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Zweistufiger Fahrzeug-Reparaturvertrag

Beschränkung des Nacherfüllungsanspruchs

OLG Celle – Az.: 11 U 76/20 – Beschluss vom 06.10.2020

I. Der Senat erwägt, die Berufung des Klägers gegen das am 17. Juli 2020 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

II. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme und zu einer eventuellen weitere Kosten zum Teil vermeidenden Berufungsrücknahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

III. Die der Beklagten zur Erwiderung auf die Berufungsbegründung gesetzte Frist wird bis auf Weiteres aufgehoben.

Gründe

I.

Die Rechtsache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Ebenso wenig erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung. Auch im Übrigen ist vorliegend nicht ersichtlich, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung geboten wäre. Die Berufung hat nach derzeitiger Sach- und Rechtslage offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

 

1. Mit der vom Landgericht gegebenen Begründung lässt sich die Abweisung der Klage allerdings nicht rechtfertigen. Aus dem erstinstanzlichen Sach- und Streitstand ergibt sich nicht, dass die Parteien im Zeitraum zwischen Januar und Februar 2019 einen Vergleich schlossen, mit dem sie die streitgegenständlichen Ansprüche abbedungen. Das Schreiben der Beklagten vom 16. Januar 2019 (Bl. 21 d. A.) mag als Angebot auf Abschluss eines Vergleichs anzusehen sein, weil darin die Formulierung „schlagen wir vor“ enthalten ist. Eindeutig ist aber schon diese Bewertung nicht. Das Schreiben ist so bestimmt formuliert, dass es sich durchaus auch als ein einseitiges Diktat der Beklagten verstehen lässt. Das kann aber auf sich beruhen. Jedenfalls eine Annahme dieses etwaigen Angebots durch den Kläger lässt sich nicht feststellen. Es ist unstreitig, dass es eine ausdrückliche Erklärung des Klägers zu dem Schreiben nicht gab. Also kann eine Annahme nur entweder unter den Voraussetzungen des § 151 BGB erfolgt oder durch konkludentes Handeln erklärt worden sein. Eine Annahme, die sich gleichermaßen auf beiderlei Weise begründen lässt, wie es das Landgericht versucht hat (LGU Seite 4 unten), ist ausgeschlossen. § 151 BGB regelt den Ausnahmefall, dass ein Vertrag zustande kommt, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, während eine Annahme durch konkludentes Handeln demgegenüber ein Handeln erfordert, dass der Antragende wahrnehmen und daraus den Schluss auf einen Annahmewillen ziehen kann, also eine nonverbale Annahmeerklärung.

Aus dem erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten und dem unstreitigen Geschehen ergibt sich allerdings weder das eine noch das andere. Damit eine Annahmeerklärung gemäß § 151 BGB rundweg entbehrlich wird, darf sie nach der Verkehrssitte entweder nicht zu erwarten sein oder der Antragende muss auf sie verzichtet haben. Ein Verzicht der Beklagten ergibt sich aus Schreiben vom 16. Januar 2019 nicht. Eine Verkehrssitte, der zufolge das einem Privatkunden unterbreitete Vergleichsangebot einer Kfz-Werkstatt nicht ausdrücklich angenommen zu werden pflegt, ist dem Senat nicht bekannt und von der Beklagten auch nicht dargelegt worden.

