BUNDESARBEITSGERICHT
Az.: 10 AZR 7/02
Urteil vom 25.9.2002
Leitsätze
1. Kann ein Arbeitsverhältnis ordentlich nur zum Schluß eines Kalendervierteljahres gekündigt werden, ist eine zum „1. April“ ausgesprochene Kündigung in der Regel dahin auszulegen, daß sie das Arbeitsverhältnis zum 31. März beenden soll.
2. Bei der Rückforderung einer Zuwendung im Wege des Einbehalts von Arbeitsvergütung sind die Pfändungsgrenzen zu beachten.
Das Bundesarbeitsgericht hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom xxx für Recht erkannt:
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Juli 2001 – 6 Sa 1559/00 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, vom Gehalt der Klägerin für den Monat März 2000 die im November 1999 gezahlte Zuwendung einzubehalten.
Die Klägerin wurde von der Beklagten mit Wirkung vom 27. Januar 1998 als Altenpflegerin eingestellt. Nach § 9 des Arbeitsvertrages beträgt die Kündigungsfrist sowohl für Angestellte als auch für Arbeiter nach einer Beschäftigungszeit von mehr als einem Jahr sechs Wochen zum Ende eines Kalendervierteljahres. Nach § 14 des Arbeitsvertrages gelten für die Arbeitsbedingungen im übrigen die Bestimmungen des Tarifvertrages zwischen der DSK Sozialdienste gGmbH in Rheinland-Pfalz und der ÖTV, Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz, in Kraft seit dem 1. Juli 1990. Nach § 2 dieses Tarifvertrages finden zur Regelung der Arbeitsbedingungen grundsätzlich die Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Angestellte bei Bund und Ländern (BAT) und nach § 5 Ziff. 5 der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte (TV Zuwendung) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.
Die Beklagte zahlte der Klägerin mit der Abrechnung November 1999 eine als „WEIHNACHTSG .AUT“ bezeichnete Zuwendung in Höhe von 4514,06 DM brutto. Am 17. Januar 2000 kündigte die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis schriftlich mit folgendem Wortlaut:
„Betrifft: Kündigung
Hiermit möchte ich mein Arbeitsverhältnis aus persönlichen Gründen fristgerecht zum 01.04.2000 kündigen.“
Der 1. April 2000 war ein Samstag. Die Klägerin vereinbarte zum 1. April 2000 ein neues Arbeitsverhältnis mit dem J. e.V.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 TV Zuwendung ist der Erhalt der Zuwendung davon abhängig, daß der Angestellte nicht in der Zeit bis einschließlich 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet. § 1 Abs. 5 TV Zuwendung bestimmt:
„Hat der Angestellte in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 oder des Absatzes 3 Satz 1 letzter Halbsatz die Zuwendung erhalten, so hat er sie in voller Höhe zurückzuzahlen, …“
Die Beklagte zog von den Bruttobezügen der Klägerin für März 2000 4514,06 DM ab und kehrte den aus dem verbleibenden Bruttobetrag von 1525,84 DM sich errechnenden Nettobetrag von 1267,01 DM an die Klägerin aus.
