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Zusammenveranlagung und gescheiterter Versöhnungsversuch


FG Nürnberg

Az: VI 160/2004

Urteil vom 07.03.2005


In dem Rechtsstreit wegen Einkommensteuer 2000 hat der VI Senat Finanzgerichts Nürnberg aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 07.03.2005 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob im Streitjahr der Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung des Klägers und der Beigeladenen vorgelegen haben, insbesondere, ob ein Zusammenleben (gescheiterter Versöhnungsversuch) vom lediglich einer Woche zu einem „nicht dauernd getrennt“ Leben führt.

Der Kläger wurde bis einschließlich Veranlagungszeitraum 1999 mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommenstuer veranlagt. Die Ehe mit der Beigeladenen wurde im Juli 2001 geschieden.

In der Einkommensteuererklärung 2000 vom 28.02.2002 beantragten der Kläger und eine vormalige Ehefrau (Beigeladene) die Zusammenveranlagung. Da die Beigeladene bei der Stadt F bereits am 08.12.1999 einen Antrag auf Änderung der Lohnsteuerkarte mit der Begründung gestellt hatte, sie lebe seit 01.01.1999 von ihrem Ehemann (Kläger) dauernd getrennt, führte das Finanzamt in der Zeit vom 27.06. – 11.09.2002 eine BNV durch. Dabei traf der Prüfer folgende Feststellungen:

Ausweislich einer vorgelegten ärztlichen Bescheinigung vom 06.11.2000 entschloss sich die Beigeladene im September 1998 zu einer Physiotherapie, weil sie hoffte, ihre zerrüttete Ehe noch retten zu können. Da sich trotz intensiver Therapie der Allgemeinzustand der Beigeladenen weiter verschlechterte, sah sie wegen der endgültig gescheiterten Ehe die Lösung nur noch im Auszug aus der ehelichen Wohnung.

Im Scheidungsverfahren machten die Eheleute vor dem Familiengericht folgenden Sachvortrag:

Nach einem Kuraufenthalt im Sommer 1998 sei die Beigeladene im November 1998 aus der ehelichen Wohnung ausgezogen und in eine eigene Wohnung in der Xxx Str. 8, in F gezogen. Unmittelbar nach dem Kuraufenthalt habe sich schon innerhalb der Ehewohnung bis zu ihrem Auszug ein anderes Zimmer bezogen gehabt. Bereits 1998 habe die Beigeladene nachhaltige außereheliche intime Beziehungen mit einem anderen Mann aufgenommen und diese fortgesetzt. Im Frühjahr 1999 sei die Beigeladene zum Kläger in die Ehewohnung zurückgekehrt. Im Herbst 1999 sei sie wieder ausgezogen und in ihre Wohnung nach F zurückgekehrt. Ab Herbst 1999 habe die Beigeladene wieder außereheliche intime Beziehungen zu einem anderen Mann aufgenommen. Am 13.12. 1999 hat die Beigeladene den Scheidungsantrag beim Familiengericht gestellt. Der daraufhin zum 03.05.2000 angesetzte Gerichtstermin der Scheidungssache auf Antrag der Beigeladenen kurzfristig wieder abgesetzt worden. Erst am 07.06.2001 habe der Kläger die Wiederaufnahme des Scheidungsverfahren beantragt, weil die Beigeladenen der ersten Juliwoche 2001 Mutter eines Kindes werden sollte, dessen Vater er nicht sei. Dazu wurde ausgeführt, dass die Beigeladene schon seit langem mit einem anderen Mann zusammengelebt habe.

Während der BNV äußerte sich die Beigeladene gegenüber dem Prüfer wie folgt (vgl. Aktenvermerk des Prüfers vom 28.06.2002).

