Landgericht Frankfurt am Main
Az.: 2/2 O 46/99
Verkündet am: 27.01.2000
URTEIL IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit hat das Landgericht Frankfurt, am Main 2. Zivilkammer, auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 10.12.1999 für Recht erkannt:
Der Beklagten wird bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu DM 500.000,– ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Vorstandsmitgliedern, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, folgende und diesen inhaltsgleiche Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden, ausgenommen gegenüber Personen, die im Rahmen ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit handeln (Unternehmer):
In Bezug auf Giroverträge:
1. Scheckrückgabe von anderen Banken: fremde Kosten – (zzgl. Euro 5,00 D-Mark 9,78)
2 . Rücklastschrift von anderen Banken: fremde Kosten (zzgl. Euro 5,00 D-Mark 9,78)
In Bezug auf Giroverträge und/oder Kreditkartenverträge
3. Ersatz eines PIN-Briefes (Euro 5,00 D-Mark 9,78)
In Bezug auf Verträge über die Teilnahme am Internet-Banking
4. Ersatz bei Verlust von PIN – oder TAN-Brief (Euro 5,00 D-Mark 9,78.
In Bezug auf Giroverträge
5. Nachlaßbearbeitung (nach Aufwand) bis (Euro 100,00 D-Mark 195,58).
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zutragen.
Dem Kläger wird die Befugnis zugesprochen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten Verwenders auf Kosten des Beklagten im Bundesanzeiger, im übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 16.500,- DM vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der Kläger vertritt als rechtsfähiger Verein die Interessen der Verbraucher. Die Beklagte betreibt das Bankgeschäft. Hierbei bezieht sie ein Preisverzeichnis in die Verträge mit Kunden ein, in dem für die Kontoführung, Kreditkartenbenutzung, den Zahlungsverkehr und andere Leistungen gesonderte Gebühren festgelegt werden.
Der Kläger ist der Auffassung, die von ihm beanstandeten Klauseln verstießen gegen § 9 AGBG, da sie entgegen den Geboten von Treu und Glauben eine unangemessene Benachteiligung für den Vertragspartner des Verwenders darstellten.
Die Klausel zu Ziffer 1. verpflichte den Einreicher zur Übernahme von Fremdkosten in unbestimmter Höhe. Die Überprüfung der ausreichenden Deckung des Kontos erfolge ausschließlich im eigenen Interesse der Bank. Wenn die Zahlstelle von der ersten Inkassostelle für den Rückscheck eine Bearbeitungsprovision aufgrund des Scheckabkommens verlange, so beruhe diese Zahlungsverpflichtung auf einer vertraglichen Vereinbarung. Das Abkommen. über die Rückgabe nicht eingelöster Schecks sei ausschließlich eine zwischen bezogener Bank und Inkassobank geschlossene Vereinbarung. Weshalb dieser Aufwendungsersatz vom Scheckeinreicher getragen werden solle, sei nicht nachvollziehbar. Insoweit fehle es an einer vertraglichen Beziehung mit dem Zahlungsempfänger. Das allgemeine Risiko des Scheckeinreichers bei der Teilnahme am Geschäftsverkehr löse keinen Aufwendungsersatzanspruch aus.
Die Klausel zu Ziffer 2. sei aus den Erwägungen zu Ziffer 1. ebenfalls unzulässig. Werde für den Vorgang der Rückgabe an die Gläubigerbank ein Entgelt vereinbart, so handle es sich auch hier um eine Vereinbarung zwischen den Banken, welche sich nicht zu Lasten des Einreichers auswirken dürfe:
Die Klausel zu Ziffer 3 verpflichte den Vertragspartner auch dann zum Ersatz eines verloren gegangenen PIN-Briefes, wenn der Verlust auf einem Umstand beruhe, den die Bank zu vertreten habe. Auch das Risiko des zufälligen Untergangs auf dem Postweg dürfe nicht auf den Kunden abgewälzt werden, da dieser nicht die Möglichkeit habe, den PIN-Brief selbst abzuholen.
Die Einwände zu Ziffer 3 hätten auch für die Klausel zu Ziffer 4. Geltung. Die Erklärung der Beklagten, sie gehe nur dann von einer Verpflichtung zum Aufwendungsersatz aus, wenn sie ihre eigene Dienstleistung ordnungsgemäß erbracht habe, reiche für das Rechtsschutzinteresse an der Unterlassung nicht aus.