Diesen einbehaltenen Betrag hat die Klägerin mit ihrer am 7. August 2000 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis sei auf Grund der Kündigung vom 17. Januar 2000 nicht zum 31. März, sondern erst zum 1. April 2000 beendet worden. Wenn die Kündigung zu diesem Zeitpunkt nicht möglich gewesen sei, so wirke die Kündigung zum 30. Juni 2000, nicht aber zum 31. März 2000. Es sei ihr, der Klägerin, aus wirtschaftlichen Gründen gerade darum gegangen, die bereits erhaltene Sonderzuwendung nicht zurückzahlen zu müssen. Eine Aufrechnung sei zudem unwirksam, weil die Beklagte den Pfändungsschutz nach §§ 394 BGB, 850 a ff. ZPO nicht beachtet habe. Eine Aufrechnung gegenüber dem Bruttoanspruch sei nicht möglich.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 4514,06 brutto nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, die Klägerin sei zum 31. März 2000 ausgeschieden, so daß die erhaltene Zuwendung zurückzuzahlen sei. Die Pfändungsschutzvorschriften nach §§ 394 BGB, 850 a ff. ZPO seien nicht zu beachten gewesen. Sie, die Beklagte, habe nicht aufgerechnet. Durch Einbehalt der überzahlten Sonderzuwendung sei die Lohnforderung der Klägerin erloschen. Da erst am 1. April des Folgejahres feststehe, ob die Sonderzuwendung tatsächlich beim Arbeitnehmer verbleiben könne, müsse die schon geleistete Sonderzahlung wie ein Vorschuß behandelt werden. Nach § 1 Abs. 5 TV Zuwendung sei die Zuwendung zudem in voller Höhe und damit ohne Beschränkung zurückzuzahlen. Die Berufung der Klägerin auf den Pfändungsschutz sei auch treuwidrig. Der Pfändungsschutz würde dazu führen, der Klägerin eine Leistung zu erhalten, die ihr nicht zustünde.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit der zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht haben die Vorinstanzen die Beklagte für verpflichtet gehalten, der Klägerin den einbehaltenen Teil der Vergütung für März 2000 zu zahlen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe nur zum 31. März oder 30. Juni kündigen können. Die Beendigung zum 1. April sei „Wunsch“ der Klägerin gewesen; ihr Antrag auf einvernehmliche Festlegung des Beendigungsdatums sei aber durch die Beklagte nicht angenommen worden. Die Erklärung sei nach § 140 BGB in eine Kündigung zum 31. März 2000 umzudeuten. Der Arbeitnehmer könne den anspruchserhaltenden Tatbestand des Zuwendungstarifvertrages nicht durch eine fristwidrige Kündigung erzwingen; ein solches Verhalten sei rechtlich nicht zu billigen. Der Abzug des Betrages von den Bruttobezügen der Klägerin verstoße jedoch gegen Pfändungsschutzvorschriften. Eine Verrechnung von Überzahlungen mit Lohnsteuern und Beitragszahlungen für andere Zeiträume sei nicht möglich, so daß eine Aufrechnung Brutto gegen Brutto ausscheide. Die Beklagte sei darlegungs- und beweispflichtig dafür, daß keine Aufrechnungshindernisse vorliegen. Die erst im Kammertermin überreichte Abrechnung für März 2000 sei verspätet vorgelegt worden und habe nicht berücksichtigt werden können.
II. Dem folgt der Senat im Ergebnis, allerdings nur teilweise auch in der Begründung.
1. Der Anspruch der Klägerin aus § 611 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag auf das Gehalt für März 2000 ist unstreitig in Höhe des einbehaltenen Bruttobetrages entstanden.
2. Ein Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung der Sonderzuwendung für 1999 gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 TV Zuwendung ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses erst „zum 01.04.2000“ erklärt hat. Sie ist auf Grund ihrer Kündigung bereits zum 31. März 2000 aus den Diensten der Beklagten ausgeschieden. Dies ergibt bereits die Auslegung ihrer Kündigungserklärung nach §§ 133, 157 BGB.
a) Das Landesarbeitsgericht hat nicht erwogen, ob die Erklärung der Klägerin tatsächlich als Kündigung zum 31. März 2000 zu verstehen ist, sondern hat hierin einen Antrag auf einvernehmliche Aufhebung zum 1. April 2000 gesehen, der von der Beklagten nicht angenommen worden ist.
b) Die Auslegung dieser nichttypischen Willenserklärung ist in erster Linie Sache der Tatsachengerichte und in der Revision nur eingeschränkt überprüfbar. Der Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt allein, ob die Rechtsvorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt worden sind, ob dabei gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen und der Tatsachenstoff vollständig verwertet worden ist (BAG 17. Mai 2001 – 2 AZR 460/00 – EzA BGB § 620 Kündigung Nr. 3 mwN).
c) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts hält jedoch auch diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab nicht stand. Nach §§ 133, 157 BGB erfolgt die Auslegung einer Kündigung unter Berücksichtigung deren Wortlauts und sämtlicher sonstiger für die Verständnismöglichkeit maßgeblichen erkennbaren Umstände. Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind so auszulegen, wie der Erklärungsempfänger sie nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen mußte. Auf seinen Horizont und seine Verständnismöglichkeit ist auch dann abzustellen, wenn der Erklärende seine Erklärung selbst anders verstanden hat. Abzustellen ist auf den objektiv ermittelten Erklärungswert (Palandt/Heinrichs BGB 61. Aufl. § 133 Rn. 9).
