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Unterlassungsanspruch verwilderte Tauben anzulocken gegenüber Grundstücksnachbarn

Verbot des Anlockens verwilderter Tauben in Hannover

In einem kürzlich ergangenen Urteil des Amtsgerichts Hannover wurde eine Eigentümerin dazu verurteilt, es zu unterlassen, verwilderte Tauben auf ihrem Grundstück anzulocken. Die Entscheidung basierte auf einer Klage ihres Nachbarn, der sich in der Nutzung seines Grundstücks beeinträchtigt fühlte.

Direkt zum Urteil: Az.: 502 C 7456/22 springen.

Anlass der Klage: Taubenplage

Die Beklagte hielt erblindete Stadttauben in Volieren auf ihrer Terrasse und pflegte verletzte Tauben gesund. Zudem fütterte sie Singvögel und einen Igel in ihrem Garten. Ihr Nachbar, der Kläger, fühlte sich durch die Tauben, die sein Grundstück und Haus besuchten, gestört und klagte auf Unterlassung.

Entscheidung des Gerichts: Unterlassungsanspruch

Das Gericht entschied zugunsten des Klägers und stellte fest, dass er einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB hat. Die Beklagte wurde als Störerin eingestuft, da ihre Handlungen dazu führten, dass die Tauben angelockt wurden. Die Beeinträchtigung war nicht als unwesentlich oder ortsüblich einzustufen.

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Das vorliegende Urteil

AG Hannover – Az.: 502 C 7456/22 – Urteil vom 26.04.2023

1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, auf ihrem Grundstück … … in 30… Hannover verwilderte Tauben anzulocken oder anlocken zu lassen, etwa durch die Fütterung verwilderter Tauben oder die Haltung von Tauben in Volieren.

2. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft angedroht.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2000 €.

Tatbestand

Unterlassungsanspruch verwilderte Tauben anzulocken gegenüber Grundstücksnachbarn
(Symbolfoto: New Africa/Shutterstock.com)

Die Parteien sind Eigentümer zweier nebeneinander liegender, mit Reihenhäusern bebauter Grundstücke in Hannover Groß-Buchholz. Nach erfolgloser Durchführung des Verfahrens vor dem örtlichen Schiedsamt verlangt der Kläger im gerichtlichen Verfahren von der Beklagten die Unterlassung des Anlockens verwilderter Brieftauben auf ihrem Grundstück.

Die Beklagte hält seit längerer Zeit in zwei auf der Terrasse ihres Reihenhauses aufgestellten Volieren zwei erblindete Stadttauben. Zudem bringt sie in den Volieren von ihr oder Tochter im Stadtgebiet aufgefundene verletzte Stadttauben in unterschiedlicher Zahl in den Volieren unter, bis diese wieder gesund gepflegt sind und wieder ausgewildert werden können. Zudem füttert sie in ihrem Garten Singvögel, indem sie Meisenknödel aushängt. Zudem füttert sie einen Igel.

In einem zwischen den Parteien streitigen Ausmaß und einer zwischen den Parteien streitigen Häufigkeit besuchen Schwärme von Stadttauben das Grundstück der Beklagten. Hierdurch fühlt sich der Kläger in der Nutzung seines Grundstückes beeinträchtigt, weil diese Taubenschwärme sich unter anderem auch auf sein Hausdach, seinen Balkon, seine Terrasse und erhöhte Plätze in seinem Garten setzen, hierbei ihren Kot hinterlassen, zudem Gurren und Fluggeräusche verursachen.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beeinträchtigungen würden das zumutbare Maß des Hinzunehmenden überschreiten. Die Beklagte locke die Taubenschwärme durch die in den Volieren gehaltenen Tauben und durch Fütterungen an. Die Tauben würden sich in großer Zahl auf den umliegenden Dächern versammeln, die umliegenden Balkon- und Gartenflächen verkoten und kontaminieren. Der Dreck dringe durch die Fenster in die Wohnungen ein, auch würden die Tiere gegen die Fenster fliegen und dort Verschmutzungen hinterlassen.

