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Vereinbarung von Schwarzarbeit über WhatsApp führt zur Nichtigkeit des Vertrages

OLG Düsseldorf – Az.: I-21 U 34/19 – Urteil vom 21.01.2020

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichtswuppertal vom 04.04.2019 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt restliche Vergütung aus verschiedenen Werkverträgen.

Der Beklagte ist Eigentümer der Hausgrundstücke F… 11 und 13 in V…, die jeweils mit einem Altbau-Mehrfamilienhaus bebaut sind. Die Klägerin führt gewerblich Bauarbeiten durch.

Im Jahr 2016 beabsichtigte der Beklagte, die vorgenannten Gebäude zu sanieren. Nachdem der Beklagte die Klägerin darauf hingewiesen hatte, dass für ihn lediglich ein Preisrahmen von 250.000,- Euro finanzierbar sei, erstellte die Klägerin unter dem 19.02.2016 ein Angebot, das auf 249.724,29 EUR einschließlich Mehrwertsteuer endete (Anl. K28, Bl. 300 GA).

Im Jahr 2016 führte die Klägerin umfangreiche Baumaßnamen in den vorgenannten Objekten durch. Die Rechnungen für das hierfür erforderliche Material ließ sie hierbei teilweise unmittelbar auf den Beklagten ausstellen und händigte sie ihm nach Bezahlung aus. Ferner übergab sie ihm Kaufbelege über weiteres Material, wie z.B. Baumarkt-Kassenzettel, die an sie adressiert waren.

Unter dem 14.03.2016 richtete die Klägerin an den Beklagten zwei Vorschussrechnungen (vgl. Anlage K16, Bl. 137 GA, über 12.900,- Euro, Betreff „Vorschuss Heizung“, sowie Anlage K18, Bl. 139 GA, über 11.900,- Euro, Betreff „Vorschuss Renovierung“) sowie unter dem 30.11.2016 eine weitere Rechnung (vgl. Anlage K17, Bl. 138 GA, über 13.685 EUR, Betreff „Container und Entsorgung“), die der Beklagte jeweils durch Überweisung bezahlte. Darüber hinaus übergab der Beklagte dem Geschäftsführer der Klägerin während der laufenden Baumaßnahmen wiederholt größere Bargeldbeträge.

Am 28.12.2017 forderte der Geschäftsführer der Klägerin den Beklagten per WhatsApp unter Übersendung von Ablichtungen der Vor- und Rückseiten zweier EC-Karten zu einer Zahlung von insgesamt 35.000 EUR auf und erklärte dazu (vgl. Anl B10, Bl. 277 GA):

„Kannst du bitte aufteilen 20 auf dass eine Konto und 15 auf dass andere Konto dass nicht so viel an die Augen von F… kommt Danke“.

Der Beklagte leistete die Überweisung wie gewünscht auf die beiden Konten.

Nach einer handschriftlichen Aufstellung des Geschäftsführers des Beklagten hat der Beklagte folgende Zahlungen geleistet (vgl. Anlage K19, Bl. 140 GA):

…………….

Zudem erstellte der Geschäftsführer der Klägerin handschriftlich eine mit „Fremde Firmen Rechnung“ überschriebene Liste von Barzahlungen des Beklagten. Diese enthält folgende Positionen (jeweils mit dem Zusatz „ohne material“, vgl. Anlage K9, Bl. 112 GA):

……………….

Mit Ausnahme der Zahlungen, die auf die von der Klägerin gestellten „Vorschussrechnungen“ erfolgten, und der Zahlung über 35.000 EUR aus Januar 2018 leistete der Beklagte jedenfalls die überwiegende Mehrzahl der in den vorgenannten Aufstellungen genannten Geldbeträge in bar ohne Aushändigung einer Quittung an den Geschäftsführer der Klägerin.

Zu einem im Einzelnen nicht näher mitgeteilten Zeitpunkt beendete die Klägerin ihre Arbeiten in den beiden Objekten F…11 und 13.

Ferner wurden zu einem ebenfalls nicht genannten Zeitpunkt durch die Steuerfahndung Ermittlungen gegen die Klägerin eingeleitet.

Die Parteien verhandelten über die Abgabe eines notariellen Schuldanerkenntnisses durch den Beklagten an die Klägerin über den noch offenen Werklohn der Klägerin. Zu einer Einigung hierüber und einer Unterzeichnung des Anerkenntnisses durch den Beklagten kam es jedoch nicht.

Mit Datum vom 27.03.2018 und vom 12.04.2018 erstellte der Klägerin eine Vielzahl von Rechnungen an den Beklagten, darunter die nachstehenden streitgegenständlichen Rechnungen (geordnet nach Endung der Rechnungsnummer):

3.325,36 EUR

27.03.2018

Re.Nr. 02.03.000005.18 Kio über Arbeiten von Mai bis Oktober 2016 mit dem Betreff „Schadensfall“ und der Beschreibung „Abriss alter Kamin, Aufbau neuer Kamin“

3.795,15 EUR

27.03.2018

Re.Nr. 03.03.000006.18 Kio Abbruch Garage F…. 11

6.237,74 EUR

27.03.2018

05.03.000008.18 Kio Arbeiten vom 01.11.-29.11.2016 in der F… 13 wegen eines Wasserschadens im Dachgeschoss (Familie B..)

17.850,00 EUR

27.03.2018

Re.Nr. 04.04.000007.18 Kio

Abstellräume F… 13

14.280,00 EUR

27.03.2018

Re.Nr. 06.03.000009.18 Kio 2. OG links F…. 13

226.925,22 EUR

27.03.2018

ReNr. 07.03.000010.18 Kio Umbau F….11

1.302,81 EUR

12.04.2018

Re.Nr. 03.4..000014.18 Kio Kelleraufteilung F…. 11

197,06 EUR

12.04.2018

Re.Nr. 06.4.000017.18 Kio Waschmaschinen- & Trockneranschluss

1.371,83 EUR

27.03.2018

Re.Nr. 09.4.000020.18 Kio Treppenhausdach F…. 11

Im Juni 2018 erhob die Klägerin beim Amtsgericht Düsseldorf, Az. 45 C 271/18, gegen den Beklagten Klage auf Herausgabe von „Original-Rechnungen“.

