Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Streit um Zaun am See: OLG präzisiert Zugangspflicht bei Wegerecht und Angelrecht
- Der Fall: Ein Zaun, ein See und zwei im Grundbuch gesicherte Nutzungsrechte
- Die Vorinstanz: Landgericht Magdeburg verfügte Beseitigung des Zauns
- Die Entscheidung des Oberlandesgerichts: Zaun muss geöffnet, aber nicht auf ganzer Breite entfernt werden
- Die Begründung des OLG: Abwägung zwischen Eigentumsrecht und Inhalt der Grunddienstbarkeit
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was ist eine Grunddienstbarkeit und wie entsteht sie?
- Welche Rechte und Pflichten ergeben sich aus einem Wegerecht?
- Inwieweit darf ein Grundstückseigentümer sein Grundstück trotz bestehender Grunddienstbarkeiten bebauen oder verändern?
- Was bedeutet „wesentliche Beeinträchtigung“ im Zusammenhang mit der Ausübung einer Grunddienstbarkeit?
- Welche Möglichkeiten hat der Inhaber einer Grunddienstbarkeit, wenn seine Rechte beeinträchtigt werden?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 12 U 63/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Grunddienstbarkeiten, Eigentumsrecht, Beseitigungsanspruch
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eigentümer des Grundstücks, das durch die Rechte belastet ist (dienendes Grundstück). Er focht die Verpflichtung zur vollständigen Beseitigung des Zauns an.
- Beklagte: Eigentümer des Grundstücks, das aus den Rechten begünstigt ist (herrschendes Grundstück). Er verlangte die Beseitigung des Zauns, der den Zugang zu seinem Recht behindert.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Der Eigentümer eines Grundstücks (dienendes Grundstück) hat für den Eigentümer eines Nachbargrundstücks (herrschendes Grundstück) Grunddienstbarkeiten (Wegerecht, Angel-/Baderecht) eingeräumt. Auf dem dienenden Grundstück wurde ein Zaun errichtet. Der Eigentümer des herrschenden Grundstücks verlangte die Beseitigung des Zauns, da dieser die Ausübung seiner Rechte behindere.
- Kern des Rechtsstreits: Der zentrale Streitpunkt war, ob der Eigentümer des belasteten Grundstücks einen Zaun auf einer bestimmten Breite vollständig entfernen muss oder ob es ausreicht, einen angemessenen Zugang für die Ausübung der eingetragenen Rechte zu ermöglichen. Dabei ging es um den Umfang des Beseitigungsanspruchs bei einer Beeinträchtigung einer Grunddienstbarkeit durch eine Einfriedung.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht änderte die Entscheidung des Landgerichts ab. Es verurteilte den Eigentümer des belasteten Grundstücks, den Zaun in Höhe des Sees zu öffnen, um einen ungehinderten Zugang zu dem acht Meter breiten Uferstreifen für das Angel- und Baderecht zu ermöglichen. Eine vollständige Beseitigung des Zauns auf dieser Breite wurde nicht angeordnet.
- Begründung: Der Eigentümer des herrschenden Grundstücks hat Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung seiner Rechte. Das Gericht stellte fest, dass der Eigentümer des belasteten Grundstücks grundsätzlich sein Grundstück einzäunen darf. Die Einfriedung wird erst rechtswidrig, wenn sie die Ausübung der Dienstbarkeiten unmöglich macht oder erheblich erschwert. Es muss lediglich der Zugang ermöglicht werden, wobei die genaue Art der Öffnung im Ermessen des Eigentümers liegt, solange der Zugang gewährleistet ist.
- Folgen: Der Eigentümer des belasteten Grundstücks muss den Zaun nicht auf ganzer Breite entfernen, sondern muss einen Zugang schaffen. Der Eigentümer der Rechte erhält Zugang zu dem Bereich, kann aber nicht die vollständige Entfernung des Zauns oder freie Sicht verlangen.
Der Fall vor Gericht
Streit um Zaun am See: OLG präzisiert Zugangspflicht bei Wegerecht und Angelrecht
Stellen Sie sich vor, Sie besitzen ein Grundstück, und Ihr Nachbar hat ein verbrieftes Recht, einen Teil Ihres Grundstücks zu nutzen – beispielsweise um zu einem See zu gelangen, dort zu angeln oder zu baden. Was aber, wenn Sie Ihr Grundstück einzäunen möchten? Muss dann der gesamte Bereich, den der Nachbar nutzen darf, frei von Zäunen bleiben, oder reicht eine einfache Tür? Genau mit dieser Frage musste sich das Oberlandesgericht (OLG) Sachsen-Anhalt beschäftigen. Es ging um den Umfang eines Anspruchs auf Beseitigung eines Zauns, der die Ausübung eines eingetragenen Wegerechts sowie eines Angel- und Baderechts behinderte.
