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Spesenbetrugsversuch – erhöhter Spesensatz

LAG Baden-Württemberg

Az: 5 Sa 59/00

Urteil vom 25.10.2002


In dem Rechtsstreit hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg – 5. Kammer – auf die mündliche Verhandlung vom 25.10.2002 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 07.06.2000 – 4 Ca 260/99 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die an sich statthafte und auch im übrigen zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der am 29.09.1999 innerhalb der Frist des § 4 Kündigungsschutzgesetz, das auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet, eingereichten Kündigungsschutzklage zu Unrecht entsprochen. Denn die von der Beklagten mit Schreiben vom 22.09.1999 (Bl. 16 d. Akten erster Instanz) ausgesprochene fristlose Kündigung ist rechtswirksam, weil ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB vorliegt und die Beklagte die Frist des § 626 Abs.2 BGB gewahrt hat.

I.

Die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB liegen vor.

1.

Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Der wichtige Grund ist in zwei Stufen zu prüfen. Zunächst ist zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund zu bilden. Sodann ist zu prüfen, ob dieser Sachverhalt aufgrund der unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles vorzunehmenden umfassenden Interessenabwägung auch im Streitfall ausreichend ist, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen (st. Rspr. des BAG, vgl. etwa AP Nr. 80 zu § 626 BGB). An sich geeignet, einen wichtigen Grund zu bilden, kann nicht nur eine erwiesene Vertragsverletzung sein, sondern schon der bloße Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer Pflichtverletzung, wenn starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (vgl. etwa BAG AP Nr. 23, 32 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung). Dabei muss der Verdacht auf ein Verhalten gerichtet sein, das an sich geeignet wäre, einen wichtigen Grund zu bilden, wenn sich der Verdächtigte dessen tatsächlich schuldig gemacht hätte.

2.

Nach dem Ergebnis der vom Berufungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme sowie des gesamten Inhalts der Verhandlung steht zu dessen Überzeugung (§ 286 ZPO) fest, dass der Kläger dadurch jeweils einen Spesenbetrugsversuch begangen hat, dass er für den 01.09.1999 und 02.09.1999 eine Reisetätigkeit von einer Dauer von jeweils über 8 Stunden angegeben und für diese Tage jeweils einen Tagesspesensatz von DM 10,00 geltend gemacht hat.

a)

Der Kläger, der gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 25.09.1990 (Bl. 8 – 15 d. Akten erster Instanz) bei der Beklagten als Reisender tätig war, hat gemäß § 6 des Arbeitsvertrags Anspruch auf Erstattung der Reisekosten in der Höhe, in der sie nach den jeweils gültigen steuerlichen Vorschriften steuerfrei gewährt werden können. Danach hatte der Kläger bei einer betrieblich veranlassten Auswärtstätigkeit von mindestens 8 Stunden Anspruch auf eine Verpflegungspauschale von DM 10,00 pro Kalendertag, wie dies die Beklagte ihren Außendienstmitarbeitern auch mit Informationsschreiben vom 24.02.1997 mitgeteilt hat (Bl. 109 d. Akten erster Instanz). Nach den Tages- und Besuchsberichten für den 01.09.1999 (Bl. 128 bis 132 d. Akten erster Instanz) gab der Kläger an, um 8.00 Uhr von seiner Wohnung im Raichbergweg 7, 72501 Gammertingen, abgefahren und um 16.20 Uhr zu dieser zurückgekehrt zu sein und machte demgemäß für eine Abwesenheit von 8 Stunden und zwanzig Minuten die Pauschale von DM 10,00 geltend (Bl. 128 d. Akten erster Instanz). In den Tages- und Besuchsberichten für den 02.09.1999 (Bl. 133 – 147 d. Akten erster Instanz) gab der Kläger an, von der Wohnung um 8.00 Uhr abgefahren und zu dieser um 16.10 Uhr zurückgekehrt zu sein und machte demgemäß für eine Abwesenheit von 8 Stunden und zehn Minuten die Pauschale von DM 10,00 geltend (Bl. 133 d. Akten erster Instanz).

b)

Demgegenüber sieht es das erkennende Gericht als erwiesen an, dass der Kläger am 01.09.1999 seine Reisetätigkeit erst um 8.10 Uhr begonnen und bereits um 15.51 Uhr beendet hat sowie am 02.09.1999 seine Reisetätigkeit erst um 8.05 Uhr aufgenommen und bereits um 15.49 Uhr beendet hat, so dass eine betrieblich veranlasste Abwesenheit von der Wohnung am 01.09.1999 für die Dauer von 7 Stunden und 41 Minuten und am 02.09.1999 für eine solche von 7 Stunden und 44 Minuten gegeben war. Diese Überzeugungsbildung beruht auf folgenden Umständen und Erwägungen:

(1)

Der Kläger hat nicht bestritten, dass er das ihm von der Beklagten zur Verfügung gestellte Dienstfahrzeug, den PKW VW mit dem amtlichen Kennzeichen UL-EW 961 für seine Reisetätigkeit am 01. und 02.09.1999 benutzt hat.

(2)

Der Zeuge … von der von der Beklagten beauftragten Detektei W. hat bei seiner Einvernahme vor dem erkennenden Gericht (ABl. 185, 186) glaubhaft bekundet, dass er am 31.08.1999 etwa um 8.05 Uhr auf dem Betriebsgelände der Beklagten in …..außen an der hinteren Stoßstange eines VW Golf Variant mit dem amtlichen Kennzeichen …….ein GPS (Global Positioning System) 12XL-Gerät befestigt, dieses eingeschaltet und so programmiert habe, dass es alle 5 Minuten Signale empfängt und diese nicht mehr aufnimmt, wenn der Speicher voll ist. Ferner hat der Zeuge ausgesagt, dass das GPS-Gerät, da dessen Speicher dann voll gewesen sei, bis 21.43 Uhr am 04.09.1999 Daten aufgezeichnet und er dieses am 06.09.1999 auf dem Betriebsgelände der Beklagten wieder von dem Fahrzeug entfernt habe. Umstände, die die Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Zeugen oder dessen Glaubwürdigkeit hätten in Zweifel ziehen können, sind nicht ersichtlich, solche hat der Kläger auch nicht aufgezeigt.

