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Zurückweisung des Bewilligungsantrags auf öffentliche Zustellung einer Urkunde

Zurückweisung von Zustellungsantrag für Grundstücks-Vollmacht

Oftmals ist es für Privatpersonen und Unternehmen ein komplexes Unterfangen, sich in der Welt des Rechts zurechtzufinden. Rechtliche Angelegenheiten sind häufig verwirrend und ohne fachlichen Beistand schwer zu durchschauen. Genau hier setzen spezialisierte Experten an, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, juristische Themen für jedermann verständlich aufzubereiten.

In diesem Beitrag werden wir uns einem Fall widmen, der die Zurückweisung eines Antrags auf öffentliche Zustellung einer Urkunde behandelt. Dieser Aspekt des Zivilrechts ist für viele Bürger von Relevanz, da er Fragen der Zustellung und Rechtssicherheit betrifft. Lassen Sie uns gemeinsam einen Blick auf die Hintergründe und die wesentlichen Erkenntnisse des zugrundliegenden Gerichtsurteils werfen.

[Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 19 W 4/24 (Wx)>>>]

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Die Antragstellerin hat kein Rechtsschutzbedürfnis für die öffentliche Zustellung der Notarurkunde mit der Vorbelastungsvollmacht an den Antragsgegner.
  • Eine Zustellung der Vollmacht ist nicht erforderlich, da der Antragsgegner selbst als Vertreter der Eigentümerin die Grundschuld bestellen konnte.
  • Die Urkunde enthält zwar eine Willenserklärung im Sinne von § 132 BGB, deren Zustellung aber für die Zwangsvollstreckung nicht notwendig ist.
  • Der Antragsgegner hat die Eigentümerin wirksam aufgrund der Vollmacht vertreten, eine Verfügung eines Nichtberechtigten gem. § 185 BGB liegt nicht vor.
  • Die öffentliche Zustellung dient nur bei rechtlichem Vorteil für den Antragsteller, was hier nicht der Fall ist.
  • Das Amtsgericht hat daher den Bewilligungsantrag auf öffentliche Zustellung zu Recht zurückgewiesen.

➜ Der Fall im Detail


Zurückweisung des Bewilligungsantrags: Streit um Zustellung einer notariellen Urkunde

In diesem Fall dreht sich der Konflikt um einen Antrag auf öffentliche Zustellung einer notariellen Urkunde, der vom zuständigen Amtsgericht abgelehnt wurde.

Zurückweisung von Zustellungsantrag für Grundstücks-Vollmacht
(Symbolfoto: Hany Musallam /Shutterstock.com)

Die Antragstellerin, die mit dem Antragsgegner durch einen Darlehensvertrag verbunden ist, beabsichtigte, eine notarielle Urkunde mit der Bezeichnung „Kaufvertrag und Auflassung“ aus dem Jahr 2015 öffentlich zustellen zu lassen. Hintergrund dieser Absicht war die Unkenntnis über den aktuellen Aufenthaltsort des Antragsgegners.

Die besagte Urkunde dokumentiert den Erwerb eines Grundstücks durch den Antragsgegner. In der Urkunde ermächtigt die damalige Veräußerin des Grundstücks den Antragsgegner dazu, Grundpfandrechte in beliebiger Höhe zu bestellen. Der Antragsgegner machte von dieser Vollmacht Gebrauch und bestellte im Februar 2015, noch vor seiner Eintragung als Eigentümer, eine Grundschuld.

Die Antragstellerin argumentierte, dass die Zustellung der im Kaufvertrag enthaltenen Finanzierungsvollmacht an den Antragsgegner erforderlich sei, bevor eine dingliche Zwangsvollstreckung in das Grundstück eingeleitet werden könne. Sie bezog sich dabei auf einen Beschluss des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2008. Dieser besagt, dass die Zustellung einer Vorbelastungsvollmacht nicht notwendig ist, wenn der Schuldner selbst den Eigentümer vertreten hat.

