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Zwangsversteigerung eines Mietshauses – Eintritt in Energieversorgungsvertrag

AG Heilbronn, Az.: 7 C 3434/15, Urteil vom 15.06.2016

1. Das Versäumnisurteil vom 23.03.2016 wird hinsichtlich der Ziffern 1.-3. und 6. in Gänze, hinsichtlich der Ziffer 4 nur in Höhe von 5,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.07.2015 aufrecht erhalten. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil vom 23.03.2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 2.357,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Entgelt für Gas- und Wasserlieferungen an die Anschlussstelle …

Zwangsversteigerung eines Mietshauses - Eintritt in Energieversorgungsvertrag
Symbolfoto: Von wsf-s / Shutterstock.com

Die Beklagte erhielt seit Ende 2004 Gas- und Wasserlieferungen durch die Klägerin an die o.g. Abnahmestelle. Entsprechende Rechnungen wurden auf die Beklagte ausgestellt und bis zum September 2010 auch durch Zahlungen von einem Konto der Beklagten beglichen. Ab September 2010 erfolgten Zahlungen durch die …‚ mit der die Beklagte am 05.06.2011 einen schriftlichen Mietvertrag unterzeichnete (Anlage B 3, Bl. 114 d.A.), in dem es unter anderem im Einzelnen heißt:

„4. Mietzins

Der monatliche Mietzins beträgt [..] 2.500,- € inkl. Mehrwertsteuer […]

6. Nebenkosten

Der Mieter erstattet dem Vermieter Kosten für Strom, Wasser, Abwasser, Heizung, Kaminkehrer und Müllabfuhr gegen Abrechnung und Vorlage […]“

Für die weiteren Einzelheiten wird auf den schriftlichen Mietvertrag verwiesen.

Am. 02.11.2011 wurde die Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung des Anwesens … angeordnet und … zum Zwangsverwalter bestellt. Am 03.11.2011 wurde der Stadtverwaltung … die Beschlagnahme im Wege der Zwangsverwaltung angezeigt.

Im Zeitraum 23.10.2012 bis 07.11.2013 belieferte die Klägerin die Anschlussstelle mit insgesamt 128.767,00 kWh Gas für insgesamt 7579,55 €. Nach Abzug von Abschlags- und weiteren Zahlungen verbleibt ein Betrag in Höhe von 879,55 €. Für die Einzelheiten wird auf die Verbrauchsabrechnung vom 20.11.2013 (Bl. 14ff. d.A., Anlage K1) und die Schlussabrechnung vom 27.01.2014 (Bl. 16ff., Anlage K2) verwiesen.

Im selben Zeitraum belieferte die Klägerin die Anschlussstelle mit insgesamt 279 m2 Wasser für insgesamt 627,15 €. Nach Abzug von Abschlagszahlungen verbleibt ein Betrag in Höhe von 207,15 €.

Durch Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Heilbronn vom 15.05.2013 wurde die … Eigentümerin des Anwesens …

Im Zeitraum 08.11.2013 bis 01.01.2014 belieferte die Klägerin die Anschlussstelle mit insgesamt 29.644 kWh Gas für insgesamt 1.839,39 €. Nach Abzug der geleisteten Abschlagszahlungen in Höhe von 590 € Verbleibt ein Betrag in Höhe von 1.249,39 €.

Bis zum Ende des Abrechnungszeitraums war das Objekt fortlaufend an die … vermietet, die die Nutzung des Objekts im Dezember 2013 beendete.

Auf Antrag der Klägerin ist in mündlichen Verhandlung vom 23.03.2016 gegen die Beklagte ein Versäumnisurteil ergangen, mit dem die Beklagte verurteilt wurde, an die Klägerin

1. Kosten für Gaslieferung zu bezahlen in Höhe von 2.128,94 € nebst Zinsen aus 879,55 € für die Zeit vom 05.12.2013 bis 10.02.2014 und aus 2.128,94 € seit dem 11.02.2014 in Höhe von jeweils 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz,

2. Kosten von Wasserlieferungen zu bezahlen in Höhe von 228,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 207,15 € vom 05.12.2013 bis 10.02.2015 und aus 228,06 € seit dem 11.02.2014,

3. vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu bezahlen in Höhe von 281,30 € netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.07.2015 sowie

4. vorgerichtliche Mahnkosten zu bezahlen in Höhe von 20,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.07.2015.

Gegen dieses Versäumnisurteil, das der Beklagen am 29.03.2016 zugestellt worden ist, hat sie mit einem am 01.04.2016 bei Gericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz Einspruch eingelegt.

Die Klägerin ist der Auffassung die Beklagte sei ihre Vertragspartnerin und die bestehende Vertragsbeziehung nicht beendet worden.