„Auf die Frage wegen der Zusammenveranlagung für das Jahr 2000 angesprochen erklärte Frau A, dass es im Juli 2000 (nach ihrer Erinnerung war es die erste oder zweite Juliwoche) auf Drängen ihres „Noch-Ehemann“ einen Versöhnungsversuch gegeben habe. Zu der Zeit habe es auch zwischen ihr und ihrem jetzigen Lebenspartner (D) Beziehungsprobleme gegeben. Sie sei daher nochmals in der Wohnung nach E zurückgekehrt. Nach einer Woche habe sie sich jedoch mit ihrem Ehemann derartig gestritten, dass sie endgültig ihre Wohnung nach F zurückgekehrt sei. Auf die Frage, ob sie dann die ganze Woche mit ihrem Ehegatten zusammen gewesen sei, erklärte Frau A, dass sie nur die Abende in E verbracht habe, da sie während des Tages in ihrem Laden in F gearbeitet habe.

Wie Frau A weiterhin aussagte, habe es im Jahr 1999 bereits einen Versöhnungsversuch gegeben. Sie habe damals mit ihrem Ehemann einen mehrtägigen Urlaub in Florenz verbracht. Auch dieser Versöhnungsversuch sei nach wenigen Tagen gescheitert.

Aufgrund dieser Feststellung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass eine Zusammenveranlagung der Eheleute A für den Veranlagungszeitraum 2000 nicht möglich sei, weil die Ehegatten während des ganzen Jahres getrennt gelebt hätten.

Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und setzte mit Bescheid vom 29.11.2002 die Einkommensteuer 2000 im Wege der Einzelveranlagung gegenüber dem Kläger auf 142.608 € (entspricht 278.917 DM) fest.

Im Einspruchsverfahren beantragte der Kläger weiterhin die Durchführung einer Zusammenveranlagung mit der Beigeladenen, weil die Ehegatten im Jahr 2000 im Rahmen eines Versöhnungsversuchs, der allerdings gescheitert sei, kurzfristig zusammengelebt hätten. Die Beurteilung des Versöhnungsversuchs auf seine Ernsthaftigkeit könne nach der Einschätzung der Beteiligten zu diesem Zeitpunkt und nicht erst Jahre später erfolgen. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Mit der Klage beantragt der Kläger, den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 29.11.2002 und die Einspruchsentscheidung vom 10.05.2004 aufzuheben und das Finanzamt zu verpflichten, der Kläger und die Beigeladene für den Veranlagungszeitraum 2000 zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen.
Für den Fall des Unterliegens wird die Zulassung der Revision beantragt.

Zur Begründung trägt er, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, Folgendes vor:

Der Kläger habe nicht im gesamten Jahr 2000 dauernd von seiner Ehefrau (Beigeladenen) getrennt gelebt. Ab November 1999 habe seine Frau eine außereheliche Beziehung zu einem anderen Mann mit dem Vornamen „W“ aufgenommen. Diese Beziehung habe bis Januar 2000 angehalten. Danach habe sie D aus Z kennen gelernt und sei mit ihrem eine außereheliche Beziehung eingegangen. Von November 1999 an habe sie wieder in ihrer Wohnung in F gewohnt. Trotz der Beziehung zu B habe immer noch Hoffnung gestanden, die Ehe zu retten. Im ersten Halbjahr 2000, insbesondere in der Zeit von März bis Ende Juli 2000 hätten die Ehegatten viel Zeit gemeinsam verbracht, z. B. gemeinsamer Besuch eines Fitness-Studios F, gemeinsame Spaziergänge, gemeinsame Fahrten am Wochenende. Zu diesem Zweck habe der Kläger seine Frau häufig in der Wohnung in F abgeholt. Dieses enge Verhältnis der Ehegatten ab März 2000 sei der Grund für die Absage des Gerichtstermins vom 03.05.2000 in der Scheidungssache gewesen. Das Ehescheidungsverfahren sei deswegen auch nicht weiter betrieben worden.