Eine Willenserklärung durch schlüssiges Verhalten liegt vor, wenn das Gewollte nicht unmittelbar in einer Erklärung seinen Ausdruck findet, der Erklärende aber Handlungen vornimmt, die mittelbar einen Schluss auf einen bestimmten Rechtsfolgenwillen zulassen (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl., Einf v § 116 Rn. 6). Auch dabei ist entscheidend, wie der Empfänger das Verhalten nach Treu und Glauben verstehen musste (vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O. § 133 Rn. 11). Das Verhalten des Klägers, sein bei der Beklagten seit rund zwei Monaten abgestellt gewesenes Fahrzeug von einem Abschleppunternehmen abholen zu lassen, war mindestens so mehrdeutig, dass die Beklagte daraus nicht auf den Willen des Klägers schließen durfte, ihr mögliches Vergleichsangebot vom 16. Januar 2019 anzunehmen. Dagegen spricht schon, dass der Kläger schon damals seinen derzeitigen Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt R., mit der Interessenwahrnehmung gegenüber der Beklagten beauftragt hatte und das mögliche Vergleichsangebot diesem gegenüber unterbreitet worden war. Deshalb war eine ausdrückliche Annahme des (möglichen) Angebots durch Rechtsanwalt R. zu erwarten. Vor allem aber hatte dieser der Beklagten namens des Klägers in seinem Schriftsatz vom 9. Januar 2019 (Bl. 17 ff. d. A.) eine Frist zur Nachbesserung der bisherigen Reparaturarbeiten bis zu 25. Januar 2019 gesetzt und für den Fall des fruchtlosen Verstreichens dieser Frist angekündigt, dass der Kläger das Fahrzeug wieder in Besitz nehmen und die notwendigen Reparaturmaßnahmen anderweitig auf Kosten der Beklagten durchführen lassen werde. Indem der Kläger das Fahrzeug am 21. Februar 2019 abholen ließ, setzte er folglich gerade die Ankündigung aus dem Schriftsatz vom 9. Januar 2019 um. Da er sich zwischenzeitlich nicht mehr anders geäußerte hatte, bestand für die Beklagte kein Anlass für die Annahme, dass dieses Verhalten einem anderen Zweck als dem vom Kläger ausdrücklich benannten dienen sollte.

Zweistufiger Fahrzeug-Reparaturvertrag -
(Symbolfoto: Von Standret/Shutterstock.com)

Überdies scheitert ein Vertragsschluss auch an § 147 Abs. 2 BGB. Danach kann der einem Abwesenden gemachte Antrag nur bis zu demjenigen Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Zwischen der Abfassung des möglichen Vergleichsangebots der Beklagten am 16. Januar 2019 und derjenigen Handlung des Klägers am 21. Februar 2019, die den Schluss auf die Annahme dieses Angebots erlauben soll, lag ein Zeitraum von nahezu fünf Wochen. Dieser Zeitraum war in jedem Fall zu lang. Üblich sind – je nach wirtschaftlicher Bedeutung der Sache – Zeiträume zwischen zwei und vier Wochen (vgl. im Überblick Palandt/Ellenberger a.a.O., § 47 Rn. 6 m.w.N.). Zu berücksichtigen ist insofern unter anderem auch, dass das mögliche Vergleichsangebot der Beklagten den ausdrücklich formulierten Zweck hatte, „die Angelegenheit kurzfristig abschließen zu können.“

2. Indes ist die Klage aus einem anderen Grund unschlüssig.

a) Die Parteien schlossen zu Anfang Oktober 2018 (vgl. Seite 3 der Klageschrift) einen sog. Reparaturvertrag. Ein solcher „Reparaturvertrag“ ist ein Werkvertrag i.S.d. §§ 631 ff. BGB (vgl. MünchKomm-BGB/Busche, 8. Aufl., § 631 Rn. 163 m.w.N.; Palandt/Sprau a.a.O., Einf § 631 Rn. 28). Ist vor einer Reparatur, wie oft, die Störungsursache unklar, unterliegt der Beauftragte umfassenden Untersuchungs- und Aufklärungspflichten. Er hat die Störungsursache aufzudecken und den Auftraggeber über die Möglichkeiten der Behebung und namentlich ihre kostenmäßigen Auswirkungen aufzuklären. Besonderen Augenmerks bedarf die Reichweite des Auftrags (Staudinger/Peters, BGB, Neubearb. 2019, Vorbem zu § 631 Rn. 40): Geht es zunächst nur um die Diagnose oder auch schon von vornherein um die Behebung der Mängel?