Der Fall: Ein Zaun, ein See und zwei im Grundbuch gesicherte Nutzungsrechte

In dem verhandelten Fall waren zwei Grundstücksnachbarn beteiligt. Nennen wir den Eigentümer des Grundstücks mit dem See Herrn Egon (im juristischen Jargon der Kläger zu 1)). Auf seinem Grundstück (Flurstück 91/7 in der Gemarkung G. A.) befindet sich ein Teich. Sein Nachbar, Herr Nachmann (der Beklagte zu 1)), ist Eigentümer des angrenzenden Grundstücks (Flurstück 7/4). Zugunsten des jeweiligen Eigentümers von Herrn Nachmanns Grundstück sind im Grundbuch von Herrn Egons Grundstück zwei sogenannte Grunddienstbarkeiten eingetragen.
Eine Grunddienstbarkeit ist ein im Grundbuch eingetragenes Recht, ein fremdes Grundstück in bestimmter Weise zu nutzen oder bestimmte Handlungen auf dem eigenen Grundstück zu unterlassen bzw. nicht vorzunehmen, die sonst erlaubt wären. Es „dient“ dem herrschenden Grundstück (hier das von Herrn Nachmann) und belastet das dienende Grundstück (das von Herrn Egon).
Im konkreten Fall handelte es sich um folgende Rechte:
- Ein Wegerecht: Dieses erlaubt es Herrn Nachmann, einen bestimmten Uferstreifen von Herrn Egons Grundstück zu begehen, um zum Teich zu gelangen. Dieser Bereich war in einem Lageplan, der Teil einer notariellen Urkunde aus dem Jahr 2002 ist, blau schraffiert und etwa acht Meter lang.
- Ein Angel- und Baderecht: Dieses berechtigt Herrn Nachmann, den Teich auf Herrn Egons Grundstück in einem bestimmten Bereich – im Lageplan gelb markiert, circa 8 Meter mal 21 Meter groß – zum Baden zu nutzen und vom Uferrand dieses Bereichs aus zu angeln.
Herr Egon, der Eigentümer des Seegrundstücks, errichtete nun auf seinem Grundstück einen Zaun, der direkt an das Grundstück von Herrn Nachmann angrenzte und sich auch in Höhe des Sees befand. Herr Nachmann sah dadurch seine im Grundbuch gesicherten Rechte beeinträchtigt. Er forderte von Herrn Egon die Beseitigung dieser Beeinträchtigung, insbesondere die Beseitigung des Zauns, der ihm den Zugang zum Uferstreifen des Sees verwehrte.
Die Vorinstanz: Landgericht Magdeburg verfügte Beseitigung des Zauns
Bevor der Fall vor das Oberlandesgericht kam, hatte sich bereits das Landgericht Magdeburg damit befasst. Mit Urteil vom 29. März 2023 hatte das Landgericht Herrn Egon unter Ziffer 3 des Urteilstenors dazu verurteilt, den besagten Zaun zu beseitigen. Gegen diese Entscheidung legte Herr Egon Berufung beim Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt ein. Er bestritt nicht grundsätzlich, dass er Herrn Nachmann den Zugang ermöglichen müsse. Allerdings wehrte er sich gegen den Umfang der vom Landgericht geforderten Beseitigung. Offenbar ging es ihm darum, dass er nicht den Zaun auf einer gesamten Breite von acht Metern entfernen wollte, wie es das Landgericht wohl verstanden hatte.
Eine zunächst auch gegen eine weitere Partei (den Beklagten zu 2)) gerichtete Berufung nahm Herr Egon im Laufe des Verfahrens zurück, sodass sich seine Berufung zuletzt ausschließlich gegen die Verurteilung zur Zaunbeseitigung gegenüber Herrn Nachmann richtete.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts: Zaun muss geöffnet, aber nicht auf ganzer Breite entfernt werden
Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt gab der Berufung von Herrn Egon teilweise statt und änderte das Urteil des Landgerichts Magdeburg in dem entscheidenden Punkt ab. Der neue Urteilsspruch lautete nun:
Herr Egon wird verurteilt, den Zaun auf seinem Grundstück in Höhe des dort befindlichen Sees zu öffnen, um zugunsten von Herrn Nachmann einen ungehinderten Zugang zu dem acht Meter breiten Uferstreifen des Sees zum Zwecke der Ausübung seines Angel- und Baderechts zu ermöglichen. Dieser Zugang muss in dem Bereich eröffnet werden, der im Lageplan zur Notarurkunde von 2002 blau und gelb schraffiert markiert ist.
Das bedeutet: Herr Egon muss nicht, wie vom Landgericht ursprünglich angeordnet, den Zaun auf einer bestimmten Breite komplett entfernen. Stattdessen muss er ihn lediglich so öffnen, dass Herr Nachmann ungehindert zu dem Uferstreifen gelangen kann, den er laut Grundbucheintrag nutzen darf. Wie diese Öffnung konkret aussieht – ob eine Tür, ein Tor oder eine herausnehmbare Zaunpartie – bleibt Herrn Egon überlassen, solange der Zugang gewährleistet ist.
Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden entsprechend dem teilweisen Erfolg und teilweisen Unterliegen der Parteien aufgeteilt. Die Revision, also eine weitere Überprüfung des Urteils durch den Bundesgerichtshof, wurde nicht zugelassen.
Die Begründung des OLG: Abwägung zwischen Eigentumsrecht und Inhalt der Grunddienstbarkeit
Um zu verstehen, warum das Oberlandesgericht so entschieden hat, müssen wir uns die juristische Argumentation genauer ansehen.
Zunächst prüfte das Gericht, ob die Berufung von Herrn Egon überhaupt zulässig war. Dies bejahte es, da der Wert des Streitgegenstandes, um den es in der Berufung ging (die sogenannte Beschwer), über der erforderlichen Grenze von 600 Euro lag. Das OLG schätzte den Wert des Unterschieds zwischen einer vollständigen Beseitigung des Zauns und einer nur teilweisen Öffnung auf 1.000 Euro. Auch sei der Berufungsantrag ausreichend bestimmt gewesen. Herr Egon musste in seinem Antrag nur das Ziel nennen (Zugang ermöglichen), nicht aber die genaue Art und Weise, wie er dies tun würde (z.B. Breite der Öffnung, Art der Pforte). Kleinere Schreibfehler in der Aktenbezeichnung der Notarurkunde oder der Gemarkung sah das Gericht als offensichtliche und korrigierbare Fehler an.
In der Sache selbst, also bei der Frage, ob und in welchem Umfang Herr Nachmann die Beseitigung bzw. Öffnung des Zauns verlangen konnte, stützte sich das OLG auf die Paragraphen §§ 1027 und 1004 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Vereinfacht gesagt, geben diese Paragraphen dem Inhaber einer Grunddienstbarkeit (hier Herr Nachmann) das Recht, vom Eigentümer des belasteten Grundstücks (hier Herr Egon) die Beseitigung einer Störung zu verlangen, wenn diese Störung die Ausübung seines Rechts beeinträchtigt.
Was genau erlauben Wegerecht und Angelrecht?
Das Gericht analysierte zunächst den genauen Inhalt und Umfang der für Herrn Nachmann eingetragenen Rechte. Grundlage dafür waren die Eintragungen im Grundbuch und die ursprüngliche Bestellungsurkunde des Notars aus dem Jahr 2002 mitsamt dem dazugehörigen Lageplan.
- Das Wegerecht (im Plan blau schraffiert) gibt Herrn Nachmann das Recht, den etwa acht Meter langen Uferstreifen zu begehen, um zum Teich zu gelangen.
- Das Angel- und Baderecht (im Plan gelb gekennzeichnet) erlaubt ihm, den Teich in einem Bereich von etwa 8 mal 21 Metern zu nutzen, indem er vom Uferrand dieses Bereichs aus badet und angelt.
Aus diesen Rechten leitete das OLG ab, dass Herr Nachmann einen Anspruch darauf hat, dass ihm der Zugang zu dem rund acht Meter breiten Uferstreifen ermöglicht wird.
Warum keine Entfernung des Zauns auf acht Metern Breite?
Der entscheidende Punkt, in dem das OLG von der Vorinstanz abwich, war die Frage nach dem Umfang der Beseitigungspflicht. Herr Nachmann hat, so das OLG, keinen Anspruch darauf, dass der Zaun auf einer Breite von vollen acht Metern vollständig beseitigt wird.
Das Gericht führte hierzu aus, dass Herr Egon als Eigentümer grundsätzlich berechtigt ist, sein Grundstück einzufrieden, also einen Zaun zu errichten. Das gehört zu seinem Eigentumsrecht. Diese Einfriedung wird erst dann rechtswidrig, wenn sie die Ausübung der Grunddienstbarkeit durch Herrn Nachmann unmöglich macht oder zumindest erheblich erschwert.
Um die Rechte von Herrn Nachmann zu wahren, muss Herr Egon ihm lediglich den Zugang zum Uferstreifen ermöglichen. Wie er diesen Zugang gewährt, liegt in seinem Ermessen. Das OLG nannte hier beispielhaft:
- Eine für Fußgänger angemessene Öffnung im Zaun.
- Eine unverschlossene Pforte (also eine kleine Tür im Zaun).
- Eine Pforte, für die Herr Nachmann einen Schlüssel erhält.
Wichtig ist allein, dass der ungehinderte Zugang zu dem im Lageplan definierten Uferbereich für Herrn Nachmann gewährleistet ist. Eine bestimmte Breite der Öffnung, etwa die vollen acht Meter des Uferstreifens, kann Herr Nachmann nicht verlangen.
Kein Anspruch auf freie Sicht oder erweiterte Nutzungsmöglichkeiten
Das OLG stellte weiterhin klar, dass die Grunddienstbarkeiten keinen Anspruch auf einen Zustand begründen, der Herrn Nachmann beispielsweise eine freie Sicht auf den Uferbereich und den See ermöglicht. Eine solche Verpflichtung für Herrn Egon ergibt sich weder aus der Grundbucheintragung noch aus der notariellen Urkunde. Argumente, wie etwa eine erschwerte Beaufsichtigung von Kindern durch den Zaun oder verschlechterte Rettungsmöglichkeiten, fallen nicht unter den Inhalt der vereinbarten Grunddienstbarkeiten zum Gehen, Angeln und Baden. Diese Rechte sind auf die im Vertrag und Grundbuch festgelegte Nutzung beschränkt.