Gericht zweifelt an Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin

Das Oberlandesgericht Karlsruhe, welches mit dem Fall befasst war, bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und wies die Beschwerde der Antragstellerin zurück. Zunächst stellte das Gericht fest, dass die Antragstellerin glaubhaft dargelegt hatte, dass ihr die Anschrift des Antragsgegners ohne eigenes Verschulden unbekannt ist.

Weiterhin stellte das Gericht klar, dass die Urkunde eine Willenserklärung im Sinne des § 132 BGB enthält. Jedoch sah das Gericht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für die öffentliche Zustellung als nicht gegeben an.

Wirksamkeit der Vollmacht entscheidend für Urteil

Das Gericht argumentierte, dass die Zustellung der Vorbelastungsvollmacht in diesem konkreten Fall nicht erforderlich sei, da der Antragsgegner die Eigentümerin bereits aufgrund einer wirksam erteilten Vollmacht vertreten habe.

Somit lag keine Verfügung eines Nichtberechtigten im Sinne von § 185 BGB vor. Die Wirkung der Grundschuldbestellung trat nicht erst mit der Eintragung des Antragsgegners als Eigentümer ein, sondern bereits mit der Beurkundung.

Keine Zulassung der Rechtsbeschwerde

Die Antragstellerin musste die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen. Da der Fall keine grundsätzlichen oder rechtsfortbildenden Fragen aufwarf, wurde die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was bedeutet „öffentliche Zustellung“ und wann wird sie angewandt?

Die öffentliche Zustellung ist eine besondere Form der Zustellung von Schriftstücken, insbesondere gerichtlichen Dokumenten, die nach der deutschen Zivilprozessordnung (ZPO) angewandt wird, wenn der Aufenthaltsort einer Person unbekannt ist und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist.

Die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung sind in § 185 ZPO geregelt. Demnach kann die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn:

1) Der Aufenthaltsort einer Person unbekannt ist und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist

2) Bei juristischen Personen, die zur Anmeldung einer inländischen Geschäftsanschrift verpflichtet sind, eine Zustellung weder unter der eingetragenen Anschrift noch unter einer im Handelsregister eingetragenen Anschrift möglich ist

3) Eine Zustellung im Ausland nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht

4) Die Zustellung nicht erfolgen kann, weil der Ort der Zustellung die Wohnung einer Person ist, die nach den §§ 18-20 des Gerichtsverfassungsgesetzes der Gerichtsbarkeit nicht unterliegt

Die öffentliche Zustellung setzt hohe Anforderungen voraus und ist nur das letzte Mittel, wenn alle anderen Möglichkeiten zur Zustellung ausgeschöpft sind. Das Gericht muss zuvor alle zumutbaren Anstrengungen unternommen haben, um den Aufenthaltsort zu ermitteln . Eine öffentliche Zustellung darf nicht leichtfertig angeordnet werden, da sie die Zustellungsfiktion auslöst und das rechtliche Gehör der betroffenen Person erheblich beeinträchtigen kann .

Die Bewilligung der öffentlichen Zustellung obliegt dem Prozessgericht (§ 186 ZPO) . Die öffentliche Zustellung selbst erfolgt durch Aushang einer Benachrichtigung an der Gerichtstafel, Einstellung in ein elektronisches System des Gerichts oder Veröffentlichung in bestimmten Kommunikationssystemen .

Welche Rolle spielt die Unkenntnis des Aufenthaltsorts eines Schuldners im juristischen Verfahren?

Die Unkenntnis des Aufenthaltsorts eines Schuldners spielt eine zentrale Rolle im juristischen Verfahren, insbesondere bei der Zustellung von Dokumenten. Wenn der Aufenthaltsort unbekannt ist, kann dies die Rechtsdurchsetzung erheblich erschweren. Die deutschen Zivilprozessordnung (ZPO) sieht dafür die Möglichkeit der öffentlichen Zustellung vor:

Nach § 185 Nr. 1 ZPO kann die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn der Aufenthaltsort einer Person unbekannt ist und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist. Das Gericht muss jedoch zunächst alle zumutbaren Anstrengungen unternommen haben, um den Aufenthaltsort zu ermitteln.