Der Kläger beantragt, es der Beklagten bei Meidung eines in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft zu untersagen, auf ihrem Grundstück B… … in 30… Hannover verwilderte Tauben anzulocken oder anlocken zu lassen, so wie dies durch die Fütterung verwilderter Tauben in Ihrem Garten oder die Haltung von Tauben in auf dem Grundstück aufgestellten Volieren geschehen ist.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet, die Tauben zu füttern. Nicht auszuschließen sei allerdings, dass einzelne Körner aus den Volieren fallen würden, an denen sich die Stadttauben bedienen würden. Die Belastung durch die Stadttauben seien jedoch deutlich geringer als vom Kläger vorgetragen. Sie bestreitet, dass die Tauben die Balkon- und Gartenflächen der Nachbarn kontaminieren oder gar gegen die Fensterscheiben fliegen würden.

Der Taubenschwarm halte sich nur in den Morgenstunden und niemals länger als ca. 1 Stunde auf den umliegenden Dächern und dem Grundstück auf. Im Laufe des Tages besuche lediglich eine Gruppe von 5-10 Tieren für etwa 1 Stunde das Grundstück, um sich dort auszuruhen und zu trinken. Die Beklagte sieht sich aus ethischen Gründen in der Pflicht, die beiden erblindeten Tauben in den Volieren zu halten und kranke Tiere bei sich aufzunehmen, bis sie gesund gepflegt seien. In letzter Zeit würden sie nur noch im geringeren Ausmaß Tauben bei sich aufnehmen, demgemäß würden sich auch weniger wildlebende Tauben auf dem Grundstück einfinden.

Die Beklagte ist der Ansicht, als Eigentümerin zur Haltung der Tauben berechtigt zu sein, weil sie sich hierzu als Tierschützerin verpflichtet sehe und eine Belästigung der Nachbarn nicht stattfinde. Ohnehin würden sich die Tauben an den unterschiedlichsten Stellen im Stadtgebiet niederlassen, ohne dass dies den Eigentümern vorgeworfen werden könne.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und Anlagen verwiesen.

Die Parteien wurden in der mündlichen Verhandlung angehört. Zudem ist Beweis erhoben worden durch Einvernahme von Zeugen. Wegen des Ergebnisses von Parteianhörung und Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift des Sitzungsprotokolls vom 5.4.2023 (Blatt 98-106 der Akten) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die nach erfolgloser Durchführung des Schlichtungsverfahrens zulässige Klage ist mit der sich aus dem Tenor ergebenden Auslegung begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte den Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nach § 1004 Abs. 1 BGB kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen, wenn das Eigentum beeinträchtigt wird. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Nach dem Ergebnis von mündlicher Verhandlung und Beweisaufnahme besteht kein Zweifel, dass das Eigentum des Klägers durch die Taubenschwärme beeinträchtigt wird. Der Kläger hat im Rahmen seiner Parteianhörung plausibel vorgetragen, in letzter Zeit zwar in etwas geringerem Ausmaß, jedoch nach wie vor massiv durch die Tauben gestört zu werden, indem diese das Dach seines Hauses, den Balkon und den Garten anfliegen und dort ihre Exkremente hinterlassen und ihn durch ihr Gurren und Flügelschlagen am Aufenthalt außerhalb des Hauses hindern. Dieser Angaben des Klägers werden durch die Bekundungen der gehörten Zeugen eindrucksvoll bestätigt. Diese haben übereinstimmend bekundet, dass sich die Taubenschwärme nach wie vor in großer Zahl vor Ort einfinden, sich insbesondere nahezu alltäglich auf den Dächern auch des Klägers versammeln und sodann in den Garten der Beklagten einfliegen.