Zusammenfassend kam das OLG also zu dem Ergebnis, dass das Landgericht Herrn Egon zu Unrecht dazu verurteilt hatte, den Zaun auf einer Breite von acht Metern zu beseitigen. Der Anspruch von Herrn Nachmann beschränkt sich darauf, dass ihm der Zugang zum Uferstreifen in dem vereinbarten Bereich ermöglicht wird. Die Formulierung im Urteilstenor wurde daher von „Beseitigung“ des Zauns zu einer Verpflichtung zur „Öffnung“ des Zauns geändert, um den „ungehinderten Zugang“ zu ermöglichen. Damit wurde dem Eigentumsrecht von Herrn Egon, sein Grundstück einzufrieden, Rechnung getragen, während gleichzeitig die gesicherten Nutzungsrechte von Herrn Nachmann gewahrt blieben.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das OLG Sachsen-Anhalt hat klargestellt, dass bei einem grundbuchlich gesicherten Wege- und Angelrecht der Grundstückseigentümer zwar einen Zaun errichten darf, jedoch für den Berechtigten einen angemessenen Zugang schaffen muss – ohne den Zaun auf der gesamten betroffenen Breite entfernen zu müssen. Eine einfache Öffnung (Tor, Pforte) genügt, solange sie einen ungehinderten Zugang zum berechtigten Bereich ermöglicht. Die Entscheidung verdeutlicht die Balance zwischen Eigentumsrechten und Dienstbarkeiten: Der Eigentümer darf sein Grundstück grundsätzlich einfrieden, muss aber die eingetragenen Nutzungsrechte Dritter in angemessener Weise respektieren.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist eine Grunddienstbarkeit und wie entsteht sie?
Eine Grunddienstbarkeit ist ein wichtiges Konzept im deutschen Immobiliensystem. Stellen Sie sich vor, Sie besitzen ein Grundstück und benötigen, um zu einer öffentlichen Straße zu gelangen, einen Weg über das Nachbargrundstück. Hier kommt die Grunddienstbarkeit ins Spiel.
Was bedeutet Grunddienstbarkeit?
Im Kern bedeutet eine Grunddienstbarkeit, dass ein Grundstück zugunsten eines anderen Grundstücks belastet wird. Das bedeutet, der Eigentümer des einen Grundstücks (des sogenannten dienenden Grundstücks) muss etwas dulden oder unterlassen, wovon der Eigentümer des anderen Grundstücks (des herrschenden Grundstücks) profitiert.
Ein sehr häufiges Beispiel ist das Wegerecht: Der Eigentümer des dienenden Grundstücks muss dulden, dass der Eigentümer des herrschenden Grundstücks seinen Weg über das dienende Grundstück nimmt. Es kann aber auch bedeuten, dass auf dem dienenden Grundstück eine bestimmte Bebauung nicht oder nur eingeschränkt erlaubt ist (zum Beispiel, um die Aussicht vom herrschenden Grundstück nicht zu beeinträchtigen).
Das Besondere an einer Grunddienstbarkeit ist, dass sie an das Grundstück gebunden ist und nicht an die Person des Eigentümers. Das bedeutet: Wenn das herrschende oder das dienende Grundstück verkauft wird, bleiben die Rechte und Pflichten aus der Grunddienstbarkeit für den neuen Eigentümer bestehen.
Wie entsteht eine Grunddienstbarkeit?
Eine Grunddienstbarkeit entsteht im deutschen Recht nicht einfach durch eine mündliche Absprache oder weil sie „schon immer so war“. Ihre Entstehung erfordert grundsätzlich zwei Schritte:
- Einigung: Die Eigentümer beider Grundstücke müssen sich über die Begründung, den Inhalt und den Umfang der Grunddienstbarkeit einig werden. Diese Einigung muss in einer notariell beurkundeten Erklärung festgehalten werden. Ein einfacher schriftlicher Vertrag reicht hier nicht aus.
- Eintragung ins Grundbuch: Die getroffene Einigung muss anschließend im Grundbuch des dienenden Grundstücks eingetragen werden. Erst mit dieser Eintragung wird die Grunddienstbarkeit wirksam und ist auch für jedermann öffentlich im Grundbuch einsehbar. Ohne die Eintragung im Grundbuch besteht die Grunddienstbarkeit rechtlich nicht.
Die Eintragung im Grundbuch schafft Rechtssicherheit für alle Beteiligten und auch für zukünftige Erwerber der Grundstücke. Sie dokumentiert die Belastung des einen und den Vorteil des anderen Grundstücks dauerhaft.
Welche Rechte und Pflichten ergeben sich aus einem Wegerecht?
