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Zutritt zu Gerichtsgebäude ohne Maske – Ausnahme durch qualifiziertes ärztliches Attest

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: 13 B 17/22 – Beschluss vom 10.01.2022

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 23. Dezember 2021 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.

Der Antrag des Antragstellers wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Zutritt zu Gerichtsgebäude ohne Maske - Ausnahme durch qualifiziertes ärztliches Attest
(Symbolfoto: Andrey_Popov/Shutterstock.com)

Die Beschwerde des Antragsgegners hat Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat dem nach §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO ausgelegten Antrag des Antragstellers,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, es zu unterlassen, ihm den Zutritt zum Landgericht F.     mit der Begründung zu versagen, es sei zum Nachweis der medizinischen Gründe für die Befreiung von der Maskenpflicht stets ein ausführliches, qualifiziertes ärztliches Zeugnis vorzulegen,

stattgegeben. Er habe bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung Anspruch darauf, dass ihm der Zutritt zum Landgericht F.      nicht mit der Begründung versagt werde, es sei zum Nachweis für die medizinischen Gründe für die Befreiung von der Maskenpflicht stets ein ausführliches, qualifiziertes ärztliches Zeugnis vorzulegen. Die Präsidentin des Landgerichts F.      habe die Mindestanforderungen an ärztliche Atteste über die Befreiung von der Maskenpflicht in den Hinweisen auf der Homepage des Landgerichts dahingehend konkretisiert, dass sich aus dem Attest nachvollziehbar ergeben müsse, welche konkret zu benennenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf Grund der Verpflichtung zum Tragen einer medizinischen OP-Maske alsbald zu erwarten seien und woraus diese im Einzelnen resultierten. Soweit relevante Vorerkrankungen vorlägen, seien diese konkret zu bezeichnen. Darüber hinaus müsse im Regelfall erkennbar werden, auf welcher Grundlage der attestierende Arzt zu seiner Einschätzung gelangt sei. Eine solche Pflicht ergebe sich nicht aus der Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 für das Land Nordrhein-Westfalen. Die in der Rechtsprechung für den Bereich der Maskenpflicht in Schulen entwickelten Grundsätze zur Vorlagepflicht eines qualifizierten ärztlichen Attests seien nicht auf die allgemeinen Vorschriften der Coronaschutzverordnung übertragbar. Die Anforderung eines qualifizierten Attests finde ihre Rechtsgrundlage auch nicht in dem gewohnheitsrechtlich anerkannten Hausrecht der Verwaltungsbehörde im öffentlich-rechtlichen Bereich.

Die vom Antragsgegner mit der Beschwerde fristgemäß dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat insoweit gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und den Antrag des Antragstellers abzulehnen.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers zutreffend sachdienlich als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ausgelegt. Der so verstandene Antrag ist indes unbegründet.

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dies setzt gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO voraus, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch (ein subjektiv öffentliches Recht auf das begehrte Verwaltungshandeln) und einen Anordnungsgrund (die besondere Eilbedürftigkeit) glaubhaft macht. Ist der Antrag wie im vorliegenden Fall auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Oktober 2021 – 13 B 1129/21 –, juris, Rn. 14.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der Antragsgegner ist voraussichtlich berechtigt, dem Antragsteller ohne eine medizinische Maske keinen Zutritt zum Gerichtsgebäude zu gewähren, wenn er kein ärztliches Zeugnis vorlegt, das die von der Präsidentin des Landgerichts aufgestellten und auf der Homepage des Gerichts veröffentlichten Anforderungen erfüllt (im Folgenden: qualifiziertes ärztliches Attest).

I. Rechtsgrundlage für eine solche Anordnung ist das Hausrecht der Präsidentin des Landgerichts F.     .

Der Präsident eines Gerichts ist aufgrund seines gewohnheitsrechtlich anerkannten Hausrechts befugt, zum Zwecke der Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebs (verhältnismäßige) Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung im Gerichtsgebäude zu ergreifen. Das Hausrecht stellt insoweit die Grundlage für Eingriffe in die Rechte der von den Ordnungsmaßnahmen betroffenen Personen dar.

Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14. März 2012 – 2 BvR 2405/11 –, juris, Rn. 24; BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2011 – 7 B 17.11 –, juris, Rn. 8 m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 29. März 2018 – 4 B 232/18 –, juris, Rn. 8 m. w. N.

Dem Gerichtspräsidenten als Inhaber des Hausrechts steht somit das Recht zu, zur Gewährleistung des Dienstbetriebs Regelungen über den Zutritt zum Dienstgebäude und den Aufenthalt von Personen in den Räumen des Gerichts zu treffen. Grenzen für die Ausübung des Hausrechts ergeben sich aus dem Grundsatz der Öffentlichkeit (§ 169 GVG) und den sitzungspolizeilichen Befugnissen des Vorsitzenden nach § 176 GVG.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2011 – 7 B 17.11 –, juris, Rn. 8; OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 26. Oktober 2010 – OVG 10 B 2.10 –, juris, Rn. 57.

II. Gemessen an diesen Maßstäben ist die im Streit stehende Anordnung der Präsidentin des Landgerichts F.      voraussichtlich nicht zu beanstanden. Sie dient dazu, Störungen im Dienstbetrieb abzuwenden (1.), greift nicht in unverhältnismäßiger Weise in Grundrechte der von der Befreiungsverordnung betroffenen Personen ein (2.a.) und beachtet auch die sonstigen Grenzen des Hausrechts (2.b.).

1. Die Anordnung der Präsidentin des Landgerichts F.      zur Vorlage eines qualifizierten ärztlichen Attests dient zur Abwendung von Störungen im Dienstbetrieb.

Als eine den Dienstbetrieb allgemein störende Verhaltensweise kann in der gegenwärtigen Infektionslage auch der fortdauernde Aufenthalt von Besuchern im Gerichtsgebäude ohne Mund-Nasen-Bedeckung angesehen werden.

Zu einer auf das Hausrecht des Bürgermeisters gestützten Maskenpflicht in Gemeinderats- und Ausschusssitzungen vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 7. April 2021 – 4 CE 21.601 –, juris, Rn. 24 ff.

Die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung ergibt sich bereits aus § 3 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vom 3. Dezember 2021 (GV. NRW. 2021 S. 1246b), zuletzt geändert durch Art. 1 der Änderungsverordnung vom 29. Dezember 2021 (GV. NRW. 2021 S. 1464) – Coronaschutzverordnung (CoronaSchVO). Danach ist in Innenräumen, in denen – wie in einem Gerichtsgebäude – mehrere Personen zusammentreffen, soweit diese Innenräume – mit oder ohne Eingangskontrolle – auch Kundinnen und Kunden beziehungsweise Besucherinnen und Besuchern zugänglich sind, mindestens eine medizinische Maske (sogenannte OP-Maske) zu tragen. Mit den Vorgaben zur Maskenpflicht verfolgt der Verordnungsgeber den legitimen Zweck, die Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) einzudämmen und damit Leben und Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems zu erhalten (§ 28a Abs. 3 Satz 1 IfSG, § 1 Abs. 1 CoronaSchVO).

Zur Maskenpflicht für vollständig geimpfte Personen vgl. ausführlich OVG NRW, Beschluss vom 28. Juli 2021 – 13 B 1041/21.NE –, juris, Rn. 50 ff.; zur Maskenpflicht in gastronomischen Einrichtungen vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Dezember 2021 – 13 B 1748/21.NE –, juris, Rn. 3.

Die Anordnung der Präsidentin des Landgerichts F.     , wonach es für die Befreiung von der Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske der Vorlage eines qualifizierten ärztlichen Attests bedarf, will Missbräuche ausschließen, um damit den Ausnahmecharakter einer Befreiung zu wahren.

