Vermessungsexperte haftet für fehlerhaft gesetzten Zaun
Wenn auf einem Grundstück ein Zaun oder eine andere Grenzmarkierung errichtet wird, kann dies manchmal zu rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Nachbarn führen. Ein häufig auftretendes Problem ist, dass aufgrund eines Vermessungsfehlers der Zaun auf dem Nachbargrundstück errichtet wird. In einem solchen Fall stellt sich die Frage, wer für den entstandenen Schaden aufkommen muss und wie dieser zu berechnen ist. Das Bürgerliche Gesetzbuch sieht hierbei verschiedene Möglichkeiten vor, um die Interessen der Beteiligten angemessen zu berücksichtigen. Im Folgenden wird ein konkreter Gerichtsfall behandelt, der Aufschluss über die rechtliche Bewertung solcher Konstellationen gibt.
Übersicht:
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✔ Das Wichtigste in Kürze
- Der vom Beklagten errichtete Zaun befindet sich aufgrund eines Messfehlers auf dem Nachbargrundstück des Klägers, was einen Mangel im Sinne des § 633 Abs. 2 S. 1 BGB darstellt.
- Eine fiktive Abrechnung der Mängelbeseitigungskosten anhand des vom Kläger vorgelegten Kostenvoranschlags ist nicht zulässig, da dies zu einer unberechtigten Überkompensation führen würde.
- Der Vermögensschaden des Klägers ist durch einen Wertvergleich zwischen mangelhaftem und geschuldetem Werk zu ermitteln, wobei die vereinbarte Vergütung als Maximalwert dient.
- Eine pauschale Annahme eines Minderwerts von einem Fünftel der Rechnungssumme ist nicht überzeugend, da in der Rechnung weitere umfangreiche Arbeiten enthalten sind.
- Die Tatsache, dass der Zaun Bestandteil des Grundstücks geworden ist, könnte bei der Schadensberechnung berücksichtigt werden.
- Für eine belastbare Schätzung des Minderwerts muss der Kläger vortragen, welche Rechnungspositionen auf die streitgegenständliche Grenzbebauung entfallen.
- Die Möglichkeit eines Beseitigungsanspruchs des Grundstücksnachbarn rechtfertigt keine fiktive Abrechnung, da dieser nach § 33 NNachbG bereits ausgeschlossen sein könnte.
➜ Der Fall im Detail
Sachverhalt: Zaunfehler führt zu gerichtlichem Streit
Im Kern dreht sich der vorliegende Fall um die Errichtung eines Zauns, der aufgrund eines Planungs- und Vermessungsfehlers nicht auf dem Grundstück des Auftraggebers, sondern auf dem Nachbargrundstück gebaut wurde.
Die beteiligten Parteien sind der Kläger, der den Zaun in Auftrag gegeben hatte, und der beklagte Vermessungsingenieur, der für den Fehler verantwortlich ist. Die rechtliche Auseinandersetzung entstand, weil der Zaun, entgegen der Vereinbarung, das benachbarte Grundstück tangierte, was vom Landgericht festgestellt und nicht bestritten wurde. Der strittige Punkt bezieht sich auf die Haftung für den fehlerhaft gesetzten Zaun und die daraus resultierenden Schadensersatzansprüche.
Gerichtliche Feststellungen zu Mängeln und Beweislast
Das Landgericht hat in erster Instanz entschieden, dass der Zaun mangelhaft errichtet wurde, gemäß § 633 Abs. 2 S. 1 BGB. Der Mangel bestand darin, dass der Zaun nicht auf dem vorgesehenen Grundstück des Klägers, sondern auf dem des Nachbarn errichtet wurde. Dies wurde durch Zeugenvernehmung festgestellt und vom Gericht als korrekt bewertet. Die Beweislast, dass ein Mangel vorliegt, trug dabei der Kläger. Die Genauigkeit der landgerichtlichen Feststellungen wurde vom OLG Celle hervorgehoben und es fanden sich keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen.