Danach liegt in der Kündigungserklärung der Klägerin kein Angebot auf eine einvernehmliche Beendigung. Das Schreiben vom 17. Januar 2000 ist mit „Betrifft: Kündigung“ überschrieben. Die Verwendung des Begriffs der Kündigung schon in der Überschrift und der sodann bekundete Wille, fristgerecht zu „kündigen“, schließen es aus, aus Sicht des Erklärungsempfängers von einem Angebot auf einvernehmliche Beendigung auszugehen.
d) Der Senat kann die Kündigungserklärung selbst auslegen. Geht es allein um die Auslegung einer Urkunde und scheiden besondere Umstände des Einzelfalls aus, die der Auslegung eine bestimmte, der Beurteilung des Revisionsgerichts entzogene Richtung geben könnten, kann das Revisionsgericht die Auslegung selbst vornehmen (BAG 28. Februar 1991 – 8 AZR 89/90 – BAGE 67, 279; 28. Februar 1990 – 7 AZR 143/89 – BAGE 64, 220, 227).
e) Solche Umstände könnten zwar nach dem von der Klägerin bestrittenen Vortrag der Beklagten vorliegen. Danach hatte die Beklagte bei Abgabe des Kündigungsschreibens darauf hingewiesen, daß die Kündigung nur zum 31. März 2000 wirken könne, was die Klägerin widerspruchslos akzeptiert habe. Darin hätte zwar keine einvernehmliche Aufhebung zum 31. März 2000 gelegen. Aus Sicht der Beklagten konnte aber diese behauptete widerspruchslose Hinnahme der Erklärung, daß die Kündigung nur zum Quartalsende wirken könne, nur bedeuten, daß die Klägerin das Arbeitsverhältnis tatsächlich zum 31. März 2000 beenden wollte.
f) Auch ohne diese behaupteten Begleitumstände bei Abgabe der Kündigungserklärung mußte die Beklagte die Erklärung der Klägerin, fristgemäß zum 1. April 2000 kündigen zu wollen, nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte so verstehen, daß die Klägerin mit Ablauf des ersten Quartals 2000, mithin zum 31. März 2000, aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden wollte.
Die Erklärung der Klägerin, „fristgemäß zum 01.04.2000“ kündigen zu wollen, ist nicht eindeutig und damit auslegungsbedürftig. Nach § 9 des Arbeitsvertrages betrug die beiderseitige Kündigungsfrist nach einer Beschäftigungszeit von mehr als einem Jahr sechs Wochen zum Ende eines Kalendervierteljahres. Kündigungstermine sind nicht einseitig disponibel (BAG 18. April 1985 – 2 AZR 197/84 – AP BGB § 622 Nr. 20 = EzA BGB § 622 nF Nr. 21), so daß die Klägerin mit einer am 17. Januar erklärten „fristgemäßen“ Kündigung ihr Arbeitsverhältnis nur zum 31. März 2000 oder zum 30. Juni 2000, nicht aber zum 1. April 2000 beenden konnte.
Fristgemäße Kündigungen werden regelmäßig zum nächsten Kündigungstermin ausgesprochen. Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin erst mit Ablauf des nächsten Quartals zum 30. Juni ausscheiden wollte, bestehen nicht. Aus Sicht der Beklagten konnte die „fristgemäße Kündigung zum 1. April 2000“ nur bedeuten, daß die Klägerin zum Schluß des ersten Quartals ausscheiden und sich mit Beginn des zweiten Quartals neu orientieren wollte. Es ist nämlich nicht unüblich, daß bei festgeschriebenen Kündigungsterminen in einer auf die fristgerechte Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichteten Kündigung nicht der letzte Tag des Arbeitsverhältnisses, sondern der erste Tag nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses benannt wird.
