich bestätigt. Hinzu kommt, dass sich bei der gutachterlichen Untersuchung am Zahn 35 weitere Mängel, z. B. ein Loch in der Primärkrone zeigten, wobei. sich dabei durch diese Perforation in der Tiefe auch weiches Gewebe ertasten ließ. Zudem wies der Zahn einen negativen Sensibilitätstest auf und im Röntgenbild stellte sich eine deutlich apikale Knochenauflösung dar, so dass keine Erhaltungsprognose mehr gegeben werden konnte.
Auch die Wurzelbehandlung am Zahn 43 im Unterkiefer war fehlerhaft und entsprach nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht dem aktuellen Fachstandard. Insoweit hat er klargestellt, dass nach einer lege artis durchgeführten Wurzelkanalbehandlung die definitive Versorgung erst bei reizlosen radiologischen und klinischen Verhältnissen eingegliedert werden darf. Hier entsprachen die Wurzelfüllung einschließlich der radiologischen Situation nicht den diesbezüglichen Voraussetzungen, die zu einer raschen definitiven prothetischen Versorgung des Zahns 43 notwendig war. Insoweit hat er bei der mündlichen Anhörung klargestellt, dass die Krone im Bereich des Zahns 43 erst dann hätte eingesetzt werden dürfen, wenn die Wurzelbehandlung tatsächlich komplett und erfolgreich abgeschlossen gewesen wäre. Insoweit war jedoch die Wurzelfüllung im Bereich des Zahns 43 insuffizient. Die zur Backe hin gelegene Wurzel war zu weit gefüllt und dadurch war ein Überlauf festzustellen. Die zur Zunge hin gelegene Wurzel war dagegen nicht genügend gefüllt. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hätten weitere Maßnahmen und eine Abklärung erfolgen müssen, jedenfalls hätte der Zahn so nicht als Träger der Prothetik verwandt werden dürfen.
Weiter hat der Sachverständige eine fehlerhafte Okklusion festgestellt. Im habituellen Schlussbiss bestehe demnach gerade kein maximaler Vielpunktkontakt im Sinne einer Höcker-Fissuren-Verzahnung, der jedoch als Ziel einer prothetischen Rehabilitation anzusehen sei. Insoweit könnte diese Okklusion zwar durch Vorschieben des Unterkiefers erreicht werden, was jedoch wiederum nicht als regelgerechte Okklusion anzusehen sei.
Einen weiteren Mangel hat der Sachverständige insoweit bestätigt, als die Prothese im Oberkiefer „wackelt“. So fehlte der linksseitige Riegel von zwei ursprünglich vorhandenen Zugriegeln, die die Prothese auf dem Steg fixieren sollten. Da jedoch, abgesehen von der Riegelerneuerung, offensichtlich keine weiteren Maßnahmen nach der Eingliederung der Prothetik durch den Drittwiderbeklagten zu 1. durchgeführt worden sind, geht die Kammer mit dem Sachverständigen davon aus, dass die Oberkieferprothetik insoweit die Situation wiederspiegelt, die eben zum Zeitpunkt der Eingliederung Ende 2003 bestanden hat, selbst wenn man ggf. von dem fehlenden Riegel absieht. Insoweit hat der Sachverständige jedoch festgestellt, dass die Oberkieferprothetik dann ausgeprägte Schaukel- bzw. Wackelbewegungen sowohl in transversaler als auch serkitaler und vertikaler Hinsicht zeigte. Insoweit ähneln die von dem Privatgutachter des Beklagten Herrn I in seinem Gutachten gemachten Angaben über den Lockerungsgrad der Oberkieferprothetik den Befunden, die der Sachverständige X selbst im Rahmen seiner eigenen gutachterlichen Untersuchung festgestellt hat. Dieser hat dann jedoch klargestellt, dass eine solche Steg-Riege/-Konstruktion, wie sie hier im Oberkiefer eingesetzt werden sollte, an sich eine Präzisionsarbeit sei, die bei adäquater Ausführung sowie entsprechender Belastung auch unter Berücksichtigung einer gewissen Knochenatrophie nicht kurzfristig zu derartigen Schaukel- und Wackelbewegungen führen da. Unter