Weitere Werklohnklagen der Klägerin gegen den Beklagten betreffend andere auf den 12.04.2018 datierte Rechnungen sind beim Amtsgericht Düsseldorf (Az. 44 C 3/19) und beim Landgericht Essen (Az. 9 O 249/18) anhängig.

Die Klägerin macht gegen den Beklagten einen offenen Werklohn in Höhe von insgesamt 275.285,17 Euro geltend.

Sie hat behauptet, sie habe die abgerechneten Arbeiten vereinbarungsgemäß und mangelfrei ausgeführt. Die abgerechneten Massen und Arbeitsstunden seien tatsächlich angefallen; die Parteien hätten sich abweichend von den vorgelegten Angeboten bereits im Jahr 2015 auf eine Stundenlohnvergütung von 42,80 EUR geeinigt, ferner über die Vergütung von Fahrtkosten. Die streitgegenständlich abgerechneten Materialkosten seien der Klägerin tatsächlich entstanden und von dem Beklagten noch nicht bezahlt. Der Beklagte habe Arbeiten bei Drittfirmen in einer Größenordnung von 407.000,- Euro in Auftrag gegeben. Die Zahlung dieser Firmen sei zum Teil durch sie, die Klägerin, als Botin, erfolgt.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 265.722,07 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszins auf 226.925,22 EUR und 3.795,15 EUR seit dem 05.04.2018, auf 1.371,83 EUR und 1.302,81 EUR und 197,06 EUR seit dem 19.04.2018 und auf 17.850,00 EUR und 14.280,00 EUR seit dem 12.04.2018 zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 6.808,15 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszins seit dem 13.08.2018 zu zahlen;

3. den Beklagten zu verurteilen, an sie 9.563,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszins auf 6.237,74 EUR seit dem 05.04.2018 sowie auf 3.325,36 seit dem 12.04.2018 zu zahlen;

4. den Beklagten zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 650,34 EUR und 413,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszins seit dem 13.08.2018 zu zahlen;

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, keine eigenen Nachunternehmer beauftragt zu haben. Er habe darauf vertraut, dass am Schluss alles abgerechnet werde. Der Beklagte meint, durch seine Zahlungen die Klägerin voll bezahlt zu haben und macht im Übrigen ein Zurückbehaltungsrecht wegen einer Vielzahl von Baumängeln geltend.

Die Klägerin hatte die Forderungen zunächst in verschiedenen Verfahren geltend gemacht, die das Landgericht mit Beschluss vom 14.02.2019 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des Aktenzeichens 258/18 verbunden hat.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 04.04.2019, auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Hierzu hat es ausgeführt, die Klägerin habe aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Zahlung von Werklohn in Höhe von 265.722,07 EUR und weiterer 9.563,10 EUR wegen der streitgegenständlichen Renovierungsarbeiten an den Häusern F… 11 und 13 in Velbert. Ein solcher Anspruch folge insbesondere nicht aus § 631 BGB. Der zwischen den Parteien zustande gekommene Vertrag sei als einheitliches Vertragsverhältnis anzusehen. Dieser Vertrag sei jedoch gemäß § 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig. Aufgrund der von den Parteien vorgetragenen unstreitigen Umstände sei die Kammer davon überzeugt, dass bedeutende Teile der von der Klägerin zu erbringenden und tatsächlich erbrachten Leistungen ohne Rechnung und unter Verkürzung der von dieser geschuldeten Umsatzsteuer hätten vergütet werden sollen. Der Umstand, dass beide Parteien eine Schwarzgeldabrede nicht vorgetragen haben, würde die Kammer nicht hindern, sich aufgrund der unstreitigen Indizien die Überzeugung vom Vorliegen einer Schwarzgeldabrede zu bilden. Die Parteien könnten auch nicht allein durch übereinstimmendes einfaches Leugnen einer Schwarzgeldabrede diese Überzeugungsbildung unterbinden. Eine vollzogene Schwarzgeldabrede stehe aufgrund der als Anlage B10 zu 7 O 261/18 vorgelegten WhatsApp-Nachricht des Geschäftsführers der Klägerin hinsichtlich des Bauvorhabens F…. 13 fest. Die unstreitig auf zwei Konten aufgeteilte Zahlung mit der Begründung „dass nicht so viel an die Augen von F… kommt“, die unstreitig von dem Beklagten wunschgemäß ausgeführt wurde, sei darauf bezogen gewesen, eine steuerbare Leistung vor dem F(inanzamt) zu verschleiern. Soweit der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gemutmaßt habe, mit „F…“ könne auch die Sachbearbeiterin in einer Bank gemeint gewesen sein, handele es sich ersichtlich um eine Schutzbehauptung. Eine plausible Reserveerklärung für diesen Vorgang habe keine der Parteien abgegeben. Soweit die Klägerin vortragen lasse, bei den Zahlungen handele es sich um die Erstattung von Materialauslagen, die der Geschäftsführer der Klägerin getätigt habe, folge aus diesem unbestritten gebliebenen Sachvortrag nichts anderes. Auch diese Behauptung stelle sich im Kontext der unstreitigen Umstände als Schutzbehauptung dar. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei der vorliegende Sachverhalt nicht dadurch geprägt, dass sich der Beklagte selbst Baumaterial verschafft habe, um dieses von der Klägerin einbauen zu lassen. Vielmehr seien die Parteien unstreitig übereingekommen, dass die Klägerin die erforderlichen Leistungen ausführen und abrechnen sollte, was sie in den streitgegenständlichen Rechnungen in dem verbleibenden Umfang auch getan habe.

