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Zeitmietverträge – Anwendbarkeit des §§ 564 Abs. 1, 564 c BGB in der bis zum 31.08.2001 geltenden Fassung

BGH

Az: VIII ZR 336/04

Beschluss vom 19.09.2006


Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. September 2006 beschlossen:

Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Revisionsverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beklagte zu 1 und die Beklagten zu 2 und 3, letztere gemeinschaftlich, schlossen am 27. August 2001 mit der Klägerin als Vermieterin jeweils einen Mietvertrag über eine Wohnung in dem selben Haus. Die Verträge sind auf die Dauer von fünf Jahren abgeschlossen; die Mietzeit sollte am 1. Dezember 2001 beginnen und am 30. November 2006 enden. Die Beklagten verpflichteten sich, vor dem Einzug die malermäßige Instandsetzung der Wohnungen einschließlich des Ausbesserns kleiner Putzschäden zu übernehmen. Ende Oktober 2001 teilten sie der Klägerin mit, anlässlich des Beginns der Instandsetzungsarbeiten hätten sie festgestellt, dass die Wände der Wohnungen nass und mit Schimmel behaftet seien und dass aufgrund fehlender Firstziegel Wasser in das Haus eindringe. Gleichzeitig forderten sie die Klägerin zur Beseitigung dieser Mängel auf. Mit Anwaltsschreiben vom 30. November 2001 kündigten die Beklagten die Mietverträge fristlos, hilfsweise ordentlich, und erklärten vorsorglich deren Anfechtung mit der Begründung, die Feuchtigkeitsschäden seien nach wie vor vorhanden.

Die Klägerin hat von der Beklagten zu 1 einerseits und von den Beklagten zu 2 und 3 als Gesamtschuldnern andererseits Miete für die Zeit von Dezember 2001 bis Dezember 2003 in Höhe von jeweils insgesamt 10.025 EUR nebst Zinsen verlangt und außerdem Klage auf Feststellung erhoben, dass die Mietverhältnisse mit den Beklagten fortbestehen. Das Amtsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben; die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Die Beklagten begehren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

II.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit zutreffender Begründung zurückgewiesen. Unter diesen Umständen muss den Beklagten Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Revision auch nicht deswegen bewilligt werden, weil das Berufungsgericht die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs hat ein Rechtsschutzbegehren allerdings auch dann in aller Regel hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt. Prozesskostenhilfe braucht hingegen selbst bei einer zugelassenen Revision nicht bewilligt zu werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder durch die in der Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als schwierig erscheint (vgl. BVerfGE 81, 347, 358 f; BGH, Beschluss vom 10. Dezember 1997 – IV ZR 238/97, NJW 1998, 1154 unter II 1; Senatsbeschluss vom 11. September 2002 – VIII ZR 235/02, NJW-RR 2003, 130 unter 1; Beschluss vom 14. Oktober 2003 – XI ZR 21/03, ZIP 2003, 2295 unter 2; Senatsbeschluss vom 5. Oktober 2005 – VIII ZR 127/05, WuM 2005, 781). So verhält es sich hier.

Für die Klageforderung auf rückständige Miete und für die von der Klägerin begehrte Feststellung des Fortbestehens der Mietverhältnisse mit den Beklagten kommt es – da nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung nicht vorlag – darauf an, ob die Beklagten die Mietverträge ordentlich kündigen konnten. Das hängt davon ab, ob die Mietverhältnisse auf unbestimmte Zeit laufen oder bis Ende November 2006 befristet sind. Das Berufungsgericht hat die Befristung der von den Parteien geschlossenen Mietverträge auf fünf Jahre gemäß §§ 564 Abs. 1, 564 c BGB in der bis zum 31. August 2001 geltenden Fassung (zukünftig a. F.) als wirksam angesehen. Da ab dem 1. September 2001 ein Mietverhältnis auf bestimmte Zeit nur noch unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 575 BGB (in der ab diesem Zeitpunkt geltenden Fassung) eingegangen werden kann, stellt sich die Frage – wegen derer das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat -, ob es für die Anwendbarkeit von §§ 564 Abs. 1, 564 c BGB a. F. auf das Datum des Vertragsschlusses (hier 27. August 2001) oder auf den Beginn der vereinbarten Mietzeit (hier 1. Dezember 2001) ankommt. Die Beantwortung dieser Frage ist in dem oben genannten Sinne nicht schwierig, da sie sich anhand der einschlägigen gesetzlichen Regelungen sowie der Materialien und der Stellungnahmen im Schrifttum dazu ohne weiteres beantworten lässt.