Im Streitfall sollte die Beklagte die vom Kläger bemerkte Funktionsstörung des automatischen Getriebes seines Fahrzeugs beheben und dafür die „erforderlichen Reparaturmaßnahmen“ ausführen. Allerdings war auch im Streitfall im Zeitpunkt des ersten Werkstattbesuchs des Klägers zu Anfang Oktober 2018 nicht bekannt, welche Ursache die Funktionsstörung hatte. Deshalb nahm die Beklagte erst einmal eine Fehleranalyse vor. Danach begann sie keineswegs sogleich mit der Behebung des bei dieser Untersuchung festgestellten Fehlers, sondern informierte den Kläger zunächst einmal über das Ergebnis der Untersuchung, nannte ihm die in Betracht kommende Reparaturmaßnahme und deren voraussichtliche Kosten und wartete sodann ab, ob der Kläger ihr den Auftrag erteilt, die empfohlene Maßnahme durchzuführen. Diesen Ablauf hat der Kläger auf Seite 3 seiner Klageschrift selbst vorgetragen; er ist auch lebensnah, hat doch der weitere Verlauf gezeigt, dass sehr kostenintensive Reparaturmaßnahmen in Betracht kamen, die der Halter eines Fahrzeugs mit einer so hohen Laufleistung wie derjenigen des vom Kläger gehaltenen Wagens nicht gleichsam selbstverständlich noch aufzubringen bereit ist.

Das Vertragsverhältnis der Parteien war folglich durch eine Zweistufigkeit geprägt. Zunächst kam nur ein Vertrag zustande, der die Beklagte zur Ermittlung der Störungsursache verpflichtete. Erst anschließend erteilte der Kläger der Beklagten den eigentlichen Reparaturauftrag, also den Auftrag zur Behebung des von der Beklagten festgestellten Fehlers. Das ergibt sich mittelbar auch aus dem Vorbringen des Klägers in seiner Replik vom 15. Juni 2020 (Seite 6 f., Bl. 83 f. d. A.). Er hat dort klargestellt, dass er dann, wenn die Beklagte von vornherein den fortgeschrittenen Verschleiß des Getriebes als Fehlerursache benannt und daher den vollständigen Austausch des Getriebes empfohlen hätte, keinesfalls bereit gewesen wäre, den Auftrag zur Durchführung dieser – besonders teuren – Reparatur zu erteilen. Das belegt nachdrücklich, dass der Kläger nicht von vornherein einen einheitlichen Reparaturauftrag erteilen wollte, aufgrund dessen die Beklagte zur Fehlersuche und -behebung verpflichtet sein sollte, sondern dass er vor der eigentlichen Fehlerbehebung noch einmal gefragt werden wollte, um unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Kosten eine eigene Entscheidung treffen zu können, ob er die empfohlene Reparatur durchführen lassen wollte.

b) Diese Zweistufigkeit muss bei der weiteren rechtlichen Beurteilung des Falls berücksichtigt werden. Der Kläger behauptet nämlich durchaus nicht, dass die von der Beklagten im Oktober 2018 ausgeführten Arbeiten an der Mechatronik als solche technisch unzureichend oder fehlerhaft ausgeführt wurden. Seine Behauptung geht, gestützt auf das von ihm vorgelegte Privatgutachten des Sachverständigen W., vielmehr dahin, dass die Beklagte damals nicht alle in Betracht kommenden Ursachen für die Fehlfunktion überprüft gehabt habe und deshalb die – mindestens wesentliche – Ursache dieser Fehlfunktion, nämlich den fortgeschrittenen Verschleiß der Kupplung nicht bemerkt und nicht repariert habe (vgl. Seite 8 f. der Klageschrift). Der Vortrag des Klägers in der Replik vom 15. Juni 2020 (Seite 4 letzter Absatz sowie Seite 5 oben, Bl. 81 f. d. A.) geht weitergehend auch dahin, dass er den Austausch der Mechatronik als ungeeignete Reparaturmaßnahme bezeichnet, weil sie eben nicht zur Behebung der Funktionsstörung führte. Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob das in tatsächlicher Hinsicht ausreichend plausibel ist; räumt doch der Kläger auf Seite 3 der Klageschrift zumindest selbst ein, dass das ursprüngliche Ausmaß an Störungsintensität erst wieder drei Wochen nach dem Austausch der Mechatronik erreicht war und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem er mit dem Fahrzeug bereits eine weitere Fahrtstrecke von immerhin 9.000 Kilometern zurückgelegt hatte. Das lässt sich kaum anders erklären, als dadurch, dass der Austausch der Mechatronik jedenfalls kurzzeitig zumindest eine Verbesserung erbrachte.