Die Klausel zu Ziffer 5. sei zu allgemein gefasst und mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des § 33 Erbschaftssteuergesetz (ErbStG) nicht zu vereinbaren. Danach sei derjenige, der sich zeit der Verwahrung oder Verwaltung fremden Vermögens befasse, verpflichtet, die in seinem Gewahrsam befindlichen Vermögensgegenstände und Forderungen in Bezug auf den Erblasser dem für die Verwaltung der Erbschaftssteuer zuständigen Finanzamt anzuzeigen. Zuwiderhandlungen gegen die Pflichten aus § 33 ErbStG würden als Steuerordnungswidrigkeit mit Geldbuße geahndet. Die Bank nehme beider Erbfallmeldung somit eine eigene gesetzliche Verpflichtung wahr. Die Prüfung der Rechtsnachfolge und der Verfügungsbefugnis anhand vorzulegender Erbscheine etc. erfolge im eigenen Interesse der Bank, um bspw. Auskehrung von Geldern an Nichtberechtigte abzuwenden. Die hierbei entstehenden Kosten könnten nicht als typische Betriebskästen auf den Erben des Kontoinhabers abgewälzt werden.
Der Kläger beantragt, der Beklagten bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu DM 500.000,– ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Vorstandsmitgliedern, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu untersagen, folgende und diesen inhaltsgleiche Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden, ausgenommen gegenüber Personen, die im Rahmen ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit handeln (Unternehmer):
In Bezug auf Giroverträge:
1. Scheckrückgabe von anderen Banken: fremde Kosten (zzgl. Euro 5,00 D-Mark 9,78)
2.Rücklastschrift von anderen Banken: fremde Kosten (zzgl. Euro 5,00 D-Mark 9,78)
In Bezug auf Giroverträge und/oder Kreditkartenverträge
3. Ersatz eines PIN-Briefes (Euro 5,00 D-Mark 9,78)
In Bezug auf Verträge über die Teilnahme am Internet-Banking
4. Ersatz bei Verlust von PIN – oder TAN-Brief (Euro 5,00 D-Mark 9,78).
In Bezug auf Giroverträge
5. Nachlaßbearbeitung (nach Aufwand) bis (Euro 100,00 D-Mark 195,58)
Dem Kläger die Befugnis zuzusprechen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten Verwenders auf Kosten des Beklagten im Bundesanzeiger, im übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
(Sie ist der Auffassung, die beanstanden Klauseln stellten keinen Verstoß gegen die Grundsätze des AGBG dar.
Hinsichtlich der Klausel zu Ziffer 1. halte sie daran fest, berechtigt zu sein, das .sogenannte Interbankengeld aufgrund des Scheckrückgabeabkommens dem Kunden weiterbelasten zu dürfen. Der Aufwand der Bank entstehe dadurch, daß der Gläubiger die Bank damit beauftragt habe, den Scheck einzuziehen. Hierfür könne gemäß Ziffer 12 (5) AGB Aufwendungsersatz verlangt werden.
Regelungsgegenstand der Klausel zu Ziffer 2. seien ausschließlich solche Lastschriften, zu deren Einzug der Kunde die Beklagte als Gläubigerin, ermächtigt habe. Scheitere der Einzug von dem anderen Konto des Kunden, entstehe ein besonderer Aufwand, wie das Anschreiben des Kunden wegen der Gründe für die Rücklastschrift. Hierfür könne Aufwendungsersatz verlangt werden.
Hinsichtlich der Klauseln zu Ziffern 3. und 4. sei es selbstverständlich, daß die Preise , nur für den Fall gelten sollten; daß die Beklagte ihre Bankleistung in rechtlich einwandfreier Weise erbracht habe und die Ersatzzustellung nicht auf Umstände zurückzuführen sei; die in ihrem Verantwortungsbereich lägen. Dies entspreche dem allgemeinen Verständnis und sei bei der Auslegung zu berücksichtigen.
Das Entgelt für die Nachlaßbearbeitung gemäß der Klausel zu Ziffer 5. sei berechtigt. Es gehe nicht um die Anzeige gegenüber dem Finanzamt, sondern um die Prüfung der Rechtsnachfolge und der Verfügungsbefugnis anhand vorzulegender Urkunden wie Erbscheine, Testamentsvollstreckerzeugnisse oder Eröffnungschriften letztwilliger Verfügungen. Das Preisverzeichnis sehe nur einen Gebührenrahmen vor und nicht eine Pauschale. Die konkrete Gebühr richte sich nach dem Arbeitsaufwand. Für die Anzeige beim Finanzamt oder wenn der Erbe einen Erbschein vorlege werde nichts berechnet. Anders seien die Verhältnisse, wenn der Kunde eine Testamentsvollstreckung angeordnet habe. Hier könne es erforderlich sein, das Testament einzusehen oder zusätzliche Bescheinigungen beim Nachlaßgericht anzufordern. Dabei handle die Bank im Kundeninteresse Für diesen Aufwand könne die Beklagte Ersatz verlangen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger ist nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 AGBG prozeßführungsbefugt. Seine Satzung, entspricht den gesetzlichen Voraussetzungen für die prozessuale Geltendmachung von Ansprüchen auf Unterlassung und Widerruf unwirksamer AGB-Klauseln.