Am 09.07.2000 sei die Ehefrau in die eheliche Wohnung, Xxx, in E zurückgekehrt und habe die eheliche Lebensgemeinschaft wieder hergestellt. Die Ehegatten hätten ernsthaft versucht, sich zu versöhnen. Während des Versöhnungsversuchs hätten die Ehegatten tagsüber gearbeitet, nachts hätten sie sich in der ehelichen Wohnung aufgehalten. Sie hätten dort einen gemeinsamen Haushalt geführt, gemeinsam gekocht, gelebt, gesprochen. Der Versöhnungsversuch sei am 16.07.2000 gescheitert. Die Ehefrau sei wieder in ihre Wohnung in F zurückgekehrt.

Im Jahr 2000 habe zwischen den Ehegatten aufgrund der wirtschaftlichen und vermögensmäßigen Verflechtungen fortlaufend eine Wirtschaftsgemeinschaft bestanden. Die wirtschaftlichen Fragen seien gemeinsam besprochen und entschieden worden.

Mit Beschluss vom 07.12.2004 ist A (ehemalige Ehefrau des Klägers) zum Verfahren beigeladen worden.

Nach Akteneinsicht gab der Bevollmächtigte der Beigeladenen folgende Stellungnahme ab:

Der Beigeladene habe D erst am 28.04.2000 kennen gelernt. Sie habe aber nicht mit D zusammengelebt. Jeder habe seine eigene Wohnung behalten. Aufgrund der häufigen Kontakte zu ihrem Ehemann im ersten Halbjahr 2000 habe es des öfteren Probleme und Differenzen mit D gegeben.

Im Juli 2000 habe sie sich entschlossen zum Kläger zu ziehen und die eheliche Lebensgemeinschaft wieder aufzunehmen. Nach ihrem Einzug habe sie sämtliche Aufgaben und Verpflichtungen im Zusammenhang mit Haushalt, Garten und sonstige Aufgaben und Verpflichtungen, die währen des ehelichen Zusammenlebens bestehen, übernommen. Im Übrigen sei sie ihrer Tätigkeit in dem Laden in F nachgekommen. Das Zusammenleben mit dem Kläger im Juli 2000 sei durch eine Auseinandersetzung beendet worden und sie sei mit dem mitgebrachten Hab und Gut wieder ausgezogen.

Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.

Für den Fall des Unterliegens wird die Zulassung der Revision beantragt.

Zur Begründung verweist es auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 10.05.2004. Darin hat es ausgeführt, es reiche für eine Unterbrechung des dauernd getrennt Lebens nicht aus, wenn die Ehefrau für kurze Zeit in die Wohnung des Klägers zurückkehre und dort zusammen mit ihm lebe. Für die kurzzeitige Rückkehr seien die vorübergehenden Schwierigkeiten mit dem neuen Lebenspartner ausschlaggebend gewesen. Die Tatsache, dass sich die Ehefrau einem neuen Partner zugewandt habe, spreche für ein dauerndes getrennt Leben von ihrem Ehemann. Zwischen der Absage des Scheidungstermins Ende April 2000 und der Rückkehr in die eheliche Wohnung im Juli 2000 fehle der zeitliche innere Zusammenhang.

Darüber hinaus führte es aus, die Eheleute seien auch nach der Trennung im Jahr 1998 nicht zerstritten gewesen. Deshalb seien gelegentliche Besuche und Besprechungen in der Folgezeit nicht ungewöhnlich gewesen. Die eheliche Lebensgemeinschaft sei dadurch allerdings nicht weitergeführt worden. Die finanzielle Unterstützung der Ehefrau sei lediglich Ausfluss der Unterhaltspflicht des Ehemanns gewesen.

