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Zwangsversteigerung eines Grundstücks: Zubehöreigenschaft einer Photovoltaikanlage

LG Heilbronn, Az.: 1 T 20/14, Beschluss vom 03.03.2014

1. Auf die sofortigen Beschwerden der weiteren Beteiligten Ziffern 1 bis 3 wird der Verkehrswertfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Schwäbisch Hall vom 25.10.2013 dahingehend abgeändert, dass ein Verkehrswert für die auf dem Grundstück BV Nr. 1 befindliche Photovoltaikanlage nicht festgesetzt wird.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

Die sofortigen Beschwerden der weiteren Beteiligten Ziffern 1 bis 3 sind gem. § 74 a Abs. 5 Satz 3 ZVG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben. In der Sache haben die Rechtsmittel Erfolg.

Zwangsversteigerung eines Grundstücks: Zubehöreigenschaft einer Photovoltaikanlage
Symbolfoto: Von voronaman/Shutterstock.com

Ein Verkehrswert für die fragliche Photovoltaikanlage war nicht festzusetzen, da sich die Versteigerung im vorliegenden Verfahren gem. §§ 55Abs. 1, 20 Abs. 2 ZVG, 1120 BGB nicht auf die Photovoltaikanlage erstreckt. Diese ist im vorliegenden Fall insbesondere weder wesentlicher Bestandteil noch Zubehör der zu versteigernden Grundstücke.

1. Die Photovoltaikanlage ist nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks oder Gebäudes gem. §§ 93, 94 BGB. Sie ist insbesondere nicht derart fest mit dem Gebäude oder Grundstück verbunden, dass sie nicht ohne Zerstörung oder Wesensveränderung wieder getrennt werden könnte. Die Anlage ist vielmehr dergestalt auf das Dach montiert, dass sie jederzeit wieder ohne Beschädigung des Daches oder Gebäudes demontiert werden könnte.

2a. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der Photovoltaikanlage auch nicht um Zubehör des zu versteigernden Grundstücks. Die Anlage ist gem. § 97 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt.

Auch eine Vermietung des Daches zum Zwecke des Betriebs einer Photovoltaikanlage durch einen Dritten wie im vorliegenden Fall könnte dieses Kriterium zwar erfüllen. Jedoch haben die Vertragsparteien unter § 5 des Vertrages bestimmt, dass die Photovoltaikanlage nicht dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache dienen soll und dass die Anlage nach dem Willen der Vertragsparteien im Alleineigentum des Betreibers verbleiben und damit weder wesentlicher Bestandteil noch Zubehör des Gebäudes werden soll. Dies ist zulässig. Die Bestimmung einer Sache als Zubehör einer anderen ist insbesondere weder Verfügung noch Rechtsgeschäft, sondern Rechtshandlung. Die Widmung einer Sache als Zubehör ist eine freie Ermessensentscheidung, die auch vom Berechtigten jederzeit wieder aufgehoben werden kann (vgl. Münchener Kommentar zum BGB. 6. Auflage 2012. § 97 Rn. 19 und 20). Damit war es im vorliegenden Fall für die Vertragsparteien möglich, über die Zubehöreigenschaft zu disponieren, zumal keine Abweichung von der gesetzlichen Regelung besteht, da auf Grund des Mietvertrages ohnehin eine lediglich vorübergehende Nutzung angestrebt war (s.u.).

