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Zweitwohnungssteuer – unzulässige Aufwandssteuer?

Oberverwaltungsgericht NRW

Az.: 14 A 2608/05

Beschluss vom 24.05.2007

Vorinstanz: Verwaltungsgericht Minden, Az.: 11 K 1687/04


Der Antrag wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Zulassungsverfahren auf 162,– Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Zulassungsgründe i.S. von § 124 Abs. 2 VwGO lassen sich nicht feststellen oder sind nicht dem Erfordernis des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügend dargelegt.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat sich das Verwaltungsgericht auf den Standpunkt gestellt, die Zweitwohnungssteuer sei eine gemäß Art. 105 Abs. 2 a GG zulässige örtliche Aufwandsteuer. Der Kläger könne daher nicht einwenden, dass er weitere Abgaben auch für seine Hauptwohnung zahle und an der Grenze seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit angelangt sei. Der Satzungsgeber dürfe auch das Ziel verfolgen, dass Zweitwohnsitze im Hinblick auf ein melderechtskonformes Verhalten in Hauptwohnsitze umgewandelt würden. Die Satzung führe auch nicht zu einer insgesamt ungleichen Besteuerung, weil der Beklagte allein auf zutreffende Angaben der Steuerpflichtigen angewiesen sei. Die Satzung sei nicht widersprüchlich auf Ineffektivität angelegt. Zudem unterscheide sich die vorliegende Fallgestaltung von einem vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 5. Dezember 2002 – 16 K 3699/01 -, in: KStZ 2003, 213, entschiedenen Fall insoweit, als dort ausdrücklich festgestellt worden sei, dass Kontrollen des Stadtsteueramtes nicht stattfänden.

Die hiergegen geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung – vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO – sind nicht gegeben.

Der Kläger beruft sich darauf, er habe sich von seiner Frau getrennt und erwäge, zu gegebener Zeit einen Ehescheidungsantrag einzureichen. In der sog. Hauptwohnung halte er sich aus diesem Grund nicht auf. Der Umstand aber, dass eine Zweitwohnung existiere, lasse noch nicht die Schlussfolgerung zu, es bestehe die für die Erhebung der Zweitwohnungssteuer erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Denn die Zweitwohnung werde nicht als Luxus gehalten, sondern sei aus familiären Gründen geboten. Nur durch die Herbeiführung einer räumlichen Trennung lasse sich die nach zivilrechtlichen Bestimmungen erforderliche Trennungszeit zum Zweck der Beantragung einer Ehescheidung herbeiführen.

Diese sowie die dazu ergangenen weiteren Ausführungen des Klägers sind zur Begründung ernstlicher Zweifel nicht geeignet.

Der Kläger ist Inhaber einer steuerpflichtigen Zweitwohnung i.S. von § 2 Abs. 4 der Zweitwohnungssteuersatzung in der Stadt C. . Dies gilt sowohl, soweit das Trennungsjahr darauf ausgerichtet ist, eine Abklärung der Verhältnisse, sei es im Hinblick auf eine Trennung, sei es im Hinblick auf die Wiederaufnahme des familiären Zusammenlebens, herbeizuführen, als auch soweit lediglich die formellen Voraussetzungen für eine endgültige Trennung geschaffen werden sollen.

Dass während des Trennungsjahres der Aufenthalt in zwei getrennten Wohnungen tatsächlich oder von Gesetzes wegen erforderlich ist, trägt der Kläger selbst nicht vor und ist auch nicht ersichtlich. Wenn das Vorhalten zweier getrennter Wohnungen dementsprechend allenfalls als opportun oder wünschenswert anzusehen ist, dann ist dies gerade Ausdruck der besonderen Leistungsfähigkeit als Voraussetzung für die Erhebung der als örtliche Aufwandsteuer ausgestalteten Zweitwohnungssteuer in Abgrenzung zur Leistungsfähigkeit von Familien, die schon aus finanziellen Gründen sich keine zwei getrennten Wohnungen leisten können. Einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG hat die Erhebung der Zweitwohnungssteuer nicht zur Folge. Insoweit lässt sich auch aus den Gründen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts, – 1 BvR 1232/00, 1 BvR 2627/03 -, in u.a.: BVerfGE 114, 316, nichts zu Gunsten des Klägers im vorliegenden Verfahren herleiten.

Danach wird durch die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer auf die Innehabung einer aus beruflichen Gründen eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet, die Ehe diskriminiert und gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstoßen. Der dortige Sachverhalt unterscheidet sich vom vorliegenden insoweit, als die Inanspruchnahme einer Zweitwohnung aus beruflichen Gründen erforderlich war, während hier eine Inanspruchnahme allenfalls opportun oder wünschenswert ist.