In der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2005 hat der Berichterstatter die Beigeladene und den Kläger intensiv zu den tatsächlichen Verhältnissen und der inneren Einstellung zur ehelichen Lebensgemeinschaft im Jahr 2000 befragt. Wegen des Inhalts wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung durch den zum Berichterstatter bestellten Richter anstelle des Senats einverstanden, § 79a Abs. 3 und 4 FGO.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Das Gericht kann nicht feststellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen einer Zusammenveranlagung des Klägers und der Beigeladenen (§ 26 Abs. 1 EStG) erfüllt sind.

1. Voraussetzung für eine Zusammenveranlagung von Ehegatten zur Einkommensteuer nach § 26 Abs. 1 EStG ist u. a., dass sie „nicht dauernd getrennt“ leben. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteil vom 18.07.1996 III R 90/95, BFH/NV 1997, 139 und BFH-Beschluss vom 05.10.2001 III B 149/00, NV) ist ein dauerndes getrennt Leben im Sinne der vorgenannten Vorschrift dann gegeben, wenn die zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft endgültig aufgehoben worden ist, denn nur in einer intakten Ehe besteht die erforderliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft (vgl. auch Kirchhof, EStG, 4. Aufl. § 26, Rz. 14 m. w. N.). Der Ausschluss getrennt lebender Eheleute von der Ehegattenveranlagung ist mit Artikel 6 Grundgesetz (GG) vereinbar.

a) Dabei ist unter Lebensgemeinschaft die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten, unter Wirtschaftsgemeinschaft die gemeinsame Erledigung der wirtschaftlichen Fragen ihres Zusammenlebens, namentlich die gemeinsame Entscheidung über die Verwendung des Familieneinkommens zu verstehen. Beide Erfordernisse fallen regelmäßig zusammen, weshalb bei Vorliegen der Lebensgemeinschaft auf die Wirtschaftsgemeinschaft geschlossen werden kann (vgl. Kirchhof EStG, 4. Aufl., § 26, Rz. 14).

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b) Bei einem Antrag der Ehegatten auf Zusammenveranlagung besteht in der Regel eine Vermutung dafür, dass sie „nicht dauernd getrennt“ leben. Diese Vermutung gilt jedoch wegen des ihr widersprechenden Anscheins nicht, wenn die Ehegatten räumlich getrennt voneinander wohnen. Aber auch bei dieser Gestaltung kann sich aus dem Gesamtbild ergeben, dass die Eheleute „nicht dauernd getrennt“ leben (BFH-Urteile vom 27.08.1971 VI R 206/68, BStBl II 1972, 173 und vom 18.07.1985 VI R 100/83, BFH/NV 1987, 431).

Dies kann außer in Fällen der Trennung infolge zwingende äußerer Umstände auch dann anzunehmen sein, wenn die Ehegatten eine räumliche Trennung durch freiwillige Willensentschließung herbeigeführt haben, diese aber nur vorübergehend sein soll, weil die Ehegatten die Ehe aufrecht erhalten und die volle eheliche Gemeinschaft wieder aufnehmen wollen.

c) Da es sich bei diesen Fragen aber um schwer nachprüfbare Vorgänge handelt, die zudem häufig viele Jahre zurückliegen, ist die Entscheidung anhand des Gesamtbildes der äußeren erkennbaren Merkmale zu treffe, wobei dem räumlichen Zusammenleben der Ehegatten besondere Berufung zukommt (vgl. BFH-Entscheidungen vom 15.06.1973 VI R 150/69, BStBl II 1973, 640 m. w. N., vom 13.12.1985 VI R 190/82, BStBl. II 1986, 486 und BFH in BFH/NV 1987, 431).

d) Die Rückkehr zur Zusammenveranlagung nach einer dauerhaften Trennung ist jederzeit möglich, wenn die Ehegatten wieder einen gemeinsamen Haushalt (dauerhaft) führen. Ein kurzzeitiges Zusammenleben i. S. d. § 1567 Abs. 2 BGB, das der Versöhnung dienen soll, ist für die Frage der Zusammenveranlagung der Ehegatten aber ohne Bedeutung (BFH-Urteil vom 26.08.1997 VI R 268/94, BFH/NV 1998, 163). Aus einkommenssteuerliche Sicht kann aber ein derartiger Versöhnungsversuch, der gescheitert ist ggf. das dauernde getrennt Leben unterbrechen.