Hinzu kommt, dass selbst die das Zwangsversteigerungsverfahren betreibende Gläubigerin erklärt hat, dass sich auch aus ihrer Sicht das Zwangsversteigerungsverfahren nicht auf die Photovoltaikanlage erstrecken soll. Eine entsprechende Erklärung befindet sich bei den Akten.

b. Ferner ist im vorliegenden Fall lediglich von einer vorübergehenden Benutzung der Photovoltaikanlage im Sinne von § 97 Abs. 2 Satz 1 BGB auszugehen, weshalb eine Zubehöreigenschaft nicht begründet werden kann. Dies folgt insbesondere aus den Vereinbarungen zwischen der …, vertreten durch die Schuldner, und der weiteren Beteiligten Ziff. 2 im Vertrag vom 25.10.2008 sowie zwischen der …, vertreten durch die Schuldner, und dem weiteren Beteiligten Ziff. 1 im Vertrag vom 27.10.2008 und zwischen der vertreten durch die Schuldner, und dem weiteren Beteiligten Ziff. 3 im Vertrag vom 27.10.2008. Hiermit wurde jeweils ein Mietvertrag dergestalt vereinbart, dass die GbR der Schuldner den Beschwerdeführern die Dachfläche auf ihrem Grundstück zum Zwecke der Errichtung und des Betriebs einer Photovoltaikanlage vermietet. Zwar wurde der Mietvertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen; er ist jedoch zum Ablauf des 25. Vertragsjahres durch den Vermieter und durch den Betreiber jederzeit unter Einhaltung einer 12-monatigen Kündigungsfrist kündbar. Eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund ist ohnehin für beide Parteien möglich.

Bereits hieraus folgt, dass lediglich eine vorübergehende Benutzung vorliegt. Vorübergehend ist die Benutzung, wenn sie von vornherein auf beschränkte Zeit oder auf vorübergehende Bedürfnisse angelegt ist (vgl. Münchener Kommentar zum BGB. 6. Auflage 2012. § 97 Rn. 24). Dies ist vorliegend der Fall, da hier die Betreiber der Photovoltaikanlage – anders als im vom Landgericht Passau in RPfleger 2012, 401 entschiedenen Fall – und die Grundstückseigentümer nicht identisch sind, sondern der Grundstückseigentümer hier lediglich die Dachfläche des Gebäudes den Betreibern der Photovoltaikanlage vermietet hat und dieser Mietvertrag beiderseits kündbar ist, für die Betreiber sogar jederzeit.

Zudem haben die Vertragsparteien unter § 5 des Vertrages bestimmt, dass die Photovoltaikanlage nicht dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache dienen soll und dass die Anlage nach dem Willen der Vertragsparteien im Alleineigentum des Betreibers verbleiben und damit weder wesentlicher Bestandteil noch Zubehör des Gebäudes werden soll. Dies ist zulässig (s.o.). Auch hieraus folgt, dass lediglich eine vorübergehende Benutzung gewollt ist.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Bei der Verkehrswertbeschwerde handelt es sich im Regelfall, so auch hier, nicht um ein kontradiktorisches Verfahren, weshalb die Vorschriften der §§ 91 ff ZPO nicht gelten (vgl. BGH NJW 2007, 2993). Gerichtskosten fallen daher nicht an. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Landgerichts Passau vom 28.02.2012 (RPfleger 2012, 401). Zwar hat das Landgericht Passau entschieden, dass die dortige Photovoltaikanlage als Zubehör des Grundstücks gem. § 97 BGB anzusehen sei. Der dort entschiedene Fall ist mit dem hiesigen jedoch nicht vergleichbar. Im Falls des Landgerichts Passau wurde die Photovoltaikanlage von den Eigentümern des Grundstücks selbst zur dauerhaften Stromerzeugung betrieben. Eine zeitliche Einschränkung der Nutzung war im Fall des Landgerichts Passau weder vorgetragen noch ersichtlich. Im Unterschied hierzu ist im vorliegenden Fall der Betreiber der Photovoltaikanlage und der Eigentümer des Grundstückes nicht identisch. Vielmehr hat der Betreiber vom Grundstückseigentümer die Dachfläche zum Betrieb der Photovoltaikanlage gemietet. Eine zeitliche Einschränkung der Nutzung ergibt sich hier aus dem Mietvertrag, welcher für den Vermieter nach Ablauf von 25 Jahren und für den Betreiber sogar jederzeit kündbar ist.

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