Ein weiteres gewichtiges Indiz für die einvernehmliche Schwarzgeldabrede sei der Umstand, dass ein verhältnismäßig kleiner Teil der Zahlungen durch Überweisung vorgenommen worden sei, während erhebliche Barzahlungen ohne Rechnung und ohne Quittung von der Klägerin angefordert und von dem Beklagten auch geleistet worden seien. Im Falle der Entlohnung eines selbstständigen Handwerkers durch den Besteller ohne Rechnungsstellung liege jedenfalls in objektiver Hinsicht regelmäßig ein Verstoß des Unternehmers gegen die Erklärungs- und Anmeldungspflichten gemäß § 18 Abs. 1, 3 UStG sowie gegen die Rechnungslegungspflicht gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG vor. Es liege fern, dass dieser Umstand dem selbstständig tätigen Beklagten verborgen geblieben sei. Soweit der Beklagte vortragen lasse, er habe stets darauf vertraut, dass die Klägerin „am Ende“ eine Gesamtabrechnung vornehmen werde, stehe dieser Vortrag der Annahme seines bewussten Mitwirkens an einer Steuerverkürzung nicht entgegen, da dieses Vertrauen nicht notwendig die Annahme umfasse, dass die Klägerin und ihr Geschäftsführer diese Abrechnung auch steuerlich richtig behandelten. Neben dem Eingehen auf die aufgeführte Bitte des Geschäftsführers der Klägerin, die Zahlung aufzuteilen, damit „nicht so viel vor Auge von F… kommt“, spreche auch die Behandlung der Materialrechnungen und -quittungen gegen ein solches Vertrauen des Beklagten. Der Umstand, dass er diese entgegengenommen und im Rahmen seiner eigenen Steuererklärung verwertet und sich gegenüber der Herausgabeklage beim Amtsgericht Düsseldorf darauf berufen habe, ihm stünden Rechte an diesen Belegen zu, spreche dagegen, dass er davon ausging, die Klägerin werde sämtliche Umsätze einer steuerlich korrekten Behandlung zuführen.

Ein weiteres gewichtiges Indiz seien die Barzahlungen an den Geschäftsführer der Klägerin, die – insoweit unstreitig – ohne Quittung und ohne Übergabe einer Rechnung an weitere Firmen weitergeleitet wurden oder werden sollten. Insoweit würden die Parteien hinsichtlich der Aufstellung über insgesamt 407.000 EUR im Wesentlichen darüber streiten, wer von ihnen etwaige Drittfirmen beauftragt hatte und nicht darüber, dass der Geschäftsführer von dem Beklagten Barzahlungen in dieser Größenordnung entgegengenommen habe.

Vereinbarung von Schwarzarbeit über WhatsApp führt zur Nichtigkeit des Vertrages
(Symbolfoto: Von Chonlachai/Shutterstock.com)

Schließlich sei – ohne dass es für die Überzeugungsbildung entscheidend darauf ankäme – auch die Herkunft der Finanzierungsmittel unklar geblieben. Dies sei wiederum als weiteres Indiz für ein Interesse des Beklagten anzusehen, die Zahlungsflüsse vor dem „Auge“ des Finanzamts zu verbergen.

Die Kammer habe in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass sie die unstreitigen Umstände als Indiz für eine Schwarzgeldabrede ansieht und dies im Einzelnen erläutert. Die daraufhin abgegebenen Erklärungen der Parteien in den nachgelassenen Schriftsätzen vom 14.03. und 27.03.2019 gäben keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Ein Anspruch der Klägerin folge nicht aus § 812 Abs. 1 BGB. Sie könne die von ihr erbrachten Werkleistungen, die aufgrund der Nichtigkeit des Werkvertrages rechtsgrundlos erfolgt seien, nicht mit Erfolg auf einen Rückforderungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung stützen. Ein insoweit in Betracht kommender Kondiktionsanspruch sei gemäß § 817 S. 2 Halbsatz 1 BGB ausgeschlossen, da die Klägerin ihre Leistungen aus den oben genannten Gründen bewusst teilweise als Schwarzarbeit erbracht habe. In einem solchen Fall erfolge zwischen den Parteien kein Wertausgleich. Ein Ausnahmefall, in dem es aus den Grundsätzen von Treu und Glauben ausnahmsweise gerechtfertigt sein könnte, den Unternehmer nicht völlig schutzlos zu lassen, sei erkennbar nicht gegeben, nachdem im Zusammenhang mit den Arbeiten bereits rund 630.000 EUR an oder über den Geschäftsführer der Klägerin geflossen seien. Ein Anspruch ergebe sich aus denselben Gründen nicht aus §§ 951, 812 BGB.

