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Zahnzusatzversicherung – Versicherungsfall vor Versicherungsbeginn

AG Eisenach

Az.: 54 C 116/12

Urteil vom 25.04.2013


Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.400,63 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.03.2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent.

Tatbestand

Die Klägerin schloss mit Beginn des 01.04.2008 bei der Beklagten eine Zusatzversicherung zum Zahnersatz ab. Die Parteien vereinbarten u. a. den Tarif CSS.flexi, Baustein Zahnersatz top (vgl. Bl. 9 d. A., Anlage K2). Danach verpflichtete sich die Beklagte bei Zahnersatz für zahnärztliche Leistungen 80 % bzw. 90 % des erstattungsfähigen Rechnungsbetrages, abzüglich der Leistung einer gesetzlichen Krankenversicherung oder eines sonstigen Kostenträgers zu zahlen (vgl. im Einzelnen Bl. 9 d. A.).

Gemäß § 3 III AVB sollte die besondere Wartezeit für Zahnbehandlung, Zahnersatz und Kieferorthopädie 8 Monate betragen. Im Streitfall war das der 01.05.2009.

Die Klägerin ließ gemäß dem Heil- und Kostenplan vom 18.10.2010 bei der Zahnärztin Dr. med. dent. … die Zähne 45, 46 überkronen und die Zähne 15 bis 17, 24 bis 26 und 35 bis 37 mit Brücken erneuern.

Nach der Zahnarztrechnung sind insgesamt Kosten in Höhe von 3.574,34 € angefallen. Die gesetzliche Krankenkasse der Klägerin zahlte hierauf 1.626,57 €. Die Beklagte leistete lediglich für den Zahn 45 einen Erstattungsbetrag in Höhe von 189,70 €.

Die Klägerin behauptet, zum Abschluss des Vertrages mit der Beklagten hätte keine Notwendigkeit bestanden, die Zähne 45, 46, 15 bis 17, 24 bis 26, 32 bis 37 mit Brücken bzw. Kronen zu erneuern. Dies sei erst im Jahr 2010 festgestellt worden.

Die Beklagte hätte auf den Restbetrag von 1.947,77 € 90 % zahlen müssen. Von diesem Betrag sei die bereits geleistet Zahlung in Abzug zu bringen, so dass noch ein Betrag in Höhe von 1.563,29 € zu zahlen wäre.

Die Klägerin beantragt daher, die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.563,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, 1.463,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Versicherungsfall sei vor Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten. Bei der Befundaufnahme von Dr. med. dent. … sei bereits am 08.01.2007 darauf erkannt worden, dass die damals 20 Jahre alte Prothetik insuffizient und deshalb behandlungsbedürftig gewesen wäre. Aus der Patientenkartei der behandelnden Ärztin Dr. med. dent. … die schon am 17.07.2008 ein Orthopantomogramm (OPG) des Gebisses der Klägerin angefertigt habe sei bereits zu diesem Zeitpunkt festgestellt worden, dass Behandlungsbedarf in Form von Erneuerung von Brücken und Kronen bestünde.

Die Klagehöhe treffe nicht zu. Aus dem Gesamtbetrag der Rechnung in Höhe von 3.574,34 € seien 90 % abzüglich des Zuschusses der gesetzlichen Krankenkasse und des von der Beklagten geleisteten Betrages zu berücksichtigen, womit sich ein Restbetrag in Höhe von 1.400,63 € errechne.

Die Klage ist am 12.03.2012 zugestellt worden.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 01.11.2012 (Bl. 86 ff d. A.), durch Anordnung der Vernehmung der Zeugen Dr. med. dent … und Dr. med. dent … Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2013 (Protokoll Bl. 101 bis 103 d. A.)

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist hinsichtlich des Hilfsantrages begründet. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 1.400,63 € aus den im Tatbestand genannten Versicherungsvertrag.

Die Wartezeit für die Zahnbehandlung bzw. den Zahnersatz gemäß § 3 III AVB von acht Monaten hatte die Klägerin eingehalten. Die Zahnbehandlung zur Erneuerung der Kronen und Brücken war im Jahr 2010. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Gericht davon überzeugt, dass bei Abschluss des Vertrages noch keine Notwendigkeit bestanden hatte, den Zahnersatz der Klägerin zu erneuern. Zu diesem Ergebnis kommt das Gericht aufgrund der Aussagen der Zeugen Dr. … und Dr. …

Nach deren übereinstimmenden Aussagen hat es vor dem 13.08.2008 keinen Grund gegeben, einen Teil der Zähne der Klägerin zu überkronen bzw. mit Brücken zu versehen. Die von der Beklagten vorgenommen Bewertung der von den Ärzten ausgefüllten Formulare, die von der Beklagten entworfen sind und den behandelten Ärzten übersandt worden waren, wurden offensichtlich zu Gunsten der Beklagten fehlinterpretiert.