Berücksichtigung der Ausführungen und Feststellungen des Sachverständigen geht die Kammer davon aus, dass diese eingesetzte Oberkieferprothese dann von Anfang an bzw. kurzfristig nach Eingliederung entsprechend gewackelt hat, in welchem Ausmaß auch immer. Auch dies stellt, wie auch der Sachverständige festgestellt hat, einen gravierenden Mangel dar. Zwar hat der Sachverständige auch ausgeführt, dass die Lockerung der Oberkieferprothese grundsätzlich auch auf einer Parafunktion des Beklagten beruhen könne. Der Sachverständige hat jedoch klargestellt, dass dies äußerst unwahrscheinlich sei und zwar deshalb, weil dann bis zur Erstellung des Gutachtens des Privatgutachters eine wesentliche Veränderung eingetreten wäre auf der anderen Seite dann zwischen dem Zustand, den der Privatgutachter festgestellt hat und demjenigen, den er dann wahrnehmen konnte, kaum noch ei Veränderung eingetreten wäre, was jedoch äußerst unwahrscheinlich sei. Demnach geht die Kammer davon aus, dass die Lockerung der Oberkieferprothese entsprechend der Annahme des Sachverständigen damit nicht auf einer Parafunktion des Beklagten beruht.
Im Ergebnis steht damit auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen fest, dass hier die zahnärztlichen Leistungen und die Zahnersatzmaßnahme durch den Drittwiderbeklagten zu 1. im Bereich des Unter- und Oberkiefers des Beklagten mit erheblichen Mängeln behaftet und in der Form grundsätzlich so unbrauchbar war.
Dem Anspruch des Beklagten auf Schadensersatz in Form eines Freistellungsanspruches gegenüber dem geltend gemachten Vergütungsanspruch der Klägerin steht auch nicht entgegen, dass sich die Drittwiderbeklagten noch auf ein diesbezügliches Recht zur Nachbehandlung oder Nachbesserung berufen könne. Richtig ist insoweit zwar, dass der Patient dem Zahnarzt auch im Rahmen des hier vorliegenden Dienstvertrages im Rahmen einer Zahnersatzmaßnahme eine „Nachbesserung oder Nachbehandlung“ ermöglichen muss, da es der Erfahrung entspricht, dass eingesetzter Zahnersatz häufig nicht sofort „passend sitzt“, sondern gewisse Korrekturen notwendig sind. Diese muss der Patient dem Zahnarzt grundsätzlich im Wege der Nachbesserung oder Nachbehandlung ermöglichen, es sei denn, eine solche Nachbesserung ist aussichtslos oder nicht zumutbar. Von letzterem ist hier im Ergebnis auszugehen.
So hat der Sachverständige X zwar klargestellt, dass die Probleme des Beklagte bei der Okklusion, also dabei, dass der Zahnkontakt nach endgültiger Eingliederung der Prothese noch nicht perfekt gewesen ist und noch kein Vielkontakt bestand, vom Grundsatz her nach aller Wahrscheinlichkeit im Rahmen einer Nachbehandlung noch hätte korrigiert werden können. Alle sonstigen Mängel waren jedoch Im Ergebnis wegen der gegebenen Schwere und der Gewichtigkeit der Mängel im Rahmen einer bloßen Nachbesserung nicht mehr behebbar. So hat der Sachverständige klargestellt, dass der Umstand, dass die Prothese nicht fest auf den Implantaten saß, nicht mehr zu korrigieren ist, hier wäre vielmehr eine vollständige Neuanfertigung der Prothetik erforderlich gewesen. Auch die vollständig fehlerhafte Arbeit im Bereich des Unterkiefers hätte so durch eine Nachbesserung nicht angepasst werden können. Nach dem Vom Sachverständigen letztlich festgestellten Zustand reicht nicht einmal eine Neuprothetik in der ursprünglich gegebenen Form aus, da insbesondere der Entzündungszustand am Zahn 43 auch durch eine neue Prothese nicht beseitigt werden könnte, zumal auch im jetzigen Zustand der Zahn 35 nicht zu erhalten ist, so dass eine vollständig neue Art der Unterkieferprothetik vorgenommen werden muss.