Sie beantragt nunmehr, das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.

Die Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die Forderung der Klägerin der Höhe nach. Sie ist der Auffassung, die Versorgung des Anwesens mit Wasser und Heizenergie unterliege dem Pflichtenkreis des Zwangsverwalters, weshalb die Forderungen für denjenigen Teil der Versorgung während der Zwangsverwaltung gegen diesen zu richten sei. Nach Eigentumsübergang sei die … Rechtsnachfolgerin der Beklagten geworden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Vergütung der an die Anschlussstelle … in … gelieferte Gas- und Wassermengen aus den Lieferverträgen. Die Beklagte war unstreitig zunächst Vertragspartnerin der Klägerin.

Die Anordnung der Zwangsverwaltung steht diesem Anspruch nicht entgegen. Der Zwangsverwalter musste die Lieferung von Gas und Wasser der Klägerin an die Anschlussstelle nicht als Realofferte zum Abschluss entsprechender Versorgungsverträge verstehen (vgl. BGH NJW 2014, 1951ff.). Zwar gelten die Regelungen des für das Objekt von der Beklagten mit der … abgeschlossenen Mietvertrages gem. § 152 Abs. 2 ZVG für den Zwangsverwalter. Aus diesen Regelungen ergibt sich jedoch keine Verpflichtung des Vermieters, das Mietobjekt mit Gas/Wärme und Wasser – zunächst auf eigene Rechnung – zu versorgen. Hierzu sieht der Mietvertrag nur eine Erstattungspflicht des Mieters für tatsächlich vom Vermieter gezahlte Verbräuche vor. Eine Regelung etwa über eine Nebenkostenvorauszahlung für zu erwartende und zu leistende Versorgung wie in Mietverträgen über Wohnraum üblich, ist im entsprechenden Vertragspassus nicht vorhanden. Entsprechend wurde auch die Zahlung der Abschlagsbeträge direkt von der Mieterin an die Klägerin erbracht. Im Zweifel schuldet bei einem Mietobjekt mit eigener Heizungsanlage – das vermietete Anwesen ist eine eigene „Anschlussstelle“ – der Vermieter nur die Überlassung einer intakten Heizungsanlage, nicht aber die Versorgung selbst (vgl. Häublein, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 535, Rn. 76).

Aus den selben Gründen musste auch die neue Eigentümerin … die Lieferung von Gas und Wasser durch die Kläger nach dem Zuschlag als Realofferte verstehen, da sie zwar nach § 566 BGB Partei des Mietvertrags und in diesem Sinne Rechtsnachfolgerin der Beklagten wurde, dieser jedoch keine Verpflichtung des Vermieters zur Versorgung mit Gas und Wasser beinhaltete. Ein Eintreten in die vom vorherigen Vermieter geschlossenen Versorgungsverträge ist von der Regelung des § 566 BGB nicht erfasst.

Die von der Klägerin geltend gemachten Forderungsbeträge wurden durch sie mit nachvollziehbaren Abrechnungen substantiiert dargelegt, die entsprechenden Ablesungen der Zählerstände durch den Dienstleister …, teilweise mit Fotographie, dokumentiert vorgelegt (Anlage K 8 und K 9, Bl. 55 ff. d.A.). Die Beklagte hat nicht geltend gemacht die abgelesenen Beträge seien unzutreffend. Insofern ist das pauschale Bestreiten der Klägerin hinsichtlich der Höhe der Forderungen unbeachtlich.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286, 288 BGB. Die Beklagte war mit der Bezahlung der Abrechnung vom 20.11.2013 ab dem 05.12.2013 in Höhe von 879,55 €‚ mit der Bezahlung der Rechnung vom 27.01.2014 ab dem 11.02.2014 in Verzug. Darüber hinaus ist die Beklagte verpflichtet die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus einem Gegenstandswert von 2.357 € der Klägerin als Verzugsschaden zu ersetzen. Weiterhin sind für die zwei streitgegenständlichen Abrechnungen Mahnkosten in Höhe von 2,50 € je Abrechnung, insgesamt 5 €‚ als Verzugsschaden zu ersetzen.

Die Klage ist in Höhe von 15,00 € nicht begründet. Die Klägerin kann nur für zwei Abrechnungen Mahnkosten als Kosten der Rechtsverfolgung ersetzt verlangen. Der Aufwand der Partei für diese Rechtsverfolgungsmaßnahmen ist nach § 287 ZPO zu schätzen. Ein Betrag, der 2,50 € pro erforderliche Mahnung, hier zwei, überschreitet, ist nicht mehr angemessen (vgl. Palandt/Grüneberg, 73. Aufl., § 286, Rn. 45).

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