(3)

Die Behauptung der Beklagten, dass die von ihr vorgelegte GPS-Datenaufzeichnung vom 31.08.1999, 8.05 Uhr bis 04.09.1999, 21.43 Uhr (Bl. 214 – 226 d. Akten erster Instanz) aus dem in diesem Zeitraum am Dienstfahrzeug des Klägers befestigt gewesenen GPS-Gerät stamme, die von ihr vorgelegte Auswertung (Bl. 212, 213 d. Akten erster Instanz) eine solche dieser aufgezeichneten Daten sei und weder bei der Erstellung noch bei der Auswertung noch bei dem Zustandekommen dieser Datenaufzeichnung Manipulationen vorgenommen worden seien, hat der Kläger ersichtlich im Hinblick auf das eingeholte schriftliche Sachverständigengutachten vom 18.07.2001 (ABl. 109 – 118) und schriftliche Ergänzungsgutachten vom 30.12.2001 (ABl. 173 – 177) sowie die Aussage des Zeugen L. nicht mehr weiter bestritten (vgl. Sitzungsprotokoll vom 22.02.2002, ABl. 184 – 187, 186). Demgemäß hat der Kläger schließlich auch im Termin am 25.10.2002 (vgl. Sitzungsprotokoll vom 25.10.2002, ABl. 204, 205) auf den zum Beweis für die Richtigkeit seiner Behauptung, dass er am 01.09.1999 in der Zeit von 14.55 Uhr bis 15.10 Uhr bei der Firma …… in ……..gewesen sei und sich daher entgegen der von der Beklagten vorgelegten Datenauswertung nicht nur bis 14.55 Uhr in …befunden habe, benannten Zeugen K. verzichtet.

(4)

Der Kläger hat nach dem gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehenden Vorbringen der Beklagten sowie dem unstreitigen Sachverhalt seit Beginn des Jahres 1999 eine in der ……, befindliche Backstube zur Gaststätte „………“ umgebaut und diese im August 1999 eröffnet (vgl. Anlagen Bl. 155, 157 d. Akten erster Instanz).

(5)

Nach den Ausführungen des Sachverständigen in seinen Gutachten vom 18.07.2001 und 30.12.2001 (a.a.O.) wurde ausweislich der von der Beklagten vorgelegten GPS-Datenaufzeichnung die letzte Position des nach den vorstehenden Ausführungen am Dienstfahrzeug des Klägers befestigten GPS-Empfangsgeräts und damit die des Dienstfahrzeugs des Klägers selbst am 31.08.1999 um 23.27 Uhr im Bereich der Wohnung des Klägers im ……..sowie die erste Position am 01.09.1999 um 18.13 Uhr im Bereich der B 32 nordwestlich in ………….aufgezeichnet. Aus dem dazu vom Sachverständigen angefertigten Bild 4 (ABl. 112) ergibt sich, dass das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt etwa 1000 m vom Raichbergweg aus zurückgelegt hatte, so dass selbst bei Zugrundelegung einer Durchschnittsgeschwindigkeit von nur 30 km/h davon auszugehen ist, dass der Kläger jedenfalls nicht vor 8.10 Uhr von seiner Wohnung zwecks Aufnahme seiner Reisetätigkeit für die Beklagte abgefahren ist. Ferner ergibt sich aus der vom Sachverständigen vorgenommenen Auswertung der von der Beklagten vorgelegten GPS-Datenaufzeichnung, dass sich das Fahrzeug des Klägers am 01.09.1999 um 15.47 Uhr auf der B 313 in Richtung Süden (Bild 8, ABl. 115) und um 15.51 Uhr im Bereich der Gaststätte „……..“ (Bild 9, ABl. 115) befand, dort bis jedenfalls 16.02 Uhr verblieb, um anschließend seine Position auf der B 313 in Richtung ………zu verändern, wo es sich sodann in der Zeit von 16.12 Uhr bis 16.27 Uhr befand (Bild 10, ABl. 116 sowie Bild 1 – 5, ABl. 176, 177), um anschließend wieder in den Bereich der Gaststätte „…….. “ zurückzukehren, wo es dann längere Zeit verblieb, nämlich nach der von der Beklagten vorgelegten Auswertung, die mit den im Sachverständigengutachten getroffenen Feststellungen – soweit diese nach dem erteilten Auftrag zu treffen waren – im wesentlichen übereinstimmt, bis um 21.17 Uhr. Da der Kläger ausweislich seines Tagesberichts und seiner Besuchsberichte vom 01.09.1999 (Bl. 128 – 133 d. Akten erster Instanz) in ………keine Reisetätigkeit für die Beklagte entfaltet hat und er eine solche auch im Rechtsstreit jedenfalls nicht mit der erforderlichen Substantiiertheit behauptet hat, steht daher zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger seine betriebliche Tätigkeit für die Beklagte am 01.09.1999 um 15.51 Uhr zwar nicht an seiner Wohnung, jedoch an der ebenfalls zu seinem Privatbereich gehörenden Gaststätte „….“ beendet hat und daher eine betrieblich veranlasste Abwesenheit des Klägers nur für die Dauer von 7 Stunden und 41 Minuten gegeben war. Denn seine Einwendungen gegen die Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen, die zur Einholung des Ergänzungsgutachtens vom 30.12.2001 führten und durch dieses in überzeugender Weise widerlegt wurden, hat der Kläger nach Vorliegen des Ergänzungsgutachtens erkennbar nicht mehr aufrechterhalten. Umstände, die Zweifel an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen in den beiden Gutachten und der von ihm in diesen getroffenen Feststellungen begründen könnten, sind auch nicht erkennbar.