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Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgt. Sie rügt im Wesentlichen die Beweiswürdigung des Landgerichts und seine Feststellung, dass zwischen den Parteien eine Schwarzgeldabrede bestanden habe. Die Straf- und Bußgeldstelle des Finanzamtes B… habe in einer Besprechung nach Durchsicht der beschlagnahmten Unterlagen mehrfach erklärt, dass es ihrem Geschäftsführer keine „Schwarzgeldgeschäfte“ oder „Scheinrechnungen“ vorwerfe. Sie sei mit ihrem diesbezüglichen Vortrag nicht präkludiert, da sie erst durch das Urteil davon erfahren habe, dass das Landgericht seine Entscheidung ausschließlich auf eine „vermutete“ Schwarzgeldabrede stützen würde. Darüber hinaus habe die Besprechung mit dem Finanzamt erst nach dem Urteil stattgefunden. Soweit der Kammer die vielen Bargeldgeschäfte „dubios“ erschienen seien, sei dies auf Baustellen kleinerer und mittlerer Größe keineswegs unüblich. Für das Finanzamt sei einzig ausschlaggebend, ob Einnahmen und Ausgaben ordnungsgemäß gebucht und versteuert würden. Dies sei geschehen. Weiter rügt sie, dass das Landgericht Akten eines Verfahrens vor dem Amtsgericht Düsseldorf beigezogen und auf Anlagen hieraus Bezug genommen habe, obwohl ihre Prozessbevollmächtigte bezüglich dieses Verfahrens nicht bevollmächtigt und der Akteninhalt ihr daher nicht bekannt gewesen sei. Diese Unterlagen verwende das Landgericht zudem, um das Vorliegen eines Schwarzgeldgeschäftes zu vermuten. Soweit es die Aufteilung der eines per Überweisung gezahlten Betrages von 35.000,- EUR in zwei verschiedene Beträge dahingehend werte, dass es hierbei darum ginge, eine „versteuerbare Leistung vor dem F(inanzamt) zu verschleiern“, handele es sich um einen prima-facie-Beweis. Bei der Erklärung des Geschäftsführers der Klägerin, mit „F“ sei der Sachbearbeiter der Bank gemeint, handele es sich nicht um eine Schutzbehauptung. Bei der in der Nachricht als „F“ bezeichneten Person handele es sich um den Sachbearbeiter der Bank, Herrn F. -J… L…. Dieser habe von „Mauscheleien“ des Geschäftsführers der Klägerin nicht mitbekommen sollen, die darin bestanden hätten, dass dieser Gelder von seinem privaten, darlehensfinanzierten Baukonto genommen habe, wenn der Beklagte ihm nicht Geld zum Materialeinkauf vorab gegeben und das Geschäftsskonto eine größere Abhebung nicht zugelassen hätten. Im Übrigen sei so verfahren worden, dass sie das Geld für den Einkauf des erforderlichen Materials entweder von dem Beklagten vorab erhalten habe. Dann habe sie dafür gesorgt, dass dieser für das Material als Rechnungsadressat aufgeführt worden sei. Oder sie, die Klägerin, sei in Vorlage getreten und der Beklagte habe ihr die Kosten kurzfristig erstattet. In diesem Fall sei ebenfalls eine Rechnungsstellung an den Beklagten erfolgt. Lediglich Materialien, die sie für ihren Betrieb über ihre Kundenkarten gekauft und von dem Beklagten nicht erstattet erhalten habe, habe sie auch später in den Rechnungen aufgeführt und abgerechnet. Dem Finanzamt habe diese Erklärung in Bezug auf die Kundenkarten der Klägerin ausgereicht. Auch der Beklagte wende sich gegen das Vorliegen eines „Schwarzgeschäftes“. Das Landgericht berücksichtige bei seiner Beweiswürdigung auch nicht die weiteren Umstände. So seien Banken beteiligt gewesen, Überweisungen durchgeführt und Zahlungen per Bauhauseinkaufskarten bezahlt worden, die Rückschluss auf den Inhaber zuließen. Ebenso sei falsch, wenn das Landgericht seine „Vermutung“ als Indiz darauf stütze, dass nur die 3 Abschlagsrechnungen durch Überweisungen gezahlt worden seien. Hierbei sei bereits die Überweisung des aufgeteilten Betrages von 35.000,- Euro nicht berücksichtigt. Auch das weitere Indiz, der Zettel über 407.000,- Euro für Fremdgewerker, sei keine geeignete Grundlage für die Vermutung einer Schwarzgeldabrede. Dagegen spreche bereits der Umstand, dass der Beklagte behauptet habe, an die Klägerin 364.885,00 EUR gezahlt zu haben. Diese Aufstellung sei zudem erst im Herbst 2018 für ihre Prozessbevollmächtigte gefertigt worden. Die Klägerin macht in diesem Zusammenhang weitere Ausführungen zu Aufträgen, die der Beklagte an Drittfirmen und einen Architekten erteilt haben soll. Weiter legt sie Mietverträge vor, die der Beklagte zum Schein mit von ihm beauftragten Arbeitern geschlossen haben soll. Alle diese Umstände führten – so die Klägerin – dazu, dass es völlig lebensfremd sei, ihr zu unterstellen, dass sie alle Verträge mit Fremdgewerkern selbst abgeschlossen habe. Soweit das Gericht ausführe, das Zweifel an der Herkunft der Finanzierungsmittel bestünden, frage sich, warum der Beklagte nicht seitens des Gerichts aufgefordert worden sei, die Herkunft der Mittel, die den behaupteten Kredit von 240.000,- Euro überstiegen, zu belegen, wenn der Beklagte selbst behaupte, der Klägerin 364.885,00 gezahlt zu haben. Die reine Vermutung des Landgerichts, auf die dieses seine Entscheidung stütze, sei widerlegt und daher jedenfalls dem Antrag auf Zurückverweisung stattzugeben.