Gemäß Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB finden auf ein am 1. September 2001 bestehendes Mietverhältnis auf bestimmte Zeit die bis dahin für befristete Mietverhältnisse geltenden Vorschriften der §§ 564c, 564b, 556a bis 556c, 565 Abs. 1 und 570 BGB weiterhin Anwendung. Zu entscheiden ist deshalb nur, ob der Beginn des Mietverhältnisses in diesem Sinne durch den Abschluss des Mietvertrages oder den Beginn der darin vereinbarten Mietzeit bestimmt wird. Da ein Vertragsverhältnis bereits durch den (wirksamen) Vertragsschluss und nicht erst durch die Fälligkeit der vertraglich vereinbarten Leistungen oder den Vollzug begründet wird, legt schon der Wortlaut der Regelung nahe, dass es für die Anwendbarkeit von §§ 564 Abs. 1, 564 c BGB a. F. auf das Datum des Vertragsschlusses ankommt. Dafür spricht weiter die Begründung des Gesetzgebers zu Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB, in der es heißt (BT-Drucks. 14/4553, S. 76): „Absatz 3 beinhaltet Übergangsvorschriften für zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits bestehende Zeitmietverträge. Dies ist insbesondere deshalb erforderlich, weil der bisherige einfache Zeitmietvertrag des § 564c Abs. 1 BGB zukünftig entfällt. Aus Gründen des Vertrauensschutzes bleiben diese Verträge auch zukünftig als Zeitmietverträge wirksam bestehen. Die Beendigung der bestehenden Zeitmietverträge richtet sich weiterhin nach altem Recht.“ Dementsprechend geht auch die ganz herrschende Auffassung im Schrifttum davon aus, dass §§ 564 Abs. 1, 564 c BGB a. F. auf alle Zeitmietverträge weiterhin anzuwenden sind, die vor dem 1. September 2001 geschlossen worden sind, auch wenn die vereinbarte Mietzeit erst danach begonnen hat oder tatsächlich die Übergabe erst danach erfolgt ist (Haug in Emmerich/Sonnenschein, Miete, 8. Aufl., § 575 Rdnr. 3; MünchKommBGB/Häublein, 4. Aufl., § 575 Rdnr. 14; Staudinger/Rolfs, BGB (2003), § 575 Rdnr. 75; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl., § 575 Rdnr. 3; Bösche, WuM 2001, 367, 369; Gather, DWW 2001, 192, 201; Franke, ZMR 2001, 951, 953 f.; Jansen, NJW 2001, 3151, 3153; ebenso AG Nordhorn, NJW 2002, 2327 = WuM 2002, 310 = NZM 2002, 654; a. A. Lammel, Wohnraummietrecht, 2. Aufl., § 575 BGB Rdnr. 86; Stürzer, WuM 2001, 423 f.).

Dieser Auslegung von Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB steht nicht entgegen (a. A. Stürzer, aaO), dass der Wortlaut der Senatsentscheidung vom 21. Februar 1979 (VIII ZR 88/78, BGHZ 73, 350, 353 f.) den Eindruck erwecken könnte, der Beginn des Mietverhältnisses sei mit dem Vollzug des Mietvertrags gleichzusetzen. In jener Entscheidung ging es um die Frage, wann die Frist für eine vor Vollzug des Mietvertrages erklärte ordentliche Kündigung beginnt; auch in diesem Zusammenhang hat der Senat es in der Sache abgelehnt, das Vorliegen eines Mietverhältnisses (im Sinne der Kündigungsregelung des § 564 BGB a. F.) erst nach Vollzug des Mietvertrages anzunehmen (aaO, S. 354).

2. Das Berufungsgericht hat danach rechtsfehlerfrei die Anwendbarkeit von §§ 564 Abs. 1, 564 c BGB a. F. bejaht und die Befristung der von den Parteien am 27. August 2001 geschlossenen Mietverträge auf fünf Jahre als wirksam erachtet. Daraus folgt, dass die Mietverhältnisse zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung am 30. November 2001 nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes (außerordentlich) kündbar waren. Einen solchen wichtigen Grund hat das Berufungsgericht nicht als bewiesen angesehen. Auch insoweit sind Rechtsfehler nicht ersichtlich.

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