Landgericht Frankfurt am Main
Az.: 2/2 O 16/99
Verkündet am 24.5.1999
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit hat das Landgericht Frankfurt am Main, 2. Zivilkammer, auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 6.5.1999 für Recht erkannt:
der Beklagten wird bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 500.000,- DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, in Bezug auf Giroverträge folgende und diesen inhaltsgleiche Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden, ausgenommen gegenüber einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes:
„Nachforschungsauftrag DM 30,00“
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 6.000,– DM vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird die Befugnis zugesprochen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten Verwenders auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen.
Tatbestand:
Der Kläger ist ein rechtsfähiger, aus öffentlichen Mitteln geförderter, satzungsgemäß die Verbraucherinteressen wahrnehmender Verein. Die Beklagte betreibt das Bankgeschäft und schließt hierbei mit Kunden Giroverträge ab, in die ein Konditionen- und Preisverzeichnis einbezogen ist. Unter Berufung auf die ihm gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 AGBG zustehende Klagebefugnis beanstandet der Kläger die von der Beklagten in dem Preisverzeichnis verwendete Klausel bezüglich des Nachforschungsauftrags.
Der Kläger ist der Auffassung, die beanstandete Klausel verstoße gegen § 9 AGBG. Sie benachteilige den Vertragspartner der Verwenderin entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, denn sie verpflichte den Kunden zur Zahlung eines Entgelts in Höhe von 30,– DM für jeden Fall eines Nachforschungsauftrages. Wenn die Gründe für die Nachforschung jedoch in folge eines von der Bank zu vertretenden Umstandes in deren Verantwortungsbereich lägen, dürften die mit der Nachforschung verbundenen Aufwendungen dem Kunden nicht in Rechnung gestellt werden. Selbst wenn die Beklagte es sich vorbehalte, bei Fällen angenommenen Eigenverschuldens das Entgelt nicht zu erheben, sei die Formulierung „Nachforschungsauftrag“ zu allgemein und unpräzise. Sie ermögliche dem Vertragspartner keine Kontrolle darüber, in welchen Fällen konkret ein Entgelt zu Recht oder Unrecht verlangt werde. Da nach dem AGBG sämtliche Rechte und Pflichten des Vertragspartners bestimmt und klar durchschaubar dargestellt sein müssten, halte die Klausel diesem Transparenzgebot nicht stand.
Der Kläger beantragt, der Beklagten bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 500.000,– DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu untersagen, Bezug auf Giroverträge folgende und diesen inhaltsgleiche Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden, ausgenommen gegenüber einem Kaufmann im Rahmen seine Handelsgewerbes:
„Nachforschungsauftrag DM 30,00“.
Dem Kläger die Befugnis zuzusprechen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten Verwenders auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung; die beanstandete Klausel sei zulässig und verstoße nicht gegen die Regelungen des AGBG. Es liege keine unangemessene Benachteiligung vor. Die Verwenderin könne nach allgemeinen Grundsätzen Entgelte für Leistungen verlangen, die sie auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbringe. Allein die Möglichkeit, daß ein Nachforschungsauftrag auch aus dem Grund erteilt werde, weil die Beklagte hierfür den Anlaß gesetzt habe, reiche nicht für die Annahme einer unangemessenen Benachteiligung aus. In einem solchen Fall werde die Gebühr von der Beklagten nicht erhoben, im übrigen hätte der Kunde dann Schadensersatz- und Gewährleistungsansprüche an die Beklagte. Selbst bei einer kundenfeindlichsten Auslegung sei von der ordnungsgemäßen Vertragserfüllung des Verwenders auszugehen und nicht von dem Fall seiner positiven Vertragsverletzung. Der Wortlaut der Klausel bedürfe keiner weiteren Konkretisierung, dem Transparenzgebot sei Genüge getan.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet, da die beanstandete Klausel dem Transparenzgebot des AGBG nicht gerecht wird und dadurch eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 9 AGBG enthält.
Die Klausel „Nachforschungsauftrag 30,– DM“ enthält keinen Hinweis, daß dieses Entgelt nicht gerechtfertigt ist und beansprucht werden kann, wenn der Grund der Nachforschung im Verantwortungsbereich der Bank liegt. Das kann der Fall sein, wenn beispielsweise die Fehlleitung einer Überweisung nicht auf einem Verschulden des Kunden, sondern auf einem Versehen der Bank beruht. Der Wortlaut der Klausel kann bei einem rechtsunkundigen Kunden – und hierauf ist bei kundenfeindlichster Auslegung abzustellen – die Auffassung vermitteln, daß er auf jeden Fall, unabhängig von dem Grund der Fehlleistung, die 30,– DM zu entrichten hat. Das kann den Kunden davon abhalten, seine Rechte auf Nachforschung wahrzunehmen, auch wenn er meint nicht fehlerhaft gehandelt zu haben. Das gilt insbesondere für Aufträge kleineren Volumens, bei denen das Nachforschungsentgelt von 30,– DM im Verhältnis zum Schaden des Kunden hoch erscheint.
Der Einwand der Beklagten, es sei ihre Übung, in Fällen eines Verschuldens der Bank kein Entgelt zu verlangen, reicht nicht aus, die Benachteiligung durch die Klausel zu beheben, denn dem Kunden ist mangels vorherigen Hinweises diese Praxis nicht bekannt. Die Praxis kommt auch nicht zum Tragen, wenn der Kunde in der irrigen Annahme; er müsse auf jeden Fall die Gebühr entrichten, auf einen Nachforschungsauftrag verzichtet. Gleiches gilt, für das Argument, daß dem Kunden in Fällen eines Verschuldens der Bank Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche zustünden. Die Nachteile, die sich für den Kunden aus der mangelnden Transparenz der Klausel ergeben, liegen darin, daß er ihm zustehende Rechte überhaupt nicht wahrnimmt. Die Klausel ist daher nur dann beanstandungsfrei, wenn sie klarstellt, daß bei Fehlern der Verwenderin ein Entgelt nicht erhoben wird. Da dieser Hinweis fehlt war der Klage stattzugeben.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 91 ZPO.
Die Veröffentlichungsbefugnis beruht auf § 18 AGBG.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.