Die Klägerin beantragt,

1. unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Wuppertal, Az. 7 O 258/18, den Klageanträgen zu 1 – 3 aus dem genannten Urteil stattzugeben,

2. die Sache gem. § 538 Abs. 2 Satz 1 BGB an das Landgericht Wuppertal, andere Kammer, zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil, meint jedoch auch, dass eine Schwarzgeldabrede nicht vorgelegen habe. Aus dem Umstand, dass nur ein Teil der Abschlagsrechnungen durch Überweisungen geleistet worden seien, sei nicht herzuleiten, dass bei Barzahlung Schwarzgeldgeschäfte zu Grunde zu legen seien. Die Barzahlung von Baumaterialien sei verbreitet. Mit der Klägerin sei – wie erstinstanzlich vorgetragen – vereinbart worden, dass über die gezahlten Beträge am Schluss abgerechnet werden solle. Aus seiner Sicht habe es keine Schwarzgeldabrede gegeben. Gleichwohl sei die Klage abzuweisen. Dass die Klägerin nach der Bewertung der Straf- und Bußgeldstelle des Finanzamtes B… weder Schwarzgeldgeschäfte noch Scheinrechnungen ausgeführt haben soll, werde bestritten. Gleichfalls bestreite er, dass die Klägerin die Einnahmen und Ausgaben ordnungsgemäß verbucht habe. Ferner werde bestritten, dass es bei der Bank einen Sachbearbeiter gebe, der F..-J… L… heiße und dass das „F“ die Abkürzung für F… sei. Der Geschäftsführer der Klägerin habe ihm gegenüber erklärt, dass er Beträge einer Lebensversicherung über einen Versicherungsvertreter ausgeliehen habe und dass diese zurückzuzahlen seien. Von der Nutzung von Baugeldern sei nie die Rede gewesen. Soweit die Klägerin Ausführungen zu den Materialrechnungen mache, werde noch einmal darauf hingewiesen, dass das benötigte Material von ihm vorfinanziert worden sei. Soweit Aufwendungen getätigt worden seien, seien ihm die Rechnungsbelege übergeben worden. Er habe daher Quittungen von Materialbeschaffungen, die er auch bezahlt habe. Fremdgewerke, an die die Klägerin als Botin Gelder habe weitergeben sollen, habe es nicht gegeben. Er habe lediglich die geringfügigen Arbeiten, die er im Rahmen der mündlichen Verhandlung dargestellt habe, unmittelbar selbst beauftragt. Die von der Klägerin vorgelegten Mietverträge stammten von ihrem Geschäftsführer, der sie ihm, dem Beklagten, zur Unterschrift vorgelegt habe. Die Mittel zur Finanzierung der Sanierung stammten aus dem Bankkredit von 200.000,- Euro, einem Kredit seiner Mutter über 40.000,- Euro, einem Kontokorrent zur Durchführung baulicher Maßnahmen in Höhe von 85.000,- Euro und die Differenz zu den von ihm gezahlten 364.000,- Euro aus Erträgen, die er aus der Vermietung der Immobilien erlangt habe. Darüber hinaus stelle sich jetzt heraus, dass die Klägerin in erheblichem Umfang mangelhaft gearbeitet habe.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Das Rechtsmittel hat keine Rechtsverletzung des Landgerichts aufgezeigt (§ 546 ZPO) und die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

1.

Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass der zwischen der Klägerin und dem Beklagten geschlossene Werkvertrag wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG i.V.m. § 134 BGB nichtig ist, so dass der Klägerin gegen den Beklagten kein Werklohnanspruch zusteht. Die Klägerin hat gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen, indem sie mit dem Beklagten vereinbart hatte, über einen erheblichen Teil ihrer Leistungen keine betriebliche, die Mehrwertsteuer ausweisende Rechnung zu erstellen und sie insoweit keine Umsatzsteuer verlangen und abführen wollte. Der Beklagte hat nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landgerichts diese Absicht zumindest erkannt und zu seinem Vorteil nutzen wollen. Dies reicht aus, um einen zur Nichtigkeit des Vertrags führenden Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot anzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 10.04.2014 – VII ZR 241/13, Rn. 13, Juris; Urt. v. 01.08.2013 – VII ZR 6/13, BGHZ 198, 141).

2.

Das Landgericht hat hierbei zutreffend das Zustandekommen einer Schwarzgeldabrede zwischen den Parteien nicht nur vermutet, sondern als bewiesen angesehen. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden und im Ergebnis zutreffend.

a)

Kein Grund für eine Beanstandung ist, dass die Beweiswürdigung grundsätzlich auf Indizien beruht. Für die Überzeugungsbildung, dass die Parteien konkludent vereinbart hatten, dass die Klägerin dem Beklagten gegenüber ihre Leistungen ohne Ansetzen der Mehrwertsteuer abrechnete, war weder erforderlich, dass eine Partei sich ausdrücklich auf eine solche Abrede berief oder diese gar bestätigte. Vielmehr hat das Landgericht zutreffend aus dem feststehenden Sachverhalt und den von den Parteien vorgelegten Unterlagen gefolgert, dass diese stillschweigend übereingekommen waren, dass die Klägerin einen erheblichen Teil der durch sie gegenüber dem Beklagten erbrachten Leistungen „ohne Rechnung“ unter Verzicht des Ansetzens einer Mehrwertsteuer erbringen sollte.

b)

Zu Recht hat das Landgericht in diesem Zusammenhang seine auf die WhatsApp-Nachricht des Geschäftsführers der Klägerin vom 28.12.2017 (Anlage B10, Bl. 277) gestützt. In dieser hat der Geschäftsführer der Klägerin den Beklagten gebeten, den zu überweisenden Betrag von 35.000,- Euro in Beträge von 20.000,- Euro aufzuteilen, damit „nicht so viel an die Augen von F….. kommt“. Dass das Landgericht diese Nachricht dahingehend verstanden hat, dass mit „F…..“ das Finanzamt gemeint ist, ist nicht zu beanstanden. Aus dem Kontext der WhatsApp-Nachricht und dem bewussten Nichtausschreiben des Wortes „F…“ aber auch dem weiteren Verhalten der Parteien (siehe hierzu die weiteren unter c) bis h) folgenden Ausführungen) ist die Nachricht nicht anders zu verstehen.