Ein Wegerecht gibt der berechtigten Person das Recht, einen bestimmten Teil des Grundstücks einer anderen Person auf eine festgelegte Weise zu nutzen. Stellen Sie sich vor, Ihr Nachbar (Herr Nachmann) hat das Recht, über einen Teil Ihres Grundstücks (Herr Egon) zu gehen, um zu seinem eigenen Grundstück zu gelangen. Das ist ein typisches Beispiel für ein Wegerecht.
Was darf die berechtigte Person (z.B. Herr Nachmann) tun?
Das Kernrecht ist die Nutzung des Weges. Das bedeutet, die berechtigte Person darf den Weg tatsächlich begehen oder befahren, je nachdem, wie das Wegerecht ausgestaltet ist. Wichtig ist dabei immer der Zweck des Wegerechts. Wenn es nur dafür gedacht ist, zu Fuß zum Grundstück zu gelangen, darf man dort in der Regel nicht einfach mit dem Auto fahren, es sei denn, dies ist ausdrücklich erlaubt.
Die berechtigte Person darf den Weg in der Regel so nutzen, wie es zur Ausübung des Rechts notwendig ist. Dazu gehört auch, dass der Weg zugänglich sein muss. Der Eigentümer des belasteten Grundstücks (z.B. Herr Egon) darf die Ausübung des Wegerechts nicht behindern oder unzumutbar erschweren. Er darf den Weg also beispielsweise nicht einfach blockieren.
Welche Pflichten hat die berechtigte Person (z.B. Herr Nachmann)?
Mit dem Recht gehen auch Pflichten einher. Die wichtigste Pflicht ist die Schonung des belasteten Grundstücks. Das bedeutet, die berechtigte Person muss bei der Ausübung des Wegerechts so schonend wie möglich vorgehen. Sie darf das Grundstück (den Weg und die Umgebung) nicht unnötig beschädigen oder verunreinigen.
Es kann auch Pflichten zur Unterhaltung des Weges geben. Oft muss die berechtigte Person den Weg, den sie nutzt, selbst instand halten oder sich an den Kosten dafür beteiligen. Dies hängt davon ab, was vereinbart wurde oder was im Grundbuch steht. Man darf den Weg also nicht einfach verwahrlosen lassen, wenn eine Unterhaltungspflicht besteht.
Wie bestimmt sich der genaue Umfang des Wegerechts?
Der Umfang, also was genau erlaubt und was verboten ist, richtet sich in erster Linie nach dem Inhalt des Grundbuchs. Dort ist das Wegerecht eingetragen und oft ist dort bereits beschrieben, wofür und wie der Weg genutzt werden darf (z.B. „Geh- und Fahrrecht“, „nur für landwirtschaftlichen Verkehr“).
Wenn die Eintragung im Grundbuch nicht eindeutig ist oder sich die Verhältnisse geändert haben, spielen die Umstände des Einzelfalls eine wichtige Rolle. Dazu gehört insbesondere, wie das Wegerecht historisch genutzt wurde. Hat man den Weg beispielsweise seit Jahrzehnten immer nur zu Fuß benutzt, kann es schwierig sein, plötzlich das Recht auf Befahren mit schweren Fahrzeugen abzuleiten, auch wenn im Grundbuch „Wegerecht“ steht, ohne den Umfang näher zu definieren. Auch die Bedürfnisse des herrschenden Grundstücks (des Grundstücks, dem das Recht dient) zur Zeit der Bestellung des Wegerechts können herangezogen werden.
Grundsätzlich gilt, dass das Wegerecht so ausgeübt werden muss, dass das belastete Grundstück so wenig wie möglich beeinträchtigt wird, solange der Zweck des Wegerechts erreicht wird.
Inwieweit darf ein Grundstückseigentümer sein Grundstück trotz bestehender Grunddienstbarkeiten bebauen oder verändern?
Als Eigentümer eines Grundstücks haben Sie grundsätzlich das Recht, Ihr Eigentum nach Ihren Vorstellungen zu nutzen und zu gestalten. Dieses Recht ist jedoch nicht grenzenlos. Wenn auf Ihrem Grundstück eine sogenannte Grunddienstbarkeit eingetragen ist, bedeutet das, dass eine andere Person oder der Eigentümer eines anderen Grundstücks ein bestimmtes Recht auf oder an Ihrem Grundstück hat. Dieses Recht schränkt Ihre Freiheit als Eigentümer in gewissem Maße ein.
Was bedeutet eine Grunddienstbarkeit für Sie als Eigentümer?
Eine Grunddienstbarkeit wird meist im Grundbuch eingetragen und gewährt dem Berechtigten ein bestimmtes Recht. Beispiele hierfür sind ein Wegerecht (das Recht, Ihr Grundstück zu überqueren) oder ein Leitungsrecht (das Recht, Leitungen auf Ihrem Grundstück zu verlegen oder zu unterhalten).