Vgl. dazu auch Eibenstein/Schlereth/Lang, Das ärztliche Attest in der COVID-19-Pandemie, in: COVuR 2021, 148.

Sie bezweckt die Gewährleistung einer konsequenten und effektiven Durchsetzung der Maskenpflicht im Gerichtsgebäude, die dem Schutz von Leben und Gesundheit von dort sich aufhaltenden Personen dient. Dadurch soll wiederum ein ordnungsgemäßer Dienstbetrieb bis hin zum Erhalt der Funktionsfähigkeit des Gerichts sichergestellt werden.

2. Nach der im vorliegenden Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage dürfte die Anordnung nicht in unverhältnismäßiger Weise in die Grundechte der von der Befreiungsanordnung betroffenen Personen eingreifen (a). Sie dürfte auch die sonstigen Grenzen des Hausrechtes wahren (b).

a. Die Pflicht zur Offenbarung besonders sensibler Gesundheitsdaten stellt einen nicht unerheblichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) dar. Zudem dürfte auch ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) denjenigen Personen vorliegen, die zur Ausübung ihres Berufs – wie beispielsweise Rechtsanwälte – das Gerichtsgebäude betreten, da ihnen bei Nichtvorlage eines qualifizierten ärztlichen Attests der Zutritt ohne Maske verwehrt bleibt.

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Dieser Eingriff dürfte aber zur Abwendung der Gefahr von Störungen im Dienstbetrieb gerechtfertigt sein.

Die Anordnung zur Vorlage eines qualifizierten ärztlichen Attests dient dem legitimen Zweck, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb zu gewährleisten (s.o). Sie dürfte zur Erreichung dieses Zwecks auch geeignet (aa), erforderlich (bb) und angemessen (cc) sein.

aa. Für die Eignung genügt bereits die Möglichkeit, durch die Regelung den mit dieser verfolgten Zweck zu erreichen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Dezember 2021 – 13 B 1901/21.NE –, juris, Rn. 59.

Dies dürfte der Fall sein. Die von der Präsidentin aufgestellten Anforderungen an ein Befreiungsattest entsprechen den vom Senat für die Glaubhaftmachung einer Befreiung von der „Maskenpflicht“ auf dem Schulgelände und in Schulgebäuden aufgestellten Anforderungen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. September 2020 – 13 B 1368/20 –, juris, Rn. 11.

Sie sollen eine sachgerechte Entscheidung über die Befreiung von der Maskenpflicht aus medizinischen Gründen ermöglichen.

Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 5. Juli 2021 – 13 B 720/21 –, juris, Rn. 28.

Dass die Präsidenten des Landgerichts – oder die von ihr mit der Überprüfung des Attests betraute Person – über keinen besonderen medizinischen Sachverstand verfügt, ist unschädlich, da sich ihre Prüfung darauf beschränkt, ob die dargelegten medizinischen Gründe für eine Befreiung von der sog. Maskenpflicht für einen medizinischen Laien plausibel sind.

Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 5. Juli 2021 – 13 B 720/21 –, juris, Rn. 30.

Wen die Präsidentin konkret mit einer solchen Überprüfung betraut, ist dabei unerheblich, solange diese Person ebenfalls zum Datenschutz und zur Verschwiegenheit verpflichtet ist (s. u.). Dies trifft auf die von der Präsidentin mit der Aufgabe der Plausibilitätsprüfung von ärztlichen Befreiungsattesten betraute Geschäftsleitung des Landgerichts F.      (vgl. Antragserwiderung vom 20. Dezember 2021, S. 5) zu.

bb. Die Verpflichtung zur Vorlage eines qualifizierten ärztlichen Attests ist zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebs auch erforderlich. Insbesondere stellt die Pflicht zur Vorlage eines einfachen Befreiungsattests kein milderes Mittel gleicher Eignung dar. Ein allein das Untersuchungsergebnis bescheinigende Attest lässt eine Nachprüfung des Vorliegens gesundheitlicher Gründe nicht zu. Eine hierauf beschränkte Vorlagepflicht wäre mithin nicht geeignet, etwaigen Missbräuchen entgegenzuwirken.

