AG Brandenburg
Az.: 34 C 127/11
Urteil vom 23.08.2012
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt durch Sicherheitsleistung in Höhe von 600,00 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor bereits Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Tatbestand
Der Kläger fordert von der beklagten Kirchengemeinde als Eigentümerin des Kirchengebäudes St. Katharinen – gelegen … in … – die Zahlung von Schadenersatz wegen seines unstreitig beschädigten Pkws vom Typ Opel Corsa mit dem amtlichen Kennzeichen: …, welcher ebenso unstreitig durch eine Dachlawine aus Schnee und Eis beschädigt wurde, nebst Verzugszinsen und einer Unkostenpauschale.
Der Kläger behauptet, dass er am 17.01.2010 gegen 18:30 Uhr die Kirchgasse in 14776 Brandenburg an der Havel – vorbei an dem Kirchengebäude St. Katharinen – befahren habe. Zu diesem Zeitpunkt habe sich dann aber in ca. 20 Metern Höhe Schnee und Eis vom Dach der Kirche gelöst und sei auf sein Fahrzeug gestürzt. Der Aufprall dieser Dachlawine sei mit so großer Wucht erfolgt, dass die Frontscheibe seines Pkws sofort auf einem Durchmesser von ca. 40 Zentimetern gerissen sei. Zudem seien auch das Dach und die Motorhaube seines Pkws hierdurch beschädigt worden.
Er Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte ihren Verkehrssicherungspflichten nicht genügt hätte, da sie keine Maßnahmen zur Vermeidung von Unfällen durch Schneelawinen ergriffen habe. Weder seien Schneefanggitter am Dach der Kirche angebracht gewesen, noch seien trotz der außergewöhnlichen Wetterlage Absperrungen im Straßenbereich vorgenommen oder Warnschilder aufgestellt worden. Auch eine Schneeräumung vom Dach der Kirche sei nicht erfolgt, so dass nach alldem eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht begründet sei, da gerade in Anbetracht der konkreten Wetterlage ein spezifisches Handeln erforderlich gewesen wäre.
Insbesondere vertritt er die Auffassung, dass der § 28 Abs. 9 der Brandenburgischen Bauordnung eine Verpflichtung zur Anbringung von Schneefanggittern enthält und somit hier eine Verletzung dieser Norm durch die beklagte Kirchengemeinde gegeben sei.
Aufgrund des Fehlverhaltens der beklagten Kirchengemeinde seien ihm folgende Schäden entstanden:
1. Eigenanteil der Kaskoversicherung in Höhe von 500,00 Euro
2. Wertminderung seines Pkws in Höhe von 500,00 Euro
3. Kostenpauschale in Höhe von 25,00 Euro
somit insgesamt: 1.025,00 Euro.
Gegenstand des Feststellungsantrages seien im Übrigen folgende voraussichtliche Kosten:
1. UPE-Aufschläge brutto laut Gutachten in Höhe von 165,31 Euro
2. Umsatzsteuer laut Gutachten in Höhe von 873,50 Euro
3. Nutzungsausfall für geschätzte 10 Tage zu je 38,00 Euro von 380,00 Euro
4. Hochstufungsschaden der Kaskoversicherung in Höhe von 445,20 Euro
somit insgesamt: 1.864,01 Euro.
Im Übrigen seien aufgrund dieses Schadensereignisses vorgerichtliche nicht anrechenbare Anwaltskosten in Höhe von 229,55 Euro sowie Kosten für die Einholung der Deckungszusage in Höhe von 182,07 Euro entstanden.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.025,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.08.2010 zu zahlen
sowie
2. die Beklagte zu verurteilen, ihm alle weiteren Schäden zu ersetzen, die ihm aus dem Dachlawinenereignis vom 17.01.2010 gegen 18:30 Uhr in der Kirchgasse in 14776 Brandenburg an der Havel noch entstehen werden
und
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm die vorgerichtlichen nicht anrechenbare Anwaltskosten in Höhe von 229,55 Euro sowie Kosten für die Einholung der Deckungszusage in Höhe von 182,07 Euro bei Fälligkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagtenseite trägt vor, dass eine Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht hier nicht vorgelegen habe. Weder sei sie zum Anbringen von Schneefanggittern gesetzlich, noch polizeilich verpflichtet gewesen. Auch zum Aufstellen von Warnschildern oder zum Absperren der Straße sei sie ebenso wenig verpflichtet gewesen, wie zur Räumung des Schnees vom Dach der Kirche.