Jedenfalls lässt sich als Zwischenergebnis feststellen: Einen Mangel i.S.d. § 634 BGB behauptet der Kläger hinsichtlich der eigentlichen Reparaturarbeiten an der Mechatronik nicht. Sein Vorwurf gegenüber der Beklagten geht vielmehr dahin, dass diese im Vorfeld der Reparaturarbeiten, also gleichsam auf der „ersten Stufe“ des Vertragsverhältnisses, bei der Ermittlung der Fehlerursache fachlich falsch oder jedenfalls unvollständig vorgegangen sei.

c) Wenn diese Behauptung richtig wäre, könnte der Kläger der Werklohnforderung der Beklagten, welche diese für die Arbeiten an der Mechatronik erhoben hat, womöglich Schadensersatzansprüche entgegenhalten.

aa) In Fällen wie dem vorliegenden wird die zunächst unbekannte Fehlerquelle dadurch entdeckt, dass die möglichen Ursachen überprüft und nacheinander solange ausgeschaltet werden, bis die wirkliche Fehlerursache bestimmt ist. Wie dabei jeweils vorzugehen ist, richtet sich im Einzelfall nach den anerkannten Regeln des Handwerks. Welche Prüfungen also in erster Linie geboten sind und welche Fehlerquellen als die nächstliegenden in Betracht kommen, das müssen die Fachleute in der Reparaturwerkstatt auf Grund ihrer besonderen Sachkunde entscheiden. Ein schuldhaftes Fehlverhalten hierbei stellt eine Schlechterfüllung des Auftrages dar. Ob im Einzelfall ein schuldhaftes – und dann folglich Schadensersatzansprüche begründendes – Fehlverhalten bei der Ermittlung der Mangelursache anzunehmen ist, richtet sich nicht nach den individuellen Kenntnissen des Inhabers der Reparaturwerkstatt oder der von ihm beauftragten Monteure, sondern nach dem Maßstab des sogenannten Übernahmeverschuldens (vgl. OLG Köln, Urteil vom 14.07.1976 – 2 U 25/76, juris Rn. 20).

bb) Derartige Schadenersatzansprüche sind allerdings nicht streitgegenständlich. Die Parteien streiten nicht darum, ob der Kläger die Rechnung der Beklagten vom 29. Oktober 2018 über 2.945,49 € (Bl. 15 d. A.) bezahlen muss. Der Kläger hat diese Rechnung nicht bezahlt und die Beklagte hat die Forderung nicht weiterverfolgt.

d) Vielmehr streiten die Parteien darum, ob die Beklagte dem Kläger wegen des von ihm behaupteten Diagnosefehlers diejenigen Kosten zu erstatten hat, die ihm dadurch entstanden sind, dass er das Fahrzeug einem Sachverständigen zur Untersuchung der tatsächlichen Fehlerursache übergab und dass er es bis zum Vorliegen des Ergebnisses dieser weiteren Untersuchung nicht nutzen konnte. Die Rechtsgrundlage dieses Klageanspruchs kann nur (hinsichtlich der Kosten des Gutachtens des Privatsachverständigen W.) § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 1 BGB sowie (hinsichtlich sowohl der vorgenannten Kosten als auch der Mietwagenkosten) § 634 Nr. 4, §§ 636, 280, 281, 283 BGB sein.

Beide Anspruchsgrundlagen setzen eine erfolglose Aufforderung zur Nacherfüllung nebst Fristsetzung voraus. Diese Voraussetzung liegt nicht vor.

aa) Da der vom Kläger behauptete Mangel die ursprünglichen Arbeiten zur Fehlerdiagnose betrifft und das Vertragsverhältnis durch die Zweistufigkeit von Diagnose und Reparatur geprägt war, hätte sich die Aufforderung zur Nacherfüllung zunächst – und nur – auf die Diagnosearbeiten beziehen dürfen. Der Kläger hätte nach dem Wiederauftreten der Fehlfunktion die Beklagte mithin zunächst auffordern müssen, erneut zu untersuchen, welche Ursache die Fehlfunktion hatte.