Die öffentliche Zustellung ist nur das letzte Mittel, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Sie darf nicht leichtfertig angeordnet werden, da sie die Zustellungsfiktion auslöst und das rechtliche Gehör der betroffenen Person erheblich beeinträchtigen kann.

Laut einer Studie stellen die Unkenntnis des fremden Rechtssystems und der Sprache für Rechtsanwender oft Haupthindernisse bei der grenzüberschreitenden Rechtsdurchsetzung dar. Rund ein Drittel der Befragten bestätigte, dass grenzüberschreitende Zwangsvollstreckungen zeitaufwändiger als rein nationale Verfahren sind.

Die öffentliche Zustellung setzt also hohe Anforderungen voraus und ist nur nach Ausschöpfung aller anderen Möglichkeiten zulässig. Die Unkenntnis des Aufenthaltsorts kann die Rechtsdurchsetzung deutlich erschweren, weshalb die Gerichte hier besonders sorgfältig vorgehen müssen.

Was versteht man unter einer Finanzierungsvollmacht im Kontext eines Kaufvertrags?

Eine Finanzierungsvollmacht ist eine im Immobilienkaufvertrag enthaltene Vollmacht, mit der der Verkäufer dem Käufer erlaubt, das zu erwerbende Grundstück bereits vor Eigentumsübertragung mit einem Grundpfandrecht (z.B. Grundschuld) zu belasten.

Dies dient dazu, dass der Käufer das benötigte Darlehen bei einer Bank aufnehmen und durch Bestellung der Grundschuld an der Immobilie besichern kann, obwohl er noch nicht im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist.

Die Finanzierungsvollmacht ist notwendig, da Banken in der Regel nur dann ein Darlehen zur Immobilienfinanzierung auszahlen, wenn eine ausreichende Sicherheit durch ein Grundpfandrecht besteht. Der Käufer kann diese Sicherheit aber erst nach Eigentumsübertragung selbst bestellen.

Durch die Finanzierungsvollmacht überträgt der Verkäufer dem Käufer vorübergehend die Befugnis, das Grundstück mit einem Grundpfandrecht zu belasten. So kann der Kaufpreis über das Bankdarlehen beglichen werden.

Der Notar stellt sicher, dass die Finanzierungsvollmacht nur für die Kaufpreisfinanzierung genutzt werden kann und keine Gefährdung für den Verkäufer besteht. Nach Eigentumsumschreibung kann der Käufer dann die Grundschuld selbst bestellen.

Die Finanzierungsvollmacht ist also ein wichtiges Instrument, um die Finanzierung von Immobilientransaktionen zu ermöglichen, indem sie die vorübergehende Belastung des Grundstücks vor Eigentumsübertragung erlaubt.

In welchem Umfang kann ein Grundstückseigentümer Rechte an einem Grundstück übertragen oder belasten?

Ein Grundstückseigentümer hat weitreichende Möglichkeiten, Rechte an seinem Grundstück zu übertragen oder es zu belasten. Hier die wichtigsten Optionen:

Übertragung von Rechten:

  • Veräußerung des Eigentums: Der Eigentümer kann das gesamte Grundstück durch einen notariellen Kaufvertrag auf einen neuen Eigentümer übertragen (§§ 873, 925 BGB).
  • Bestellung von Grunddienstbarkeiten: Er kann einem anderen die Nutzung des Grundstücks durch eine Grunddienstbarkeit einräumen, z.B. ein Wegerecht (§§ 1018 ff. BGB).
  • Nießbrauch: Der Eigentümer kann einem Dritten ein Nießbrauchsrecht am Grundstück einräumen, wodurch dieser das Grundstück nutzen darf (§§ 1030 ff. BGB).
  • Erbbaurecht: Er kann einem Dritten das Recht einräumen, auf dem Grundstück ein Bauwerk zu errichten und zu nutzen (Erbbaurecht, §§ 1012 ff. BGB).