Es bestand auch kein Anlaß für die Annahme, die Klägerin wolle trotz erklärter „fristgemäßer“ Kündigung vertragswidrig das Arbeitsverhältnis zu einem nicht zulässigen Kündigungstermin beenden. Es mag sein, daß die Klägerin subjektiv die Vorstellung gehabt hat, mit einer Kündigung zum Ablauf des 1. April 2000 die Zuwendung für das Jahr 1999 behalten zu können. Dies rechtfertigt jedoch kein anderes Auslegungsergebnis, weil die Klägerin eine entsprechende Absicht der Beklagten gegenüber nicht kundgetan hat.
3. Am 1. April 2000 hat die Klägerin nicht mehr für die Beklagte gearbeitet, vielmehr ist sie mit Wirkung ab 1. April 2000 ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen. Unter diesen Umständen könnte ein „Ausscheiden“ bis einschließlich 31. März iSv. § 1 Abs. 1 Nr. 3 TV Zuwendung selbst dann anzunehmen sein, wenn entsprechend dem ersten Eindruck des Wortlauts eine Kündigung zum Ablauf des 1. Aprils erklärt wäre. Dies kann jedoch ebenso dahinstehen wie die weiteren Voraussetzungen des Rückzahlungsanspruchs der Beklagten gem. § 1 Abs. 5 TV Zuwendung. Entgegen der Auffassung der Beklagten war sie jedenfalls nicht berechtigt, den Rückforderungsanspruch von dem fälligen Bruttogehaltsanspruch der Klägerin für März 2000 ohne Aufrechnung nach §§ 387 ff. BGB in Abzug zu bringen. Dafür gibt es keine Rechtsgrundlage.
a) Der Arbeitgeber darf ohne Rücksicht auf die Pfändungsgrenzen (§ 394 BGB iVm. §§ 850 a ff. ZPO) im Wege der Verrechnung nur Vorschüsse von der verdienten Vergütung in Abzug bringen (BAG 15. März 2000 – 10 AZR 101/99 – BAGE 94, 73, 83 ff.). Dazu bedarf es keiner Aufrechnungserklärung nach § 388 BGB (BAG 13. Dezember 2000 – 5 AZR 334/99 – AP BGB § 394 Nr. 31 = EzA TVG § 4 Friseurhandwerk Nr. 1). Ein Vorschuß ist eine vorweggenommene Vergütungstilgung. Bei einer Vorschußgewährung sind sich Vorschußgeber und Vorschußnehmer darüber einig, daß der letztere Geld für eine Forderung erhält, die entweder noch gar nicht entstanden oder nur aufschiebend bedingt entstanden oder zwar entstanden, aber noch nicht fällig ist. Beide Teile sind sich weiterhin darüber einig, daß der Vorschuß auf die Forderung zu verrechnen ist, wenn die Forderung unbedingt entsteht oder fällig wird. Entsteht die Forderung nicht oder nicht zeitgerecht, ist der Vorschußnehmer verpflichtet, den erhaltenen Vorschuß dem Vorschußgeber zurückzugewähren (BAG 15. März 2000 – 10 AZR 101/99 – aaO mwN). Wird der Vertrag beendet, ist der Vorschuß auszugleichen; er kann mit dem Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers verrechnet werden (BAG 13. Dezember 2000 – 5 AZR 334/99 – aaO). Die Verpflichtung zur Rückzahlung als Vorschuß kann sich auch aus einem Tarifvertrag ergeben (BAG 25. Februar 1993 – 6 AZR 334/91 – BAGE 72, 290; vgl. zB auch Abschnitt B § 3 des Tarifvertrages über Sonderzahlungen im Einzelhandel NRW vom 20. September 1996). Die Leistung muß aber eindeutig als Vorschuß bestimmt sein.
