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Zwangsersteigerung – Mietzahlung an Zwangsverwalter

Oberlandesgericht Düsseldorf

Az: I-10 U 60/10

Urteil vom 23.12.2010


Auf die Berufungen der Parteien wird das am 7. April 2010 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf – Einzelrichterin – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Klägerin teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 535,50 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 14.11.2008 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Klägerin zu 92 %, der Beklagte zu 8 %.

Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 95 %, der Beklagte zu 5 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache lediglich in Höhe eines Betrages von 535,50 € (= Nutzungsentschädigung Lagerfläche Juli 2008) Erfolg. Demgegenüber führt die Berufung des Beklagten – abgesehen von dem auf die Berufung der Klägerin dieser zuerkannten Betrag von 535,50 € – zur Aufhebung der erstinstanzlichen Verurteilung über einen Betrag von insgesamt 4.876,65 € und in diesem Umfang zur Abweisung der Klage. Das beruht im Einzelnen auf folgenden Erwägungen:

A. Berufung der Klägerin

1. Mietzins- bzw. Nutzungsentschädigungsansprüche Halle 3.677,48 €

Entsprechend der mit Schriftsatz vom 01.12.2008 (GA 11 ff.) korrigierten Berechnung setzt sich der geltend gemachte Anspruch wie folgt zusammen:

genutzte Fläche 479 qm x 4,00 € x 50 Tage (12.06. – 31.07.2008) = 3.090,32 €

Mehrwertsteuer 587,16 €

Sa. 3.677,48 €

Das Landgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung restlicher Miete bzw. Nutzungsentschädigung u.a. mit der Begründung abgelehnt, der Beklagte habe die Miete noch schuldbefreiend an den Zwangsverwalter zahlen können. Die Klägerin habe auch nicht bzw. jedenfalls nicht substanziiert bestritten, dass der Beklagte die Miete für Juni nicht an den Zwangsverwalter gezahlt habe. Nach der Beweisaufnahme stehe auch nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte mehr als die ihm vermietete Teilfläche von 150 qm der Halle genutzt habe. Hiergegen wendet sich die Klägerin nur teilweise mit Erfolg.

a.

Die Klägerin hat – ausgehend von einer vermieteten Fläche von 150 qm – einen Anspruch auf Mietzahlung in geltend gemachter anteiliger Höhe von 452,20 € (= 150 qm x 4 € : 30 Tage x 19 Tage = 380 € + MWSt) gegen den Beklagten nicht gemäß §§ 146, 90, 57 ZVG, 566 BGB durch den Zuschlag am 12.08.2008 erworben. Ist das Grundstück – wie hier durch den Mietvertrag vom 9./13.05.2008 mit dem Zwangsverwalter (GA 19) – einem Mieter überlassen, findet u. a. die Vorschrift des § 566 BGB entsprechende Anwendung. Danach tritt der Ersteher bei Versteigerung des Grundstücks als Erwerber an Stelle des Schuldners in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. Insoweit macht es keinen Unterschied, ob der Mietvertrag noch mit dem Schuldner oder erst während eines laufenden Zwangsverwaltungsverfahrens mit dem Zwangsverwalter abgeschlossen worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 20.5.1992, MDR 1992, 871 = NJW 1992, 3041 = Rpfleger 1992, 403 = WM 1992, 1543 = ZIP 1992, 862 – XII ZR 77/91; Senat , Urt. v. 8.10.2009, I-10 U 62/09).