Belastung des Grundstücks:

  • Grundpfandrechte: Der Eigentümer kann zur Kreditsicherung Grundpfandrechte wie eine Grundschuld (§§ 1191 ff. BGB) oder Hypothek (§§ 1113 ff. BGB) am Grundstück bestellen.
  • Reallast: Er kann das Grundstück mit einer Reallast belasten, die den Eigentümer zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet (§§ 1105 ff. BGB).

Die Übertragung von Rechten und Belastungen erfolgt durch notarielle Beurkundung und Eintragung ins Grundbuch. Der Eigentümer kann so Nutzungsrechte einräumen oder das Grundstück als Kreditsicherheit verwenden, behält aber die Verfügungsmacht.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 132 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) – Öffentliche Zustellung: Diese Vorschrift regelt das Verfahren für die öffentliche Zustellung von Willenserklärungen, wenn die Adresse des Adressaten unbekannt ist. Im vorliegenden Fall wurde der Antrag auf öffentliche Zustellung einer Urkunde abgelehnt, da nach Amtsgerichtsansicht die Urkunde keine Willenserklärung im Sinne dieser Norm enthält.
  • FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) § 1 Rn. 21: Das FamFG ist relevant für die Zuständigkeitsregelung in Beschwerdeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wie in diesem Fall betreffend die öffentliche Zustellung nach § 132 BGB. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts im Beschwerdeverfahren resultiert aus dieser Regelung.
  • Rechtsbeschwerde nach ZPO (Zivilprozessordnung) und deren Zulassung: Die Entscheidung des Oberlandesgerichts schließt mit der Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde, was bedeutet, dass eine Überprüfung des Beschlusses durch das Bundesgerichtshof nicht möglich ist. Dies wirkt sich unmittelbar auf die Rechtsmittelzugänglichkeit und letztinstanzliche Kontrolle aus.
  • BeckOGK/Gomille zum BGB § 132: Kommentierungen wie diese sind essentiell für die Auslegung und das Verständnis komplexer Rechtsnormen. In diesem Kontext gibt der Kommentar Aufschluss darüber, welche rechtlichen Erwägungen und Präzedenzfälle bei der Auslegung von § 132 BGB eine Rolle spielen.
  • Beschluss des Bundesgerichtshofs (V ZB 114/07): Das Urteil des BGH wird als Richtschnur für die Auslegung von Zuständigkeitsfragen bei der öffentlichen Zustellung herangezogen. Besonders relevant ist hier die Frage, ob eine Willenserklärung vorliegt und ob eine öffentliche Zustellung rechtlich erforderlich ist.


Das vorliegende Urteil

OLG Karlsruhe – Az.: 19 W 4/24 (Wx) – Beschluss vom 13.03.2024

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Weinheim vom 10.11.2023, Az. 1 AR 4/23 (2), wird zurückgewiesen

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Geschäftswert der Beschwerdeinstanz wird auf EUR 5.000 festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Bewilligung der öffentlichen Zustellung einer Urkunde.

Die Antragstellerin ist mit dem Antragsgegner durch einen Darlehensvertrag verbunden. Mit Schreiben vom 5. Oktober 2023 (As. I 1) hat sie unter Darlegung eines unbekannten Aufenthalts des Antragsgegners unter anderem beantragt, die beglaubigte Abschrift einer als „Kaufvertrag und Auflassung“ bezeichneten Notarurkunde vom 15. Januar 2015 (Beilage zur Akte I. Instanz) an den Antragsgegner öffentlich zuzustellen. Die Urkunde sieht einen Erwerb eines Grundbesitzes durch den Antragsgegner vor; die Veräußerin ermächtigt den Antragsgegner in dieser Urkunde unter anderem, Grundpfandrechte in beliebiger Höhe zu bestellen (Abschnitt 4 Absatz 1 Satz 2 der Urkunde).