Wichtig ist: Trotz dieser Dienstbarkeit behalten Sie als Eigentümer die Möglichkeit, Ihr Grundstück zu bebauen oder zu verändern. Allerdings dürfen Sie dabei die Ausübung der Grunddienstbarkeit nicht wesentlich erschweren oder beeinträchtigen. Das ist die zentrale Einschränkung für Sie als Eigentümer.
Stellen Sie sich vor, es besteht ein Wegerecht über Ihr Grundstück. Sie dürfen dann zum Beispiel keine Garage mitten auf diesen Weg bauen, da dies die Nutzung des Weges wesentlich erschweren oder unmöglich machen würde. Eine Bebauung oder Veränderung neben dem Weg, die die Benutzung des Weges nicht behindert, wäre hingegen meist zulässig.
Die Abwägung im Einzelfall
Ob eine geplante Bebauung oder Veränderung zulässig ist, hängt immer vom Einzelfall ab. Es geht darum, die Interessen des Eigentümers (Ihre Baupläne) und die Interessen des Berechtigten (dessen Recht, die Dienstbarkeit auszuüben) gegeneinander abzuwägen.
Entscheidend ist, was genau im Grundbuch zur Grunddienstbarkeit steht und wie das Recht bisher ausgeübt wurde. Ihre Baumaßnahme darf die Nutzung der Dienstbarkeit nicht mehr als unvermeidbar beeinträchtigen. Gleichzeitig muss auch derjenige, der das Recht nutzt, dies so schonend wie möglich für Sie als Eigentümer tun. Er darf also nicht mehr verlangen, als für die Ausübung seines Rechts unbedingt notwendig ist.
Die Grenzen sind fließend und hängen stark von den konkreten Umständen, dem genauen Wortlaut der Grunddienstbarkeit und der Art der geplanten Veränderung ab. Eine geringfügige Beeinträchtigung kann unter Umständen hinnehmbar sein, eine wesentliche ist es nicht.
Was bedeutet „wesentliche Beeinträchtigung“ im Zusammenhang mit der Ausübung einer Grunddienstbarkeit?
Wenn jemand aufgrund einer sogenannten Grunddienstbarkeit das Recht hat, ein fremdes Grundstück auf bestimmte Weise zu nutzen (z. B. ein Wegerecht, um über das Nachbargrundstück zu gehen oder zu fahren), darf der Eigentümer des dienenden Grundstücks (das ist das Grundstück, das belastet ist) die Ausübung dieses Rechts nicht behindern. Das Gesetz (§ 1020 BGB) verlangt, dass der Eigentümer des belasteten Grundstücks alles unterlassen muss, was die Ausübung der Dienstbarkeit wesentlich beeinträchtigt.
Was genau ist eine „wesentliche Beeinträchtigung“?
Eine Beeinträchtigung ist „wesentlich“, wenn sie über das hinausgeht, was der Berechtigte (derjenige, der das Recht hat) bei der Bestellung der Dienstbarkeit vernünftigerweise erwarten musste und ihm zugemutet werden kann. Es geht darum, dass die Nutzung des Grundstücks durch den Berechtigten nicht nur unerheblich erschwert wird, sondern erheblich behindert wird.
Wie wird beurteilt, ob eine Beeinträchtigung wesentlich ist?
Dies hängt immer stark von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Es gibt keine starren Regeln, sondern es muss eine Abwägung stattfinden. Wichtige Kriterien für diese Beurteilung sind:
- Der Inhalt und Zweck der Grunddienstbarkeit: Wofür wurde das Recht ursprünglich eingeräumt? Sollte es nur für Fußgänger oder auch für Fahrzeuge nutzbar sein? Je genauer der Zweck, desto eher kann eine Behinderung wesentlich sein.
- Die Art und Intensität der Beeinträchtigung: Handelt es sich um ein nur kurzes Hindernis oder um eine dauerhafte, schwer zu überwindende Sperre (wie ein Zaun ohne Tor oder ein tiefes Loch)? Wie oft und wie stark wird die Nutzung eingeschränkt?
- Die Zumutbarkeit für den Berechtigten: Kann dem Berechtigten die Einschränkung zugemutet werden, oder macht sie die Ausübung seines Rechts im Grunde sinnlos oder extrem schwierig?
- Die lokalen Verhältnisse und Gegebenheiten: Was ist auf den Grundstücken üblich oder notwendig?
Nicht jede kleine Einschränkung oder Unannehmlichkeit stellt eine „wesentliche Beeinträchtigung“ dar. Der Berechtigte muss geringfügige Erschwernisse oder gelegentliche, nur kurzzeitige Behinderungen in der Regel hinnehmen, solange sie die eigentliche Ausübung seines Rechts nicht maßgeblich beeinträchtigen.
Ein Zaun kann beispielsweise eine wesentliche Beeinträchtigung darstellen, wenn er einen Weg blockiert, der als Zufahrt oder Zugang dient und keine zumutbare alternative Nutzung oder Querung des Zauns ermöglicht wird (z.B. durch ein abschließbares Tor mit Schlüssel für den Berechtigten). Stellt der Zaun hingegen nur eine seitliche Begrenzung dar, die den Weg selbst nicht versperrt, liegt eher keine wesentliche Beeinträchtigung vor. Es kommt also stark darauf an, wie sich die konkrete Maßnahme auf die Ausübung des eingeräumten Rechts auswirkt.