b) Die Sonderzuwendung nach dem TV Zuwendung ist demgegenüber entgegen der Auffassung der Beklagten nicht als Gehaltsvorschuß anzusehen, der erst endgültig verdient ist, wenn das Arbeitsverhältnis über den 31. März des folgenden Kalenderjahres fortgesetzt wird. Der Anspruch auf die Zuwendung entsteht zunächst unbedingt, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 1 TV Zuwendung erfüllt sind, und wird gem. § 1 Abs. 1 TV Zuwendung jedenfalls noch im Kalenderjahr fällig. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich der Vorschußcharakter auch nicht aus § 4 Abs. 1 TV Zuwendung. Danach „soll“ die Zuwendung spätestens am 1. Dezember gezahlt werden. Es handelt sich um eine reine Fälligkeitsbestimmung, die keinen Rückschluß auf einen Vorschußcharakter der Sonderzuwendung erlaubt, sondern dem Arbeitgeber einen eingeschränkten Ermessungsspielraum einräumt, für die im Kalenderjahr zu leistende Zahlung aus kassentechnischen Gründen einen anderen – insbesondere früheren – Zahlungstermin zu wählen. Entfällt durch Ausscheiden des Angestellten auf eigenen Wunsch im ersten Quartal des folgenden Kalenderjahres nachträglich die Rechtsgrundlage für die geleistete Zuwendung, erhält der Arbeitgeber einen eigenen tariflichen Rückzahlungsanspruch nach § 1 Abs. 5 TV Zuwendung, der nicht als Gehaltsvorschuß ausgestaltet ist und im übrigen – um die Schutzfunktion des § 394 BGB nicht zu umgehen – auch nicht als Vorschuß ausgestaltet werden dürfte (BAG 15. März 2000 – 10 AZR 101/99 – aaO).
4. Der Anspruch der Klägerin ist nicht – auch nicht teilweise – durch Aufrechnung nach §§ 387, 389 BGB erloschen. Dies ergibt sich bereits daraus, daß die Beklagte zu keinem Zeitpunkt die nach § 398 BGB erforderliche Aufrechnungserklärung abgegeben hat oder auch nur abgeben wollte.
Eine Aufrechnung kann zwar auch konkludent erklärt werden und sich auch aus einer Lohnabrechnung ergeben, in der Beträge einbehalten werden. Der Aufrechnungswille muß jedoch klar erkennbar sein (Mikosch AR-Blattei SD Aufrechnung im Arbeitsverhältnis Rn. 18). Dies war hier nicht der Fall. Auch später hat sich die Beklagte nicht darauf berufen, die Verrechnung mit der Vergütung für März 2000 sei – zumindest hilfsweise – als Aufrechnung anzusehen und gewollt gewesen.
Soweit das Landesarbeitsgericht gleichwohl eine Aufrechnung unterstellt hat, moniert dies die Beklagte mit Recht. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie nochmals bekräftigt, sie habe keinesfalls aufrechnen, sondern einbehalten wollen. Mit dem Einbehalt sei die Lohnforderung erloschen.
Unter diesen Umständen hat der Senat nicht zu entscheiden, ob das Landesarbeitsgericht für die von ihm unterstellte Aufrechnung die von der Beklagten im Termin vom 26. Juli 2001 vorgelegte Abrechnung hätte berücksichtigen müssen. Da die Aufrechnung von der Beklagten tatsächlich weder gewollt noch erklärt wurde, kommt es auf die Berechnung der Pfändungsgrenzen nicht an. Wenn bereits ein aufrechenbarer Rückzahlungsanspruch gem. § 1 Abs. 5 TV Zuwendung bestand, war es Sache der Beklagten, den rechtlichen Zusammenhang mit der Vergütungsforderung der Klägerin herzustellen, indem sie die Einrede der Aufrechenbarkeit geltend machte. Von Amts wegen sind die entsprechenden Rechtsfolgen gegen den erklärten Willen der Beklagten nicht herbeizuführen (vgl. Sörgel/Teichmann BGB 12. Aufl. § 242 Rn. 300).
5. Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB.
III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.