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Ebenso besteht kein Zweifel, dass die Beklagte hier Störerin im Sinne der genannten Regelung ist. Es beruht nämlich auf Handlungen der Beklagten oder ihrer Familienangehörigen, dass die Taubenschwärme sich auf den umliegenden Dächern versammeln und sodann in den Garten der Beklagten einfliegen. Die gehörten Zeugen haben übereinstimmend bekundet, dass die Tauben auf den Dächern sitzend Richtung des Gartens der Beklagten schauen, um sodann nach einiger Zeit dorthin zu fliegen. Dies belegt eindeutig, dass sie hier von Umständen angelockt werden, die ihre Ursache im Bereich des Grundstückes der Beklagten haben. Dies mag entsprechend der Vermutung der Beklagten daran liegen, dass sich die Tauben von den in den Volieren sitzenden Artgenossen angelockt fühlen. Dies mag nach den Umständen daran liegen, dass sie gezielt gefüttert werden oder dort Futterreste vorfinden, die für andere Tiere gedacht sind, etwa für die die in den Volieren gehaltenen Tauben, die Singvögel oder den Igel. Das Verhalten der Tauben belegt jedenfalls eindeutig, dass die Tauben wegen auf dem Grundstück der Beklagten zu suchender Umstände angelockt werden, sodass letztlich dahinstehen kann, welche der von der Beklagten zu vertretenden Umstände hier die maßgebliche Ursache setzt. Hier liegt es in der Verantwortung der Beklagten, alle Umstände abzustellen, die zu den massiven Besuchen der Taubenschwärme führen.

Die Beklagte kann sich hier auch nicht mit Erfolg auf die Regelung des § 906 BGB berufen. Hiernach hat der Eigentümer eines Grundstückes die Zuführung von Gerüchen, Geräuschen und ähnlicher von einem anderen Grundstück ausgehender Einwirkungen zu dulden, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstückes nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Die Beeinträchtigungen sind nicht nur unwesentlich, wie sich ohne weiteres aus den Bekundungen der gehörten Zeugen ergibt, wonach sich die Tauben nahezu alltäglich in recht großer Zahl auf den Dächern einfinden, dabei die arttypischen Geräusche verursachen und ihre Exkremente hinterlassen. All dies wird letztlich von der Beklagten nicht ernsthaft in Abrede gestellt, sondern lediglich abgeschwächt. Die vorgelegten und in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen Lichtbilder belegen jedoch nicht nur die große Zahl der sich einfindenden Tauben, sondern auch ihre erheblichen Hinterlassenschaften.

All dies ist auch nicht als ortsüblich hinzunehmen. Zwar gehören verwilderte Brieftauben zum Stadtbild. Die von den Zeugen beschriebene und durch die Lichtbilder dokumentierte Vielzahl der sich versammelnden Tauben belegen jedoch, dass das Maß dessen, was üblicherweise in städtischen Gärten kreucht und fleucht, massiv überschritten wird.

Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht mit Erfolg auf die ethische Verantwortung der Menschen für die Fauna in ihrem Umfeld berufen. Sie muss hier darauf verwiesen werden, andere Lösungen für die Unterbringung der von ihr beherbergten Tauben zu finden. Hinsichtlich der Fütterung anderer Tiere muss sie durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge tragen, dass hierdurch die Tauben nicht angelockt werden.

Die Androhung der Ordnungsmittel beruht auf § 890 ZPO.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant


  • § 1004 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) – Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch: Im Urteil des Amtsgerichts Hannover wurde die Beklagte dazu verurteilt, das Anlocken verwilderter Tauben zu unterlassen, da sie als Störerin eingestuft wurde. Der Kläger hat einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB, da die Handlungen der Beklagten dazu führen, dass die Tauben angelockt werden und das Eigentum des Klägers beeinträchtigt wird.
  • § 906 BGB – Zuführung von Immissionen: Die Beklagte kann sich nicht auf § 906 BGB berufen, da die Beeinträchtigung des Klägers durch die angelockten Tauben nicht als unwesentlich oder ortsüblich einzustufen ist. Die Tauben verursachen arttypische Geräusche und hinterlassen Exkremente, die über das übliche Maß von verwilderten Brieftauben im städtischen Bereich hinausgehen.
  • Rechtsmittel und Ordnungsgeld: Das Urteil sieht für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft vor. Dies zeigt die Bedeutung der Einhaltung des Unterlassungsanspruchs für das Gericht.
  • Kosten des Rechtsstreits und vorläufige Vollstreckbarkeit: Die Beklagte wurde dazu verurteilt, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, und das Urteil wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt. Dies verdeutlicht die rechtliche Verantwortung der Beklagten und die Dringlichkeit der Entscheidung.

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