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Verwertung der im Strafurteil getroffenen Feststellungen im Zivilprozess – Urkundenbeweis

OLG Zweibrücken – Az.: 4 U 101/10 – Urteil vom 17.03.2011

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 22. April 2010 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des von ihr jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten, der bis Dezember 2004 ihr Geschäftsführer und daneben Leiter des B… l… A… a… W… (B… ) war, auf Schadensersatz wegen Untreue in Anspruch.

Die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern leitete im Jahre 2004 gegen den Beklagten und weitere Personen u. a. wegen Untreue und Bestechlichkeit ein Ermittlungsverfahren ein. Dem lag der Vorwurf zugrunde, der Beklagte und der ehemalige Bauabteilungsleiter der Klägerin hätten sich im Zusammenhang mit Bauarbeiten der Klägerin von beauftragten Firmen Geld oder andere Leistungen zuwenden lassen; im Gegenzug hätten sie veranlasst, dass überhöhte Rechnungen dieser Firmen von der Klägerin bzw. dem B… beglichen wurden.

Mit Schreiben vom 13. Juni 2005 begehrte die Klägerin von dem Beklagten deswegen außergerichtlich Schadensersatz in Höhe von 3.188.798,88 €.

Unter dem 17. Juli 2006 erhob die Staatsanwaltschaft – Zentralstelle für Wirtschaftsstrafsachen – in Kaiserslautern gegen den Beklagten, den Bauabteilungsleiter der Klägerin sowie zwei Unternehmer Anklage (in Kopie Bl. 33 ff. d.A.). Am 10. März 2009 begann vor der 2. Strafkammer – große Wirtschaftsstrafkammer – des Landgerichts Kaiserslautern die Hauptverhandlung gegen vier Angeklagte, die am 17. September 2009 gegen den Beklagten mit einer (seit dem 25. September 2009 rechtskräftigen) Verurteilung wegen Untreue in fünf Fällen und wegen Steuerhinterziehung in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten endete (Urteil in Kopie Bl. 113-135 d.A.).

Nach den auf dem Geständnis des Beklagten beruhenden Feststellungen der Wirtschaftsstrafkammer erhielt die Firma S… auf Veranlassung des Beklagten Zahlungen aus dem Vermögen der Klägerin und des B… in Höhe von insgesamt 1.737.704,90 €, für die sie keine Bauleistungen erbracht hatte (UA 9, 16).

Der B… hat seine daraus herrührenden Ansprüche mit Vereinbarung vom 16. März 2009 (in Kopie Bl. 95 d.A.) an die Klägerin abgetreten.

Auf den im Strafverfahren gestellten Adhäsionsantrag der Klägerin erkannte die Wirtschaftsstrafkammer, dass der Beklagte dieser dem Grunde nach zum Schadensersatz hinsichtlich der abgeurteilten Taten zu den Fällen Nrn. 1 bis 5 des Urteils verpflichtet ist. Von einer Entscheidung über die Höhe des zu ersetzenden Schadens sah die Wirtschaftsstrafkammer ab, weil sich der Antrag insoweit zur Erledigung im Strafverfahren nicht eigne.

Wegen der weitergehenden Einzelheiten wird auf das Urteil der 2. Strafkammer – große Wirtschaftsstrafkammer – des Landgerichts Kaiserslautern vom 17. September 2009 Bezug genommen.

Vorliegend betreibt die Klägerin hinsichtlich ihres im Strafurteil zuerkannten Schadensersatzanspruchs das Betragsverfahren, wobei sie ihren Anspruch im ersten Rechtszug auf einen „pauschalen Schadensersatzbetrag“ in Höhe von 350.000,00 € beschränkt hat.

Hierzu hat sie vorgetragen, dass sie auf den ihr von dem Beklagten laut Feststellungen im Strafurteil zugefügten Schaden im „S…-Komplex“ in Höhe von 1.737.704,90 € lediglich 1.233.005,50 € bei anderen Schädigern habe realisieren können, so dass insoweit noch ein Anspruch gegen den Beklagten in Höhe von insgesamt 504.699,40 € bestehe.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 350.000,00 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab 1. Juli 2005 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat sich damit verteidigt, dass die Klägerin die Höhe ihrer Schadensersatzforderung nicht substantiiert dargelegt habe. Die Klägerin könne sich nicht auf eine Bindungswirkung des Urteils des Landgerichts Kaiserslautern berufen, da dieses über den Schadensersatzanspruch ausdrücklich nur dem Grunde nach entschieden habe. Soweit der Klägerin überhaupt ein Schaden entstanden sei, sei dieser durch Zahlungen von dritter Seite ausgeglichen.