(1) Hätte die Beklagte daraufhin mitgeteilt, dass die Ursache erneut in einem Defekt der Mechatronik lag, hätte der Kläger sie sodann auffordern können, den bereits erfolgten Austausch der Mechatronik – ohne zusätzliche Vergütung – zu wiederholen und auf diese Weise die von ihr im Oktober durchgeführten Reparaturarbeiten nachzubessern.

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(2) Hätte die Beklagte stattdessen nunmehr eine andere Ursache ermittelt, hätte sie dem Kläger die Kosten benennen müssen, die durch deren Behebung voraussichtlich entstanden, und abwarten können, ob er sich für die Durchführung auch dieser Arbeiten entschied. Um eine Nachbesserung der im Oktober an der Mechatronik durchgeführten Arbeiten hätte es sich insoweit allerdings nicht gehandelt.

(3) Soweit die ursprünglichen Diagnosearbeiten tatsächlich fachlich falsch oder unvollständig waren, hätte es sich bei den erneuten Diagnosearbeiten als solchen um eine Nachbesserung gehandelt, deren Kosten gemäß § 635 Abs. 2 BGB grundsätzlich die Beklagte tragen gehabt hätte. Der Senat betont allerdings nochmals ausdrücklich, dass das nur für die Kosten der erneuten Diagnose als erstem Schritt der von der Beklagten zu erbringen Arbeiten gegolten hätte. Die Kosten der im Oktober 2018 durchgeführten ursprünglichen Diagnosearbeiten betrugen ausweislich der Rechnung der Beklagten vom 29. Oktober 2018 (Seite 15 d. A.) lediglich (netto) 131,63 €. Die Kosten der Untersuchung des Getriebes auf Verschleiß, die nach der Behauptung des Klägers von vornherein die richtige Untersuchungsmaßnahme gewesen wäre, sind bislang nicht bekannt.

bb) Der Kläger forderte stattdessen die Beklagte aber sogleich zur für ihn vollständig kostenfreien umfassenden Nachbesserung auf, das heißt zur Behebung der Funktionsstörung als solcher. Der Kläger hat in seiner Klageschrift (Seite 4 f.) vorgetragen, die Frage der Kostentragung sei sogleich erörtert worden, als er sein Nachbesserungsverlangen geäußert habe. Auf seine Aufforderung zur kostenlosen Nachbesserung habe die Beklagte immerhin eine kostenfreie Nachprüfung der technischen Störung durchführen wollen. Nachdem ihm mitgeteilt worden sei, dass diese nicht zum gewünschten Erfolg geführt hätten, habe er entgegnet, kostenfreie Nachbesserungsarbeiten zu erwarten. Dieses Verlangen habe die Beklagte nicht bestätigt.

Die Beklagte hat diesen Vorgang weitgehend übereinstimmend geschildert. Sie hat allerdings auch ergänzt, dass ihre Mitarbeiter die Zusage zur kostenfreien Reparatur im Dezember 2018 nicht hätten geben können, weil sie die Ursache des erneut aufgetretenen Fehlers damals nicht gekannt hätten und der Kläger zwischenzeitlich immerhin weitere 9.000 Kilometer zurückgelegt gehabt habe (Seite 6 der Klageerwiderung, Bl. 56 d. A.). Sie habe nunmehr allerdings die Vermutung gehabt, dass die Beanstandung nicht auf die Mechatronik des Fahrzeugs zurückzuführen gewesen sei, sondern auf das automatische Getriebe, an dem sie bis dahin keine Arbeiten durchgeführt gehabt habe. Das hat der Kläger in seiner Replik vom 15. Juni 2020 (Seite 4 ff., Bl. 81 ff. d. A.) nicht nur nicht bestritten, sondern sich dieses Vorbringen sogar teilweise ausdrücklich zu eigen gemacht.