Die Klauseln zu Ziffer 1. und z. sind gemäß § 9 AGB unwirksam, weil sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH NJW 98, 309 ff; Palandt § 8 AGBG Rn. 5 b)) verstoßen Bestimmungen in AGB, nach denen die Bank für die Rückgabe eines Schecks oder einer Lastschrift wegen fehlender Deckung ein Entgelt fordert, gegen § 9 AGBG, da sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren sind: Ein nach § 670 BGB normierter
Aufwendungsersatz kommt nicht in Betracht, wenn die Tätigkeit des Verwenders aufgrund eigener gesetzlicher Verpflichtung oder ausschließlich im eigenen Interesse erfolgt. Bei der Prüfung ausreichender Deckung bei Schecks oder Lastschriften wird die Bank ausschließlich im eigenen Interesse tätig. Entscheidet sie sich bei fehlender Deckung für die Nichtausführung, so liegt in ihrer Weigerung kein eine Vergütungspflicht auslösende Leistung. Die bei der Prüfung ausreichender Deckung entstehenden Aufwendungen kann sie deshalb nicht nach § 670 BGB von dem Kunden ersetzt verlangen.
Diese Sachlage ist auch vorliegend gegeben. Es ist dabei ohne Bedeutung, ob die Kosten auf der Grundlage einer eigenen Berechnung der Beklagten oder im Hinblick auf das Interbankenentgelt festgesetzt worden sind. In jedem Fall handelt es sich um bankinterne Vereinbarungen, die ausschließlich im eigenen Interesse der Beklagten erfolgt sind. Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des AG Erfurt (22 C 5016/98) steht diesen grundsätzlichen Überlegungen nicht entgegen: Der BGH hat in seiner Entscheidung (NJW 98, 309). keine Differenzierung und Beschränkung auf Rechtsbeziehungen zwischen Zahlungspflichtigem und Schuldnerbank vorgenommen.
Auch die Klauseln lassen nicht erkennen, daß sie nur begrenzt für gesonderte Fälle gelten sollen. Die Klauseln zu Ziffern 3. und 4. sind unwirksam, weil sie dem Transparenzgebot des AGBG nicht gerecht werden und dadurch eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 9 AGBG enthalten. Die Klauseln geben keinen Hinweis darauf, daß die Ersatzkosten bei Verlust von PIN- oder TAN-Brief dann nicht gerechtfertigt sind, wenn der Verlust auf Umständen beruht, die von der Beklagten zu vertreten sind. Der Wortlaut der Klausel kann bei ,einem rechtsunkundigen Kunden – und hierauf ist bei kundenfeindlichster Auslegung abzustellen = die Auffassung vermitteln, daß er auf jeden Fall die Gebühr zu entrichten hat. Der Einwand der Beklagten, es sei selbstverständlich, daß in den Fällen eines Verschuldens der Bank kein Entgelt verlangt werde, reicht nicht aus, die Benachteiligung durch die Klausel zu beheben, denn dem Kunden ist mangels vorherigen Hinweises diese Einstellung und Praxis nicht bekannt. Die Klauseln sind daher nur dann beanstandungsfrei, wenn sie klarstellen, daß bei Fehlern der Verwender ein Entgelt nicht erhoben wird.
Die Klausel zu Ziffer 5. ist unwirksam, da sie gegen das Transparenzgebot des AGBG, verstößt und damit eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 9 AGBG bewirkt. Die Formulierung „Nachlaßbearbeitung“ läßt nicht die Erforderlichkeit und den Umfang der Tätigkeiten erkennen, für welche ein Aufwendungsersatz verlangt wird.
Wie der Kläger zutreffend- vorgetragen hat, kann die Nachlaßbearbeitung Tätigkeiten der Beklagten erfordern, die sie aufgrund einer eigenen rechtlichen Verpflichtung zu erfüllen hat, wie etwa die Anzeige bei dem Finanzamt gemäß ErbStG, wofür sie kein Entgelt verlangen darf. Soweit es um die Feststellung der Erben geht, ist dies keine gesonderte Situation, dienende eine Sondervergütung rechtfertigt. Bei der Anordnung einer Testamentsvollstreckung ist denkbar, daß die Bank um Auskünfte gebeten wird. Hierfür, wäre eine Aufwandsentschädigung zulässig. Die Klausel nimmt aber keinerlei Differenzierungen vor, so daß die Berechnung der Beklagten „nach Aufwand“ nicht nachvollziehbar ist. Die Erklärung der Beklagten, sie werde in den Fällen der eigenen gesetzlichen Verpflichtung oder bei geringfügigem Aufwand keine Entschädigung verlangen, reicht nicht aus, die Benachteiligung durch die Klausel zu beheben, da der Kunde mangels vorherigen Hinweises die Praxis nicht kennt. Die Nachteile ergeben sich daraus; daß der Kunde glaubt, in jedem Fall zur Entrichtung einer Aufwandsentschädigung verpflichtet zu sein und seine Rechte auf Überprüfung nicht ausreichend wahrnimmt.
Die Entscheidung übel die Kosten beruht auf § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 709 ZPO.