Soweit der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2019 angegeben hat, mit „F…“ sei eine Frau L… von einer Bank gemeint gewesen, hat das Landgericht dies nachvollziehbar und auch zur Überzeugung des Senats zu Recht als Schutzbehauptung gewertet.

Die Nachricht ist in einer Weise geschrieben, dass dem Beklagten aus der Sicht des Geschäftsführers der Klägerin ohne weiteres klar sein sollte, um wen es sich bei „F….“. handelt. Aus der Abkürzung „F…“ in Verbindung mit dem Umstand, dass es sich um jemanden handelt, für den der Vorgang relevant ist, vor dem dieser jedoch verborgen werden sollte, geht auch aus Sicht des Senats eindeutig hervor, dass es sich hierbei um das Finanzamt handeln sollte. Eine plausible Erklärung, um wen es sich hierbei stattdessen handeln solle, hat die Klägerin nicht abgegeben. So ist bereits nicht erkennbar, dass der Beklagte eine Frau oder einen Herrn L… bei der die Klägerin betreuenden Bank kennt. Berücksichtigt man ferner, dass die Abkürzung „F…“ von dem Nachnamen des behaupteten Bankmitarbeiters abweicht, ist noch weniger ersichtlich, dass der Beklagte hätte erkennen können, um wen es sich dabei handeln sollte.

Darüber hinaus sind die Ausführungen der Klägerin hierzu auch widersprüchlich. Während die Angaben des Geschäftsführers in der Sitzung vom 14.02.2019 offenbar dahingehend verstanden werden sollten, dass er das mit „F“ beginnende (vom Nachnamen abweichende) Wort deshalb nicht ausgeschrieben hat, weil es sich hierbei um ein weibliches Schimpfwort handele, widerspricht diesem Verständnis, dass die Klägerin nunmehr im Berufungsverfahren vorträgt, mit „F….“ sei ein Herr L… gemeint, dessen Vorname mit dem Buchstaben „F“ beginne. Doch auch diese Erklärung vermag angesichts der insoweit abweichenden spontanen Einlassung des Geschäftsführers der Klägerin in der Sitzung vom 14.02.2019, in der dieser wiederholt gerade nicht von einem Herrn, sondern einer Frau L… gesprochen hatte (vgl. Bl. 146 GA), nicht zu überzeugen.

c)

Ferner belegt auch die zwischen den Parteien geführte WhatsApp-Korrespondenz bezüglich des beabsichtigten notariellen Schuldanerkenntnisses, dass die Parteien zunächst einvernehmlich übereingekommen waren, dass über einen großen Teil der von der Klägerin erbrachten Leistungen einschließlich Material keine betriebliche, die Mehrwertsteuer ausweisende Rechnung erstellt werden sollte.

Dass zwischen den Parteien zunächst verhandelte Schuldanerkenntnis betraf lediglich den Werklohn für die Arbeiten der Klägerin, die nach ihrer Auffassung noch nicht mit den von dem Beklagten gezahlten Beträgen abgegolten waren. Aus den WhatsApp-Nachrichten des Geschäftsführers der Klägerin geht hervor, dass nach seiner Vorstellung im Falle der Abgabe des Schuldanerkenntnisses durch den Beklagten im Übrigen keine weitere betriebliche Rechnung erstellt werden würde.

So hat der Geschäftsführer der Klägerin in seiner WhatsApp-Nachricht vom 14.01.2018 (vgl. Bl. 390 GA) ausgeführt:

„….habe ich erwartet, dass bis heute eine Lösung finden können wegen der Restbezahlung eines Schuldenerkennungsvertrages abzuschließen und damit die Sache vorbei ist …“).

Er entschloss sich ersichtlich erst nachdem insoweit keine Einigung zustande gekommen war, dem Beklagten die Arbeiten der Klägerin insgesamt in Rechnung zu stellen. So heißt es in seiner WhatsApp-Nachricht vom 20.01.2018 (vgl. Bl. 393 GA):

„Ich dachte dass bis heute Abend eine Lösung finden könnten für das Geld, aber es scheint so dass ich immer hinterher rennen muss […] Jetzt ich stelle Rechnungen für ganze Arbeit was wir geleistet haben

[…].

Für die Rechnungen Was gegeben und kein Geld bekommen habe ich erwarte bis morgen zurück zu bringen sonst lass ich neu erstellen das ich weiter in Rechnung mit normalen Gewinn einsetzen kann“ (Bl. 393 GA).

[Unterstreichungen nicht im Original]

Gleiches geht aus der WhatsApp-Nachricht des Geschäftsführers der Klägerin vom 15.03.208 (Bl. 397 GA) hervor, in der er schreibt:

„…gebe ich Ihnen Zeit bis nächste Woche Dienstag um 12 Uhr dass schreiben bei Notar zu unterschreiben wenn nicht habe keine andere Lösung mehr als die Rechnungen zu stellen und ich bitte Sie zum letzten Mal dass ich meine Rechnungen im Original zurück zu schicken sonst ich lasse die neue wieder herstellen auf deine Kosten und melde die ganze Rechnung bei Finanzamt […]

[Unterstreichungen nicht im Original].