e) Streitig ist in Literatur und Steuerrechtsprechung hierzu insbesondere die Dauer des Zusammenlebens bzw. eines letztlich gescheiterten Versöhnungsversuchs, die eine Zusammenveranlagung wieder rechtfertigt.

aa) Nach dem Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 14.04.1988 (9 K 70/85, EFG 1988, 639) eröffnet ein siebenwöchiges Zusammenleben die Ehegattenveranlagung, nach Finanzgericht Münster (Urteil vom 22.03.1996 – 14 K 3008/94 E, EFG 1996, 921) reichen hierfür schon sechs Wochen aus und nach Finanzgericht Köln (Urteil vom 21.12.1993 – 2 K 4543/92, EFG 1994, 771, durch den BFH mit Beschluss vom 26.08.1997 VI R 268/94 im Verfahren nach Artikel 1 Nr. 7 BFH-Entlassungsgesetz bestätigt, BFH/NV 1998, 163) ermöglicht bereits ein drei bis vierwöchiges erneutes Zusammenleben die Veranlagung nach § 26 ff EStG.

bb) In der einschlägigen Kommentarliteratur wird daneben die Auffassung vertreten, der ernsthafte Versuch einer Versöhnung sollte zumindest länger als einen Monat dauern (Pflüger in Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG, § 26, Rdnr. 31). Nach anderer Auffassung soll nicht die Dauer des Versöhnungsversuchs, sondern dessen Ernsthaftigkeit entscheidend sein (so Littmann, Bitz, Pust, EStG, § 26 Rdnr. 42). Diese Auffassung teilt auch das Finanzgericht Hamburg (Urteil vom 13.09.2002 – VI 87/01, Juris), wonach ausschlaggebend sei, dass die Eheleute die vorangegangene Trennung rückgängig machten und die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft auf Dauer wieder herstellen wollen. Gelegentlich gemeinsamen Übernachtungen, mehrtägige Besuche oder auch gemeinsame Urlaubsreisen sollen danach allerdings noch keine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft begründen und mithin das Getrenntleben nicht unterbrechen.

f) Eine Rückkehr zur Versammenveranlagung nach einer dauerhaften Trennung durch kurzfristiges Zusammenleben, wie z. B. im Rahmen eines letztlich gescheiterten Versöhnungsversuchs, kann nicht allein nach der Dauer des kurzfristigen Zusammenlebens bewertet werden, auch nicht allein nach dem inneren Willen bzw. der Absicht der Eheleute. Die Entscheidung über ein nicht dauerndes getrennt Leben kann nur nach Würdigung des Gesamtbildes der äußeren erkennbaren Merkmale sowie der inneren Einstellung der Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft im jeweiligen Einzelfall entschieden werden.

aa) Ob Ehegatten i. S. v. § 26 Abs. EStG „nicht dauernd getrennt“ leben, ist allein nach den tatsächlichen Verhältnissen des jeweiligen Falles zu beurteilen (so auch BFH im BFH/NV 1968, 163). Abzustellen ist in erster Linie auf die äußeren, erkennbaren Umstände, wobei der Dauer der Rückkehr in einen gemeinsamen Haushalt bei der Abwägung regelmäßig eine besondere Bedeutung zukommt und diese jedenfalls nicht ganz kurzfristiger Natur sein darf, um sich von gelegentlichen Übernachtungen und mehrtägigen Besuchen (die von vornherein vorübergehender Natur sind) nach Außen hin zu unterscheiden.