Sodann hat der Kläger mit dem als Anlage zur Klageschrift vorgelegten Schriftsatz vom 9. Januar 2019 (Bl. 17 d. A.) die Beklagte erneut – diesmal unter Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung – zur Nachbesserung auffordern und dabei darauf hinweisen lassen, dass er nach wie vor eine für ihn kostenfreie Herstellung der Funktionstauglichkeit des Kraftfahrzeugs erwarte.

cc) Diese umfassende Nachbesserung hätte die Beklagte allenfalls dann geschuldet, wenn sie dem Kläger – wie von diesem in der Klageschrift behauptet – sogleich bei der Wiedervorstellung des Fahrzeugs im November 2018 gesagt hätte, „das automatische Getriebe müsste erneut komplett ausgetauscht werden“. Dann hätte womöglich diejenige Fallgestaltung vorgelegen, bei der die Beklagte von sich aus eingeräumt hätte, dass die von ihr zuvor durchgeführten Reparaturarbeiten als solche zwar erforderlich gewesen, jedoch fehlerhaft ausgeführt worden seien (vgl. im Vorstehenden aa) (1)).

Eine solche Aussage der Beklagten ist jedoch zumindest nicht unstreitig. Die Beklagte hat auf Seite 6 ihrer Klageerwiderung dasjenige vorgetragen, was der Senat im Vorstehenden unter bb) referiert hat. Ob der Kläger diese Darstellung überhaupt bestritten hat, ist nach dem Inhalt seiner Replik fraglich. Ein Beweismittel für die von ihm behauptete Auskunft der Beklagten, es müsse noch einmal das Gleiche gemacht werden, hat der Kläger jedenfalls nicht angeboten und bleibt daher insofern beweisfällig. Die in der Klageschrift vorgetragene Darstellung ist allerdings auch nicht einmal wahrscheinlich. Es ist – zumindest mittlerweile im Prozess – unstreitig, dass die Beklagte im Oktober 2018 nicht „das automatische Getriebe komplett“ ausgetauscht hatte, sondern die Mechatronik. Die vom Kläger behauptete Aussage hätte daher keinen Sinn ergeben. Das war für den Kläger auch erkennbar. Die Rechnung vom 29. Oktober 2018 weist keinen Getriebewechsel, sondern nur einen Wechsel der Mechatronik aus. Der Kläger ist überdies auch kein technischer Laie. Er ist ausweislich des vorgerichtlichen Aufforderungsschreibens vom 9. Januar 2019 (Seite 2, Bl. 18 d. A.) Diplom-Ingenieur und „beruflich maßgebend mit der Fahrzeugkonstruktion befasst“.

dd) Der Kläger forderte die Beklagte folglich im November 2018 (und danach, insbesondere auch in dem vorgenannten vorgerichtlichen Schreiben) zu einer Leistung auf, welche die Beklagte in dem vom Kläger verlangten Umfang nicht schuldete, insbesondere nicht von vornherein für den Kläger kostenfrei.

Deshalb war die Beklagte nicht gehalten, diesem Verlangen nachzukommen. Mangels wirksamen Nacherfüllungsverlangens scheitern die Klageansprüche.

e) Die nachfolgenden Ausführungen erfolgen nach alledem nur noch hilfsweise. Die Klage ist auch aus anderen Gründen wenigstens weitgehend unschlüssig.

aa) Unterstellt, dass der Kläger die Beklagte wirksam zur Nachbesserung der Fehlerdiagnose aufgefordert und die Beklagte die ihr hierzu zum 25. Januar 2019 gesetzte Frist unbeachtet verstreichen lassen hätte, stünde dem Kläger – nur bezogen auf die Fehlerdiagnose – auf der Grundlage seines sonstigen – insoweit streitigen – Tatsachenvorbringens ein Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 637 Abs. 1 BGB zu.

Der Kläger könnte dann Ersatz derjenigen Kosten beanspruchen, die ein wirtschaftlich denkender Auftraggeber aufgrund sachkundiger Beratung für eine vertretbare, das heißt geeignete und Erfolg versprechende, Maßnahme zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustands erbringen konnte und musste (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1991 – VII ZR 63/90, juris Rn. 11; vom 27. Mai 2010 – VII ZR 182/09, juris Rn. 19).