Diskussion fehlerhafter Einmessungen und Verantwortlichkeit
Der Beklagte, ein Vermessungsingenieur, stritt in der Klagerwiderung ab, dass der Zaun außerhalb der vereinbarten Grenzlinien stand. Das Landgericht stellte jedoch aufgrund der vorliegenden Vermessungsunterlagen und des Grenzdokuments fest, dass der Zaun tatsächlich auf dem Nachbargrundstück errichtet wurde. Es wurde nachgewiesen, dass der Fehler bei der Einmessung durch den Beklagten erfolgte, auch wenn die genaue Art des Fehlers zunächst nicht festgestellt wurde.
Rechtliche Erwägungen des OLG Celle
Die vom OLG Celle vorgelegten rechtlichen Erwägungen basieren auf den präzisen Feststellungen des Landgerichts und untermauern die Mangelhaftigkeit des Werkes im Sinne der gesetzlichen Vorschriften. Die Berufsbegründung des Beklagten fand dabei keine Zustimmung des OLG, welches die Auffassung des Landgerichts bestätigte. Die juristische Betrachtung des Falles verdeutlicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen und genauen Planungs- und Vermessungsarbeit im Baurecht.
Direkte Auswirkungen der Gerichtsentscheidung
Durch den Beschluss wurde klargestellt, dass der Beklagte die rechtliche und finanzielle Verantwortung für den Planungsfehler trägt. Dies hat direkte finanzielle Konsequenzen für den Beklagten, da er nun verpflichtet ist, den durch den fehlerhaft gesetzten Zaun entstandenen Schaden zu kompensieren. Die Entscheidung des Gerichts unterstützt die Einhaltung von Vertrags- und Planungssorgfalt, um derartige Fehler in Zukunft zu vermeiden.
✔ Häufige Fragen – FAQ
Was sind die Pflichten eines Vermessungsingenieurs beim Abstecken von Grundstücksgrenzen?
Vermessungsingenieure haben beim Abstecken von Grundstücksgrenzen eine hohe Verantwortung und müssen sorgfältig vorgehen, um Fehler zu vermeiden. Die genaue Bestimmung und Abmarkung der Grenzen ist eine hoheitliche Aufgabe, die nur von öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren oder behördlichen Vermessungsstellen wahrgenommen werden darf. Dabei sind die gesetzlichen Grundlagen des amtlichen Vermessungswesens des jeweiligen Bundeslandes zu beachten.
Vor der Absteckung muss der Vermessungsingenieur die Grenzen durch Auswertung des Liegenschaftskatasters und örtliche Grenzuntersuchung ermitteln. Dazu gehört auch die Überprüfung vorhandener Grenzzeichen und Einrichtungen. Bei der anschließenden Absteckung und Abmarkung der Grenzen ist höchste Sorgfalt geboten, da die Ergebnisse unmittelbar eigentumsrelevant sind.
Unterlaufen dem Vermessungsingenieur dabei Fehler, kann er gegenüber dem Auftraggeber schadensersatzpflichtig werden. Die Haftung richtet sich nach werkvertraglichen Grundsätzen. Auch eine Mitverantwortung des Architekten kann in Betracht kommen, wenn dieser die Vermessung nicht ausreichend überprüft hat.
Um Haftungsrisiken zu minimieren, sollte der Vermessungsingenieur die Grenzen gewissenhaft ermitteln, das Ergebnis den Beteiligten bekanntgeben und etwaige Einwendungen protokollieren. Bei strittigen Grenzen muss die Vermessungsstelle entscheiden, ob die Vermessung ohne Grenzfeststellung abgeschlossen oder abgebrochen wird.
Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Bauherren bei fehlerhaft gesetzten Zäunen?