Gemeinsame Urlaubszeiten sind nicht geeignet, ein dauerndes getrennt Leben zu unterbrechen, weil sie von vornherein ein zeitlich begrenztes Zusammensein beinhalten und deshalb kein auf Dauer angelegtes geplantes Zusammenleben in einer erheblichen Lebensgemeinschaft begründen können (vgl. hierzu auch Palandt, BGB, 63. Aufl. § 1567, Rdnr. 7).

bb) Im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung kommt entsprechend der BFH-Rechtsprechung auch der inneren Einstellung zur ehelichen Lebensgemeinschaft entscheidungserhebliche Bedeutung zu (vgl. BFH-Beschluss vom 07.12.2001, III B 129/01, BFH/NV 2002, 483), die in der Regel durch die persönliche Anhörung der Eheleute ermittelt wird.

2. Unter Abwägung der vorgenannten Ausführungen und grundsätzlichen Erwägungen kann nach Überzeugung des Gerichts bei einer vorangegangenen dauernden Trennung der Eheleute erst bei einem Zusammenleben von über einen Monat und anhand von weiteren objektiven Gegebenheiten und Umständen sowie unter Heranziehung der inneren Einstellung der Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft von einer – wenn auch (nicht absehbar) kurzen- Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft gesprochen werden, die zu einem „nicht dauernd getrennt“ Leben (§ 26 Abs. 1 Satz 1 EStG) führt und damit die Zusammenveranlagung eröffnet.

Bei einem deutlich kürzeren Zusammenleben der Ehegatten von z. B. nur wenigen Tagen der einer Woche scheitert die Annahme einer Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft bereits daran, dass nach außen hin noch nicht erkennbar ist, ob es sich bei dem Zusammenleben lediglich um einen (von vornherein vorübergehenden) Besuch handelt, selbst wenn die Ehegatten dabei sexuell miteinander verkehrten. Darüber hinaus dient der Zeitfaktor von „mindestens einem Monat“ auch zur Vermeidung von Missbrauchen, insbesondere in den Fällen, in denen die Ehegatten trotz dauernder Trennung noch persönlichen Kontakt pflegen, nicht zerstritten sind und eine „gütliche“ Trennung/Scheidung anstreben.

Die Forderung einer Mindestdauer des Zusammenlebens nach dauernder Trennung steht auch nicht in Widerspruch dazu, dass grundsätzlich bereits Zusammenleben an einem Tage im Veranlagungszeitraum für eine Zusammenveranlagung genügt, so dass eine Heirat am 31. Dezember zur Zusammenveranlagung im abgelaufenen Jahr genügt.

Auch nach einer vorangegangenen dauernden Trennung von Ehegatten kann ein kurzes Zusammenleben, z. B. im Rahmen eines gescheiterten Versöhnungsversuchs, sich über den Jahreswechsel erstrecken und dann ggf. eine Zusammenveranlagung in beiden Veranlagungszeiträumen begründen. Die Wiederaufnahme einer auf Dauer angelegten ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft, die nach vorangegangener dauernder Trennung allerdings erst nach einem Zusammenleben von mindestens einem Monat angenommen werden kann, führt zur Annahme eines nicht dauernd getrennt Lebens vom ersten Tag an.

Für den konkret zu entscheidenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob bei einer Heirat aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung eine große Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass das Zusammenleben der Ehegatten uneingeschränkt bereits vom ersten Tag an auf Begründung oder Fortsetzung einer auf Dauer angelegten Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft gerichtet ist. Dies schließt indes nicht aus, dass sich diese Erwartungshaltung im Folgejahr aufgrund einer Trennung nicht bestätigt.