Ist jedoch im Bereich des Oberkiefers eine vollständig neue Prothetik herzustellen bzw. muss im Unterkiefer – ggf. nach Extraktion der Zähne 35 und 43 – eine vollständig andere Art der Unterkieferprothetik erfolgen, so stellen diese notwendigen Neugestaltungen letztlich keine Nachbesserung als solche mehr dar, so dass sich die Drittwiderbeklagten nicht auf ein entsprechendes Nachbesserungsrecht berufen können. Diese Erstellung einer neuen Prothetik bzw. eine völlige Neugestaltung der Unterkieferprothetik muss der Beklagte jedoch durch die Drittwiderbeklagten nicht erstellen lassen, weil es sich dabei dann aber nicht mehr um eine bloße Nachbesserung oder Nachbehandlung handelte.
Zudem ist es angesichts der gravierenden Mängel für die Kammer auch durchaus verständlich und nachvollziehbar, wenn der Beklagte das diesbezügliche Vertrauen zu den Drittwiderbeklagten verloren hat, so dass es ihm grundsätzlich nicht mehr zumutbar ist, die notwendige Neugestaltung bei den Drittwiderbeklagten durchführen zu lassen.
Damit steht im Ergebnis allerdings fest, dass dem Vergütungsanspruch der Klägerin aus abgetretenem Recht von Seiten des Beklagten ein Schadensersatzanspruch auf Freistellung wegen der Unbrauchbarkeit der Leistungen der Drittwiderbeklagten entgegengehalten werden kann, der dazu führt, dass hier kein Vergütungsanspruch gegeben und die Klage demnach abzuweisen ist.
2.
Die hier erhobene Widerklage nur gegen die Drittwiderbeklagten ist zulässig, aber nur im zugesprochenen Umfang begründet.
a.
In Übereinstimmung mit dem Beklagten hält die Kammer die Voraussetzungen für eine isolierte Drittwiderklage für gegeben.
Es entspricht der überwiegenden Meinung, dass eine Drittwiderklage ausschließlich gegen nicht an der Klage beteiligte Personen grundsätzlich nicht zulässig ist ( vgl. dazu: BGHZ 40,185 ff ; BGH NJW 2001,2094).
Eine Ausnahme hat die Rechtsprechung jedoch in bestimmten Fällen bejaht, u.a dann, wenn der vom Zessionar verklagte Schuldner wegen seiner Ansprüche aus überzahlten Honorar eine Drittwiderklage gegen den Zedenten erhebt ( vgl. dazu BGH NJW 2001,2094 ).
Ein vergleichbare ( oder sogar identische) Situation liegt auch dann vor, wenn wie hier – der Zahnarzt seine Honorarforderung an den Zessionar abtritt, der sie einklagt, der Patient dem wegen Mängel entgegentritt und dann im Wege der Widerklage wegen der möglichen Mängel vom Zahnarzt Schadensersatz und Schmerzensgeld verlangt.
b.
In der Sache ist ein Schmerzensgeldanspruch gegen die Drittwiderbeklagten gem. den §§ 280 Abs. 1, 278, 253 BGB bzw. bzgl. des Drittwiderbeklagten zu 1. auch gem. den §§ 823 Abs. 1, 253 BGB gegeben, wobei die Kammer allerdings einen Betrag von 4.000,– € für angemessen und ausreichend hält.
