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Zumutbarkeitsregeln eines Sozialplanes und Angebot neuer Arbeitsplatz

Arbeitsgericht Frankfurt am Main

Az.: 7/17 Ca 2936/02

Verkündet am 30.10.2002


In dem Rechtsstreit hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main – Kammer 7 -auf die mündliche Verhandlung vom 30.10.2002 für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 45.775,35 (i. W.: fünfundvierzigtausendsiebenhundertfünfundsiebzig 35/100 Euro) brutto nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem01.04.2002 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 45.775,35 festgesetzt.

Tatbestand

Der am XXXXX geborene Kläger stand in der Zeit vom 01.10.1990 bis zum 31.03.2002 zu einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt € 3.710,– in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten.

Diesem Arbeitsverhältnis lag die „Stellenbeschreibung mit Stand vom 08.12.1995 zu Grunde, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 30 und 31 d. A.). Mit Schreiben vom 18.02.2002, bei der Beklagten am 19.02.2002 eingegangen, kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis zur Beklagten ordentlich zum 31.03.2002. Unter dem Datum des 18.12.2001 ließ die Beklagte dem Kläger einen von ihr unterschriebenen Arbeitsvertrag zukommen, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (BI.26-29d.A.).

Anfang Dezember 2001 fand zwischen dem Kläger und den Zeugen ein Gespräch über den Abschluss eines Arbeitsvertrages zwischen dem Kläger und der Firma T statt. Über den exakten Inhalt des Gespräches und über die Frage, ob dem Kläger bezüglich dieses angebotenen Arbeitsplatzes eine Stellenbeschreibung zugegangen ist, besteht zwischen den Parteien Streit.

Unter dem Datum des 22.11.2001 wurde zwischen den Betriebsparteien im Betrieb der Beklagten ein Interessenausgleich und Sozialplan geschlossen, auf dessen Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 11 – 21 d. A.).

Bei Ausscheiden aus dem Betrieb der Beklagten am 31.03.02 gewährte die Beklagte dem gemäß dem Sozialplan in Höhe von 20 % von € 57.219,19. Der Abfindungsbetrag, der dem Kläger gezahlt worden ist, hat € 11.443,84 betragen. Mit seiner Klage vom 20.03.2002 macht der Kläger gegen die Beklagte die restlichen 80 % der Abfindung in Höhe von € 45.775,35 brutto geltend.

Der Kläger ist der Meinung, ihm stehe gemäß dem im Betrieb der Beklagten zwischen den Betriebsparteien vereinbarten Sozialplan die volle Abfindungssumme zu, denn das von der Firma C ihm unterbreitete Arbeitsvertragsangebot sei ihm im Sinne der Sozialplanregeln nicht zumutbar, da ihm einmal keine schriftliche Stellenbeschreibung zugegangen sei, der angebotene Arbeitsplatz seiner bisherigen Stellung und seiner bisherigen Tätigkeit nicht entsprochen habe und er auch nicht das bisherige Jahres Gehalt habe erreichen können. Insbesondere habe er bisher Handlungsvollmacht im Betrieb der Beklagten gehabt und sei offiziell als fachlicher Abwesenheitsvertreter des Abteilungsdirektors geführt worden.

Er habe sich zwar auf die ausgeschriebene Stelle als Sachbearbeiter beworben, jedoch habe er damit keinesfalls seine Rechte aus dem Sozialplan aufgeben wollen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 45.775,35 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,die Klage abzuweisen. Die Beklagte ist der Ansicht, dem Kläger sei am 18.12.2001 ein zumutbares Arbeitsplatzangebot im Sinne des Sozialplanes von der T gemacht worden. Dieses habe der Kläger abgelehnt, so dass ihm lediglich maximal 20 % der Abfindungssumme zustünden. Der Kläger sei bei der Beklagten als Referent Leben / Betrieb tätig gewesen. Der Kläger habe sich auf die ausgeschriebene Stelle eines Sachbearbeiters Leben / Kundenservice beworben. Diese Bewerbung sei am 18.10.2001 erfolgt. Auf Grund dieser Bewerbung sei dem Kläger dann diese Stelle, mit unterschriebenem Arbeitsvertrag angeboten worden. Der Kläger habe die Stellenbeschreibung und die Stellenbezeichnung exakt gekannt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivortrages wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen XX. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 30.10.02 (Bl. 73 – 74 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die offenbar zulässige Klage ist begründet, denn insgesamt ist die erkennende Kammer der Auffassung, dass dem Kläger unter dem Datum des 18.12.01 kein „zumutbares“ Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrages gemäß den Zumutbarkeitsregeln des Sozialplanes von der Firma C gemacht worden ist.