Durch den Eigentumsübergang tritt hinsichtlich der vertraglichen Ansprüche eine Zäsur ein: alle schon vorher entstandenen und fällig gewordenen Ansprüche bleiben bei dem bisherigen Vermieter und nur die nach dem Zeitpunkt des Eigentumswechsels fällig werdenden Forderungen stehen dem Grundstückserwerber zu (BGH, Urt. v. 9.2.2005, DWW 2005, 103 = GE 2005, 362 = NJW 2005, 1187 = NZM 2005, 253 = WuM 2005, 201 = ZMR 2005, 354 – VIII ZR 22/04; Urt. v. 19.6.2006, GE 2006, 1034 = NZM 2006, 696 = WuM 2006, 435 = ZMR 2006, 761 – VIII ZR 284/05; Palandt/Weidenkaff, BGB, 69. Aufl. 2010, § 566, RdNr. 17). Der Ersteher erwirbt danach nur solche Mietforderungen, die nach dem Zuschlag fällig werden. Ob die Forderung vor dem Zuschlag erfüllt worden ist, wie der Beklagte behauptet, ist unerheblich.

Da die Miete für die Hallenfläche gemäß § 4 des Mietvertrages (GA 20) monatlich im Voraus, spätestens bis zum dritten Werktag auf das Konto des Zwangsverwalters zu zahlen war, ist der Anspruch insoweit spätestens am 04.06.2008 (= Mittwoch) und damit zeitlich vor dem Zuschlag (12.08.2008) fällig geworden und nicht auf die Klägerin als Erwerberin übergegangen. Für die Anwendung der §§ 412, 407 BGB ist daneben kein Raum. Auf die Ausführungen der Klägerin zur Verletzung einer Hinweispflicht durch das Landgericht kommt es mithin nicht an.

b.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht der Klägerin jedoch wegen verspäteter Rückgabe der Hallenfläche erst zum 31.07.2008 ein Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für den Monat Juli 2008 in vereinbarter Höhe von 535,50 € (= 450,00 € + 19 % MWSt) zu. Der Beklagte, den insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft (Nies in Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl., § 546 a BGB, RdNr. 2 m.w.N.), hat nicht bewiesen, die gemietete Hallenfläche vor dem 31.07.2008 geräumt und zurückgegeben zu haben. Welche Gegenstände an welcher Stelle der Halle bis zum 31.07.2008 vorhanden waren und wem diese zugeordnet waren, ist nach der zutreffenden Würdigung des Landgerichts, die der Senat sich zu eigen macht, anhand der Aussagen der Zeugen V., H., von L. und M. nicht festzustellen. Damit ist der Beklagte für eine fristgerechte Räumung und Herausgabe zum 30.06.2008 beweisfällig geblieben und schuldet die vereinbarte Miete nach Ablauf des Mietvertrages zum 30.06.2008 insoweit als Nutzungsentschädigung.

Soweit die Klägerin weitergehend für die Mietfläche über den vereinbarten qm-Preis von 3 € netto (= 450 € : 150 qm) hinaus eine Nutzungsentschädigung von insgesamt 4 € verlangt, hat sie eine ortsübliche Nutzungsentschädigung in dieser Höhe weder schlüssig dargelegt noch bewiesen.

c.

Über die laut Vertrag mit dem Zwangsverwalter gemietete Fläche von 150 qm hinaus, hat die Klägerin einen weiteren Mietvertrag mit dem Beklagten über eine zusätzliche Hallenfläche von 329 qm nicht dargetan, so dass Ansprüche aus § 546 a BGB insoweit nicht in Betracht kommen.

Ansprüche auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung aus den §§ 812, 987, 990 BGB scheitern bereits daran, dass die Klägerin eine Nutzung der Hallenfläche über die gemietete Fläche hinaus weder schlüssig dargetan noch bewiesen hat.

Soweit die Klägerin insoweit die Beweiswürdigung des Landgerichts angreift, rechtfertigt dies eine Abänderung des angefochtenen Urteils nicht. Sie setzt damit lediglich ihre Bewertung der Beweise an Stelle der des Gerichts, was für den Berufungsgrund des §§ 513, 529 I Nr. 1 ZPO nicht ausreicht. § 529 I ZPO normiert eine grundsätzliche Bindung des Berufungsgerichts an die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts. Eine Wiederholung der Beweisaufnahme kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Hieran fehlt es. Das Landgericht ist unter Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen von Beweisaufnahme und Beweiswürdigung zu einem auch vom Senat für richtig gehaltenen Ergebnis gelangt.