Durch das angefochtene Urteil, auf welches zur Ergänzung der Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Dagegen hat der Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält den klägerischen Vortrag zur Höhe des Schadensersatzes für nicht hinreichend substantiiert, insbesondere habe das Erstgericht den Umfang der Bindungswirkung des Strafurteils verkannt. Darüber hinaus rügt der Beklagte die vom Erstgericht an ihn gestellten Darlegungsanforderungen sowie das Unterbleiben einer Beweiserhebung als fehlerhaft. Das Erstgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Firma S… für die Klägerin (weitere) Bauleistungen erbracht habe, die mit den überhöhten Rechnungen vergütet worden seien, was auch die Wirtschaftsstrafkammer nicht ausgeschlossen habe. Darüber hinaus seien weitergehende Schadensersatzleistungen Dritter als die von der Klägerin behaupteten 1.233.005,50 € erbracht worden.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages. Auf den gerichtlichen Hinweis in der Terminverfügung vom 15. Dezember 2010 hat sie den eingeklagten Schadensersatzanspruch näher aufgegliedert; insoweit wird verwiesen auf die Sitzungsniederschrift vom 20. Januar 2011, den Schriftsatz vom 22. Dezember 2010 und den weiteren nachgelassenen Schriftsatz vom 31. Januar 2011.

Auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes ergänzend Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Beklagten führt nicht zum Erfolg.

Das Erstgericht hat im Ergebnis zu Recht der Klägerin einen Zahlungsanspruch in Höhe von 350.000,00 € nebst Zinsen zuerkannt. Die mit Blick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderliche Bestimmtheit des Klageantrages ist im Berufungsverfahren nachgeholt worden, was zulässig ist (BGH VersR 1997, 769).

1. Der Klägerin steht gegen den Beklagten dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 StGB zu. Das steht für den Zivilprozess fest auf Grund der zum Haftungsgrund ergangenen rechtskräftigen Adhäsionsentscheidung der 2. Strafkammer – große Wirtschaftsstrafkammer – des Landgerichts Kaiserslautern vom 17. September 2009. § 406 Abs. 1 S. 2 StPO a.E. erklärt darauf § 318 ZPO für entsprechend anwendbar. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass das Zivilgericht an das strafprozessuale Urteil gebunden ist, wenn es später über den Betrag des Anspruchs zu einem Rechtsstreit kommt (Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl. Rn. 25 zu § 318 ZPO). Unabhängig davon hat der Beklagte im Strafverfahren die Untreue-Vorwürfe im „S…-Komplex“ (Fälle 1-5 des Strafurteils) eingeräumt. Seine Haftung dem Grunde nach stellt er dann auch in dem vorliegenden Zivilverfahren gar nicht in Abrede.

2. Hinsichtlich der zwischen den Parteien streitigen Höhe des (verbliebenen) Schadens entfaltet das Strafurteil im vorliegenden Fall keine Bindungswirkung, zumal darin ausdrücklich ausgeführt wird, aus welchen Gründen das Betragsverfahren nach Auffassung der Wirtschaftsstrafkammer zur Erledigung im Strafverfahren ungeeignet war.

Hiervon bleibt indes unberührt, dass die in dem Strafurteil getroffenen Feststellungen in dem vorliegenden Zivilprozess im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden können. Die tatsächlichen Feststellungen in einem Strafurteil können dann im Rahmen der eigenen freien Beweiswürdigung des Zivilgerichtes im Sinne von § 286 Abs. 1 ZPO Berücksichtigung finden (vgl. Senat, Urteil vom 1. Juli 2010, 4 U 7/10, in Juris).

3. Vor diesem Hintergrund hat der Senat keine Zweifel daran, dass der Beklagte – wie im Strafurteil im Einzelnen festgestellt (UA 7-9) – wissentlich und willentlich Zahlungen an die Firma S… in Höhe von insgesamt 1.737.704,90 € veranlasste, obwohl dafür keine Gegenleistungen erbracht wurden.