Bauherren haben verschiedene rechtliche Möglichkeiten, wenn ein Zaun fehlerhaft gesetzt wurde:
Gewährleistungsansprüche
Liegt ein Mangel vor, z.B. weil der Zaun nicht fachgerecht montiert wurde oder fehlerhafte Materialien verwendet wurden, kann der Bauherr Gewährleistungsansprüche geltend machen. Dazu zählen:
- Nacherfüllung, d.h. Nachbesserung oder Neuherstellung des Zauns
- Minderung der Vergütung
- Rücktritt vom Vertrag
Die Gewährleistungsfrist beträgt in der Regel 5 Jahre ab Abnahme des Werks. Der Bauherr muss die Mängel innerhalb dieser Frist gegenüber dem Auftragnehmer anzeigen.
Schadensersatzansprüche
Sind durch den fehlerhaften Zaun bereits Schäden entstanden, z.B. weil er umgestürzt ist und Sachschäden verursacht hat, kommen Schadensersatzansprüche in Betracht. Voraussetzung ist in der Regel ein Verschulden des Auftragnehmers. Der Schadensersatz umfasst z.B.:
- Reparaturkosten beschädigter Gegenstände
- Kosten für die Versetzung des Zauns an die richtige Stelle
Schadensersatzansprüche verjähren innerhalb der gesetzlichen Fristen, in der Regel nach 3 Jahren.
Beweissicherung
Um Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche durchzusetzen, ist eine sorgfältige Beweissicherung wichtig. Dazu empfiehlt es sich:
- Den mangelhaften Zustand genau zu dokumentieren, am besten mit Fotos
- Einen unabhängigen Sachverständigen mit der Begutachtung zu beauftragen
- Schriftverkehr mit dem Auftragnehmer sorgfältig aufzubewahren
Durch eine gute Beweissicherung lassen sich die Ansprüche notfalls auch gerichtlich durchsetzen. Insgesamt haben Bauherren also gute Möglichkeiten, gegen fehlerhaft gesetzte Zäune vorzugehen. Wichtig sind die Einhaltung von Fristen und eine sorgfältige Dokumentation.
Unter welchen Voraussetzungen können Nachbarn Entschädigung fordern?
Wenn durch fehlerhafte Zäune Nachbargrundstücke in Mitleidenschaft gezogen werden, stellt sich die Frage nach den Entschädigungsansprüchen der Nachbarn. Hier sollten die Voraussetzungen für berechtigte Forderungen erläutert werden.
Wie erfolgt die Beweisführung bei Grenzstreitigkeiten?
Bei Grenzstreitigkeiten zwischen Nachbarn ist eine sorgfältige Beweisführung entscheidend, um die tatsächliche Lage der Grundstücksgrenze zu ermitteln und die eigenen Ansprüche durchzusetzen. Folgende Beweismittel können dabei eine wichtige Rolle spielen:
Liegenschaftskataster und Flurkarten
Das amtliche Liegenschaftskataster dokumentiert die Grenzen der Flurstücke und ist die Grundlage für die Grenzermittlung. Durch Einsicht in die Flurkarten und Vermessungsunterlagen lässt sich die Grenzlage häufig bereits klären.
Grenzsteine und -marken
Grenzsteine oder andere Grenzmarken kennzeichnen die Grenzen vor Ort. Nur ein öffentlich bestellter Vermessungsingenieur darf Grenzsteine setzen, verändern oder entfernen. Fehlen Grenzsteine oder sind sie beschädigt, kann dies ein Indiz für eine Grenzverletzung sein.
Fotos und Videos
Um Grenzverletzungen wie das unbefugte Betreten des Grundstücks zu dokumentieren, können Fotos und Videos als Beweismittel dienen. Der Grundstückseigentümer darf zu Beweiszwecken Aufnahmen von Eindringlingen machen, muss dabei aber das Persönlichkeitsrecht beachten.
Zeugenaussagen
Aussagen von Nachbarn oder anderen Zeugen, die die Grenzlage oder Grenzverletzungen bestätigen können, sind ebenfalls verwertbare Beweismittel. Allerdings sind Zeugenaussagen oft subjektiv gefärbt.