Der Zeuge …, der bestätigt, dass die Klägerin zum ersten Mal am 02.01.2007 bei ihm zur Behandlung war, erklärte in der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2013 (Bl. 102 d. A.) dass er für diesen Zeitpunkt keine Erneuerungsbedürftigkeit der Zähne der Klägerin erkannt bzw. eine Brückenversorgung für notwendig gehalten hätte. Dass der Zeuge in dem Formular der Beklagten (Bl. 59 d. A., Anlage B4, S. 3/4) zu Nummer 7a das Datum vom 02.01.2007 eingesetzt hatte, geschah deshalb, weil für ihn die Fragestellung der Beklagten nicht eindeutig war. Mit dem Datum wollte er nur dokumentieren, dass er zum 02.01.2007 eine Untersuchung vorgenommen hatte. Auch bei einer OPG Aufnahme am 08.01.2007 konnte er keine Behandlungsbedürftigkeit in den Brücken und Kronen bzw. Zähne der Klägerin erkennen. Die Aussage des Zeugen ist eindeutig und glaubwürdig. Insbesondere ist bei der Aussage des Zeugen Dr. … zu berücksichtigen, dass überhaupt kein eigenes Interesse an dem Ausgang des Verfahrens besteht. Schließlich ist der Zeuge … nicht der Zahnarzt, der später die Behandlung zum den Zahnersatz an der Klägerin vorgenommen hatte.

Der Zeugin … könnte zwar ein monetäres Interesse am Ausgang des Verfahrens unterstellt werden. Darauf muss das Gericht jedoch nicht eingehen, da ihre Aussage durch die Übereinstimmung mit den Angaben des Zeugen … im Einklang stehen und damit von der Glaubwürdigkeit der Zeugin ausgegangen werden kann.

Im Übrigen hat die Zeugin … ausführlich erklärt, dass sie der Klägerin wegen undefinierter Schmerzen eine Schiene verordnet und eine Wurzelbehandlung in Betracht gezogen hatte. Beides kann nicht in Zusammenhang gebracht werden mit der Notwendigkeit einer Prothetik, die bereits vor Abschluss des Versicherungsvertrages vorgelegen haben könnte.

Das ihre Patientenkartei den Vermerk „Beratung Prothetik, keine ZE nötig“ trägt, konnte sich die Zeugin nicht richtig erklären. Sie geht jedoch davon aus, dass der Zusatz versehentlich von einer Auszubildenden eingetragen wurde. Aber auch hier kann letztendlich nach Durchführung der OPG zu dem Ergebnis, dass keine Behandlungsbedürftigkeit am Zahnersatz notwendig war.

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Das von der Beklagten eingeholte Gutachten vom 27.06.2011 (Bl. 68 ff d. A.) stützt sich lediglich auf die Unterlagen, die dem Sachverständigen zur Verfügung standen. Eine konkrete Untersuchung an der Klägerin hatte der Sachverständige … nicht vorgenommen. Das Gutachten ist daher zur Beweisführung nicht tauglich.

Ebenso erübrigt sich die gerichtliche Anordnung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens, weil auch dies untaugliches Beweismittel wäre. Der Sachverständigen kann nach fünf Jahren nicht mehr tatsächlich feststellen, wie der Zustand der Zähne der Klägerin am 13.08.2008 tatsächlich war. Ihm bliebe letztendlich nur der Rückgriff auf die zu dieser Zeit vorliegenden Befunde.

Aus den Versicherungsbedingungen des Tarifs CSS.flexi (Bl. 9 d. A., Anlage K2) ergibt sich die Berechnung für die Höhe des Ersatzes. Danach ist von der Berechnung der Beklagten auszugehen, dass zunächst der Gesamtbetrag der Rechnung in Höhe von 3.574,34 € zugrunde zu legen ist. Hiervon sind 90 % 3.216,90 €. Abzüglich des Zuschusses der gesetzlichen Krankenkasse in Höhe von 1.626,27 € ergibt sich ein Betrag in Höhe von 1.590,33 €. Den bereits geleisteten Betrag der Beklagten in Abzug bringend verbleibt somit ein Restbetrag in Höhe von 1.400,63 €, auf den die Klägerin einen Anspruch hat.

Damit hat das Gericht dem Hilfsantrag der Klägerin stattgegeben. Der Hauptantrag in Höhe von 1563.29 € war wegen unzutreffender Berechnung abzuweisen.

Das Gericht hat mangels konkreter Angabe den Beginn der Zahlung von Verzugszinsen auf dem Zeitpunkt der Klagezustellung, d. h. der Rechtsanhängigkeit am 12. 03. 2012 abgestellt.

Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO, da bei Kostenquotelung von 10 % der in der Hauptsache unterlegenen Partei aufgegeben werden können.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 709 ZPO.

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