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Zigarettengeruch aus Nachbarwohnung – Mietmangel

LG Berlin

Az: 65 S 124/08

Urteil vom 07.10.2008


Die Berufung der Beklagten gegen das am 17. März 2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 211 C 3/07 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte

1. verurteilt wird, im …, … Berlin geeignete Maßnahmen zu ergreifen, dass von der darunter liegenden Wohnung kein Zigarettengeruch mehr in die Wohnung der Kläger in der … Berlin, 1. Obergeschoss rechts bei geschlossenen Fenstern mehr eindringen kann.

2. In Bezug auf den Klageantrag zu 2. wird die Berufung ebenfalls zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Auf die Darstellung des Tatbestands wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO verzichtet.

Entscheidungsgründe

Die gemäß §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung ist in der Sache ohne Erfolg.

1. Die Klage nach Maßgabe des konkretisierten Klageantrags zu 1) gemäß Schriftsatz vom 05.08.2008 ist erfolgreich.

Die Kläger haben gegenüber der Beklagten einen Instandsetzungsanspruch gemäß § 535 Abs. 1 BGB. Die Wohnung ist mangelhaft. Die Kläger haben bewiesen, dass aus der unteren Wohnung Gerüche auch bei geschlossenen Fenstern – und Türen – nach oben in ihre Wohnung dringen. Zweifel an den Feststellungen des Gutachtens ergeben sich nicht. Insbesondere ist der Vermutung, die Gerüche habe der Sachverständige selbst mit in die obere Wohnung mitgebracht, nicht zu folgen. Denn die Quelle von Gerüchen können Menschen mit üblicher Geruchswahrnehmung jedenfalls insoweit identifizieren, als sie von einer Person ausgehen. Das ist gerichtsbekannt. Zudem hat der Sachverständige im ersten Versuch einen Zeitraum von mindestens zehn Minuten und im zweiten Versuch einen Zeitraum von 20 Minuten verstreichen lassen, ehe er die obere Wohnung der Kläger betrat. Dass er selbst noch Träger von Geruchspartikeln in wahrnehmbarem Umfang war und erst diese in die obere Wohnung verteilte, ist damit auszuschließen. Das gilt auch deshalb, weil der Sachverständige bei der ersten Probe in unterschiedlichen Bereichen unterschiedlich starke Gerüche wahrnahm, nämlich im Übergang vom Flur zum Wohnzimmer und in Wohnzimmerecke links der Zugangstür stärker. Wäre der Geruch vom Sachverständigen selbst ausgegangen, wäre er gleichmäßig in seiner Umgebung gewesen, überdies ist das bekannte Phänomen zu berücksichtigen, dass an der eigenen Person haftende Gerüche nach einer gewissen Zeit nicht mehr bzw. kaum wahrgenommen werden.

Bei den jeweiligen Zwischenräumen von mindestens 10 und 20 Minuten ist auch auszuschließen, dass Geruch über das Treppenhaus nach oben gedrungen ist. Dafür, dass die Wohnungseingangstür der unteren Wohnung bei dem Ausbringen geöffnet und bis zum Betreten der oberen Wohnung geöffnet und auch die obere Tür in dieser Zeit geöffnet gewesen seien, gibt es keinen Anhaltspunkt.

Außerdem ist selbst der Geruch nach kaltem Zigarettenrauch in der oberen Wohnung bei den Versuchen des Sachverständigen wahrgenommen worden. Dass die Kläger rauchen, behauptet auch die Beklagte nicht.

Nachdem aber feststeht, dass Gerüche, die in der unteren Wohnung verbreitet werden, in die obere Wohnung dringen, ohne dass dies über die Fenster oder das Treppenhaus und die Wohnungseingangstür erfolgt, hätte es eines weiteren nachvollziehbaren Vorbringens bedurft, weshalb die Wohnung tatsächlich doch mangelfrei sein solle. Soweit die Beklagte offenbar meint, die Geruchs- bzw. Gasdiffusion durch Decken, Wandöffnungen, Schächte usw. müsse in einem derartigen Ausmaß hingenommen werden, wird ihr nicht gefolgt. Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, dass ein luft- bzw. gasdichter Abschluss der Etagen sicherlich im Wohnungsbau nicht erfolgt, wobei aber auch im traditionellen Wohnungsbau gefordert werden kann und muss, dass nicht jeder Geruch und insbesondere kein erheblicher Zigarettengeruch mit den bekannten möglichen negativen gesundheitlichen Auswirkungen aus einer benachbarten Wohnung über die bauliche Konstruktion in die eigene Wohnung dringt.