Sachverständigengutachten
In komplexen Fällen kann ein Gutachten eines öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs als Sachverständiger erforderlich sein. Dieser kann durch örtliche Vermessung und Auswertung der Katasterunterlagen die Grenzlage verbindlich feststellen.
Hinsichtlich der Beweislast gilt: Wer eine Grenzverletzung behauptet, muss diese auch beweisen. Der Grundstückseigentümer trägt also die Beweislast für einen behaupteten Grenzüberbau oder ein unbefugtes Betreten. Gelingt ihm dies nicht, wird im Zweifel zugunsten des vermeintlichen Verletzers entschieden.
Insgesamt empfiehlt es sich, frühzeitig Beweise zu sichern und fachlichen Rat einzuholen, um eine gute Ausgangslage bei Grenzstreitigkeiten zu haben. Häufig kann der Streit durch ein Vermessungsverfahren mit Grenzfeststellung oder eine Mediation beigelegt werden, ohne dass eine gerichtliche Klärung erforderlich wird.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 633 Abs. 2 S. 1 BGB (Werkvertrag – Mangelhafte Leistung): Regelt die Mängelhaftung des Werkunternehmers bei einer mangelhaften Leistung. In diesem Fall besteht der Mangel darin, dass der Zaun entgegen der Vereinbarung auf dem Nachbargrundstück errichtet wurde.
- § 529 Abs. 1 ZPO (Bindungswirkung tatsächlicher Feststellungen): Bestimmt, dass das Berufungsgericht an die vom Gericht des ersten Rechtszuges getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden ist, sofern keine Rechtsverletzung bei diesen Feststellungen vorliegt. Hier wurde festgestellt, dass der Zaun aufgrund eines Messfehlers auf dem Nachbargrundstück errichtet wurde.
- §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB (Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch): Regeln den Anspruch auf Beseitigung einer Eigentumsstörung und Schadensersatz aufgrund einer unerlaubten Handlung. Potenzielle Ansprüche des Nachbarn zur Beseitigung des Zauns.
- § 33 NNachbG (Beseitigungsansprüche gegen Eigentümer): Landesrechtliche Norm, die den Anspruch auf Beseitigung einer Eigentumsstörung zeitlich begrenzt. Nach Fristablauf ist der Beseitigungsanspruch ausgeschlossen.
- §§ 634 Nr. 3, 638 BGB (Minderung, Schadensersatz statt der ganzen Leistung): Regeln die Rechtsfolgen bei mangelhafter Werkleistung. Das Gericht greift hierauf bei der Bemessung des Schadensersatzanspruchs zurück.
- § 94 BGB (Wesentliche Bestandteile einer Sache): Grundlage dafür, dass der Zaun durch die Fundamente wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wurde. Relevant für die Schadensberechnung bei einer „lotgerechten Teilung“.
Das vorliegende Urteil
OLG Celle – Az.: 5 U 134/23 – Beschluss vom 05.02.2024
I.
Der Senat schlägt den Parteien vor, sich wie folgt zu vergleichen:
…
II.
Dem Vergleichsvorschlag liegen folgende rechtliche Erwägungen zu Grunde:
Gründe
1.
…
2. Das Werk des Beklagten ist mangelhaft im Sinne des § 633 Abs. 2 S. 1 BGB. Der Zaun steht entgegen der Vereinbarung der Parteien auf dem Grundstück des Nachbarn des Klägers, was auf einem Messfehler des Beklagten beruht. Dies hat das Landgericht nach Vernehmung der Zeugen v. B. und Ö. in nicht zu beanstandender Weise festgestellt. An diese Feststellungen ist der Senat gemäß § 529 Abs. 1 ZPO gebunden. Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der festgestellten Tatsachen sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat das Landgericht nicht verkannt, dass der Kläger für das Vorliegen des Mangels beweisbelastet ist. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat das Landgericht lediglich die Frage offengelassen, welcher Fehler den Mitarbeitern des Beklagten bei der Einmessung unterlief, nicht hingegen die Frage, ob ihnen ein Fehler unterlief.