Vgl. dazu nur https://www.zdf.de/nachrichten/digitales/coronavirus-blanko-attest-100.html und https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/Falsche-Corona-Atteste-Verfahren-gegen-Aerztin-zieht-weitere-Kreise-416512.html.

Unabhängig davon drängt sich auch nicht ohne weiteres auf, dass das Tragen einer (lediglich) medizinischen Maske aus gesundheitlichen Gründen im Einzelfall in jeder Lebenssituation und damit insbesondere losgelöst von der Dauer der Tragepflicht unzumutbar ist, also etwa auch dann, wenn sie sich wie hier nach Aktenlage am 22. Juni 2021 auf den Weg zum Sitzungssaal beschränkt hätte.

cc. Schließlich ist die Pflicht zur Vorlage eines qualifizierten ärztlichen Attests auch angemessen. Die Angemessenheit und damit die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne erfordert, dass der mit der Maßnahme verfolgte Zweck und die zu erwartende Zweckerreichung nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs stehen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Dezember 2021 – 13 B 1901/21.NE –, juris, Rn. 110.

Letzteres dürfte hier der Fall sein. Der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird deutlich durch den Umstand abgemildert, dass die personenbezogenen Gesundheitsdaten keinem Privaten, sondern – wie auch im schulischen Bereich – einer zum Datenschutz und zur Verschwiegenheit verpflichteten öffentlichen Stelle offenbart werden.

Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 1. April 2021 – 13 B 104/21 –, juris, Rn. 14 ff.; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 4. Januar 2021 – OVG 11 S 132/20 –, juris, Rn. 25.

Hinzu kommt, dass die Angaben nach den Hinweisen der Präsidentin des Landgerichts F.     , an deren Richtigkeit zu zweifeln der Senat keinen Anlass hat, nicht gespeichert oder in anderer Weise weiterverarbeitet werden. Vor diesem Hintergrund liegt die Befürchtung des Antragstellers fern, ihm entstünden bei Preisgabe seiner höchstpersönlichen Krankheitsdaten berufliche Nachteile.

b. Auch die sonstigen Grenzen des Hausrechts werden gewahrt.

aa. Die sitzungspolizeilichen Befugnisse der bzw. des Vorsitzenden nach § 176 GVG bleiben durch die Anordnung der Präsidentin des Landgerichts F.      unberührt (vgl. auch § 3 Abs. 2 Nr. 15 CoronaSchVO).

bb. Ferner dürfte kein Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz vorliegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Verhandlung „öffentlich“ im Sinne von § 55 VwGO i. V. m. § 169 Satz 1 GVG, wenn sie in Räumen stattfindet, die während der Dauer der Verhandlung grundsätzlich jedermann zugänglich sind.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. März 2000 – 8 B 287.99 –, BVerwGE 111, 61-62, juris, Rn. 11.

Maßnahmen, die den Zugang zu einer Gerichtsverhandlung nur unwesentlich erschweren und keine persönlichkeitsbezogene Auswahl der Zuhörerschaft beinhalten, sind mit dem Öffentlichkeitsgrundsatz zu vereinbaren, wenn für sie aus Sicherheitsgründen ein verständlicher Anlass besteht. Ihre Anordnung steht im pflichtgemäßen Ermessen des die Sitzungspolizei ausübenden Vorsitzenden oder aber in Fällen, in denen die Sicherheit des ganzen Gerichtsgebäudes gefährdet erscheint, im Ermessen des Gerichtspräsidenten, der das Hausrecht innehat. Daher kann der Zugang zu Gerichtsverhandlungen von Ausweiskontrollen, Durchsuchungen und ähnlichen Maßnahmen abhängig gemacht werden, wobei die Anordnung vom Gerichtspräsidenten als Hausrechtsinhaber zu treffen ist, wenn es um die Sicherheit des gesamten Gebäudes oder jedenfalls von über den Sitzungssaal hinausgehenden Teilen des Gebäudes geht.