Welche Möglichkeiten hat der Inhaber einer Grunddienstbarkeit, wenn seine Rechte beeinträchtigt werden?
Wenn Sie Inhaber einer sogenannten Grunddienstbarkeit sind, bedeutet das, dass Sie bestimmte Rechte an einem fremden Grundstück haben. Stellen Sie sich vor, Sie dürfen über das Grundstück Ihres Nachbarn gehen, um zu Ihrem Garten zu gelangen (ein Wegerecht), oder eine Leitung liegt über sein Land. Dieses Recht ist im Grundbuch eingetragen.
Wird die Ausübung dieses Rechts durch den Eigentümer des belasteten Grundstücks gestört – zum Beispiel, indem dieser einen Zaun auf den Weg baut oder die Leitung beschädigt –, stehen Ihnen als Inhaber der Grunddienstbarkeit verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um Ihre Rechte durchzusetzen.
Ansprüche bei Beeinträchtigung der Grunddienstbarkeit
Ein zentrales Recht, das Ihnen als Inhaber einer Grunddienstbarkeit zusteht, ist der Anspruch auf Beseitigung der Störung. Das bedeutet, Sie können vom Eigentümer des anderen Grundstücks verlangen, dass er alles entfernt, was die Ausübung Ihrer Dienstbarkeit behindert. Wurde beispielsweise ein Zaun auf dem Weg errichtet, den Sie benutzen dürfen, können Sie verlangen, dass dieser Zaun wieder abgebaut wird.
Neben dem Beseitigungsanspruch gibt es auch den Unterlassungsanspruch. Dieser kommt ins Spiel, wenn zukünftige Störungen drohen oder eine Störung bereits stattgefunden hat und die Gefahr besteht, dass sie sich wiederholt. Sie können dann vom Eigentümer verlangen, dass er bestimmte Handlungen unterlässt, die Ihre Grunddienstbarkeit beeinträchtigen würden. Wenn Ihr Nachbar zum Beispiel angekündigt hat, den Weg zukünftig immer wieder mit seinem Auto zuzuparken, können Sie verlangen, dass er dies unterlässt.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann Ihnen zudem ein Anspruch auf Schadensersatz zustehen. Dies ist der Fall, wenn Ihnen durch die Beeinträchtigung Ihrer Grunddienstbarkeit ein finanzieller Schaden entstanden ist. Beispielsweise wenn eine beschädigte Leitung einen Wasserschaden auf Ihrem Grundstück verursacht hat.
Durchsetzung der Rechte
Wenn eine Einigung mit dem Eigentümer des anderen Grundstücks nicht möglich ist, können die genannten Ansprüche gerichtlich durchgesetzt werden. Das bedeutet, Sie können eine Klage vor Gericht erheben, um den Eigentümer zur Beseitigung der Störung, zur Unterlassung weiterer Beeinträchtigungen oder gegebenenfalls zur Zahlung von Schadensersatz zu verpflichten. Das Gericht prüft dann, ob Ihre Grunddienstbarkeit tatsächlich beeinträchtigt wurde und ob die von Ihnen geltend gemachten Ansprüche begründet sind. Ein erfolgreiches Urteil kann den Eigentümer des anderen Grundstücks zwingen, die Störung zu beheben oder weitere Störungen zu unterlassen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Grunddienstbarkeit
Eine Grunddienstbarkeit ist ein eingetragenes Recht, das einem Grundstückseigentümer erlaubt, ein fremdes Grundstück in bestimmter Weise zu nutzen oder bestimmte Handlungen dort zu untersagen. Dabei belastet das dienende Grundstück das herrschende Grundstück und verpflichtet dessen Eigentümer, die Nutzung zu dulden oder das Grundstück so zu beschränken, dass das Recht ausgeübt werden kann (vgl. §§ 1018 ff. BGB). Die Grunddienstbarkeit ist dauerhaft an das Grundstück gebunden und bleibt bestehen, auch wenn die Grundstücke verkauft werden. Ein klassisches Beispiel ist das Wegerecht, bei dem ein Nachbar über ein Grundstück des anderen gehen darf, um zu seinem eigenen zu gelangen.
Wegerecht
Das Wegerecht ist eine spezielle Form der Grunddienstbarkeit, die dem Berechtigten erlaubt, einen bestimmten Weg auf einem fremden Grundstück zu benutzen, um sein eigenes Grundstück zu erreichen. Es kann auf Fußgänger- oder Fahrwege beschränkt sein und ist im Grundbuch genau definiert (vgl. § 1018 BGB). Der Eigentümer des belasteten Grundstücks darf den Weg weder blockieren noch so verändern, dass die Ausübung dieses Rechts erheblich erschwert wird. Beispiel: Wenn ein Zaun den Weg versperrt, muss der Eigentümer eine Öffnung schaffen, etwa eine Tür, damit der Weg weiterhin genutzt werden kann.