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Die Verursachung eines Schadens in dieser Höhe hat der Beklagte in dem Strafverfahren ausweislich der Urteilsgründe (VA 16, 18) eingestanden. Zwar entfaltet dieses Geständnis im nachfolgenden Zivilprozess nicht die Wirkungen der §§ 288, 290 ZPO. Es stellt aber im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 ZPO ein gewichtiges Indiz für die Wahrheit der zugestandenen Tatsachen dar (BGH NJW-RR 2004, 1001-1002). Die Höhe des durch die rechtsgrundlosen Zahlungen an die Fa. S… verursachten ursprünglichen Schadens stellt der Beklagte letztlich auch nicht in Abrede, wie sich aus dem Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 17. Januar 2011 (dort S. 2 = Bl. 287 d.A.) ergibt. Unstreitig ist auch, dass der vorgenannten Schadenssumme die Straftaten des Beklagten in dem „S…-Komplex“ zugrunde liegen, mithin die Fälle 1 bis 5 des Strafurteils.

4. Soweit die Parteien darüber uneins sind, ob, und ggfs. in welchem Umfang sich der zunächst eingetretene Schaden von 1.737.704,90 € nachträglich durch Ersatzleistungen anderer Schädiger gerade auf diese Schadenspositionen verringert hat, trägt die Behauptungs- und Beweislast für derartige Umstände der Beklagte, weil er als Schädiger damit seine Ersatzpflicht mindern oder beseitigen will (BGH, Beschluss vom 22. November 2005 – VI ZR 330/04 -, Beck RS 2005, 14578; Staudinger/Schiemann, BGB Neubearbeitung 2005, § 249 Rn. 141 a.E. m.w.N.; derselbe, Vorbemerkung zu §§ 249 – 254 Rn. 93 a.E.).

Wie die Klägerin – in Befolgung ihrer sekundären Darlegungspflicht zur Schadensentwicklung – vorgetragen hat, ist von der ursprünglichen Schadenssumme ein Betrag von 649.600,00 € in Abzug zu bringen, den die Firma S… im Zusammenhang mit dem Fall 5 des Strafurteils (Container-Stellflächen Güterverkehrszentrum W… ) gezahlt hat, sodass danach ein Gesamtschaden in Höhe von 1.088.104,90 € verblieb. Darüber hinaus wurde unstreitig der Schaden in Höhe von weiteren 583.405,50 € liquidiert, sodass sich der ursprüngliche Schadensbetrag um insgesamt 1.233.005,50 € auf 504.699,40 € reduzierte. Des Weiteren lässt sich die Klägerin, wie mit nachgelassenem Schriftsatz vom 31. Januar 2011 vorgetragen, nochmals 33.000 € aufgrund einer weiteren Zahlung der Firma P… und V… schadensmindernd anrechnen, so dass nach ihrer Darstellung ein restlicher Schadensersatzbetrag in Höhe von 471.699,40 € verbleibt.

Eine darüber hinausgehende Minderung gerade desjenigen Schadens, für dessen Verursachung er bestraft worden ist und auf den sich die vorliegende Ersatzklage bezieht, vermag der Beklagte nicht zu beweisen.

Die sekundär darlegungspflichtige Klägerin (§ 138 Abs. 1 ZPO) hat die Schadensentwicklung im Einzelnen substantiiert vorgetragen. So ergibt sich aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 2. September 2009 in dem Strafverfahren vor dem Landgericht Kaiserslautern im Einzelnen, wie sich die von anderen Tatbeteiligten zur Schadensregulierung erlangten Zahlungen konkret zusammensetzen. Die Klägerin hat weiter der ihr obliegenden Darlegungslast genügt, indem sie ausgeführt hat, welche Schadensersatzleistungen sie erhalten hat und auf welche der hier streitgegenständlichen Einzelschäden (in der Diktion des Strafurteils: Fälle 1 bis 5) diese Ersatzleistungen verrechnet werden.

Eine darüber hinausgehende Schadenstilgung hat der Beklagte nicht plausibel dargetan.

Seine Behauptung, es seien Bauleistungen für die Klägerin von Drittfirmen erbracht worden, die ihrerseits von der Firma S… bezahlt worden seien, führt insoweit nicht zum Erfolg.

Bereits die von dem Beklagten in diesem Zusammenhang mit Schriftsatz vom 17. Januar 2011 behauptete Summe von 208.420 € ist rechnerisch unzutreffend, da eine Addition der angeblich von Dritten ausgeführten Bauleistungen lediglich einen Betrag in Höhe von 188.420 € ergibt.

Auch der Einwand des Beklagten, aus den Gründen des Strafurteils (UA 21) ergebe sich, dass in den überhöhten Rechnungen Bauleistungen enthalten waren, die tatsächlich für die Klägerin erbracht wurden, trägt nicht.

Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang lediglich ausgeführt, dass „… die Möglichkeit im Raum steht …“, dass aus den an die Firma S… geleisteten Überzahlungen auch Bauleistungen vergütet wurden, die für die Klägerin erbracht wurden. Auch soweit das Strafurteil in seinen Gründen zu dem Ergebnis kommt, dass das Land Rheinland-Pfalz Schadensersatz in Höhe von 1.310.490,20 € realisiert habe und der festgestellte Schaden damit möglicherweise ersetzt wäre, verkennt die Berufung, dass in Bezug auf den festgestellten Gesamtschaden immer noch eine Differenz von 427.214,70 € verbliebe, und darüber hinaus in dieser Summe die zur Realisierung der Ansprüche im Adhäsionsverfahren entstanden Kosten in Höhe von 57.100 € und die Kosten in dem ohne Erfolg betriebenen Verfahren gegen die Firma L… in Höhe von 20.384, 80 €, nicht enthalten waren, was sich aus den insoweit unwidersprochenen Ausführungen im Schriftsatz der Klägerin vom 2. September 2009 ergibt.

Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang im Einzelnen weiter behauptet, die Firma K… habe im S… Gebäude Fliesenarbeiten im Wert von 80.000 € erledigt, genügt der Vortrag nicht der Darlegungslast des Beklagten. Es ist zunächst nicht ersichtlich, auf welche Einzelposition dieser Betrag anzurechnen wäre. Um der Klägerin eine substantiierte Erwiderung zu ermöglichen, hätte der Beklagte darlegen müssen, mit welchen konkreten Arbeiten die Firma S… die Firma K… beauftragt hatte, wann und in welcher Höhe sie diese gegenüber der Firma Sa… berechnet hatte. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin nicht mehr über Unterlagen verfügt, die dieses Projekt betreffen, da dieses mittlerweile abgerissen wurde. Daher wäre von dem Beklagten, der zum Beweis seiner Behauptung (wohl) den Inhaber der Firma K… benannt hat, im Rahmen seiner Darlegungslast auch zu fordern gewesen, die näheren Umstände der Auftragserteilung und Abwicklung durch einen geordneten und in Einzelteilen aufgegliederten Sachvortrag (Zöller/Greger Rn. 8b zu § 138 ZPO).

Diese Erwägungen gelten auch für die behauptete Beauftragung der Firma P… . Darüber hinaus hat die Klägerin unwidersprochen vorgetragen, dass die Steganlage, an der die fraglichen Arbeiten erbracht sein sollen, nicht in ihrem Eigentum steht.

Außerdem hat die Klägerin für die behaupteten Arbeiten der Firma Se… und V… durch Vorlage entsprechender Rechnungen nachgewiesen, dass die jeweiligen Arbeiten durch die Klägerin selbst beglichen wurden. Dem ist der Beklagte nicht mehr entgegengetreten.

Schließlich ist der Klägerin darin beizutreten, dass die ebenfalls behaupteten Arbeiten der W… GmbH von dem Beklagten nicht unter Beweis gestellt wurden.

Entgegen der Auffassung der Berufung war über den Vortrag des Beklagten auch kein Beweis zu erheben. Eine Beweiserhebung liefe hier auf eine prozessual unzulässige Ausforschung hinaus, da die unter Beweis gestellten Tatsachen, was die Arbeiten der Firma K… und P… anbelangt, so ungenau bezeichnet sind, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann (Stein/Jonas/Leipold Rn. 44 zu § 284 ZPO).

Soweit der Beklagte zum Beweis seiner Behauptung weiter anführt, dass sich aus der Anlage der Firma S… zu den berichtigten Rechnungen (in Kopie Bl. 294 d.A.; zweite Hälfte der Anlage „Auszahlung an folgende Firmen“) ergebe, dass die von ihm behaupteten Bauleistungen von der Firma S… vergütet worden seien, kann dies der Anlage, bei er es sich (wohl) um eine Selbstauskunft der Firma S… handelt, so nicht entnommen werden. Teilweise korrespondieren die dort beschriebenen Auszahlungsbeträge nicht mit dem Vortrag des Beklagten, wie etwa der Auszahlungsbetrag an die Firma SE… , teilweise sind die Auszahlungsbeträge, wie bei der Firma Se…, bereits in der Schadensaufstellung der Klägerin in deren Schriftsatz vom 2.September 2009 berücksichtigt, teilweise sind dort Zahllungen an Firmen aufgeführt, wie die Firmen So… U… B… sowie Ko… und L… , bei denen sich jedenfalls aus der Anlage nicht ergibt, ob sie den hier streitgegenständlichen S…-Komplex betreffen und auch nicht, welche der hier allein relevanten schädigenden Handlungen des Beklagten, für die er bestraft wurde, diese Zahlungen betreffen sollen.