Vgl. OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 26. Oktober 2010 – OVG 10 B 2.10 –, juris, Rn. 58 m.w.N.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe dürfte kein Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz vorliegen. Die Pflicht zur Vorlage eines qualifizierten Befreiungsattests stellt eine Zugangsmodalität dar, die nicht faktisch zum Ausschluss der Öffentlichkeit insgesamt oder auch nur einzelner Personengruppen oder Personen führt. Insbesondere ist es nach den vorstehend genannten Ausführungen zumutbar, ein solches Attest vorzulegen. Werden demgegenüber keine nachvollziehbaren gesundheitlichen Befreiungsgründe glaubhaft gemacht, sind die mit dem Tragen einer medizinischen Maske im Gerichtsgebäude verbundenen Unannehmlichkeiten zum Schutz eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebs hinzunehmen.

Anlass zu einer abweichenden Beurteilung bietet voraussichtlich auch nicht der vom Antragsteller monierte Umstand, dass die Ladungsverfügungen des Landgerichts F.      keinen Hinweis auf die Pflicht zur Vorlage eines qualifizierten ärztlichen Attests enthalten. Zwar ist ihm darin zuzustimmen, dass die Aufnahme eines zusätzlichen Hinweises in die Ladungsverfügung schon allein zur Vermeidung einer Terminverlegung dienlich wäre. Allerdings dürfte es genügen, dass das Landgericht F.      auf seiner Webseite auf die Mindestanforderungen für ein zur Befreiung von der Maskenpflicht vorzulegendes Attest hinweist.

Vgl. https://www.lg-F.     .nrw.de/behoerde/Corona-Pandemie/40_2020_11_12_LGEsn_Anl_Hinweis-wegen-des-Nichttragens-einer-Maske-aus-medizinischen-Gruenden.pdf.

Von den Beteiligten sowie der Öffentlichkeit, welche den Inhalt der Ladungsverfügungen ohnehin nicht kennt, dürfte in der aktuellen Pandemiesituation zu erwarten sein, sich vor dem Aufsuchen eines Gerichtsgebäudes über etwaige aufs jeweilige Hausrecht gestützte Infektionsschutzmaßnahmen zu erkundigen.

cc. Ob die Präsidentin mit der Anordnung zur Vorlage eines qualifizierten ärztlichen Attests über § 3 Abs. 2 Nr. 16 CoronaSchVO hinausgeht, worin keine weiteren Anforderungen an das zum Nachweis der Befreiung von der Maskenpflicht aus medizinischen Gründen vorzulegende ärztliche Zeugnis gestellt werden, kann im vorliegenden Verfahren dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls dürfte die CoronaSchVO weitergehenden Anordnungen, die – wie hier – auf das Hausrecht gestützt werden, nicht entgegenstehen.

Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 7. April 2021 – 4 CE 21.601 –, juris, Rn. 27 VG München, Beschluss vom 22. März 2021 – M 30 E 21.1308 –, juris, Rn. 28 ff.

Abweichendes lässt sich weder der Coronaschutzverordnung noch ihrer Begründung entnehmen. Insbesondere verhält sich § 7 Abs. 2 CoronaSchVO, der das Verhältnis der Coronaschutzverordnung zu Regelungen im Wege der Allgemeinverfügung regelt, nicht zu der Frage, ob weitergehende Infektionsschutzmaßnahmen auf das Hausrecht gestützt werden dürfen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG. Der Antrag zielt inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, sodass eine Reduzierung des Auffangstreitwerts für das Eilverfahren nicht veranlasst ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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