Insbesondere die zuletzt genannte Nachricht belegt, dass die Klägerin zunächst beabsichtigt hatte, im Falle der erfolgten Abgabe des verlangten Schuldanerkenntnisses ihre bis dahin geleisteten Arbeiten nicht mehr in Rechnung zu stellen und die dem Beklagten übergebenen Materialrechnungen, einschließlich der auf sie ausgestellten Belege, dem Finanzamt gegenüber nicht in Ansatz zu bringen.

Der Umstand, dass sich der Geschäftsführer der Klägerin einseitig, entgegen der zunächst mit dem Beklagten Übereinkunft, später entschloss, seine Arbeiten doch in Rechnung zu stellen, macht den wegen des Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG gem. § 134 BGB nichtigen Vertrag nicht rückwirkend wirksam. Soweit der Geschäftsführer der Klägerin von seinem Vorhaben, über einen großen Teil seiner Leistungen keine ordnungsgemäße Rechnung auszustellen, die die Mehrwertsteuer ausweist, später abgerückt ist, mag er sich unter Berücksichtigung der Gesichtspunkte des schuldbefreienden Rücktritts unter bußgeld- und strafrechtlichen Gesichtspunkten keiner Verfolgung (mehr) ausgesetzt sehen. Diese Grundsätze gelten jedoch nicht für die zivilrechtliche Beurteilung im Hinblick auf eine beidseitige nichtige Vereinbarung.

d)

Dafür, dass die Parteien stillschweigend übereingekommen waren, dass die Klägerin über die von ihr erbrachten Leistungen keine betriebliche Rechnung unter Ausweisung der Mehrwertsteuer erstellen solle, spricht zudem das Verhalten der Parteien im Rahmen der Vertragsabwicklung.

Die Klägerin forderte im Rahmen ihrer Leistungserbringung den Beklagten immer wieder zur Zahlung erheblicher Barbeträge auf, ohne ihm zuvor schriftliche Abschlagsrechnungen, die die Mehrwertsteuer auswiesen, zu erteilen. Das Landgericht hat hierbei zu Recht den erheblichen Umfang der von dem Beklagten geleisteten Barbeträge gewürdigt. Soweit es auf Baustellen nicht unüblich seien mag, dass Arbeitnehmer in bar gezahlt werden, erscheint doch die Größenordnung der von dem Beklagten auf diese Weise gezahlten Beträge von teilweise bis zu 40.000,- Euro ungewöhnlich hoch. Der Umstand, dass daneben – in deutlich kleinerem Umfang – auch Überweisungen durchgeführt worden waren, spricht ebenfalls nicht gegen die überzeugende Wertung des Landgerichts, dass die Parteien hinsichtlich der weiteren Zahlungen auf erbrachte Leistungen vereinbart hatten, dass diese zu einem wesentlichen Teil „schwarz“ nämlich „an den Augen des Finanzamtes vorbei“ erfolgen sollten.

Bei von dem Beklagten an die Klägerin geleisteten Zahlungen sollte es sich auch nicht lediglich um die vorweggenommene Zahlung von durch die Klägerin ausgelegten Materialkosten handeln. Ausweislich der von den Parteien vorgelegten WhatsApp-Korrespondenz sollten hierdurch vielmehr auch Arbeitsleistungen abgedeckt sein (vgl. etwa Nachricht vom 28.06.2017, Anlage B11, Bl. 278, früher Bl. 120 zu Az. 7 O 261/18, „Und das Geld ist nicht mal gar nicht für mich sondern für die Leute, Materialien und etc.“).

e)

Gegen die Wertung des Landgerichts, dass die Parteien konkludent eine Schwarzgeldabrede getroffen haben, spricht auch nicht der Umstand, dass der Beklagte seinem Vortrag nach die Klägerin wiederholt aufgefordert hat, eine Abrechnung zu erstellen. Die Aufforderungen des Beklagten sind nicht dahingehend zu verstehen, dass es ihm hierbei um die Erteilung einer betrieblichen Schlussrechnung ging, die die Mehrwertsteuer auswies, sondern um eine Abrechnung in Form einer Gegenübererstellung der Forderungen der Klägerin für ihre Arbeiten und dem von ihr erworbenen Materials unter Berücksichtigung der von ihm bis dahin geleisteten Zahlungen, um die von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsansprüche nachzuvollziehen.

f)

Auch der Umstand, dass der Beklagte einen Kredit aufgenommen hatte, spricht nicht gegen die Annahme, dass er sich auf eine Schwarzgeldabrede eingelassen haben könnte. Hierbei ist nämlich zu berücksichtigten, dass die Klägerin dem Beklagten bereits den Baubeginn angezeigt und Materialrechnungen über einen Gesamtbetrag den Kreditbetrag von 200.000,- Euro übersteigenden Betrag (nach dem Vortrag der Klägerin über 288.594,77 Euro, vgl. Bl. 514 GA) übergeben hatte, so dass er die ordnungsgemäße Verwendung der Kreditmittel bereits mit diesen Rechnungen nachweisen konnte. Im Besonderen angesichts der Nachricht des Geschäftsführers der Klägerin vom 28.12.2017, in der dieser um eine Aufteilung des Betrages von 35.000,- Euro bei der Überweisung unter Hinweis auf das Finanzamt („F…..“) gebeten hatte, war dem Beklagten bewusst, dass die Klägerin insoweit nicht beabsichtigte, ihre Leistungen ordnungsgemäß abzurechnen.

g)

Die Klägerin trägt mit ihrer Berufung ebenfalls ohne Erfolg vor, dass das Finanzamt B… ihrem Geschäftsführer keine Schwarzgeldabrede vorwerfe. Denn dies ist für das vorliegende Verfahren unerheblich. Es ist bereits nicht erkennbar, dass dem Finanzamt B… derselbe Sachverhalt vorliegt, über den der Senat zu entscheiden hat. Weiter mag für das Finanzamt B… eine Rolle gespielt haben, dass die Klägerin dem Beklagten schließlich – entgegen der zunächst konkludent getroffenen Abrede – ihre Leistungen durch verschiedene Rechnungen unter Ausweisung der Mehrwertsteuer abgerechnet hat. Dass dem Finanzamt sämtliche durch den Beklagten getätigten Barzahlungen bekannt sind wie auch der zwischen den Parteien geführte WhatsApp-Verkehr, ist nicht bekannt. Zudem würde eine abweichende Auffassung des Finanzamts den Senat nicht binden.

h)

Entgegen der Auffassung der Klägerin sind auch die Zahlungen im Zusammenhang mit den auf einem Zettel aufgelisteten Beträgen über insgesamt 407.000,- Euro für Fremdgewerker ein Indiz für die Vermutung einer Schwarzgeldabrede. Der Umstand, dass auch hier Zahlungen in einer erheblichen Größenordnung erfolgt sind, ohne dass irgendwelche Quittungen oder Rechnungen vorgelegt wurden, stützt die Annahme einer Schwarzgeldabrede.

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang vorträgt, sie habe hierzu nicht konkreter vortragen und keine Unterlagen vorlegen können, überzeugt ihr Vortrag nicht und liefert keine plausible Erklärung. Er ist vielmehr widersprüchlich ist. So wird etwa die Errichtung der Heizungsanlage als Fremdgewerk bezeichnet, während die Klägerin für diese einen Kostenvorschuss von dem Beklagten erhoben hat. Auch ihr Angebot hatte sich nicht nur auf ein Ausdehnungsgerät und das Verlegen von Leitungen beschränkt. Gleiches gilt für die als Fremdgewerke ausgeführten Estricharbeiten.

Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist der Vortrag des Geschäftsführers der Klägerin, er habe von dem Beklagten mindestens 100.000,- Euro erhalten, das er „als Bote“ für den Beklagten den Fremdgewerkern habe übergeben sollen und dies im Beisein des Beklagten auch getan habe. Hier ist insbesondere nicht plausibel, warum der Geschäftsführer der Klägerin im Beisein des Beklagten als dessen „Bote“ fungieren sollte.

Weiterhin ist unverständlich, dass der Geschäftsführer der Klägerin sehr wohl in der Lage war, sich nach seinen Angaben die Information über die Beträge, die für die verschiedenen Gewerke gezahlt worden sein sollen, im Nachhinein von den jeweiligen Unternehmen zu verschaffen, ohne jedoch in der Lage zu sein, die insoweit ausführenden Unternehmer namentlich zu benennen. Vor diesem Hintergrund ist unerheblich, ob der Beklagte tatsächlich die Firma V… mit Arbeiten beauftragt oder Scheinmietverträge abgeschlossen hat. Denn dies betrifft nur einen kleinen Teil der in Rede stehenden Zahlungen.

i)

Soweit die Klägerin weiter rügt, das Gericht hätte seinen Zweifel an der Herkunft der Finanzierungsmittel nachgehen und den Beklagten auffordern können, die Herkunft der Mittel, die den behaupteten Kredit von 240.000,- Euro überstiegen, zu belegen, führt dies ebenfalls nicht zu einer Unrichtigkeit des Urteils. Denn hierauf beruht das Urteil ausweislich seiner Entscheidungsgründe nicht.

Die insoweit unterlassene Nachfrage macht das Urteil auch im Übrigen nicht fehlerhaft. Angesichts der bereits dargelegten Umstände stellt die von dem Beklagten nunmehr vorgetragene Erklärung, woher er die finanziellen Mittel hatte, um die zusätzlichen Zahlungen zu leisten, die Überzeugung, dass die Parteien für einen erheblichen Teil der Leistungen der Klägerin vereinbart hatten, dass diese ohne ordnungsgemäße Rechnung unter Ausweisung der Mehrwertsteuer erfolgen sollten, nicht in Frage. Hierbei ist nämlich weiterhin zu berücksichtigen, dass die Absprache auch für den Beklagten von Vorteil war, da er auf den von der Klägerin abrechenbaren Arbeitslohn keine Mehrwertsteuer zu zahlen hatte. Angesichts des Umstandes, dass das von ihm eingeplante Budget ohnehin bereits erheblich überschritten worden war und ihm ein zusätzlicher Kreditrahmen offenbar nicht zur Verfügung stand, hatte er ebenfalls ein finanzielles Interesse an dieser Handhabung des Vertrages.

j)

Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Klägerin, das Landgericht habe Unterlagen aus beigezogenen Akten verwendet, obwohl ihre Prozessbevollmächtigte in diesen Verfahren nicht bevollmächtigt gewesen sei. Das Landgericht hat die Akten ordnungsgemäß beigezogen und die Beiziehung in der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2019 mitgeteilt (vgl. Protokoll der Sitzung, Seite 6, Bl 146 GA). Dem Landgericht kann und muss nicht bekannt sein, über welchen Kenntnisstand ein Prozessbevollmächtigter verfügt. Soweit die Prozessbevollmächtigte der Klägerin über die Verfahren nicht seitens ihrer Mandantin hinreichend in Kenntnis gesetzt war, hätte sie Akteneinsicht beantragten können und müssen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.

Ein Grund, die Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, liegt nicht vor.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 275.285,17 Euro festgesetzt.

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