Ohne Erfolg bleibt der Einwand des Beklagten, es sei eine weitergehende Schadensminderung durch in der Abrechnung der Klägerin nicht berücksichtigte weitere Schadensersatzleistungen eingetreten. Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang ausführt, es sei eine höhere Schadensliquidation als die von der Klägerin mit 1.233.005,50 € vorgetragene erfolgt, trägt dies nicht. Der Beklagte übersieht, worauf die Klägerin zu Recht hinweist, dass dem hier streitgegenständlichen Schaden ausschließlich die Sachverhalte betreffend den im Strafverfahren abgeurteilten „S…-Komlex“ zugrundeliegen. Daher können auch nur Schadensersatzleistungen gegengerechnet werden, die den „S…-Komplex“ mit dem Ausgangsschaden von 1.737.704,90 € betreffen. Soweit der Beklagte daher meint, dem Schriftsatz der Klägerin vom 24. Juli 2009 sei zu entnehmen, dass die Klägerin dort mit einer Summe von 1.467.374,61 € selbst eine höhere Schadensliquidation vortrage als die von 1.233.005,50 €, ist dem entgegenzuhalten, dass diese Summe alle in jenem Strafverfahren angeklagten Taten betraf, mithin nicht nur die Taten im „S…- Komplex“, wegen derer der Beklagte verurteilt wurde.

Ohne Erfolg bleibt daher in diesem Zusammenhang der Einwand des Beklagten, in den Fällen 1 bis 4 des Strafurteils bestünden überhaupt keine Schadensersatzansprüche mehr, weil Drittfirmen aufgrund von Verurteilungen oder Vergleichen mit der Klägerin an diese gezahlt hätten.

Soweit der Beklagte hier behauptet, die Firma S… habe die überhöhten Rechnungsbeträge mindestens in einer Höhe von 910.473,11 € zurückgezahlt, ist der Vortrag unsubstantiiert. Aus dem Vortrag wird nicht ersichtlich, auf welche Fälle und in welcher konkreten Höhe des hier allein streitgegenständlichen „S…-Komplexes“ die Zahlungen erfolgt sind. Etwaige weitere Zahlungen der Firma S… an die Klägerin können nämlich durchaus auch zur Erstattung von Rechtsverfolgungskosten oder als Verzugsschaden – und damit auf zusätzliche den Ausgangsschaden erhöhende Schadenspositionen – geleistet worden sein.

Entgegen der Meinung des Beklagten kommt daher eine Beweiserhebung durch Vernehmung des Zeugen Thomas S… nicht in Betracht, da dies auf eine Ausforschung hinausliefe.

Auch die Zahlung der Firma Se… in Höhe von 61.244,45 € kann hier keine Berücksichtigung finden. Zu Recht führt die Klägerin aus, dass diese Zahlung bereits bei der Schadensregulierung berücksichtigt worden ist, was auch dem Schriftsatz der Klägerin vom 2. September 2009 zu entnehmen ist. Dies gilt auch für die Zahlungen der Firma P… und V… über 36.000 €, die Zahlung der Firma Seb… und L… über 80.000 €, die Zahlung Hilbert über 60.000 €, die Zahlung der Sch… und K… GmbH & Co.KG über 51.272 € und die Zahlung der Firma SE… F… GmbH über 243.950 €.

Soweit der Beklagte Zahlungen der Firma P… und W… über 150.000 € und der Firma U… über insgesamt 258.000 € als schadensmindernd aufführt, übersieht er wiederum, dass diese Zahlungen nicht den hier allein maßgeblichen „S…-Komplex“ betreffen; ein Beweisbedürfnis hierzu besteht schon deshalb nicht.

Damit bleibt es im Ergebnis bei einer Schadenssumme von 471.699,40 €, sodass der beantragte Schadensersatz in Höhe von 350.000 € – entsprechend der Aufschlüsselung in den Schriftsätzen der Klägerin vom 22. Dezember 2010 und vom 31. Januar 2011 (dort S. 6 = Bl. 307 d.A.) – begründet ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 und 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.

 

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