Das Amtsgericht hat – hinsichtlich dieser Urkunde – den Antrag zurückgewiesen (As. I 6), weil die Voraussetzungen des § 132 BGB nicht vorliegen (As. I 6). Der Kaufvertrag und die Auflassung seien keine Willenserklärungen im Sinne dieser Vorschrift. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit dem – vom Amtsgericht als Beschwerde ausgelegten – Schreiben vom 28. November 2023. Zum Zeitpunkt der Vollstreckungsunterwerfung in der Urkunde G 78/2015 vom 10. Februar 2015 sei der Antragsgegner noch nicht als Grundstückseigentümer eingetragen gewesen; die Eintragung in das Grundbuch sei erst am 21.03.2016 erfolgt. Folglich sei die im Kaufvertrag enthaltene Finanzierungsvollmacht dem Antragsgegner vor Anordnung einer dinglichen Zwangsmaßnahme zuzustellen (As. I 12).

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

A.

1. Im Beschwerderechtszug ist das Oberlandesgericht zuständig, da es sich bei dem Verfahren nach § 132 BGB um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt (vgl. etwa BeckOGK/Gomille, 1.9.2022, BGB § 132 Rn. 19 m. w. N.; MüKoFamFG/Pabst, 3. Aufl. 2018, FamFG § 1 Rn. 21), ist. Das Landgericht hat die Sache daher zu Recht (formlos) an das Oberlandesgericht abgegeben.

2. Die mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung am 27. November 2023 (As. I 10) in Lauf gesetzte Beschwerdefrist ist durch das Schreiben der Antragstellerin vom 28. November 2023 (As. I 12), dass das Amtsgericht zu Recht und von der Antragstellerin bestätigt als Beschwerde ausgelegt hat, gewahrt worden.

B.

Das Amtsgericht hat den Zustellungsantrag im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

1. Wie das Amtsgericht zutreffend nicht in Frage stellt, hat die Antragstellerin glaubhaft gemacht, dass ihr die Anschrift des Antragsgegners ohne Fahrlässigkeit unbekannt ist.

2. Entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung enthält die Urkunde, deren Zustellung die Antragstellerin begehrt, eine Willenserklärung im Sinne von § 132 Absatz 1 und 2 BGB.

a) Das Amtsgericht geht ersichtlich davon aus, dass die Zustellung der Urkunde deshalb begehrt wird, weil diese – im letzten Absatz der Ziffer 3. – eine Vollstreckungsunterwerfung durch den Antragsgegner enthält. Darum geht es der Antragstellerin aber, wie ihren Darlegungen ab der Zuschrift vom 28. November 2023 entnommen werden kann, nicht. Die Urkunde enthält nämlich (auch) eine Willenserklärung der Veräußerin des Grundstücks, Frau Kirsten Heinrich. Diese hat den Antragsgegner bevollmächtigt, bereits vor der Eintragung einer Eigentumsänderung eine Grundschuld zu bestellen. Den weiteren Ausführungen der Antragstellerin lässt sich entnehmen, dass der Antragsgegner diese Vollmacht genutzt und mit Notarurkunde vom 10. Februar 2015 – vor seiner Eintragung als Eigentümer – eine Grundschuld bestellt hat. Die Antragstellerin hält vielmehr aufgrund des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 10. April 2008 (V ZB 114/07, NJW-RR 2008, 1018, Rn. 11 f., As. I 14) für erforderlich, dem Antragsteller die im Kaufvertrag enthaltene Willenserklärung der Veräußerin als Vollmachtgeberin zuzustellen.

b) Der Wortlaut des § 132 BGB würde wegen der Verknüpfung zwischen dem Erklärenden und dessen Unkenntnis vom Aufenthalt des Empfängers das Verständnis erlauben, dass nur Willenserklärungen zugestellt werden können, die der Antragsteller selbst abgegeben hat. Ein solches enges Verständnis würde aber dem erkennbaren Zweck der Norm nicht gerecht. Dass dem Antragsgegner die Erklärung einer dritten Person – der Frau Heinrich – zugestellt werden soll, steht der Zustellung daher nicht entgegen.