Entsprechend den obigen Ausführungen ist davon auszugehen, dass die zahnärztlichen Leistungen der Drittwiderbeklagten mit erheblichen Mängeln behaftet war. Insoweit geht die Kammer davon aus, dass diese vom Drittwiderbeklagten zu 1. verursachten Mängel dazu geführt haben, dass der Beklagte nicht unerhebliche Schmerzen und Beschwerden sowohl im Bereich des Unterkiefers als auch im Bereich des Oberkiefers hatte. Weiter geht auch die Kammer davon aus, dass die mangelhafte Versorgung seit der Eingliederung für den Beklagten mit nicht unerheblichen Unannehmlichkeiten verbunden war. Zudem hat sich die bisherige Behandlung, die sicherlich auch mit Belastungen verbunden war, weitgehend als überflüssig erwiesen, da letztlich eine völlige Neugestaltung vorgenommen werden muss.
Nicht berücksichtigt werden kann allerdings, dass ggf. weitere Implantate im Bereich des Oberkiefers gesetzt werden müssen, um festsitzenden Zahnersatz einzugliedern, da dies auch dann notwendig geworden wäre, wenn sich der Beklagte tatsächlich für festsitzenden Zahnersatz entschieden hätte, da dazu insgesamt 6 bis 8 Implantate notwendig sind. Soweit sich der Beklagte zudem darauf berufen will, dass nunmehr eine Extraktion der Zähne 35 und 43 notwendig sei, kann letztlich nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass bei einer ordnungsgemäßen Versorgung des Unterkiefers diese Zähne vollständig hätten erhalten werden können. Soweit sich der Beklagte zudem darauf berufen will, dass eine Beeinträchtigung der Artikulation bzw. Auffälligkeiten bei der Lautbildung seit der Eingliederung vorhanden seien, konnte der Sachverständige dies gerade nicht feststellten, da dazu zwingend notwendige Anzeichen für ein zu geringes Platzangebot der eingegliederten Prothetik eben nicht hätten festgestellt werden können.
Zudem hat die Kammer auch berücksichtigt, dass der Beklagte seit der Eingliederung des Zahnersatzes mit den dadurch verursachten Unannehmlichkeiten lebt, allerdings noch keine Neuversorgung vorgenommen hat; die jedoch zu erwarten gewesen wäre, wenn der jetzige Zustand mit erheblichen Schmerzen verbunden wäre.
Würdigt man sämtliche Umstände, so hält die Kammer letztlich ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,– € für angemessen, aber auch ausreichend. Ein weitergehender Anspruch besteht dagegen nicht.
Der darüber hinaus geltend gemachte Feststellungsanspruch ist dagegen weitgehend begründet, insoweit musste lediglich eine Einschränkung dahingehend vorgenommen werden, dass die Feststellung des Ersatzes künftiger immaterielle Schäden auf solche beschränkt ist, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorhersehbar waren und bei der jetzigen Würdigung des Schmerzensgeldanspruches noch nicht berücksichtigt worden sind.
Insoweit ist der Feststellungsanspruch in der Sache ebenfalls begründet, da die bisherigen zahnärztlichen Leistungen der Drittwiderbeklagten bzw. die Zahnersatzmaßnahmen mit erheblichen Mängeln behaftet waren, so dass es durchaus möglich ist, dass hier tatsächlich bereits Schäden entstanden sind bzw noch künftige Schäden als Folge der fehlerhaften Behandlung entstehen. So ist z. B. in der mündlichen Verhandlung bekannt geworden, dass der Beklagte an die Drittwiderbeklagten neben den von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruch weitere Zahlungen für die bisherige Behandlung geleistet hat, so dass diesbezüglich z. B. ein Rückzahlungsanspruch – in welcher Höhe auch immer – denkbar ist. Darüber hinaus könnte ein weitergehender Kostenerstattungsanspruch bestehen, wenn tatsächlich eine entsprechende Neuversorgung erfolgt, wobei insoweit allerdings lediglich „Mehrkosten“ erstattungsfähig wären. Auch insoweit ist jedoch zumindest ein diesbezüglicher Anspruch denkbar, was ausreicht, da nur die Feststellung begehrt wird. Die Berechnungsweise und mögliche Abzüge müssen jetzt in diesem Rahmen nicht festgelegt werden.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286, 288 BGB.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 100, 269 Abs. 3, 709 ZPO.