Der Kläger hat das Arbeitsverhältnis zur Beklagten durch eine eigene Kündigung vom 18.02.02 zum 31.03.02 gekündigt. Damit gelten die Regelungen des im Betrieb der Beklagten abgeschlossenen Sozialplanes für Leistungen bei Eigenkündigungen. Danach steht dem Kläger gemäß III 3 des Sozialplanes dann die volle Abfindungssumme zu, wenn er bis zum 15.02.02 kein schriftliches Arbeitsplatzangebot der „… erhalten hat, „das den Zumutbarkeitsregeln“ dieses Sozialplans entspricht. Wenn der Kläger ein korrekt unterbreitetes und zumutbares Arbeitsplatzangebot abgelehnt hat, erhält er nur 20 % der Abfindung nach diesem Sozialplan. Das Arbeitsplatzangebot ist schriftlich zu unterbreiten, hat die Stellenbezeichnung, die Stellenbeschreibung und die Höhe des Gehaltes und der sonstigen finanziellen Leistungen zu enthalten. Nach dem Sozialplan ist das Arbeitsplatzangebot unzumutbar, wenn u. a. die angebotene Tätigkeit nicht gleichwertig ist zu der bisher verrichteten Tätigkeit und der Arbeitnehmer auf dem neuen Arbeitsplatz nicht das gleiche Jahreseinkommen unter Berücksichtigung der variablen Vergütung erzielen kann. Es steht fest, dass in dem schriftlichen von der C unterschriebenen Arbeitsplatzangebot nicht schriftlich festgehalten ist, dass der Kläger Handlungsvollmacht im Sinne des § 54 HGB hat und auch nicht schriftlich festgehalten ist, dass er Stellvertreter des Abteilungsdirektors ist. Weiterhin steht fest, dass mit diesem schriftlichen Arbeitsvertragsangebot vom 18.12.2001 eine diesbezügliche schriftliche Stellenbeschreibung des angebotenen Arbeitsplatzes nicht verbunden war.

Jedoch hat der Zeuge X in seiner uneidlichen Zeugenaussage deutlichund klar und ohne sich in irgendwelche Widersprüche zu verwickeln bekundet, dass er dem Kläger bei dem Gespräch Anfang Dezember 2001 gesagt habe, dass der Kläger auch bei Aufnahme seiner Tätigkeit in dem Betrieb sein Stellvertreter werde und er Handlungsvollmacht bekomme. Der Kläger hat nicht substantiiert vorgetragen, dass er bei dem von der C angebotenen Bruttogehalt von insgesamt € 3.765,- irgendeine gehaltliche Einbuße zu seinem bisherigen Gehalt bei der Beklagten hinnehmen müsse.

Jede Regelung in einem Kündigungsschutzprozess und jede Regelung in einem Interessenausgleich und Sozialplan hat zunächst zum Ziel, Arbeitsverhältnisse und Arbeitsplätze zu erhalten und nur dann, wenn es unumgänglich ist, eine Abfindungszahlung für den Verlust des Arbeitsplatzes vorzuhalten. Unter diesen Gesichtspunkten könnte man durchaus die Meinung vertreten, dass der dem Kläger von der C angebotene Arbeitsplatz diesem Ziel durchaus dient, denn im Wesentlichen ist dem Kläger die gleiche Tätigkeit zu dem gleichen Arbeitsentgelt angeboten worden. Darüber hinaus wurde dem Kläger von dem Zeugen X gesagt, dass er auch in seiner neuen Position im Betrieb der L Handlungsvollmacht erhalten werde und Stellvertreter des Abteilungsdirektors sein werde. Obwohl nicht exakt feststeht, ob dem Kläger eine konkrete Stellenbeschreibung für die ihm mit Arbeitsvertragsangebot vom 18.12.2001 unterbreitete Stelle zugegangen ist, ist davon auszugehen, dass der Kläger, da er langjährig im Versicherungsgeschäft tätig ist, exakt wusste, welche Arbeitsplatzmerkmale die angebotene Stelle hat.

Es könnte daher durchaus in Betracht zu ziehen sein, dass der Kläger sich rechts-missbräuchlich auf die Unzumutbarkeitsregel im Sozialplan beruft. Jedoch hat das erkennende Gericht in seiner Gesamtheit die Ansicht vertreten, dass die dem Kläger von der C angebotene Arbeitsstelle nicht gleichwertig sei im Sinne der Zumutbarkeitsregen des Sozialplans unter III. Dies deshalb, weil in dem schriftlichen Arbeitsplatzangebot nicht festgehalten ist, dass der Kläger Stellvertreter des Abteilungsdirektors ist und dass ihm Handlungsvollmacht eingeräumt wird.

Diese beiden Merkmale stehen in der Tat in dem schriftlichen Vertragsangebot der C vom 18.12.2001 nicht drin. Aus diesem Grunde meinte die erkennende Kammer, dass dem Kläger wegen mangelnder Zumutbarkeit des Arbeitsplatzangebotes die volle Abfindungssumme zusteht.

Da die Beklagte in dem Rechtsstreit unterlegen ist, hat sie gemäß § 91 ZPO die Kosten zu tragen.

Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes folgt aus den §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ZPO unter Berücksichtigung der Klageforderung.

 

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