Eine Ungleichbehandlung i.S. von Art. 3 Abs. 1 GG mit der Ehefrau des Klägers, die gerade keine Zweitwohnung in Anspruch nimmt, sondern weiterhin in nur einer Wohnung, nämlich der – früheren – Wohnung der Familie lebt, liegt nicht vor. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Regelung des § 16 Abs. 2 Satz 2 MG NRW Bezug genommen, wonach Hauptwohnung eines Verheirateten oder eine Lebenspartnerschaft führenden Einwohners, der nicht dauernd getrennt von seiner Familie oder seinem Lebenspartner lebt, die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie oder des Lebenspartners ist. Dass die Ehefrau des Klägers ebenfalls dessen Zweitwohnung nutzt, ist weder ersichtlich noch vorgetragen.

Gegen die Erhebung der Zweitwohnungssteuer bestünden auch dann keine Bedenken, wenn die endgültige Trennung schon feststehen würde, obwohl das Trennungsjahr noch nicht abgelaufen ist. Zwar dürfte dann die Wohnung des Klägers keine Nebenwohnung i.S. von § 16 Abs. 3 MG NRW im Verhältnis zur Wohnung seiner Familie mehr darstellen, so dass der Zustand nicht mehr den melderechtlichen Anforderungen entspricht. In der Rechtsprechung ist jedoch geklärt, dass mit der Zweitwohnungssteuer neben der Einnahmeerzielung auch Lenkungszwecke verfolgt werden dürfen. Die Förderung der Motivation, sich im melderechtlich zulässigen Rahmen zur Verlegung des Erstwohnsitzes zu entscheiden, ist insofern nicht zu beanstanden, vgl. BayVGH, Urteil vom 4. April 2006 – 4 N 04.2798 – in: BayVBl 2006, 500, unter Bezugnahme auf BVerwG, Beschluss vom 27. Oktober 2003 – 9 B 102.03 -, in: JURIS.

Eine Ungleichbehandlung des Klägers im Hinblick auf die Ausnahmeregelungen des § 2 Abs. 5 der Zweitwohnungssteuersatzung, wonach Wohnungen, die von freien Trägern der Wohlfahrtspflege aus therapeutischen Gründen entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, und Wohnungen, die von Trägern der öffentlichen und freiwilligen Jugendhilfe entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden und Erziehungszwecken dienen, keine Zweitwohnung i.S. dieser Satzung sind, lässt sich nicht feststellen. Denn die dort geregelten Fälle, in denen die Nutzung einer „Nebenwohnung“ integrierter Bestandteil von therapeutischen oder erzieherischen Maßnahmen ist, vgl. Beschluss des Senats vom 13. Mai 2004 – 14 B 778/04 -, sind mit dem des Klägers nicht vergleichbar.

Schließlich ergeben sich keine ernstlichen Zweifel im Hinblick auf die Auffassung des Klägers, die Steuerpflichtigkeit sei im Rahmen des Erhebungsverfahrens nicht gewährleistet. Den rechtlichen Ansatz des Verwaltungsgerichts, zur Gleichheitswidrigkeit führe nur das normative Defizit als widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts, zieht der Kläger nicht in Zweifel. Ebenso wenig legt er substanziiert dar, dass die vom Verwaltungsgericht offensichtlich als (mit) entscheidend angesehenen stattfindenden Kontrollen ineffektiv sind. Insbesondere sein Vorbringen, bei den vorgenommenen Befragungen würde es sich um Befragungen „ins Blaue hinein“ handeln, vermag deren Ineffektivität nicht zu begründen. Dass die Gemeinden zur Kontrolle der melderechtlichen Verhältnisse auf das Verhalten der Betroffenen und auf Auskünfte des jeweiligen Eigentümers angewiesen sind, liegt auf der Hand. Denn sie dürften kapazitätsmäßig kaum in der Lage sein, zusätzlich die Richtigkeit der Angaben zum Erst- und Nebenwohnsitz im jeweiligen Einzelfall „vor Ort“ zu überprüfen und eine derartige Überprüfung zudem fortlaufend in regelmäßigen Abständen vorzunehmen. Darauf, ob Vermieter ggfs. derartige Auskünfte verweigern können, kommt es im Verhältnis zum Kläger nicht an.

Die vom Kläger außerdem geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO lässt sich nicht feststellen. Im Hinblick auf die vorangehenden Ausführungen würden sich die vom Kläger aufgeworfenen Fragen Müssen kommunale Satzungen über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer den Zweck der Errichtung eines Zeitwohnsitzes bei der Frage der steuerlichen Veranlagung berücksichtigen?

Ist es zulässig, dass in einer kommunalen Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer Privilegierungen zu Gunsten karitativer Einrichtungen vorgesehen sind?

Ist es zur Schaffung der Gleichheit im Steuerrecht ausreichend, dass zum Zwecke der Ermittlung eines Steuerpflichtigen nach einer kommunalen Zweitwohnungssteuer die Steuerbehörde Dritte ohne konkreten Anlass im Rahmen der Steuererklärung um Auskunft über einen obligatorisch Berechtigten befragen?

in einem Berufungsverfahren nicht stellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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