Das Landgericht hat den Prozessstoff in ausreichender Weise gewürdigt und die an das Beweismaß zu stellenden Anforderungen zutreffend eingeschätzt. Es hat sich mit den Aussagen insbesondere der Zeugen V., H., von L. und M. in hinlänglicher Weise auseinander gesetzt und hieraus mit nachvollziehbarer Begründung abgeleitet, dass aufgrund der Zeugenaussagen eine über eine Fläche von 150 qm hinausgehende Nutzung der Halle nicht festgestellt werden kann. Die Beweiswürdigung des Erstgerichts ist in sich geschlossen, widerspruchsfrei, durchaus plausibel und nicht mit Verstößen gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze behaftet. Ausreichende Anhaltspunkte, die objektive Zweifel an der Richtigkeit der insoweit getroffenen Feststellungen begründen, werden von der Berufung weder schlüssig aufgezeigt noch sind sie dem erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien zu entnehmen. Der Aussage des Zeugen V. sind konkrete Anhaltspunkte für eine Nutzung der Hallenfläche über eine Fläche von 150 qm hinaus insoweit nicht zu entnehmen. Seine Zuordnung der in der Halle am 02.07.2008 noch lagernden Materialien (Druckmaschine + Elektronikzubehör) zur Firma des Beklagten ist rein spekulativ. Dass die Materialien auf Paletten aufgebaut gewesen sein sollen, rechtfertigt für sich allein nicht die Schlussfolgerung die Materialien seien von dem Beklagten dort gelagert gewesen. Das gilt umso mehr, als nach der Aussage des Zeugen von L., der seinen Mietvertrag über einen Teil der Hallenfläche von einem der Rechtsvorgänger der Klägerin ableitet, bereits in 2007 größere Geräte in der Halle gestanden haben, z. B. Drucker einer japanischen Firma. Für 2007 ist eine Teilnutzung der Halle durch den Beklagten aber nicht festgestellt. Der Mietvertrag mit dem Zwangsverwalter über einen Teil der Hallenfläche von 150 qm datiert erst aus 2008. Der Zeuge musste zudem einräumen, dass er nicht sagen könne, ob die Geräte dem nicht mit dem Beklagten identischen Unternehmen S., dass dann in Insolvenz gefallen sei oder dem Beklagten zuzuordnen waren. Gegenteiliges folgt auch nicht aus der Aussage des Zeugen H. Weder lässt sich dieser eine räumliche Einordnung der in der Halle verbliebenen Sachen zum Mietbereich des Beklagten entnehmen noch wird deutlich, woraus der Zeuge seine Schlussforderung zieht, dass es sich bei den zwischen August und Oktober möglicherweise von dem Beklagten gelagerten Kartons mit Elektroartikeln tatsächlich um Sachen des Beklagten handelte. Das gilt auch hier umso mehr als auch der Zeuge H. bekundet, dass der ebenfalls den Namen S. tragende Vater des Beklagten, d. h. einer der Schuldner, in dem Objekt noch Räumlichkeiten genutzt hat. Unter diesen Umständen ist nicht auszuschließen, dass die von den Zeugen beschriebenen Gegenstände nicht doch den Schuldnern bzw. der von dieser betriebenen GbR zuzurechnen sind. Die Aussage des Zeugen M. ist unergiebig.