3. Es mangelt der Antragstellerin aber an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.

a) Ungeschriebene Voraussetzung einer öffentlichen Zustellung nach § 132 BGB ist, dass der Antragsteller ein Rechtsschutzbedürfnis für die Zustellung hat, der Zugang der zuzustellenden Erklärung also einen rechtlichen Vorteil für ihn herbeiführen kann. Der Antragsteller begehrt durch den Zustellungsantrag hoheitliche Maßnahmen in Form der gerichtlichen Bewilligung der öffentlichen Zustellung und deren Ausführung. Deren Inanspruchnahme ist nur dann gerechtfertigt, wenn dies auch rechtlich geboten ist, der Antragsteller also – wie es etwa bei einer Kündigungserklärung der Fall ist – Rechtsfolgen nur durch die Zustellung herbeiführen kann.

b) Ein Rechtsschutzbedürfnis ist hier nicht erkennbar; es lässt sich – entgegen der Auffassung der Antragstellerin – insbesondere nicht aus dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 10. April 2008 (V ZB 114/07) ableiten. Der Bundesgerichtshof hat darin (Rn. 10) unter Rückgriff auf seine frühere Entscheidung NJW-RR 2005, 1359 ausgeführt, dass es der Zustellung der Vorbelastungsvollmacht nicht bedarf, wenn der Schuldner selbst den Eigentümer vertreten hat. Dass eine solche Situation hier vorliegt, hat die Antragstellerin auf den gerichtlichen Hinweis vom 22. Februar 2024 (As. II 22) in ihrer hierauf bezogenen Stellungnahme vom 11. März 2024 nicht in Abrede gestellt. Die Zustellung der Vorbelastungsvollmacht ist daher in der konkreten Situation keine Voraussetzung der von der Antragstellerin beabsichtigten Zwangsvollstreckung in das Grundstück.

c) Die Ausführungen der Antragstellerin in deren Schriftsatz vom 11. März 2024 (As. II 24) rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die Verfügung eines Nichtberechtigten im Sinne von § 185 BGB liegt gerade nicht vor, wenn der Antragsgegner – wie hier – die Eigentümerin aufgrund ihm formgerecht erteilter Vollmacht wirksam vertreten hat. Die Wirkung der von ihm als Vertreter abgegebenen Erklärung (Grundschuldbestellung) ist daher auch nicht (erst) mit der Eintragung des Antragsgegners als Grundstückseigentümer eingetreten.

III.

1. Die Antragstellerin trägt nach § 22 GNotKG die Kosten ihrer erfolglos gebliebenen Beschwerde.

2. Die Festsetzung eines Geschäftswerts für die Beschwerdeinstanz ist veranlasst, weil für das Verfahren über solche Beschwerde, die – wie hier – im ersten Rechtszug eine Gebühr nach Ziffer 15212 KV-GNotKG auslösen, auch im Beschwerdeverfahren eine Wertgebühr anfällt (Ziffer 15223 KV-GNotKG). In Ermangelung genügender Anhaltspunkte für einen anderen Wert legt der Senat den Auffangwert nach § 36 Absatz 3 GNotKG zugrunde.

3. Grundsätzliche oder der Rechtsfortbildung zugängliche Fragen im Sinne von § 70 Absatz 2 Satz 1 FamFG wirft die Sache nicht auf, so dass die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen war.

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