Auch ist es nicht Aufgabe des hiesigen Rechtsstreits festzustellen, auf welchen genauen Wegen die Gase bzw. Gerüche in die Wohnung der Kläger eindringen. Denn dafür tragen die Kläger nicht die Darlegungs- und Beweislast. Es reicht, dass ausgeschlossen werden konnte, dass dies über die Fenster und die Wohnungseingangstür – Hausflur – erfolgte. Das ist aber der Fall, denn bei beiden Sprühvorgängen waren die Fenster beider Wohnungen geschlossen. Ein Öffnen erfolgte in der unteren Wohnung vor sowie nach dem Versprühen. Zwar wurde nach dem ersten Test die untere Wohnung gelüftet und wurde in der oberen Wohnung offenbar ein stärkerer Geruch wahrgenommen als bei dem zweiten Versuch. Wäre die Geruchsübertragung aber über die geöffneten Fenster der unteren Wohnung und etwa undichte Fenster der Wohnung der Kläger erfolgt, so hätte der Geruch vor allem im Fensterbereich wahrgenommen werden müssen. Das war aber nach den Feststellungen nicht der Fall, sondern im Bereich des Übergangs Wohnzimmer/Flur und im Bereich links daneben.

Zwar hat beim zweiten Mal eine Probandin zwischendurch den Balkon betreten, um ihren Geruchssinn zu neutralisieren, dass dies etwa wegen des dortigen Geruchs nicht möglich war, ist nicht ersichtlich. Unterstellt der Geruch sei von außen eingedrungen, wäre das aber der Fall gewesen.

Kalter Zigarettenrauch ist jedenfalls eine Abweichung vom vertragsgemäßen Zustand. Ein Instandsetzungsanspruch ist nicht etwa deshalb verwirkt, weil die Kläger diesen nicht sogleich geltend machten. Die Kläger haben der Beklagten durch keinerlei Verhalten zu erkennen gegeben, dass sie den beklagten Zustand als vertragsgemäß hinnehmen wollten. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie die Wohnung etwa in Kenntnis dieses Mangels gemietet hätten.

Dafür, dass die Mängelbeseitigung tatsächlich unmöglich sei, gibt es keine nachvollziehbaren Darlegungen der Beklagten, so dass ihr dahingehender Beweisantritt auf eine reine – im Zivilprozess unzulässige – Ausforschung hinauslaufen würde.

Die Art und Weise der Behebung des Mangels liegt in der Entscheidungsgewalt der Beklagten als Vermieterin. Einem möglichen Streit im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens zwischen den Parteien über die Art und Weise der Mangelbeseitigung kann deshalb hier nicht abgeholfen werden.

2. Da die Wohnung mangelbehaftet im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB ist und es sich auch nicht lediglich um eine unerhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung handelt, die mit der Zigarettengeruchsbelästigung verbunden ist, ist die Miete gemindert. Das vom Amtsgericht zuerkannte Maß der Minderung ist nicht zu beanstanden. Denn nach dem Sachverständigengutachten steht fest, dass das Wohnzimmer betroffen ist. Dabei handelt es sich aber um einen für die Wohnung zentralen Raum mit hoher Bedeutung für die Wohnungsnutzung, so dass hier die Minderung um die 10 % der Miete gerechtfertigt ist. Denn kalter Zigarettengeruch mindert das Wohlbefinden im Allgemeinen erheblich und verursacht ein unangenehmes Wohngefühl, zumal für selbst nicht rauchende Mieter. Einer eigenen Prüfung durch Augenscheinsnahme bedurfte es für diese Bewertung nicht.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Revisionsgründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

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