(6)

Hinsichtlich des 02.09.1999 hat der Sachverständige in seinen beiden Gutachten bestätigt, dass am Morgen dieses Tages die erste Bewegung des Fahrzeugs nach der vorgelegten GPS-Datenaufzeichnung um 7.49 Uhr registriert wurde und sich dieses in der Zeit von 7.54 Uhr bis 8.04 Uhr im Bereich der Gaststätte “ …..“ befunden hat (Bild 12, 13, ABl. 117). Da sich das Fahrzeug ausweislich des Bildes 11 (ABl. 116) um 7.49 Uhr im Bereich der Kreuzung von ……(siehe Bild 5, AB. 114) und ……..befunden hat, also etwa 450 m von der Wohnung des Klägers und etwa 550 m von der Gaststätte „…….. “ entfernt, ist daher bei Zugrundelegung von einer lediglich durchschnittlichen Geschwindigkeit von 20 km/h bei dem hier gegebenen innerörtlichen Bereich und unter Berücksichtigung des voreingestellten 5-Minuten-Aufzeichnungsintervalls davon auszugehen, dass der Kläger einerseits zwar etwa um 7.47 Uhr von seiner Wohnung abgefahren ist, andererseits aber den Bereich seiner Gaststätte bereits um 7.51 Uhr erreicht und diesen jedenfalls nicht vor 8.05 Uhr verlassen hat, so dass sich der Kläger im Bereich seiner Gaststätte 14 Minuten lang aufgehalten hat. Zwar hat der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten ausgeführt, dass sich ein Grund für das Verweilen in diesem Bereich aus der GPS-Datenaufzeichnung nicht entnehmen lasse, so dass die vom Kläger behauptete Möglichkeit, dass der Grund hierfür in einem Stau bestanden habe, nicht völlig auszuschließen ist. Dennoch hält das erkennende Gericht das dahingehende Vorbringen des Klägers für eine bloße Schutzbehauptung. Dagegen spricht nämlich ganz entscheidend der Umstand, dass der Kläger, der seine Tages- und Besuchsberichte immer zeitnah ausgefüllt haben will und die Richtigkeit der von der Beklagten behaupteten, auf der Auswertung der GPS-Datenaufzeichnung beruhenden Zeitangaben selbst noch nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens vom 18.07.2001 bestritten hat, in seinem Tagesbericht vom 02.09.1999 (Bl. 133 d. Akten erster Instanz) selbst angegeben hat, um 8.00 Uhr von der Wohnung abgefahren zu sein, was er sicherlich nicht getan hätte, wenn er wegen eines Staus im Bereich seiner Gaststätte in der Zeit vom 7.51 Uhr bis 8.04 Uhr aufgehalten worden wäre. Das Berufungsgericht hält es daher für erwiesen, dass der Kläger am Morgen des 02.09.1999 zunächst die von ihm betriebene Gaststätte aufgesucht hat, um dort etwas zu erledigen, und erst danach um 8.05 Uhr seine Reisetätigkeit aufgenommen hat, weshalb auch erst ab diesem Zeitpunkt eine betrieblich veranlasste Abwesenheit von seiner Wohnung vorlag. Am Nachmittag des 02.09.1999 befand sich das Dienstfahrzeug des Klägers nach der vom Sachverständigen vorgenommenen Auswertung der GPS-Datenaufzeichnung um 15.25 Uhr, also zu einer Zeit, als der Kläger nach seinem Besuchsbericht (Bl. 147 d. Akten erster Instanz) noch bei einem Kunden in ……gewesen sein will, bereits auf halber Strecke zwischen ………(Bild 6 zum Ergänzungsgutachten vom 30.12.2001, ABl. 177) und um 15.49 Uhr sodann im Bereich der Gaststätte „……….“ (Bild 15 zum Gutachten vom 18.07.2001, ABl. 118), in dem es für den Rest des Abends des 02.09.1999 verblieb. Hieraus folgt, dass der Kläger auch am 02.09.1999 seine betrieblich veranlasste Reisetätigkeit nicht an seiner Wohnung, sondern an der seinem Privatbereich zuzurechnenden Gaststätte „…….“ beendet hat. Auch insoweit sind Umstände, die Zweifel an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen und der von ihm getroffenen Feststellungen begründen könnten, weder dargetan noch ersichtlich, so dass feststeht, dass eine betrieblich veranlasste Abwesenheit des Klägers am 02.09.1999 lediglich für die Dauer von 7 Stunden und 44 Minuten gegeben war.

Wollte man dem nicht folgen, also die vom Kläger behauptete Möglichkeit, in der Zeit von 7.51 Uhr bis 8.05 Uhr im Stau gestanden zu haben, nicht als widerlegt ansehen, so bestünde bei der gegebenen Sachlage jedenfalls der dringende Verdacht, dass der Kläger durch falsche Angaben eine über achtstündige betrieblich veranlasste Abwesenheit vorgetäuscht hat, worauf die Beklagte die Kündigung hilfsweise stützt. Da ihr eine weitergehende Aufklärung des Grundes für das Verweilen des Klägers in der Zeit von 7.51 Uhr bis 8.05 Uhr im Bereich seiner Gaststätte nicht zumutbar war und sie dem Kläger am 22.09.1999 Gelegenheit gegeben hat, dazu Stellung zu nehmen, dass die von ihm aufgeschriebenen nicht mit den von ihr festgestellten Abwesenheitszeiten übereinstimmten, wären insoweit daher die Voraussetzungen einer Verdachtskündigung gegeben.

(7)

Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers davon ausginge, dass zu den hiernach gegebenen betrieblich veranlassten Abwesenheitszeiten von 7 Stunden und 41 Minuten am 01.09.1999 und von 7 Stunden und 44 Minuten am 02.09.1999 die hypothetische Fahrzeit von der Gaststätte „…..“ zur Wohnung des Klägers im………., die sich bei Benutzung der kürzesten Entfernung, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen unter I. 2 b (6) der Gründe ergibt, jedenfalls auf nicht mehr als fünf Minuten beläuft, hinzuzurechnen ist, würde die betrieblich veranlasste hypothetische Abwesenheitszeit am 01.09.1999 nicht mehr als 7 Stunden und 46 Minuten und am 02.09.1999, an dem Abfahrt und Ankunft jeweils an der Gaststätte erfolgten, nicht mehr als 7 Stunden und 54 Minuten betragen und damit immer noch jeweils deutlich weniger als mindestens 8 Stunden pro Tag. Der Ansicht des Klägers, dass für das Beladen des Fahrzeugs vor Fahrtantritt und das Entladen des Fahrzeugs nach Beendigung der Reisetätigkeit jeweils 5 bis 10 Minuten hinzugerechnet werden müssten, kann nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass der Kläger angesichts des Bestreitens der Beklagten bereits nicht mit der erforderlichen Substantiiertheit dargetan hat, dass eine solch zeitintensive Be- und Endladetätigkeit angefallen ist, wird durch ein Verbringen von für die Reisetätigkeit benötigten Unterlagen und Gegenständen von der Wohnung ins Fahrzeug und umgekehrt nämlich keine Abwesenheit von der Wohnung begründet. Gleiches gilt für das Studium der Angebotsunterlagen, die Ermittlung der Fahrtstrecken zu den jeweiligen Kundenanschriften und das Betanken des Fahrzeugs sowie für sonstige Vorbereitungs- und Nachbereitungsarbeiten, soweit diese Tätigkeiten nicht während der Dienstfahrt anfielen, sondern vor Antritt der Reise oder nach deren Beendigung ausgeübt wurden. Deshalb ist auch der Hinweis des Klägers darauf, dass er am 01.09.1999 die einstündige Mittagspause nicht in Anspruch genommen habe, unbehelflich. Denn hierdurch verlängert sich die betrieblich veranlasste tatsächliche Abwesenheit von der Wohnung, auf die es für den Anspruch auf den Tagesspesensatz allein ankommt, entgegen dessen Auffassung nicht.

c)

Der Kläger hat die unrichtigen Angaben zu seinen Abwesenheitszeiten am 01. und 02.09.1999 vorsätzlich zu dem Zweck gemacht, für diese Tage jeweils den Spesensatz von DM 10,00 zu erhalten. Dies ergibt sich daraus, dass er auf den Tagesberichten vom 01. und 02.09.1999 (Bl. 128, 133 d. Akten erster Instanz) jeweils die Abfahrts- und Ankunftszeit sowie die daraus folgende Abwesenheitsdauer und den sich daraus ergebenden Anspruch auf einen Spesensatz von DM 10,00 angegeben hat und er wusste, dass die Beklagte auf der Grundlage der Tagesberichte die Spesenpauschale zur Auszahlung bringt. Da die tatsächlichen Abwesenheitszeiten von 7 Stunden und 41 Minuten am 01.09.1999 und 7 Stunden und 44 Minuten am 02.09.1999 von den angegebenen Abwesenheitszeiten von 8 Stunden und 20 Minuten für den 01.09.1999 und 8 Stunden und 10 Minuten für den 02.09.1999 selbst dann erheblich differieren, wenn sich der Kläger für berechtigt gehalten haben sollte, die hypothetischen Fahrtzeiten zwischen Wohnung und Gaststätte hinzuzurechnen (siehe dazu vorstehend unter I. 2 b (7) der Gründe, lassen sich diese Zeitdifferenzen nicht plausibel mit einer bloßen Schlamperei des Klägers erklären. Dies gilt um so mehr, als der Kläger die Besuchs- und Tagesberichte, die gemäß § 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrags lückenlos zu erstellen waren, jeweils zeitnah gefertigt haben will und dieser ausweislich seiner Angaben in den Tagesberichten sehr wohl wusste, dass Vor- und Nachbereitungsarbeiten nicht zur Reisetätigkeit gehören. Denn der Kläger hat auf diesen ausdrücklich zwischen der vor der Abfahrt verrichteten Büroarbeit und seiner Reisetätigkeit differenziert und die Dauer der Büroarbeit demgemäß auch nicht in seine Abwesenheitszeit einbezogen. Auch die Behauptung des Klägers, es habe der Praxis im Betrieb der Beklagten entsprochen, die Zeitangaben nicht nur bezüglich der Kundenbesuche in den Besuchsberichten, sondern auch bezüglich Abfahrt und Ankunft in den Tagesberichten ab- und aufzurunden, dies hätten alle Außendienstmitarbeiter der Beklagten so gehandhabt, vermag weder die Vorsätzlichkeit noch die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Klägers in Frage zu stellen noch dessen Tun unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. Denn zum einen hat der Kläger die behauptete, von der Beklagten bestrittene Praxis nicht näher substantiiert und insbesondere nicht dargetan, dass die Beklagte von dieser Kenntnis hatte und diese geduldet hat. Zum anderen würde selbst dann, wenn sich auch die anderen Außendienstmitarbeiter der Beklagten so wie der Kläger verhalten hätten, dies keinen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund darstellen. Soweit der Kläger darauf verweist, dass er im Tagesbericht vom 31.08.1999 (Bl. 119 d. Akten erster Instanz) zu Gunsten der Beklagten das Ende seiner Reisetätigkeit mit 16.10 Uhr angegeben habe, während er nach der von der Beklagten vorgelegten Auswertung der GPS-Datenaufzeichnung erst um 16.24 Uhr zu seiner Wohnung zurückgekehrt sei, ist auch dies kein Indiz dafür, dass der Kläger am 01.09. und 02.09.1999 nicht vorsätzlich zum Nachteil der Beklagten gehandelt hat. Denn am 31.08.1999 wies der Kläger auch bei der von ihm angegebenen Ankunftszeit eine Abwesenheitszeit von über 8 Stunden, nämlich von 9 Stunden und 20 Minuten auf, so dass er durch das Abrunden um 14 Minuten seinen Anspruch auf die Spesenpauschale von DM 10,00 nicht in Frage stellte, während er durch das Ab- und Aufrunden der Abfahrts- und Ankunftszeit am 01. und 02.09.1999 überhaupt erst die Voraussetzungen für einen Spesenanspruch schaffte. Außerdem spricht einiges dafür, dass die erhebliche Abrundung auf 16.10 Uhr am 31.08.1999 durch den Kläger ihren Grund allein darin hatte, die Ankunftszeit mit seinen Besuchsberichten in etwa in Einklang zu bringen, nach denen der Kläger den letzten Besuchstermin am 31.08.1999 in der Zeit von 15.25 Uhr bis 15.40 Uhr in……., welches etwa 15 Kilometer von …….entfernt liegt, wahrgenommen haben will, während er sich nach der von der Beklagten vorgelegten Auswertung der GPS-Datenaufzeichnung in der Zeit von 15.10 Uhr bis 16.03 Uhr auf der Landstrasse zwischen ……………..aufgehalten hat. Damit bestehen aber keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Kläger für den 01. und 02.09.1999 vorsätzlich jeweils eine über 8-stündige Reisetätigkeit vorgetäuscht hat, um für diese Tage den Tagesspesensatz von DM 10,00 zu erhalten.

3.

Der vom Kläger somit begangene Spesenbetrugsversuch ist an sich geeignet, eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund nach § 626 BGB zu rechtfertigen, da ein Arbeitnehmer verpflichtet ist, angefallene Spesen, auch soweit sie pauschaliert sind, korrekt abzurechnen und nicht das Vorliegen der Voraussetzungen für den Anspruch auf Spesenersatz vorzutäuschen (vgl. BAG AP Nrn. 42, 49 zu § 626 BGB; Urt. v. 10.06.1980 – 6 AZR 180/78 – n.v.). Dass es sich um relativ geringe Beträge gehandelt hat, die der Kläger zu Unrecht geltend gemacht hat, stellt die Eignung des von ihm begangenen Spesenbetrugsversuchs, eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund nach § 626 Abs. 1 BGB zu rechtfertigen, ebenso wenig in Frage wie im Falle eines Diebstahls oder einer Unterschlagung geringerwertiger Gegenstände (vgl. etwa BAG AP Nr. 28 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung m.Nachw.). Gleiches gilt für den dringenden Verdacht eines Spesenbetrugsversuchs, wenn man im Gegensatz zur Auffassung des erkennenden Gerichts bezüglich des 02.09.1999 einen Betrugsversuch nicht als erwiesen ansehen wollte. Auch dieser stellt unabhängig davon, ob er sich auf einen relativ geringfügigen Fall von Spesenbetrug bezieht, an sich einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung dar.

Das dem Kläger zur Last gelegte Fehlverhalten ist auch unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile ausreichend, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen, da es der Beklagten danach nicht zuzumuten war, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger bis zum Ablauf der in § 7 Abs. 2 des Arbeitsvertrags vereinbarten Kündigungsfrist von 12 Monaten zum 30.06. oder zum 31.12. eines Jahres, vorliegend also bis zum 31.12.2000 fortzusetzen. Zwar handelt es sich – isoliert gesehen – um zwei relativ geringfügige Fälle von Spesenbetrug. Zu berücksichtigen ist aber, dass diese bezogen auf zwei von vier Tagen, an denen das Fahrzeug des Klägers observiert wurde, begangen wurden und bezogen auf einen dieser vier Tage, nämlich den 03.09.1999, einem Freitag, ein Spesenbetrugsversuch von vorneherein nicht in Betracht kam, da bei der Beklagten freitags nur halbtags gearbeitet wurde. Bezogen auf diesen kurzen Zeitraum gewinnen die an zwei von drei hierfür in Betracht kommenden Tagen begangenen Spesenbetrugsversuche, die für sich gesehen jeweils als geringfügig erscheinen, jedoch ganz erheblich an Gewicht. Hinzu kommt, dass es sich bei dem Kläger um einen Außendienstmitarbeiter handelt, sich dessen Tätigkeit daher einer Kontrolle durch die Beklagte weitgehend entzieht. Dieser nimmt seine Reisetätigkeit für die Beklagte von seiner Wohnung oder seinem sonstigen Privatbereich aus auf und beendet diese dort auch wieder, so dass sich die Beklagte auf seine Angaben zu seiner Reisetätigkeit auch insoweit verlassen können muss, als diese deren Beginn und Ende betreffen. Das hierfür erforderliche Vertrauen in die Redlichkeit des Klägers hat dieser dadurch, dass er während des kurzen Zeitraums von drei hierfür in Betracht kommenden Tagen an zwei Tagen ganz bewusst für seinen Spesenanspruch relevante falsche Angaben gemacht hat, restlos zerstört. Denn dafür, dass es sich hierbei um ein Versehen gehandelt haben könnte, sind keinerlei Anhaltspunkte gegeben. Dagegen sprechen nicht nur – wie bereits ausgeführt – die erheblichen Zeitdifferenzen und der Umstand, dass der Kläger die Besuchs- und Tagesberichte zeitnah erstellt haben will, sondern auch, dass der Kläger bei seiner Anhörung am 22.09.1999 zu dem Vorwurf, mehr Zeit aufgeschrieben zu haben, um täglich Spesen von DM 10,00 zu erhalten, jegliche Stellungnahme verweigert hat und dieser selbst noch nach Vorliegen des eingeholten Sachverständigengutachtens vom 18.07.2001 bei seiner Behauptung geblieben ist, die festgestellten Abfahrts- und Ankunftszeiten seien unrichtig. Auf ein Versehen hat sich der Kläger auch gar nicht berufen. Dass die Beklagte gegenüber den anderen Außendienstmitarbeitern bei den Spesenabrechnungen großzügig verfahren sei und die Vornahme von Rundungen zur Begründung eines Spesenanspruchs durch diese geduldet habe, hat der Kläger bereits nicht mit der erforderlichen Substantiiertheit in tatsächlicher Hinsicht dargelegt, so dass auch nicht unter diesem Gesichtspunkt davon ausgegangen werden kann, durch das Fehlverhalten des Klägers sei der Vertrauensbereich nicht in erheblicher Weise belastet. Bei dieser Sachlage war es der Beklagten aber trotz des Alters des Klägers von damals 50 Jahren, seiner Betriebszugehörigkeit von fast 9 Jahren und seiner Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehefrau, der im Rahmen der Interessenabwägung im Falle eines Vermögensdelikts ohnehin nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt (vgl. BAG AP Nr. 101 zu § 626 BGB; Urt. v. 06.07.2000 – 2 AZR 454/99 – n.v.), nicht zuzumuten, das Fehlverhalten des Klägers lediglich abzumahnen oder das Arbeitsverhältnis mit diesem wenigstens bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, also für die Dauer von immerhin über einem Jahr fortzusetzen. Zwar weist der Kläger an sich zutreffend darauf hin, dass eine Abmahnung auch bei Handlungsweisen, die den sogenannten Vertrauensbereich berühren, nicht stets entbehrlich ist, eine solche vielmehr erforderlich ist, wenn ein steuerbares Verhalten in Rede steht und erwartet werden kann, dass das Vertrauen wiederhergestellt wird (vgl. BAG AP Nr. 137 zu § 626 BGB). Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer mit vertretbaren Gründen annehmen konnte, sein Tun sei nicht vertragswidrig und werde vom Arbeitgeber nicht als ein erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Fehlverhalten angesehen (vgl. BAG AP Nr. 28 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall jedoch gerade nicht vor. Denn weder konnte der Kläger mit vertretbaren Gründen davon ausgehen, dass die Beklagte ein so schwerwiegendes Fehlverhalten, wie es ein Spesenbetrugsversuch an zwei von drei hierfür in Betracht kommenden Tagen, an denen das Fahrzeug des Klägers observiert wurde, darstellt, hinnimmt, noch kann bei einem solchen Fehlverhalten durch eine bloße Abmahnung eine Wiederherstellung des für ein Arbeitsverhältnis notwenigen Vertrauens erwartet werden. Letzteres folgt zum einen daraus, dass das innerhalb kürzester Zeit vom Kläger zweimal begangene Fehlverhalten eine erhebliche Wiederholungsgefahr in sich birgt und zudem daraus, dass die Beklagte aufgrund der ihren Kontrollmöglichkeiten weitestgehend entzogenen Tätigkeit des Klägers ein erhöhtes Vertrauensbedürfnis hat, das durch das Fehlverhalten des Klägers irreparabel zerstört worden ist. Den Kläger hinsichtlich seiner Außendiensttätigkeit fortlaufend auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu überwachen, ist der Beklagten schon wegen des damit verbundenen Aufwandes nicht zuzumuten. Die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB liegen daher vor, und zwar auch dann, wenn man hinsichtlich des Spesenbetrugsversuchs bezüglich des 02.09.1999 lediglich einen dringenden Tatverdacht bejahen wollte.

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II.

Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB hat die Beklagte gewahrt. Die Beklagte hat von den Tagesberichten des Klägers vom 31.08. bis 03.09.1999 erstmals am 20.09.1999 dadurch Kenntnis erlangt, dass sie ihr an diesem Tag vom Kläger zugefaxt wurden.

III.

Die fristlose Kündigung vom 22.09.1999 ist nicht deshalb rechtsunwirksam, weil die aus der Auswertung der GPS-Datenaufzeichnung gewonnenen Erkenntnisse einem Beweisverwertungsverbot unterliegen würden.

1.

Das Global Positioning System ermöglicht eine satellitengestützte Positionsbestimmung. Durch Auswertung der von den GPS-Satelliten abgestrahlten und vom GPS-Empfangsgerät aufgezeichneten Signale kann festgestellt werden, zu welchem Zeitpunkt sich das Fahrzeug, an oder in welchem das Empfangsgerät angebracht ist, an welchem Ort befunden hat, so dass das System es ermöglicht, den Weg eines Fahrzeugs in zeitlicher und örtlicher Hinsicht permanent, auch ohne menschliche Kontrolle, zu verfolgen. Auch wenn sich diese Angaben unmittelbar lediglich auf das Fahrzeug beziehen, handelt es sich bei diesen doch um personenbezogene Daten, da zu diesen gemäß § 3 Abs. 1 BDSG a.F. alle Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person zu rechnen sind, zu denen auch der – jeweilige – Aufenthaltsort einer Person gehört. Ohne die Einwilligung des Betroffenen ist eine Speicherung dieser Daten daher nur zulässig, soweit sie zur Wahrung berechtigter Interessen der speichernden Stelle, hier also der von der Beklagten beauftragten Detektei, erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG a.F.). Das zunächst erforderliche berechtigte Interesse der speichernden Stelle ergibt sich hier ohne weiteres aus dem Auftrag, zu dessen Erfüllung die Detektei tätig geworden ist. Bei der sodann erforderlichen Abwägung mit den Gegeninteressen des Betroffenen ist nicht nur auf das Interesse der beauftragten Detektei an der Auftragserfüllung, sondern auch auf das Interesse des Auftraggebers, hier der Beklagten, an den Ermittlungsergebnissen abzustellen, da die Detektei ja gerade auch in dessen Interesse und an dessen Stelle tätig wird. Soweit es um die Weitergabe nicht nur des Ermittlungsergebnisses, sondern auch der aufgezeichneten Daten an den Auftraggeber geht, kommt es für deren Zulässigkeit ebenfalls auf eine Abwägung der Interessen des Auftraggebers und derjenigen des Betroffenen an (§ 28 Abs. 2 Nr. 1a BDSG a.F.). Gleiches gilt im Hinblick darauf, dass dadurch, dass mit Hilfe des GPS über längere Zeit ein sogenanntes Bewegungsbild der beobachteten Person erstellt wird, deren allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 1, 2 GG) betroffen wird. Denn die Beantwortung der Frage nach der Rechtmäßigkeit des Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht und dementsprechend der Zulässigkeit der Verwertung der auf diese Weise ermittelten Tatsachen erfordert ebenfalls eine Güter- und Interessenabwägung (vgl. etwa BAG AP Nr. 28 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung; AP Nr. 27 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht; BVerfG AP Nr. 24 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht).

2.

Die hiernach sowohl nach dem Datenschutzgesetz in der damals gültigen Fassung als auch unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung ergibt, dass der von der Beklagten durch die Erstellung eines sogenannten Bewegungsbildes mittels GPS veranlasste Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers sowie die Speicherung und Weitergabe der hierbei angefallenen Daten nicht rechtswidrig waren. Denn die Beklagte hatte ein berechtigtes Interesse an der Beobachtung des Klägers über einen längeren Zeitraum hinweg, um feststellen zu können, ob der Kläger, der gemäß § 4 Abs. 1 des Arbeitsvertrages verpflichtet war, seine ganze Arbeitskraft seinem Aufgabenbereich bei der Beklagten zu widmen, seiner Tätigkeit im geschuldeten vertraglichen Umfang nachkommt. Hieran konnte und durfte die Beklagte berechtigte Zweifel haben, wie sich aus der Entwicklung des vom Kläger erzielten Umsatzes ergibt. Während dieser von DM 325.809,00 im Jahre 1991 kontinuierlich auf DM 436.707,00 im Jahre 1992, DM 578.456,00 im Jahre 1993, DM 591.302,00 im Jahre 1994, DM 593.239,00 im Jahre 1995 und DM 600.218,00 im Jahre 1996 anstieg, fiel er sodann ebenso kontinuierlich auf DM 540.658,00 im Jahre 1997 und DM 361.338,00 im Jahre 1998. Im Jahre 1999 belief er sich bis zum 31.07. auf DM 167.442,07 und bis zum 31.08. auf DM 180.513,46 (Bl. 110 bis 170 d. Akten erster Instanz), so dass prognostisch davon auszugehen war, dass der Kläger im Jahr 1999 nicht einmal mehr die auf das Kalenderjahr bezogene Provisionsbasis von DM 330.000,00 (§ 3 Abs. 2 des Arbeitsvertrages) erreicht.

Plausible Gründe für diesen rapiden Umsatzrückgang von über 50 % binnen eines Zeitraumes von weniger als drei Jahren sind nicht dargetan. Der Hinweis des Klägers auf Krankheitszeiten in den Jahren 1997 und 1998 reicht mangels von Darlegungen zu deren zeitlichen Umfang hierzu nicht aus und vermag insbesondere die noch geringeren Umsatzzahlen im Jahre 1999 nicht zu erklären. Die vom Kläger behauptete und von der Beklagten bestrittene Einschränkung von Werbemaßnahmen im Tätigkeitsgebiet des Klägers vermag jedenfalls einen Rückgang des Umsatzes in dem Umfange, wie er beim Kläger seit Anfang 1998 eingetreten ist, ebenfalls nicht plausibel zu machen, zumal der Absatz von Kaminen in erster Linie von dem Einsatz des Verkäufers vor Ort bei den – potentiellen – Kunden abhängig ist. Da auch die von der Beklagten mit dem Kläger seit August 1998 geführten zahlreichen, von der Beklagten datumsmässig im einzelnen aufgelisteten (Bl. 207, 208 d. Akten erster Instanz), vom Kläger nicht mit der erforderlichen Substantiiertheit bestrittenen Gespräche sowie deren Aufforderungen, detailliertere Tages- und Besuchsberichte zu erstellen sowie eine Wochenplanung vorzulegen, zu keiner Umsatzsteigerung führten, hatte diese daher ein berechtigtes Interesse daran, durch Beobachtung des Klägers über einen längeren Zeitraum hinweg festzustellen, ob der Kläger seiner vertraglich geschuldeten Arbeitspflicht tatsächlich noch im vollem Umfange nachkommt und dies nicht nur durch seine Tages- und Besuchsberichte vorspiegelt.

3.

Hinsichtlich der Frage, ob dieses berechtigte Interesse der Beklagten auch die heimliche Überwachung des Klägers mittels GPS rechtfertigte, ist zunächst zu berücksichtigen, dass eine Überwachung des Klägers mittels GPS mit dessen Einwilligung nicht geeignet gewesen wäre, etwaige Verletzungen der Arbeitspflicht aufzudecken. Durch eine solche GPS-Überwachung hätten nur kurzfristig etwaige Verletzungen der Arbeitspflicht verhindert werden können, da sie von der Beklagten, bei der es sich um ein kleines Unternehmen handelt, schon aus Kostengründen nicht auf Dauer hätte durchgeführt werden können. Eine Überprüfung der vom Kläger in seinen Besuchs- und Tagesberichten gemachten Angaben auf ihre Richtigkeit hin durch Nachfrage bei den Kunden, ob der Kläger diese an dem von ihm angegebenen Tag aufgesucht und sich bei diesen in dem angegebenen Zeitraum aufgehalten habe, hätte diesen gegenüber ein möglicherweise unbegründetes Misstrauen in die Redlichkeit des Klägers offenbart, wodurch dessen Persönlichkeitsrecht stärker beeinträchtigt worden wäre, als durch die heimliche GPS-Überwachung. Zudem wäre hierdurch die Tätigkeit des Klägers als Außendienstmitarbeiter der Beklagten, die – soll sie erfolgreich sein – erfordert, dass ihm die Kunden Vertrauen entgegenbringen, möglicherweise nicht unwesentlich erschwert worden, so dass die Beklagte diese Überprüfungsmöglichkeit zu Recht nicht als milderes Mittel gegenüber der heimlichen GPS-Überwachung angesehen hat. Gleiches gilt für eine persönliche Überwachung durch einen Detektiv. Zwar hätte diese im Prinzip auf die – zeitlich allerdings nicht konkret festgelegte – Arbeitszeit des Klägers beschränkt werden können, d.h. der Detektiv hätte die Beobachtung morgens mit der Abfahrt des Klägers an seiner Wohnung aufnehmen und diese am späten Nachmittag wieder dann einstellen können, wenn erkennbar ist, dass der Kläger seine Tätigkeit für die Beklagte beendet. Eine genaue Grenzziehung zwischen beruflicher und privater Sphäre, so dass letztere völlig der Beobachtung entzogen gewesen wäre, wäre aber auch in diesem Falle kaum möglich gewesen. Hinzu kommt, dass bei einer Observierung durch einen Detektiv die Person des Klägers unmittelbares Objekt der Beobachtung gewesen wäre, dessen Verhalten also im vollen Umfang erfasst worden wäre, soweit es nicht dem Auge des Detektivs entzogen ist. Demgegenüber liegt bei einer Überwachung mittels GPS gerade keine umfassende Beobachtung aller Verhaltensweisen einer Person vor, da lediglich der jeweilige Standort eines bestimmten Fahrzeugs ermittelt wird. Erst wenn der Benutzer dieses Fahrzeugs feststeht, lassen sich Rückschlüsse auf dessen Verhalten ziehen, aber zwingend auch nur insoweit, als es darum geht festzustellen, zu welcher Zeit er sich mit dem Fahrzeug an welchem Ort befunden hat. Dagegen ist das sonstige Verhalten des Fahrzeugbenutzers innerhalb und außerhalb des Fahrzeugs nicht Gegenstand der Beobachtung und lediglich bei Kenntnis weiterer Umstände mehr oder weniger verlässlichen Rückschlüssen zugänglich. Auch wenn durch die vorgenommene GPS-Überwachung nicht nur die Individualsphäre berührt wird, sondern mittelbar auch – wenn auch nicht in ihrem Kernbereich – die Privatsphäre betroffen werden kann, handelte es sich damit bei dem eingesetzten Überwachungsmittel um das am geringsten in das Persönlichkeitsrecht des Klägers eingreifende und zur Überprüfung der Reisetätigkeit und demgemäß der Richtigkeit der vom Kläger hierzu in seinen Tages- und Besuchsberichten gemachten Angaben geeignete und ausreichende Mittel. Angesichts der relativen Geringfügigkeit des Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Klägers überwiegt daher das Interesse der Beklagten an der Feststellung des zeitlichen Umfangs der vom Kläger für sie erbrachten Arbeitsleistung mittels GPS-Überwachung das Interesse des Klägers, von einer solchen ohne seine Kenntnis vorgenommenen Überwachung zwecks Wahrung seines Persönlichkeitsrechts, welches auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung einschließt, verschont zu bleiben. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die GPS-Überwachung bis Samstag, dem 04.09.1999, 21.43 Uhr andauerte, weil der Speicher des am Dienstfahrzeug des Klägers angebrachten Empfangsgeräts nach der Bekundung des Zeugen L. entgegen dessen Berechnungen nicht bereits nach drei bis vier Tagen voll war, weil das Fahrzeug in erheblichem zeitlichen Umfang abgeschottet abgestellt war und das GPS-Empfangsgerät während dieser Zeit keine Satellitensignale empfangen konnte. Zwar fehlt es bezüglich einer Überwachung des dem Kläger auch zur Privatnutzung überlassenen Fahrzeugs auch am Wochenende an einem berechtigten Interesse. Im Hinblick darauf, dass der Privatbereich des Klägers auch insoweit lediglich am Rande betroffen wurde und eine so weitgehende Überwachung nach der glaubhaften Bekundung des Zeugen L. nicht beabsichtigt war, begründet dies aber kein Verwertungsverbot der GPS-Aufzeichnung auch im übrigen. Hinsichtlich der davor rund um die Uhr erfolgten Überwachung gilt dies schon deshalb, weil mangels feststehender Arbeitszeiten des Klägers eine zeitliche Trennung zwischen dienstlichem und privatem Bereich im Vorhinein nicht vorgenommen werden konnte. Schließlich ist ein Verwertungsverbot auch nicht deshalb zu bejahen, weil das von der Beklagten beauftragte Detektivbüro die angefallenen Daten nicht nur gespeichert, sondern auch der Beklagten übermittelt hat. Denn auch hieran hatte die Beklagte ein berechtigtes Interesse, da sie nur anhand der dem Ermittlungsergebnis der beauftragten Detektei zugrundeliegenden Daten dessen vom Kläger bestrittene Richtigkeit beweisen konnte.

IV.

Auf die Berufung der Beklagten war daher, ohne dass es auf Weiteres angekommen wäre, unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu erkennen wie geschehen.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO.

VI.

Die Zulassung der Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht veranlasst.

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