3. Für den Streitfall bedeutet dies, dass bei einem Zusammenleben der Ehegatten von nur einer Woche, wenn auch in Rahmen eines gescheiterten Versöhnungsversuchs nicht von einem „nicht dauernd getrennt“ Leben, das Voraussetzung für eine Zusammenveranlagung der Ehegatten nach § EStG ist, ausgegangen werden kann.

a) Kehrt ein Ehegatten nach einer dauerhaften Trennung während eines laufenden Scheidungsverfahren für nur eine Woche in die frühere gemeinsame eheliche Wohnung (jetzige Wohnung der Klägers) zurück, liegt darin noch keine Aufnahme einer Dauer angelegten Wiederherstellung der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft.

aa) Nach der bereits oben zitierten Rechtsprechung des BFH ist die Frage, ob Ehegatten i. S. v. § 26 Abs. 1 EStG „nicht dauernd getrennt“ leben, allein nach den tatsächlichen Verhältnissen des jeweiligen Falles zu beurteilen, in erster Linie also nach den äußeren erkennbaren Umständen, denen bei der Abwägung regelmäßig eine besondere Bedeutung zukommt. Im Rahmen der dabei gebotenen Gesamtwürdigung kommt dann auch der inneren Einstellung der Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Die Einbeziehung der inneren Einstellung der Ehegatten dient vor allem dazu, nicht allein aufgrund des Zeitfaktors ein nicht dauerndes getrennt Leben, das die Zusammenveranlagung eröffnet, anzunehmen.

bb) Ein Zusammenleben von nur einer Woche nach vorangegangener dauernder Trennung ist viel zu kurz, um nach den äußeren erkennbaren Umständen den Unterschied zu einem Besuch, der von Anfang an als vorübergehendes Ereignis angelegt ist, offen zu legen. Letztlich käme dann der inneren Einstellung der Eheleute zur ehelichen Lebensgemeinschaft die allein entscheidende Bedeutung und nicht nur eine auch entscheidungserhebliche Bedeutung – wie es die Rechtsprechung des BFH fordert – zu. Die Würdigung des Gesamtbildes der äußeren erkennbaren Merkmale wobei der Dauer der Rückkehr in einen gemeinsamen Haushalt bei der Abwägung regelmäßig eine besondere Bedeutung zukommt, ist und bleibt aber ein wesentliches Entscheidungskriterium.

cc) Im Hinblick darauf kommt der konkreten Ausgestaltung des Zusammenlebens und der inneren Einstellung der Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft während des einwöchigen Zusammenseins keine entscheidungserhebliche Bedeutung mehr zu.

b) Selbst wenn man die Auffassung des Klägers bzw. seines Bevollmächtigten teilen würde, ein Zusammenleben der Ehegatten von nur einer Woche könne bei Vorliegen von weiteren objektiven Gegebenheiten und Umständen sowie unter Heranziehung der inneren Einstellung der Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft die Aufnahme einer auf Dauer angelegten ehelichen Lebensgemeinschaft begründen, die eine Zusammenveranlagung eröffnen würde, liegen im Streitfall Anhaltspunkte vor, die Zweifel an einer auf Dauer angelegten Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft während des einwöchigen Zusammenleben aufkommen lassen und die auch in der mündlichen Verhandlung nicht ausgeräumt werden konnten.

aa) So hatte die Ehefrau (Beigeladene) bereits das Scheidungsverfahren beantragt und damit zu erkennen gegeben, dass sie nicht mehr an der Ehe festhalten wolle. Es mag zutreffen, dass die Beigeladenen aufgrund der Bemühungen des Klägers um sie und um ihre Zuneigung gerade in der Zeit ab März 2000 noch bzw. wieder Gefühle für ihn empfunden hatte. Dies erscheint auch aufgrund der Einlassung der Beigeladenen, sie habe deswegen im April 2000 den bereits auf den 03.05.2000 angesetzten Termin vor dem Familiengericht abgesagt, schlüssig.

bb) Allerdings hatte sie unmittelbar nach der Terminabsage am 28.04.2000 ihren neuen Lebensgefährten kennen gelernt und im Zeitpunkt der Rückkehr in die eheliche Wohnung am 09.07.2000 schon seit mehren Monaten außerehelichen intimen Kontakt zu ihm aufgenommen gehabt. Es mag zutreffen, dass wegen der nachhaltigen Annäherung versuche des Klägers die Beigeladene öfters Differenzen mit ihrem neuen Freund hatte, was sie auch gegenüber dem BNV/Prüfer bestätigt hat, zu einem Bruch in der neuen Beziehung hat dies jedoch nicht geführt.