Anspruch auf Beseitigung der Störung (§ 1024 BGB)
Wenn die Ausübung einer Grunddienstbarkeit durch Maßnahmen auf dem belasteten Grundstück gestört wird – etwa durch einen Zaun, der den Weg blockiert – hat der Berechtigte das Recht, vom Eigentümer des dienenden Grundstücks die Beseitigung dieser Störung zu verlangen (vgl. § 1024 BGB). Das bedeutet, der Eigentümer muss das Hindernis entfernen oder so abändern, dass die Nutzung des Rechts wieder möglich ist. Beispiel: Wird ein Weg durch einen neu errichteten Zaun versperrt, kann der Berechtigte die Entfernung oder Öffnung dieses Zauns fordern.
Wesentliche Beeinträchtigung (§ 1020 BGB)
Eine wesentliche Beeinträchtigung liegt vor, wenn die Nutzung einer Grunddienstbarkeit über das zumutbare Maß hinaus erschwert oder unmöglich gemacht wird (vgl. § 1020 BGB). Dabei wird geprüft, ob die Einschränkung den Wert und Zweck des eingeräumten Rechts so stark beeinträchtigt, dass sie für den Berechtigten unzumutbar ist. Kleinere oder vorübergehende Erschwernisse müssen hingegen hingenommen werden. Beispiel: Ein Zaun, der den Weg komplett versperrt und keine alternative Passage bietet, stellt eine wesentliche Beeinträchtigung dar.
Einfriedungsrecht
Das Einfriedungsrecht bezeichnet das Recht eines Grundstückseigentümers, sein Grundstück durch Zäune, Mauern oder Hecken abzugrenzen und zu sichern. Dieses Recht ist Teil des allgemeinen Eigentumsrechts (§ 903 BGB), solange es nicht Rechte Dritter – wie Grunddienstbarkeiten – unzumutbar beeinträchtigt. Das bedeutet, ein Eigentümer kann einen Zaun errichten, muss dabei jedoch Rücksicht auf eingetragene Nutzungsrechte nehmen, etwa die Öffnung eines Zauns für den Zugang eines Wegerechts-Inhabers ermöglichen. Beispiel: Ein Grundstückseigentümer darf sein Grundstück einzäunen, muss aber eine Tür im Zaun lassen, damit ein Nachbar sein Wegerecht ausüben kann.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 1027 BGB (Grunddienstbarkeit): Regelt die Grunddienstbarkeit, also das Recht, ein fremdes Grundstück in bestimmter Weise zu nutzen oder eine Handlung zu unterlassen, die sonst erlaubt wäre. Dieses Recht wird im Grundbuch eingetragen und ist an das herrschende Grundstück gebunden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die im Grundbuch eingetragenen Rechte des Herrn Nachmann, das Grundstück von Herrn Egon zu betreten und den Teich zum Angeln und Baden zu nutzen, sind Grunddienstbarkeiten gemäß § 1027 BGB.
- § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB (Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch): Gibt dem Eigentümer eines herrschenden Grundstücks das Recht, vom Eigentümer des dienenden Grundstücks die Beseitigung einer Störung zu verlangen, sofern diese die Ausübung des Rechts beeinträchtigt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Herr Nachmann kann von Herrn Egon die Beseitigung oder zumindest die Öffnung des Zauns verlangen, wenn dieser seine Ausübung der Grunddienstbarkeiten behindert.
- § 903 BGB (Eigentumsrecht): Verleiht dem Eigentümer das Recht, mit seiner Sache nach Belieben zu verfahren, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen; hierzu gehört auch das Recht zur Einfriedung des Grundstücks. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Herr Egon ist grundsätzlich berechtigt, sein Grundstück mit einem Zaun einzufrieden, solange er dadurch die gesicherten Nutzungsrechte des Nachbarn nicht unzumutbar einschränkt.
- Grundbuchordnung (GBO) und notarielle Beurkundung: Stellen die Basis für die Eintragung und rechtliche Wirksamkeit von Grunddienstbarkeiten dar und legen deren Inhalt anhand von Urkunden und Lageplänen genau fest. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Rechte des Herrn Nachmann ergeben sich konkret aus den Eintragungen im Grundbuch sowie dem Lageplan der notariellen Urkunde von 2002, welche den Umfang und Bereich der Nutzung genau definieren.
- §§ 511, 513 ZPO (Prozessrechtliche Voraussetzungen der Berufung): Regeln die Zulässigkeit und Anforderungen an eine Berufung, einschließlich des Beschwerdewerts und der Bestimmtheit des Berufungsantrags. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG prüfte und bejahte die Zulässigkeit der Berufung von Herrn Egon gegen das Urteil des Landgerichts, da der Streitwert ausreichend war und der Antrag hinreichend bestimmt formuliert wurde.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 12 U 63/23 – Urteil vom 04.12.2023
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.
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Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz