Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Urteil OLG Frankfurt: Kein Widerruf einer Grundstücksschenkung trotz Familienstreit – Grober Undank nicht nachgewiesen
- Großzügige Grundstücksschenkung der Eltern an den Sohn 1994 als Ausgangspunkt
- Jahrelanger Familienstreit: Vorwürfe der Eltern wegen groben Undanks gegen den Sohn
- Widerruf der Schenkung durch die Eltern: finanzielle Schäden und körperliche Angriffe als zentrale Gründe
- Der lange Rechtsweg: Vom Landgericht über den BGH zurück zum OLG Frankfurt
- Endgültige Entscheidung OLG Frankfurt: Kein grober Undank – Schenkung bleibt bestehen
- Die Begründung des OLG: Warum kein grober Undank vorliegt – § 530 BGB geprüft
- Finanzielle Verfehlung des Sohnes: Objektiv problematisch, aber keine subjektive Undankbarkeit festgestellt
- Drohungen des Sohnes: Keine schwere Verfehlung gegenüber den Eltern nachgewiesen
- Körperliche Auseinandersetzung zwischen Vater und Sohn: Eskalation im Kontext langjähriger Feindseligkeit und Provokation
- Gesamtwürdigung des Gerichts: Verhalten des Sohnes rechtfertigt keinen Schenkungswiderruf
- Kostenentscheidung und keine Zulassung der Revision
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet „grober Undank“ im juristischen Sinne und welche Handlungen können darunter fallen?
- Unter welchen Voraussetzungen können Eltern eine Schenkung an ihre Kinder widerrufen?
- Welche Rolle spielen Nießbrauchrechte und Wohnrechte der Eltern bei einer Schenkung und einem möglichen Widerruf?
- Wie wirkt sich ein Familienstreit auf die Beurteilung von „grobem Undank“ aus?
- Welche Fristen müssen beim Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks beachtet werden?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 13 U 118/10 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
Basierend auf dem zur Verfügung gestellten Urteilstext ergibt sich folgende Zusammenfassung:
- Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt am Main
- Datum: 17.05.2024
- Verfahrensart: Berufung
- Rechtsbereiche: Zivilrecht, Schenkungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Eltern, die Grundstücke verschenkt hatten.
- Beklagte: Der Sohn, der die Grundstücke geschenkt bekam.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Eltern hatten 1994 Grundstücke an ihren Sohn verschenkt und sich Rechte vorbehalten. Später kam es zu Streitigkeiten, finanziellen Problemen mit den Grundstücken und körperlichen Auseinandersetzungen. Die Eltern sahen darin groben Undank und wollten die Schenkung widerrufen und die Grundstücke zurück.
- Kern des Rechtsstreits: Die juristische Kernfrage war, ob das Verhalten des Sohnes, insbesondere finanzielle Schwierigkeiten und körperliche Auseinandersetzungen mit den Eltern, als Grober Undank im Sinne des Gesetzes anzusehen war. Dies hätte den Eltern erlaubt, die Schenkung der Grundstücke rückgängig zu machen.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung der Eltern gegen das Urteil des Landgerichts wurde zurückgewiesen. Damit bleibt die Klage der Eltern auf Rückübertragung der Grundstücke abgewiesen.
- Begründung: Das Gericht fand, dass zwar objektiv schwerwiegende Vorfälle geschahen, aber die erforderliche subjektive Gesinnung groben Undanks beim Sohn nicht nachweisbar war. Das Gericht berücksichtigte dabei die lange Vorgeschichte gegenseitiger Feindseligkeit und Provokation im familiären Näheverhältnis. Das Verhalten des Sohnes wurde im Kontext dieser konfliktreichen Beziehung gesehen und nicht als Ausdruck grundsätzlicher Undankbarkeit gewertet.
- Folgen: Der Sohn darf die geschenkten Grundstücke behalten. Die Eltern müssen die Prozesskosten aller Instanzen tragen.
Der Fall vor Gericht
Urteil OLG Frankfurt: Kein Widerruf einer Grundstücksschenkung trotz Familienstreit – Grober Undank nicht nachgewiesen
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat in einem langjährigen Rechtsstreit zwischen Eltern und ihrem Sohn entschieden, dass eine umfangreiche Grundstücksschenkung aus dem Jahr 1994 nicht wegen groben Undanks rückgängig gemacht werden kann.

Die Berufung der Eltern gegen ein früheres Urteil des Landgerichts Darmstadt wurde zurückgewiesen. Damit bleibt die Klage der Eltern auf Rückübertragung der an den Sohn verschenkten Grundstücke erfolglos.
Großzügige Grundstücksschenkung der Eltern an den Sohn 1994 als Ausgangspunkt
Im Jahr 1994 übertrugen die Eltern, die einen landwirtschaftlichen Betrieb führten, mehrere Grundstücke und Grundstücksanteile mittels notarieller Verträge auf ihren Sohn. Diese Übertragung stellte im Kern eine Schenkung dar, auch wenn der Sohn sich verpflichtete, nach dem Tod beider Elternteile Ausgleichszahlungen in Höhe von insgesamt 400.000 DM (Deutsche Mark) an seine Geschwister zu leisten. Zusätzlich sicherten sich die Eltern lebenslange Nießbrauchsrechte (umfassende Nutzungsrechte) an einigen Grundstücken sowie ein lebenslanges unentgeltliches Wohnungsrecht im Obergeschoss eines Hauses auf dem Hofgrundstück. Das Gericht qualifizierte diesen Vorgang als gemischten Schenkungsvertrag, bei dem der unentgeltliche Charakter deutlich überwiegt, da der Wert der Grundstücke (mindestens 1,5 Millionen Euro) den Wert der vereinbarten Gegenleistungen (400.000 DM, fällig erst nach Erlöschen der Nießbrauchs- und Wohnrechte) bei weitem überstieg.
Jahrelanger Familienstreit: Vorwürfe der Eltern wegen groben Undanks gegen den Sohn
Nach der Schenkung entwickelten sich über die Jahre hinweg erhebliche Spannungen und Streitigkeiten zwischen den Eltern und dem Sohn, die zeitweise weiterhin gemeinsam auf dem Hofgrundstück lebten. Diese Auseinandersetzungen gipfelten im November 2006 im Widerruf der Schenkung durch die Eltern. Sie begründeten den Widerruf mit mehreren Vorfällen, die ihrer Ansicht nach einen groben Undank im Sinne des § 530 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) darstellten. Dieser Paragraf erlaubt es einem Schenker, eine Schenkung zu widerrufen, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder dessen nahe Angehörige des groben Undanks schuldig macht.
Widerruf der Schenkung durch die Eltern: finanzielle Schäden und körperliche Angriffe als zentrale Gründe
Die Eltern stützten ihren Widerruf im Wesentlichen auf vier Vorkommnisse:
- Finanzielle Verfehlung und drohende Zwangsversteigerung: Der Sohn hatte 1998 ein Darlehen über 100.000 DM aufgenommen, das durch eine Grundschuld auf einem der geschenkten Grundstücke gesichert war. Die Eltern hatten hierfür sogar auf ihr Nießbrauchsrecht verzichtet. Als der Sohn die Darlehensraten nicht mehr zahlte, kam es 2005 zur Anordnung der Zwangsverwaltung und es drohte die Zwangsversteigerung der Grundstücke. Die Eltern mussten unter anderem durch den Verkauf eigener Lebensversicherungen eingreifen, um dies zu verhindern. Sie warfen dem Sohn vor, sie absichtlich wirtschaftlich geschädigt zu haben. Der Sohn gab später zu, das Darlehen bewusst nicht bedient zu haben, weil seine Mutter zuvor sein Bausparguthaben aufgelöst hatte und er annahm, die Eltern könnten dann auch das Darlehen tilgen. Er betonte jedoch, er hätte es nie zur Versteigerung kommen lassen.
- Angeblich bedrohliche Äußerung gegenüber einem Zeugen: Am 14. Februar 2006 soll der Sohn gegenüber einem Saatgutvertreter geäußert haben, demjenigen, der Gegenstände von seinem Hof entwendet habe, gehöre die Hand abgehackt. Die Eltern meinten, diese Äußerung sei auf sie gemünzt gewesen. In einer späteren Anhörung vor Gericht konnten die Eltern dies jedoch nicht bestätigen; die Mutter gab sogar an, der Sohn habe die Äußerung nicht auf sie bezogen.
- Körperliche Auseinandersetzung am 07. November 2006: An diesem Tag kam es zu einem heftigen Streit, nachdem der Sohn einen Graben auf dem Hof gezogen hatte. Die Eltern behaupteten, der Sohn sei wütend auf sie zugestürmt, habe sie beschimpft, den Vater zu Boden gestoßen, sich auf ihn gekniet und ihn am Hals gewürgt. Der Sohn schilderte den Vorfall anders: Er sei provoziert worden, habe der Mutter nur eine Schaufel wegnehmen wollen, sei vom Vater gestoßen worden und habe diesen dann am Kragen gepackt und mit Schlägen gedroht, ihn aber nicht gewürgt. In der gerichtlichen Anhörung 2024 beschrieb der Vater die Situation als „Ringkampf“, bei dem auch er den Sohn am Kragen packte, und bestätigte das Würgen nicht. Die Mutter erwähnte neu, der Sohn habe den Vater mit einem Stein bedroht.
- Streit wegen Stromunterbrechung am 13. November 2006: Wegen einer Unterbrechung der Stromversorgung seines Betriebs kam es zu einer weiteren Auseinandersetzung. Die Eltern warfen dem Sohn vor, er habe versucht, mit einem Dachsparren eine Tür einzurammen. Der Sohn räumte eine Drohung ein, bestritt aber den Versuch des Einrammens.
Aufgrund dieser Vorfälle erklärten die Eltern mit Schreiben vom 15. und 16. November 2006 den Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks und forderten die Rückübertragung der Grundstücke sowie finanzielle Ausgleichszahlungen.
Der lange Rechtsweg: Vom Landgericht über den BGH zurück zum OLG Frankfurt
Das Landgericht Darmstadt wies die Klage der Eltern bereits 2010 ab. Es sah zwar Schenkungsrecht als anwendbar an, verneinte aber das Vorliegen von grobem Undank. Eine Schädigungsabsicht bei den Finanzproblemen sei nicht erkennbar, und die anderen Vorfälle, auch in ihrer Gesamtheit, reichten nicht aus. Die körperliche Auseinandersetzung sei zwar eine schwere Verfehlung, aber im Kontext einer emotionalen Auseinandersetzung zwischen Vater und Sohn zu sehen und kein Ausdruck groben Undanks.
Die Eltern legten Berufung ein. Das OLG Frankfurt gab der Berufung 2017 zunächst statt und verurteilte den Sohn zur Rückübertragung der Grundstücke. Es wertete die körperliche Auseinandersetzung vom November 2006 (den „Schwitzkasten“) als groben Undank, selbst wenn der Vater mitprovoziert habe. Der Sohn schulde Dank, Respekt und Nachsicht.
Gegen dieses Urteil legte der Sohn erfolgreich Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) ein. Der BGH hob das OLG-Urteil mit Entscheidung vom 22. Oktober 2019 (Az. X ZR 48/17) auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an das OLG Frankfurt zurück. Der BGH rügte, das OLG habe die subjektiven Voraussetzungen des groben Undanks – also die innere Gesinnung des Sohnes – nicht ausreichend geprüft. Eine reine Betrachtung des objektiven Geschehens reiche nicht aus. Es müsse auch berücksichtigt werden, ob der Sohn im Affekt handelte, wie das Verhältnis der Parteien zueinander war und ob die Eltern selbst zur Eskalation beigetragen haben. Insbesondere bei einem engen Zusammenleben wie auf einem Hof seien beiderseitige Rücksichtnahmepflichten zu beachten.
Endgültige Entscheidung OLG Frankfurt: Kein grober Undank – Schenkung bleibt bestehen
Nach erneuter Prüfung und einer persönlichen Anhörung der Eltern und des Sohnes im Jahr 2024 kam der zuständige Senat des OLG Frankfurt nun zu dem Ergebnis, dass die Berufung der Eltern unbegründet ist. Das Urteil des Landgerichts Darmstadt aus dem Jahr 2010 wurde bestätigt, die Klage der Eltern bleibt abgewiesen. Der Sohn muss die Grundstücke nicht zurückgeben.
Die Begründung des OLG: Warum kein grober Undank vorliegt – § 530 BGB geprüft
Das Gericht folgte den Vorgaben des BGH und prüfte detailliert, ob die Voraussetzungen des § 530 Abs. 1 BGB für einen Schenkungswiderruf wegen groben Undanks erfüllt sind. Dafür ist erforderlich:
- Objektiv eine schwere Verfehlung des Beschenkten gegen den Schenker.
- Subjektiv eine Gesinnung des Beschenkten, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten kann.
Diese Prüfung erfolgte durch eine Gesamtwürdigung aller Umstände, wobei die besondere persönliche Beziehung der Parteien und das konfliktreiche Zusammenleben auf dem Hof eine wesentliche Rolle spielten.
Finanzielle Verfehlung des Sohnes: Objektiv problematisch, aber keine subjektive Undankbarkeit festgestellt
Die Nichtbedienung des Darlehens durch den Sohn, die zur Gefährdung der Grundstücke und der Rechte der Eltern führte, wertete das Gericht zwar als objektiv schwere Verfehlung. Allerdings konnte die erforderliche subjektive Undankbarkeit nicht festgestellt werden. Der Sohn hatte sein Verhalten nachvollziehbar mit seiner Wut über die vorherige Auflösung seines Bausparvertrags durch die Mutter erklärt. Das Gericht sah darin zwar keine Rechtfertigung, aber einen nachvollziehbaren emotionalen Hintergrund, der gegen eine grundlegend undankbare Gesinnung spricht. Zudem hatte der Sohn glaubhaft versichert, er hätte es nicht zur Zwangsversteigerung kommen lassen.
Drohungen des Sohnes: Keine schwere Verfehlung gegenüber den Eltern nachgewiesen
Die Äußerung des Sohnes gegenüber dem Saatgutvertreter („Hand abhacken“) wurde nicht als schwere Verfehlung gegenüber den Eltern gewertet. Die Eltern selbst konnten in der Anhörung nicht bestätigen, dass die Äußerung auf sie bezogen war. Somit fehlte bereits der objektive Bezug zur Schenkung und den Schenkern.
Körperliche Auseinandersetzung zwischen Vater und Sohn: Eskalation im Kontext langjähriger Feindseligkeit und Provokation
Auch die körperliche Auseinandersetzung vom 7. November 2006 führte nach Auffassung des Gerichts nicht zur Annahme groben Undanks. Zwar ist eine körperliche Auseinandersetzung grundsätzlich schwerwiegend. Jedoch wurde in der Anhörung 2024 „überdeutlich“, dass sich über Jahre eine Atmosphäre der Feindseligkeit und des Misstrauens zwischen den Parteien entwickelt hatte. Die Eltern hatten sich nach Überzeugung des Gerichts massiv in das Leben und die Betriebsführung des Sohnes eingemischt und waren mit dessen Lebensgestaltung unzufrieden. Der Umgangston war auf beiden Seiten verroht, was sich auch darin zeigte, dass die Mutter dem Sohn gedroht hatte, ihm „das Hirn zu spalten“. Beide Seiten trügen Verantwortung für das zerrüttete Verhältnis. Das versuchte Zuschütten des vom Sohn gegrabenen Grabens durch die Eltern unmittelbar vor der Eskalation wurde zudem als Provokation gewertet. Vor diesem Hintergrund konnte das Gericht im Verhalten des Sohnes, auch wenn es überzogen war, keinen Ausdruck einer grundlegenden, auf die Schenkung bezogenen Undankbarkeit erkennen, sondern sah es als Teil einer wechselseitigen Eskalation in einem zutiefst gestörten Familienverhältnis. Das Würgen wurde von den Eltern in der letzten Anhörung nicht mehr bestätigt.
Gesamtwürdigung des Gerichts: Verhalten des Sohnes rechtfertigt keinen Schenkungswiderruf
In der abschließenden Gesamtwürdigung kam das OLG Frankfurt zu dem Schluss, dass die einzelnen Vorfälle – weder für sich genommen noch in ihrer Gesamtheit – die Annahme eines groben Undanks im Sinne des § 530 BGB rechtfertigen. Entscheidend war, dass dem Sohn die erforderliche subjektive Gesinnung, die eine tiefe Dankbarkeit vermissen lässt, nicht nachgewiesen werden konnte. Die Konflikte waren vielmehr Ausdruck eines langjährigen, von beiden Seiten befeuerten Familienstreits und gegenseitiger Provokationen.
Kostenentscheidung und keine Zulassung der Revision
Da die Klage der Eltern auf Rückübertragung der Grundstücke endgültig abgewiesen wurde, müssen sie die Kosten des gesamten Rechtsstreits über alle Instanzen tragen (die Mutter zu 1/3, der Vater zu 2/3). Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Entscheidung im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (insbesondere dem BGH-Urteil von 2019 in derselben Sache) steht.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das OLG Frankfurt entschied, dass eine Grundstücksschenkung trotz Familienstreit nicht wegen „groben Undanks“ widerrufen werden kann, da die subjektive Gesinnung der Undankbarkeit nicht nachgewiesen wurde. Für die Rückforderung einer Schenkung reichen schwere Auseinandersetzungen nicht aus, wenn sie im Kontext einer beiderseits zerrütteten Familienbeziehung mit gegenseitigen Provokationen stehen. Das Urteil verdeutlicht, dass bei der Beurteilung von „grobem Undank“ nicht nur die objektiven Handlungen, sondern auch die emotionalen Hintergründe und das gegenseitige Verhalten entscheidend sind – was besonders bei fortbestehendem gemeinsamem Leben auf engem Raum gilt.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet „grober Undank“ im juristischen Sinne und welche Handlungen können darunter fallen?
„Grober Undank“ ist ein juristischer Begriff, der eine wichtige Rolle spielen kann, wenn es um das Widerrufen einer Schenkung geht. Stellen Sie sich vor, jemand (der Schenker) macht einer anderen Person (dem Beschenkte) eine Schenkung, also eine unentgeltliche Zuwendung. Das Gesetz sieht vor, dass der Schenker diese Schenkung unter bestimmten, engen Voraussetzungen zurückfordern kann. Eine solche Voraussetzung ist der „grobe Undank“.
Was ist „grober Undank“?
Grober Undank liegt vor, wenn der Beschenkte sich dem Schenker oder einem nahen Angehörigen des Schenkers gegenüber einer schweren Verfehlung schuldig macht. Diese Verfehlung muss eine bestimmte Gesinnung des Beschenkten erkennen lassen, nämlich eine, die auf mangelnde Dankbarkeit für die erhaltene Schenkung schließen lässt und die den Schenker so tief kränkt, dass ihm das Festhalten an der Schenkung nicht zuzumuten ist.
Es geht also nicht um jede kleine Meinungsverschiedenheit oder einen einfachen Streit. Das Verhalten des Beschenkten muss nach objektiven Maßstäben als schwerwiegend und zutiefst undankbar empfunden werden.
Welche Handlungen können darunter fallen?
Ob ein Verhalten als „grober Undank“ gilt, muss immer im Einzelfall betrachtet werden. Es hängt von allen Umständen ab, insbesondere von der Art und Schwere der Verfehlung, den Hintergründen und der Bedeutung der Schenkung.
Beispiele für Verhaltensweisen, die als grober Undank gewertet werden könnten (aber nicht zwangsläufig immer müssen), sind:
- Schwere Beleidigungen oder Beschimpfungen des Schenkers.
- Tätliche Angriffe auf den Schenker.
- Verleumdung oder falsche Anschuldigungen gegen den Schenker, die dessen Ruf schädigen.
- Das Zufügen von erheblichem finanziellen Schaden beim Schenker, beispielsweise durch Betrug oder Untreue.
- In gravierenden Fällen auch die schuldhafte Verursachung von Tod oder schwerer Körperverletzung bei nahen Angehörigen des Schenkers.
- Die Verletzung einer gegenüber dem Schenker bestehenden Unterhaltspflicht.
Wichtig ist: Die Handlung muss gezielt gegen den Schenker gerichtet sein oder ihm erheblichen Schaden zufügen und erkennen lassen, dass der Beschenkte die Großzügigkeit des Schenkers missachtet. Kleinigkeiten, normale familiäre Konflikte oder uneinige Ansichten reichen in der Regel nicht aus. Es muss sich um ein Verhalten handeln, das eine tiefe, schwere Verfehlung darstellt und die Beziehung zwischen Schenker und Beschenktem grundlegend und negativ beeinflusst.
Unter welchen Voraussetzungen können Eltern eine Schenkung an ihre Kinder widerrufen?
Eine Schenkung, also eine freiwillige Zuwendung ohne Gegenleistung, ist grundsätzlich bindend. Das bedeutet, dass man eine einmal gemachte Schenkung nicht einfach so zurückfordern kann, auch nicht von seinen eigenen Kindern.
Eltern können eine Schenkung an ihre Kinder nur unter sehr engen, gesetzlich bestimmten Voraussetzungen widerrufen. Der wichtigste Grund, der in der Praxis vorkommt, ist der sogenannte grober Undank des beschenkten Kindes.
Was bedeutet grober Undank? Das Gesetz versteht darunter nicht alltägliche Streitigkeiten oder kleinere Enttäuschungen. Grober Undank liegt nur vor, wenn das Kind sich dem schenkenden Elternteil gegenüber einer schweren Verfehlung schuldig gemacht hat. Stellen Sie sich vor, es muss sich um ein Verhalten handeln, das objektiv eine tiefe Kränkung oder eine feindselige Gesinnung gegenüber dem Elternteil erkennen lässt.
Solche Verfehlungen können beispielsweise:
- Schwere Beleidigungen
- Bedrohungen
- Körperliche Angriffe
- Eine grundlose Strafanzeige
- Die Weigerung, im Notfall notwendige Unterstützung zu leisten, obwohl dies zumutbar wäre.
Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an, ob ein Verhalten als grober Undank gewertet wird. Aber die Latte liegt sehr hoch.
Wenn Eltern eine Schenkung wegen groben Undanks widerrufen möchten, müssen sie beweisen, dass die schwere Verfehlung des Kindes vorliegt und diese Verfehlung objektiv grob undankbar ist. Das Kind muss das Verhalten des Elternteils also nicht beweisen, sondern der Elternteil, der widerrufen will, muss den groben Undank nachweisen.
Der Widerruf der Schenkung muss außerdem in der Regel innerhalb eines Jahres erfolgen, nachdem der Elternteil von der Verfehlung des Kindes erfahren hat. Nach Ablauf dieser Frist ist ein Widerruf wegen groben Undanks meist nicht mehr möglich.
Welche Rolle spielen Nießbrauchrechte und Wohnrechte der Eltern bei einer Schenkung und einem möglichen Widerruf?
Wenn Eltern eine Immobilie an ihre Kinder verschenken, behalten sie sich oft bestimmte Rechte an der Immobilie vor. Die häufigsten sind das Nießbrauchrecht oder das Wohnrecht. Diese Rechte werden in der Regel offiziell im Grundbuch eingetragen. Das Grundbuch ist ein öffentliches Register, das unter anderem zeigt, wem ein Grundstück gehört und welche Lasten oder Rechte darauf liegen.
Was bedeuten Nießbrauch und Wohnrecht für die Eltern?
Das Wohnrecht gibt den Eltern das Recht, die Immobilie oder einen bestimmten Teil davon persönlich zu bewohnen. Es ist ein sehr persönliches Recht. Sie dürfen die Räume selbst nutzen, aber sie dürfen die Wohnung normalerweise nicht vermieten.
Das Nießbrauchrecht ist umfassender. Es erlaubt den Eltern nicht nur, in der Immobilie zu wohnen, sondern sie auch auf jede andere Art zu nutzen, die Einnahmen bringt. Das bedeutet, sie könnten die Immobilie auch vermieten und die Mieteinnahmen behalten. Das Nießbrauchrecht gibt den Eltern also weitgehende Kontrolle und Nutzungsmöglichkeiten, fast so, als wären sie noch Eigentümer.
Diese Rechte sind für die Eltern eine wichtige Absicherung. Auch wenn das Kind der neue Eigentümer ist, können die Eltern aufgrund dieser Grundbucheintragung weiterhin in der Immobilie leben oder Einnahmen daraus erzielen. Das Kind als neuer Eigentümer muss diese Rechte respektieren.
Was passiert bei Streitigkeiten oder finanziellen Schwierigkeiten des Kindes?
Die Eintragung dieser Rechte im Grundbuch hat eine große Bedeutung, besonders wenn das Kind, das die Schenkung erhalten hat, in finanzielle Schwierigkeiten gerät und zum Beispiel Kredite aufnehmen muss oder die Immobilie zwangsweise verkauft werden soll (z.B. durch eine Zwangsversteigerung).
Da Nießbrauchrechte und Wohnrechte oft mit einem sehr guten „Rang“ im Grundbuch eingetragen werden, haben sie Vorrang vor vielen anderen Belastungen, wie zum Beispiel Hypotheken oder Grundschulden, die später für Kredite eingetragen werden. Das bedeutet: Sollte die Immobilie zwangsversteigert werden, bleiben das Nießbrauchrecht oder das Wohnrecht der Eltern meist bestehen. Der Käufer, der die Immobilie in der Versteigerung erwirbt, muss das Recht der Eltern weiterhin dulden und ihnen ermöglichen, in der Immobilie zu wohnen oder diese zu nutzen.
Dies schützt die Eltern davor, einfach ausziehen zu müssen oder ihre Nutzungsmöglichkeit zu verlieren, nur weil das beschenkte Kind Schulden hat. Gleichzeitig kann ein eingetragenes Nießbrauch- oder Wohnrecht den Wert der Immobilie für potenzielle Käufer stark mindern, da sie die Immobilie nicht oder nur eingeschränkt selbst nutzen können.
Können Beeinträchtigungen dieser Rechte als „grober Undank“ gelten?
Eine Schenkung kann unter bestimmten, eng gefassten Voraussetzungen widerrufen werden, auch wenn sie im Grundbuch vollzogen wurde. Ein wichtiger Grund für einen solchen Widerruf ist der sogenannte „grober Undank“ des Beschenkten.
„Grober Undank“ liegt vor, wenn der Beschenkte dem Schenker gegenüber ein schwerwiegendes Fehlverhalten zeigt, das eine tiefgehende Undankbarkeit erkennen lässt. Dies können zum Beispiel schwere Beleidigungen, körperliche Angriffe oder die Zufügung erheblichen Schadens sein.
Auch Handlungen, die gezielt dazu dienen, die von den Eltern vorbehaltenen Nießbrauch- oder Wohnrechte zu vereiteln oder die Eltern in der Ausübung dieser Rechte erheblich zu stören oder zu beeinträchtigen, können unter Umständen als grober Undank gewertet werden. Stellen Sie sich vor, das Kind versucht systematisch, den Eltern das Wohnen unerträglich zu machen, indem es zum Beispiel Versorgungsleistungen kappt, den Zugang erschwert oder mutwillig Schäden verursacht, um die Ausübung des Wohnrechts zu verhindern. Solche gravierenden Eingriffe in die durch das Wohnrecht oder Nießbrauch gesicherte Lebensposition der Eltern können als Ausdruck groben Undanks verstanden werden und möglicherweise einen Widerruf der Schenkung rechtfertigen.
Die Beurteilung, ob ein Verhalten tatsächlich grober Undank ist, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Es muss sich um eine objektiv schwere Verfehlung handeln, die auf eine subjektiv schwerwiegende Undankbarkeit schließen lässt.
Wie wirkt sich ein Familienstreit auf die Beurteilung von „grobem Undank“ aus?
Ein Familienstreit allein rechtfertigt in der Regel nicht den Widerruf einer Schenkung wegen „grobem Undank“. Das Gesetz (§ 530 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) ermöglicht den Widerruf einer Schenkung, wenn der Beschenkte sich einer schweren Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers schuldig macht. Diese Verfehlung muss einen „groben Undank“ darstellen.
Was bedeutet „grober Undank“ im Familienkontext?
Hier ist wichtig zu wissen: Nicht jede Unstimmigkeit oder Meinungsverschiedenheit innerhalb der Familie gilt als grober Undank. Übliche Familienstreitigkeiten, auch wenn sie emotional belastend sind, erreichen diese Schwelle normalerweise nicht. Das Gesetz verlangt ein Fehlverhalten, das objektiv betrachtet eine schwere Missachtung der Dankbarkeitspflicht darstellt, die vom Beschenkten erwartet werden kann.
Ein Gericht, das über das Vorliegen von grobem Undank entscheiden muss, wird eine objektive Bewertung vornehmen. Es betrachtet die Art und Schwere des Fehlverhaltens. Dazu gehören Taten, die auf eine feindselige Gesinnung gegenüber dem Schenker schließen lassen. Beispiele hierfür können schwere Beleidigungen, körperliche Angriffe, Bedrohungen oder auch das Unterlassen notwendiger Hilfe in einer Notlage sein, wenn eine moralische oder rechtliche Pflicht dazu bestanden hätte.
Die Gerichte prüfen dabei immer die Gesamtsituation des Einzelfalls. Sie berücksichtigen, wie intensiv der Streit war, welche konkreten Handlungen vorgefallen sind und wie sich diese Handlungen auf den Schenker ausgewirkt haben.
Für Sie bedeutet das: Ein einfacher Streit, ein Zerwürfnis oder eine zeitweilige Funkstille nach einer Auseinandersetzung wird vom Gericht in der Regel nicht als ausreichender Grund für die Rückforderung einer Schenkung angesehen. Es bedarf eines deutlich gravierenderen Fehlverhaltens, das über eine normale familiäre Auseinandersetzung hinausgeht.
Welche Fristen müssen beim Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks beachtet werden?
Wenn eine Schenkung wegen groben Undanks widerrufen werden kann, muss dies nicht unbegrenzt lange geschehen. Das Gesetz sieht hierfür eine zeitliche Begrenzung vor, um Rechtssicherheit zu schaffen.
Das Recht, eine Schenkung wegen groben Undanks zu widerrufen, endet ein Jahr nach dem Zeitpunkt, zu dem der Schenker von den Handlungen des Beschenkten Kenntnis erlangt, die den groben Undank darstellen.
Vereinfacht gesagt beginnt die Jahresfrist ab dem Moment zu laufen, in dem Sie als Schenker erfahren, dass der Beschenkte sich Ihnen gegenüber so verhalten hat, dass dies als grober Undank gewertet werden kann. Es zählt also der Zeitpunkt Ihrer Kenntnis von den konkreten Vorfällen.
Um die Frist einzuhalten, müssen Sie innerhalb dieses Jahres dem Beschenkten gegenüber erklären, dass Sie die Schenkung widerrufen. Diese Erklärung muss eindeutig sein und dem Beschenkten zugehen.
Wird die Frist von einem Jahr versäumt, erlischt das Recht zum Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks. Das bedeutet, auch wenn ein Grund für den Widerruf vorliegt, kann er nach Ablauf des Jahres ab Kenntnis nicht mehr wirksam erklärt werden. Die Schenkung kann dann in der Regel nicht mehr aus diesem Grund rückgängig gemacht werden.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Grober Undank
Grober Undank ist ein juristischer Begriff aus dem Schenkungsrecht (§ 530 Absatz 1 BGB), der eine schwere Verfehlung des Beschenkten gegenüber dem Schenker oder dessen nahen Angehörigen beschreibt. Diese Verfehlung muss objektiv schwerwiegend sein und subjektiv eine tiefe Undankbarkeit erkennbar machen, die dem Schenker das Festhalten an der Schenkung unzumutbar macht. Dabei handelt es sich nicht um gewöhnliche Streitigkeiten, sondern um Verhaltensweisen wie schwere Beleidigungen, tätliche Angriffe oder erhebliche finanzielle Schäden. Grober Undank kann den Widerruf einer bereits vollzogenen Schenkung rechtfertigen.
Beispiel: Wenn ein Sohn seinen Eltern nach einer Grundstücksschenkung absichtlich Schaden zufügt, etwa durch körperliche Angriffe oder durch fahrlässigen Umgang mit finanziellen Verpflichtungen, die die Eltern belasten, kann das als grober Undank gelten.
Nießbrauchrecht
Das Nießbrauchrecht ist ein umfassendes Nutzungsrecht an einer Sache, meist an Immobilien, das es dem Nießbraucher erlaubt, die Sache selbst zu nutzen und daraus Erträge zu ziehen, obwohl er nicht Eigentümer ist (§§ 1030 ff. BGB). Eltern, die ihr Grundstück an ihre Kinder verschenken, behalten sich oft ein lebenslanges Nießbrauchrecht vor, um weiterhin auf dem Hof wohnen zu können oder Mieteinnahmen zu erhalten. Dieses Recht wird ins Grundbuch eingetragen und bleibt auch bei finanziellen Schwierigkeiten des neuen Eigentümers bestehen. Das Nießbrauchrecht bietet somit eine wichtige Absicherung für die Eltern.
Beispiel: Eltern übertragen ihren Hof auf ihren Sohn, behalten sich aber ein Nießbrauchrecht vor, damit sie weiter wohnen und den Garten nutzen oder das Haus vermieten können.
Gemischter Schenkungsvertrag
Ein gemischter Schenkungsvertrag liegt vor, wenn eine Übertragung unentgeltlich erfolgt, aber gleichzeitig eine Gegenleistung vereinbart wird, die jedoch erheblich geringer ist als der Wert der Zuwendung. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der Grundstücksübertragung an den Sohn um einen solchen Vertrag, weil der Sohn eine Ausgleichszahlung an seine Geschwister leisten soll, diese Gegenleistung jedoch den Wert der Immobilien deutlich unterschreitet. Rechtlich wird die Zuwendung damit als Schenkung mit einer bloß unwesentlichen Gegenleistung eingestuft.
Beispiel: Eltern schenken ihrem Sohn Grundstücke im Wert von 1,5 Millionen Euro, und er verpflichtet sich, später 400.000 DM an seine Geschwister zu zahlen – eine Leistung, die deutlich unter dem Wert der Schenkung liegt.
Zwangsversteigerung
Die Zwangsversteigerung ist ein öffentliches Verkaufsverfahren, bei dem ein Grundstück aufgrund von Zahlungsrückständen oder anderen Sicherheiten zwangsweise verkauft wird, um die Forderungen der Gläubiger zu befriedigen (§§ 180 ff. ZVG). Sie wird durch das Vollstreckungsgericht angeordnet, wenn der Eigentümer seine Verbindlichkeiten nicht erfüllt. Besondere Rechte, wie ein Nießbrauch oder Wohnrecht der Schenker, bleiben in der Regel auch nach der Versteigerung bestehen, sodass Betroffene trotz Eigentümerwechsels weiterhin in der Immobilie verbleiben können.
Beispiel: Wenn der Sohn einen Kredit mit einer Grundschuld auf dem Hof belastet und die Raten nicht zahlt, kann das Grundstück zwangsversteigert werden, um die Gläubiger zu befriedigen – die Eltern behalten allerdings ihr Nießbrauchrecht.
Subjektive Gesinnung beim groben Undank
Die subjektive Gesinnung ist ein wesentlicher Bestandteil der Prüfung, ob grober Undank vorliegt (§ 530 Abs. 1 BGB). Es muss nicht nur objektiv eine schwere Verfehlung festgestellt werden, sondern auch, dass der Beschenkte innerlich und in seiner Haltung undankbar oder feindselig gegenüber dem Schenker ist. Das Gericht berücksichtigt dabei die Beweggründe, die emotionale Situation und das Verhältnis der Parteien zueinander, um zu beurteilen, ob das Verhalten Ausdruck einer tiefen Missachtung der Schenkung ist oder nur eine vorübergehende emotionale Reaktion darstellt.
Beispiel: Ein Sohn handelt im Streit emotional übertrieben und greift seine Eltern körperlich an, aber wenn er dies ohne dauerhafte undankbare Gesinnung und eher im Affekt tut, liegt kein grober Undank vor.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 530 Abs. 1 BGB (Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks): Erlaubt dem Schenker den Widerruf einer Schenkung, wenn der Beschenkte eine schwere Verfehlung begangen hat, die eine grobe Undankbarkeit gegenüber dem Schenker oder dessen Angehörigen ausdrückt. Dabei sind sowohl objektive Tatbestandsmerkmale als auch die subjektive Gesinnung des Beschenkten zu prüfen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Zentraler Streitpunkt war, ob das Verhalten des Sohnes die Voraussetzungen dieses Paragraphen erfüllt, was das OLG letztlich verneinte, da keine hinreichende subjektive Undankbarkeit nachgewiesen wurde.
- § 311 Abs. 1 BGB (Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter) und gemischter Schenkungsvertrag: Ein gemischter Vertrag enthält sowohl unentgeltliche als auch entgeltliche Leistungen, jedoch überwiegt hier die unentgeltliche Schenkung. Die Rechtsnatur beeinflusst die Möglichkeiten zum Widerruf und die Bewertung der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Grundstücksübertragung wurde als gemischte Schenkung qualifiziert, weshalb die unentgeltliche Komponente dominiert und die strengen Voraussetzungen des Widerrufs wegen groben Undanks Anwendung finden.
- Nießbrauchsrecht (§§ 1030 ff. BGB): Versichert dem Nießbraucher die lebenslange Nutzung und Fruchtziehung aus einer Sache, während das Eigentum weiterhin beim Eigentümer verble. Es schützt den Schenker vor Entwertung oder Entzug seiner Nutzungsrechte trotz Übertragung des Eigentums. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Eltern sicherten sich Nießbrauchrechte und ein Wohnrecht, die trotz Schenkung bestehen blieben und im Streit um den Widerruf maßgeblich zur Bewertung der Interessen lagen.
- Grundschuld und Zwangsversteigerung (§§ 1191 ff. BGB, §§ 866 ff. ZVG): Die Grundschuld dient der Sicherung von Darlehen; Zahlungsverzug kann eine Zwangsverwaltung und letztlich Zwangsversteigerung des belasteten Grundstücks auslösen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das vom Sohn nicht bediente Darlehen und die drohende Zwangsversteigerung waren wichtige Indizien für eine objektiv schwerwiegende Verfehlung, jedoch fehlte die subjektive Undankbarkeit als Widerrufsgrund.
- Grundsatz der wechselseitigen Rücksichtnahme (hausrechtlich und im Familienrecht): In engen persönlichen Verhältnissen, insbesondere innerhalb der Familie, wird berücksichtigt, dass gegenseitiges Verständnis und Rücksicht Pflicht sind und Konflikte in einem größeren sozialen Kontext zu sehen sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht berücksichtigte das langjährige konfliktträchtige Zusammenleben und die wechselseitigen Provokationen, wodurch das Verhalten des Sohnes als Teil eines gestörten Verhältnisses gesehen wurde und keinen Widerruf rechtfertigte.
- Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu grobem Undank (insb. Urteil vom 22.10.2019, Az. X ZR 48/17): Der BGH stellt klar, dass neben objektiven Verfehlungen auch die subjektive Gesinnung des Beschenkten zu prüfen ist, wobei auch das familiäre Verhältnis und Umstände des Zusammenlebens zu bewerten sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG musste diese Vorgaben umsetzen und entschied, dass trotz der objektiven Vorfälle keine subjektive undankbare Gesinnung vorlag, womit der Widerruf unwirksam blieb.
Das vorliegende Urteil
OLG Frankfurt – Az.: 13 U 118/10 – Urteil vom 17.05.2024
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