Die Höhe dieser Kosten hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Der Kläger behauptet selbst, dass die Beklagte als Vertragswerkstatt des Autoherstellers in der Lage hätte sein müssen, binnen Monatsfrist die zutreffende Störungsursache zu erkennen (– und sogar zu beseitigen, vgl. Seite 8 f. der Klageschrift). Sie hat sich außerdem die Behauptung der Beklagten, schon im November 2018 die Vermutung gehabt zu haben, dass ein erhöhter Verschleiß des Getriebes die Störungsursache gewesen sei, ausdrücklich zu eigen gemacht (vgl. Seite 5 der Replik,

Bl. 82 d. A.). Auf der Grundlage dieses Tatsachenvortrags muss der Senat – wie auch im Übrigen aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung – davon ausgehen, dass grundsätzlich jede ordnungsgemäß arbeitende (Vertrags-) Werkstatt in der Lage gewesen wäre, die behauptete Störungsursache zu erkennen. Wenn das richtig ist, war die Beauftragung eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen einschließlich der Erteilung des Auftrags zur Erstellung eines ausführlichen schriftlichen Gutachtens angesichts der dadurch hervorgerufenen Kosten von 7.953,95 € keine erforderliche Maßnahme zur Ersatzvornahme, sondern außerordentlich unwirtschaftlich. Die Beklagte behauptet (vgl. Seite 16 der Klageerwiderung, Bl. 66 d. A.) – ohne Widerspruch des Klägers –, dass der Gesamtaufwand für den kompletten Austausch sowohl des Getriebes als auch der Mechatronik rund 10.000 € gekostet hätte. Da allein der Austausch der Mechatronik bekanntlich rund 3.000 € kostete, hätten die Kosten für den Austausch des Getriebes also rund 7.000 € betragen. Der Kläger verwandte folglich allein für die Ursachenfeststellung einen höheren Betrag als denjenigen für die endgültige Reparatur, den er selbst in seiner Replik als unwirtschaftlich bezeichnet hat. Das ist nicht nachvollziehbar. Der Kläger könnte nur denjenigen Betrag beanspruchen, den ihm eine andere (Vertrags-) Werkstatt für die Untersuchung des Getriebes zur Feststellung eines etwaigen übermäßigen Verschleißes in Rechnung gestellt hätte. Diesen Betrag hat er nicht vorgetragen.

bb) Die vorstehenden Überlegungen wirken sich auch auf die zweite vom Kläger geltend gemachte Schadensposition aus, die Mietwagenkosten für den Zeitraum vom 22. Dezember 2018 bis zum 20. September 2019 in Höhe von insgesamt 9.050,52 €.

Diese Kosten sind jedenfalls für den Zeitraum ab März 2019 nicht schlüssig begründet worden. Wenn nach dem Vorbringen des Klägers eine Vertragswerkstatt des Autoherstellers in der Lage hätte sein müssen, binnen Monatsfrist die zutreffende Störungsursache zu erkennen (– und sogar zu beseitigen) und der Kläger eine solche (andere) Werkstatt nach dem ergebnislosen Verstreichen der der Beklagten zum 25. Januar 2019 gesetzten Frist aufgesucht und mit der Fehlerdiagnose beauftragt hätte, hätte er spätestens zu Ende Februar 2020 Gewissheit über die Störungsursache gehabt. Er hätte dann entweder alsbald die Reparatur in Auftrag geben können (was er laut Vortrag in seiner Replik angesichts der hohen Kosten nicht getan hätte) oder ein anderes Fahrzeug erwerben können. Der Kläger hat – trotz von der Beklagten ausdrücklich erhobenen Einwands – nicht nachvollziehbar erklärt, warum er Mietwagenkosten für weitere sieben Monate in Kauf nahm. Bis Anfang März 2019 waren nur die beiden ersten Kostenpositionen angefallen, die auf Seite 9 der Klageschrift genannt werden, insgesamt also 2.985,20 €.

II.

Nach alledem regt der Senat – unbeschadet der Möglichkeit zur Stellungnahme – die kostengünstigere Rücknahme des offensichtlich aussichtslosen Rechtsmittels an.

 

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