cc) Der Aufenthalt in der ehelichen Wohnung im Juli hatte für die Beigeladene so etwas wie Urlaubscharakter, weil sie im Juli 2000 arbeitslos gemeldet war und deswegen nur am Nachmittag ihren Laden in F öffnen konnte. Damit hatte sie viel mehr Zeit, sich über ihre Zukunft im Klaren zu werden.

dd) Die Beigeladene hatte sich vor dem als „Versöhnungsversuch“ bezeichneten einwöchigen Zusammenleben mit ihrem Ehemann nicht von ihrem bisherigen Lebenspartner getrennt gehabt, sondern hat nach den Auszug bei ihrem Ehemann die außereheliche Beziehung mit ihm wieder fortgesetzt.

ee) Nach Würdigung der vorgenannten Umstände ist für das Gericht nicht auszuschließen, dass der Aufenthalt bei dem Ehemann zwar von freudigen innigen Gefühlen getragen war, die Beigeladenen aber unentschlossen zwischen zwei Männern, nämlich ihrem Ehemann (Kläger) und ihren Freund stand und sich gerade in dieser Zeit bis Juli 2000 gefühlsmäßig noch nicht im Klaren war, welchem von beiden sie letztlich den Vorzug geben soll. Sie fühlte sich irgendwie zu beiden hingezogen. Der gemeinsame Aufenthalt vom 09. bis 16. Juli 2000 in der Ehelichen Wohnung hat wohl in erster Linie der Abklärung dienen sollen, welchem der beiden Männern sie letztendlich den Vorzug geben soll und nicht der Wiederaufnahme einer auf Dauer angelegten ehelichen Lebensgemeinschaft.

ff) Dass das Scheidungsverfahren auch nach der erneuten Trennung der Eheleute im Juli 2000 nicht fortgeführt worden ist, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Dies kann in der nachhaltigen Unschlüssigkeit der Eheleute begründet sein. Zudem waren sie offensichtlich nicht so zerstritten, dass der Drang nach einer sofortigen schnellstmöglichen Scheidung bestanden hat. Das Scheidungsverfahren wurde erst im Frühjahr 2001 auf Antrag des Klägers wieder aufgenommen, nachdem er erfahren hatte, dass seine Ehefrau von ihrem Lebensgefährten hochschwanger ist.

gg) Ist die an den Antrag auf Zusammenveranlagung geknüpfte Vermutung für ein Zusammenleben entkräftet – wie im Streitfall durch das vorangegangene dauernde getrennt Leben – und lassen sich der Sachverhalt bzw. die Zweifel des Gerichts in Bezug auf eine wenn auch nur kurze Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht klären, trifft den Kläger der objektive Beweislast (vgl. BFH-Urteil vom 12.06.1991 III R 106/87, BStBl. II 1991, 806).

hh) Die Zweifel des Gerichts an einer auf Dauer angelegten Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft während des letztlich nur einwöchigen Zusammenleben konnten auch nicht durch die Befragung der Eheleute in der mündlichen Verhandlung ausgeräumt werden.

c) Im Hinblick darauf kann dahingestellt bleiben, ob die Auffassung des Finanzamts zutreffend ist, dass die Wirtschaftsgemeinschaft der Eheleute durch das getrennt Leben beendet war und auch durch das einwöchige Zusammenleben nicht wieder aufgenommen worden ist. Die Sachlage hierzu ist nicht ganz eindeutig. Das Gericht sieht aber aufgrund der vorherigen Ausführungen keinen Anlass, diese Frage zu vertiefen.

Im Hinblick darauf war die Klage abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

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