Weiterhin ergeben sich keine Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der vom Landgericht festgestellten Tatsachen, weil das Landgericht festgestellt hat, dass sich der Zaun außerhalb der Grundstücksgrenze des Klägers befindet. Zwar hat der Beklagte bereits in der Klagerwiderung bestritten, dass sich der Zaun außerhalb der Linie zwischen den maßgeblichen Grenzsteinen und damit auf dem Nachbargrundstück befindet. Auf die Frage, ob der Schriftsatz des Beklagten vom 11. Mai 2023 (Bl. 159 d.A.), nach § 296a ZPO zu berücksichtigen ist, kommt es daher nicht an. Das Landgericht hat jedoch die Frage, ob der Zaun auf dem Nachbargrundstück errichtet wurde, nicht als unstreitig eingeordnet. Das Landgericht ist aufgrund der Vermessungsunterlagen (Anlage K 2, Bl. 17 ff. d.A.) zu dem Ergebnis gelangt, dass sich der Zaun auf dem Nachbargrundstück befindet. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der festgestellten Tatsachen ergeben sich auch diesbezüglich nicht. Die Feststellungen sind insbesondere aufgrund des Grenzdokuments (Anlage K2, Bl. 21 d.A.) schlüssig und nachvollziehbar. Dort hat der Vermessungsingenieur unter Punkt 1.1 aufgenommen, dass „sich (…) Übereinstimmung ergeben“ hat „mit Ausnahme der in der Skizze vermerkten Abweichungen“ (Anlage K2, Bl. 21 d.A.). Insofern gibt es keine Anhaltspunkte für den Einwand des Beklagten, der Kläger selbst habe die Abweichung in den Lageplänen vermerkt.
Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen des Landgerichts ergeben sich auch nicht aus den mit der Berufungsbegründung eingereichten Lichtbildern. Dabei kann offenbleiben, ob der mit den Lichtbildern untermauerte Vortrag, der Zaun stünde in einer Flucht mit der Garage, nach § 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen ist. Bereits aus den Lichtbildern des Beklagten (Bl. 32 und 33) ergibt sich, dass der Zaun nicht bündig mit der Garage abschließt, sondern sich weiter rechts befindet. Durch die vom Kläger eingereichten Lichtbilder (Anlage K 11_1 und K 11_2, Bl. 49, 50 und 52 d.A.) mit den darin enthaltenen Markierungen wird dieser Überstand nur noch deutlicher.
3. Die Entscheidung des Landgerichts zur Schadenshöhe ist nicht überzeugend.
a) Eine Schätzung des Schadensersatzanspruchs anhand des vom Kläger behaupteten Kostenvoranschlags kommt nicht in Betracht. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine fiktive Abrechnung eines durch eine Werkleistung des Unternehmers verursachten Mangel ausscheidet. Der Besteller, der keine Aufwendungen zur Mängelbeseitigung tätigt, hat keinen Vermögensschaden in Form und Höhe dieser (nur fiktiven) Aufwendungen (BGH, Urteil vom 22. Februar 2018, Az. VII ZR 46/17, Rn. 32, zit. nach juris). Eine Schadensbemessung nach fiktiven Mangelbeseitigungskosten führt häufig zu einer Überkompensation und damit einer nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen nicht gerechtfertigten Bereicherung des Bestellers (BGH, a.a.O., Rn. 34). Wenn der Besteller den Mangel nicht beseitigen lässt, bemisst sich sein Vermögensschaden aus dem Vergleich des mangelhaften Werks zu dem geschuldeten (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 38, zit. nach juris). Der Schaden kann in Anlehnung an §§ 634 Nr. 3, 638 BGB in der Weise bemessen werden, dass ausgehend von der für das Werk vereinbarten Vergütung der Minderwert des Werks wegen des (nicht beseitigten Mangels) geschätzt wird, dabei sind die fiktiven Mängelbeseitigungskosten keine geeignete Schätzgrundlage (BGH, a.a.O., Rn. 41 f.). Der Senat vermag auch durch einen möglichen Beseitigungsanspruch des Grundstücksnachbars keine derartige Verknüpfung zu erkennen, die eine fiktive Abrechnung rechtfertigen würde. Dabei kann offenbleiben, ob die Voraussetzungen der §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB gegeben sind. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass sein Nachbar bereits Klage auf Beseitigung des Zauns erhoben hat. Damit ist ein solcher Beseitigungsanspruch in jedem Fall nach § 1004 Abs. 2 BGB i.V.m. § 33 NNachbG ausgeschlossen. Inhalt und Umfang des Anspruchs aus § 1004 BGB im Einzelnen ergeben sich aus der gesetzlichen Regelung des Nachbarrechts, das sich nicht nur als Bundesrecht im BGB findet (§§ 906 ff. BGB), sondern auch in den die allgemeinen nachbarrechtlichen Bestimmungen ändernden und ergänzenden Rechtsvorschriften enthalten ist, die nach Art. 1 Abs. 2, Art. 65, 124 S. 1 EGBGB dem Landesgesetzgeber vorbehalten sind (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1999, Az: V ZR 229/98, Rn. 10, zit. nach juris). Der Kläger hat nicht dargelegt, dass sein Nachbar innerhalb der Frist des § 33 NNachbG Klage auf Beseitigung des Zauns erhoben hat. Da die Abnahme des Werks bereits im April 2019 erfolgte (Anlage K8, Bl. 40 d.A.), ist die Frist des § 33 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 NNachbG bereits abgelaufen. Der Fristablauf ist von Amts wegen und nicht nur auf eine Einrede hin zu beachten (Schäfer NNachbG, 3. Aufl. 2022, NNachbG § 33 Rn. 2, zit. nach beck-online. Infolgedessen ist das Risiko einer Überkompensation des Klägers trotz der „Drittwirkung“ gleichermaßen gegeben.
b) Die Feststellung des Vermögensschadens und seine Bemessung sind aufgrund einer Wertung vorzunehmen, die sich am Leistungsinteresse des Bestellers zu orientieren hat (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 39, zit. nach juris). Der mangelbedingte Minderwert des Werks ist ausgehend von der Vergütung als Maximalwert nach § 287 ZPO unter Berücksichtigung des Einzelfalls zu schätzen (BGH, a.a.O., Rn. 42, zit. nach juris). Dabei ist nicht überzeugend, pauschal ein Fünftel der Rechnungssumme des Beklagten anzusetzen, da in der Rechnung neben den Zaunarbeiten weitere umfangreiche Arbeiten inklusive Material, wie Pflasterarbeiten, enthalten sind. Denkbar wäre, in die Schadensberechnung einzubeziehen, dass der Zaun nebst Betonborde durch die Fundamente wesentlicher Bestandteil des Grundstücks im Sinne § 94 BGB geworden ist. Im Fall eines nicht entschuldigten Überbaus erfolgt aufgrund der geringeren Schutzwürdigkeit des Überbauers eine lotgerechte Teilung entlang der Grundstücksgrenze: Die Grundstückseigentümer werden Eigentümer des jeweils auf ihrem Grundstück befindlichen Gebäudeteils (vgl. Vieweg/Lorz in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 94 BGB (Stand: 15.05.2023), Rn. 13, zit. nach juris). Da weder aus der Rechnung (Anlage K1, Bl. 9 d.A.) noch aus den in der Berufungsinstanz eingereichten Lichtbildern ersichtlich ist, welche Teile des Zauns inklusive Betonborde an der streitgegenständlichen Seite des Grundstücks errichtet wurden, kann auf Grundlage der bisher vorgetragenen Tatsachen der Minderwert nicht belastbar geschätzt werden. Dem insoweit darlegungspflichtigen Kläger ist daher aufzugeben, vorzutragen, welche Rechnungspositionen auf die streitgegenständliche Grenzbebauung entfallen.
III.
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IV.
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