2. Anteilige Miete Büro Erdgeschoss für Juni 2008 (263,78 €)

Die Klägerin wendet sich ohne Erfolg gegen die Zurückweisung des geltend gemachten Anspruchs auf Zahlung einer restlichen Miete für Juni 2008 in Höhe von 263,78 €. Der Senat lässt an dieser Stelle offen, ob die Klägerin wegen der fehlenden Identität zwischen den Schuldnern und der Vermieter-GbR durch den Zuschlag überhaupt in den bestehenden Mietvertrag vom 01.05.2007 (GA 23) über eine Bürofläche im Erdgeschoss des Gebäudes eingetreten ist. Selbst wenn hiervon auszugehen wäre, hat die Klägerin einen Anspruch auf Mietzahlung gegen den Beklagten nicht gemäß §§ 146, 90, 57 ZVG, 566 BGB durch den Zuschlag am 12.08.2008 erworben. Insoweit gilt das vorstehend unter 1.a) zum Anwendungsbereich der §§ 57 ZVG, 566 BGB Gesagte entsprechend.

Da die Miete für die Bürofläche gemäß § 5 Abs. 1 des Mietvertrages (GA 25) monatlich im Voraus, spätestens bis zum dritten Werktag zu zahlen war, ist der Anspruch insoweit spätestens am 04.06.2008 (= Mittwoch) und damit zeitlich vor dem Zuschlag (12.08.2008) fällig geworden und nicht auf die Klägerin als Erwerberin übergegangen.

Soweit die Nutzungen gemäß § 56 Satz 2 ZVG von dem Zuschlag an dem Ersteher gebühren, betrifft die Vorschrift nur den Binnenausgleich zwischen dem Schuldner und dem Ersteigerer, verschafft dem Ersteher aber wegen §§ 57 ZVG, 566 BGB keinen eigenen Anspruch auf Zahlung einer bereits vor dem Zuschlag fällig gewordenen Mietforderung gegen den Mieter (Stöber, ZVG, 19. Aufl., § 56, Anm. 3.2). Entsprechend § 667 BGB hat der Zwangsverwalter das von diesem Zeitpunkt an bis zur Aufhebung der Zwangsverwaltung Erlangte an den Ersteher herauszugeben (BGH, Urt. v. 24.9.2009, WM 2009, 680 = ZMR 2010, 106 – IX ZR 149/08).

3.

Rechtsanwaltskosten in Höhe von 661,16 € stehen der Klägerin nicht zu. Das Landgericht hat eine Schadensersatzpflicht mit der Begründung abgelehnt, es sei nach ihrem Vorbringen nicht erkennbar, dass und in Bezug auf welche Beträge der Beklagte vor Aufnahme der Tätigkeit durch ihren Prozessbevollmächtigten in Verzug gesetzt worden sei. Die Klägerin beruft sich zwar auf eine Verletzung der gerichtlichen Hinweispflicht, versäumt aber den vom Landgericht vermissten schlüssigen Vortrag nachzuholen. Ihre Behauptung, der Beklagte sei vor dem 15.09.2008 mehrfach durch den Zeugen M. zur Zahlung aufgefordert worden, ist substanzlos.

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B. Berufung des Beklagten

1.

Mit seiner Berufung wendet sich der Beklagte mit Erfolg gegen seine Verurteilung zur Zahlung der Miete für die Büroräume im Obergeschoss des streitgegenständlichen Objekts. Es mag dahin stehen, ob das Landgericht die erhobenen Beweise zutreffend gewürdigt und zu Recht angenommen hat, dass zwischen den Parteien in der Besprechung im Juli 2008 ein mündlicher Mietvertrag über die Büroräume im Obergeschoss des Objekts zustande gekommen ist. Selbst wenn ein Mietvertragsschluss als bewiesen anzusehen wäre, folgt hieraus nicht automatisch eine Zahlungspflicht des Beklagten.

Der vertragliche Anspruch auf Mietzinszahlung gemäß § 535 Abs. 2 BGB entsteht nur, wenn der insoweit vorleistungspflichtige Vermieter dem Mieter den unmittelbaren Besitz an der Mietsache verschafft hat. Wie Besitz zu verschaffen ist – nach Sachlage kommt hier nur unmittelbarer Besitz in Betracht -, bestimmt das Gesetz in § 854 BGB. Danach kann der Besitz durch Übertragung der tatsächlichen Gewalt vom alten auf den neuen Besitzer erworben werden (§ 854 I BGB) oder durch schlichte Einigung, falls der Erwerber in der Lage ist, die tatsächliche Gewalt über die Sache auszuüben (§ 854 II BGB). Mehr ist nicht erforderlich (BGH, Urt. v. 22.10.1975, BGHZ 65, 137 = JZ 1976, 65 = LM § 571 BGB Nr. 23 = MDR 1976, 218 = NJW 1976, 105 = WM 1975, 1231 – VIII ZR 122/74). Ebenso wie es an einer vollständigen Rückgabe der Mietsache fehlt, wenn der Mieter zwar seine Sachen aus den Räumen entfernt, die Schlüssel aber zurückbehält (BGH, Urt. v. 22.9.2010, VIII ZR 285/09; Urt. v. 10.1.1983, BGHZ 86, 204 – VIII ZR 304/81), fehlt es an einer Gebrauchsüberlassung, wenn der Vermieter dem Mieter die zugehörigen Schlüssel nicht aushändigt (OLG Düsseldorf, Urt. v. 1.4.2004, NZM 2004, 946 = OLGR 2004, 376 = ZMR 2004, 673 – 24 U 227/03; Staudinger/Emmerich, 2006, § 535 BGB, RdNr. 15). Nach nahezu einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum hat der Vermieter dem Mieter – sofern keine abweichende Vereinbarung besteht – sämtliche Schlüssel für die gemieteten Räume zu übergeben. Nur so kann ihm das alleinige Besitzrecht verschafft werden (Nachweise bei OLG Düsseldorf, a.a.O.). Im Streitfall hat der Beklagte bereits erstinstanzlich eingewendet, ihm sei die Mietsache nicht überlassen worden. Zweitinstanzlich hat er geltend gemacht, ihm seien auch keine Schlüssel überlassen worden.

Die für die Gebrauchsüberlassung darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat eine Gebrauchsüberlassung an den Beklagten weder schlüssig dargelegt noch bewiesen (§ 139 ZPO). Hierauf hat der Senat im Termin ausdrücklich hingewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann auch nicht festgestellt werden, dass der Beklagte die oberen Büroräume bereits in Benutzung genommen und dort seine Sachen eingebracht hat. Ein Mietzinsanspruch steht der Klägerin danach weder nach dem Haupt- noch nach ihrem Hilfsantrag zu.

2.

Der Beklagte greift auch seine Verurteilung zum Ersatz des den anerkannten Betrag von 416,50 € übersteigenden Mietausfalls von weiteren 291,50 € wegen verspäteter Räumung mit Erfolg an.

Wie aus dem überreichten Zuschlagsbeschluss (GA 56) hervorgeht, sind Schuldner und jeweils zu je ½ Anteil eingetragene Eigentümer zwei natürliche Personen nämlich die Herren Werner und Ulrich S. Diese haben die Räume im Erdgeschoss aber nicht an den Beklagten vermietet, sondern Vermieterin ist die W & S. GbR (GA 13), der nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. Januar 2001 (II ZR 331/00, BGHZ 146, 341) die Rechts- und Parteifähigkeit einer (Außen-) Gesellschaft bürgerlichen Rechts zukommt. Fehlt danach die Identität zwischen den Schuldnern und der Vermieterin des Beklagten, ist die Klägerin nicht gemäß §§ 57 ZVG, 566 BGB mit dem Zuschlag in den bestehenden Mietvertrag eingetreten. Auch hierauf hat der Senat im Termin ausdrücklich hingewiesen. Der Beklagte schuldete ihr daher weder Miete noch Nutzungsentschädigung.

Selbst wenn man es als zulässig ansähe, dass sich der Hauptvermieter mit dem Untermieter auf eine Räumung des Objekts verständigt, so war die Klägerin jedenfalls aufgrund des fortbestehenden Mietvertrags mit der Vermieter-GbR ohne deren Zustimmung bzw. Kündigung des Vertragsverhältnisses zwischen den Schuldnern und der GbR gehindert, sich eigenmächtig den Besitz der Büroräume zu verschaffen und diese anderweitig zu vermieten. Der BGH stuft die nicht durch einen gerichtlichen Titel gedeckte eigenmächtige Inbesitznahme einer Wohnung und deren eigenmächtiges Ausräumen durch einen Vermieter als unerlaubte Selbsthilfe ein, für deren Folgen der Vermieter verschuldensunabhängig nach § 231 BGB haftet (BGH, Urt. v. 14.7.2010, VIII ZR 45/09). Hieran gemessen widerspricht es dem Normzweck des Schadensbegriffs, der Klägerin im Streitfall über den anerkannten Betrag von 416,50 € hinaus den Ersatz eines Verzögerungsschadens zuzusprechen, unabhängig davon, ob der Beklagte eine Räumung zum 31.07.2008 zugesagt hatte oder nicht.

Hieraus folgt zugleich, dass auch der weitere Berufungsangriff der Klägerin auf Ersatz eines Mietausfallschadens für das Büro im Erdgeschoss in geltend gemachter Höhe von 704,00 € ins Leere geht.

Nur ergänzend verweist der Senat darauf, dass – unabhängig vom Erfolg der Berufung des Beklagten – die Klägerin sich auch im Rahmen ihrer Berufung ohne Erfolg gegen die Zuerkennung eines Mietausfallschadens wegen verspäteter Räumung der Erdgeschossräume lediglich in Höhe von 291,50 € wendet. Nach § 546 Abs. 1 BGB kann der Vermieter bei verspäteter Rückgabe des Mietobjekts von dem Mieter die Zahlung einer Nutzungsentschädigung in bisheriger Miethöhe verlangen. Darüber hinaus kann er gemäß § 546 Abs. 2 BGB einen ihm entstandenen weiteren Schaden geltend machen, z. B. einen Verzugsschaden wegen eines Mietausfallschadens infolge der verspäteten Räumung gemäß §§ 280 Abs. 1, 286 BGB. Der Umfang des zu ersetzenden Schadens richtet sich hierbei nach den §§ 249 ff. BGB. Ob ein Vermögensschaden vorliegt, beurteilt sich grundsätzlich nach der sogenannten Differenzhypothese, also nach einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne jenes Ereignis ergeben hätte. Auf den konkreten Fall bezogen bedeutet dies, dass die Gesamtvermögenslage der Klägerin sich durch die verspätete Räumung gegenüber der Vermögenslage, wie sie bei Rückgabe der Mietsache zum 31.07.2008 bestanden hat, verschlechtert haben müsste. Zu einem Schaden käme man infolgedessen nur, wenn bei diesem Vergleich ein rechnerisches Minus verbliebe. Hieran gemessen wäre der Klägerin – wenn denn der Anspruch bestünde – lediglich ein (weiterer) Schaden in Höhe von 291,50 € entstanden. Bei fristgerechter Räumung hätte sie von der Nachfolgemieterin die Miete für August 2008 in Höhe von 708 € erhalten. Infolge der Fortnutzung der Mietsache bis Ende August 2008 hat sie statt dessen von dem Beklagte die bisherige Miete von 416,50 € als Nutzungsentschädigung erhalten. Ein Vergleich beider Vermögenslagen ergäbe rechnerisch zugunsten der Klägerin lediglich ein Minus von 291,50 €. Nur in dieser Höhe hätte sie – wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat -, den Anspruch als bestehend unterstellt, ihren Schaden zusätzlich zu der erhaltenen Nutzungsentschädigung bei dem Beklagten liquidieren können.

C.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Streitwert:

a) Berufung der Klägerin: 6.475,55 € (= 3.724,46 € + 2.751,09 €, § 45 Abs. 1 GKG)

b) Berufung des Beklagten: 4.876,65 €

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