Auch ist sie der Ansicht, dass durch den Schneeabfall und die dadurch am Fahrzeug des Klägers verursachten Schäden eine Wertminderung des klägerischen Fahrzeugs nicht eingetreten sei, da es sich sämtlich nur um oberflächliche Schäden an der Außenhaut gehandelt habe. Zudem habe das Fahrzeug des Klägers auch Vorschäden aufgewiesen.
Im Übrigen ist sie der Auffassung, dass sie sich nicht bereits seit dem 17.08.2010 in Verzug befände. Zum einen seien die in dem Aufforderungsschreiben vom 04.08.2010 geltend gemachten Zahlungsansprüche nicht deckungsgleich mit denen in der nunmehrigen Klage geltend gemachten Ansprüchen. Zum anderen seien die Zahlungsansprüche zu diesem Zeitpunkt im Vorprozess vor dem Landgericht Potsdam bereits anhängig gewesen.
Das Gericht hat den Kläger im Termin vom 26.06.2012 persönlich angehört und nach Maßgabe des Beweisbeschlusses vom 26.06.2012 Beweis erhoben. Hinsichtlich der uneidlich gebliebenen Aussagen der Zeugin S… K… wird auf die Feststellungen in der Sitzungsniederschrift vom 26.06.2012 (Blatt 158 bis 162 der Akte) verwiesen.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Prozessparteien wird im Übrigen auf die unter Angabe der Blattzahl der Akte angeführten Schriftstücke ergänzend Bezug genommen. Zudem wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird zudem auch auf die Sitzungsniederschrift vom 26.06.2012 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz hier nicht zu (§§ 249, 254, 823 und 836 BGB unter Beachtung von §§ 28 und 78 BbgBO und § 1 und § 2 BbgBKG).
Zwar hat der Kläger hier nach Überzeugung des Gerichts aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme – insbesondere der Vernehmung der Zeugin S… K… – den Nachweis dafür erbracht, dass sich am 17.01.2010 gegen 18:30 Uhr vom Dach des ca. 20 Meter hohen Kirchengebäudes St. Katharinen Schnee und Eis gelöst hatten und dann auf seinen vorbeifahrenden Pkw stürzten, wodurch sein Fahrzeug – entsprechend dem Schadensgutachten der DEKRA vom 24.01.2011 und der Rechnung der Firma C. vom 18.01.2010 – beschädigt wurde, so dass ihm entsprechend dem Schadensgutachten und der Berechnung des Kaskoversicherers hinsichtlich der Schadensmehrbelastung durch die Rückstufung im Schadensfall hier auch tatsächlich ein Schaden entstanden ist.
Jedoch kommt eine Haftung der beklagten Kirchengemeinde weder gemäß § 836 BGB noch im Rahmen einer Beweislastumkehr gemäß § 823 BGB hier in Betracht.
Eis- und Schneebrocken bzw. Dachlawinen sind nicht Bestandteil eines Gebäudes im Sinne des § 836 BGB (Reichsgericht, bei Soergel Rspr. 1913, Nr. 8 zu § 836 BGB; Reichsgericht, DR 1942, Seite 1759; BGH, Urteil vom 08.12.1954, VI ZR 289/53, u. a. in: NJW 1955, Seiten 300 f. = VersR 1955, Seite 82 = BB 1955, Seiten 49 f. = DB 1955, Seite 46 = VRS Band 8, Seite 99 = LM Nr. 4 zu § 823 BGB; OLG Jena, Urteil vom 20.12.2006, Az.: 4 U 865/05, u. a. in: OLG-Report 2007, Seiten 173 f.; OLG Düsseldorf, VersR 1961, Seite 911; OLG Hamm, NJW-RR 1987, Seite 412; OLG Stuttgart, MDR 1983, Seite 316; OLG München, VersR 1972, Seite 1176; OLG Karlsruhe, Justiz 1972, Seite 355; OLG München, HRR 1941, Nr. 481; LG Köln, Beschluss vom 29.03.2012, Az.: 13 S 4/12; LG Berlin, Urteil vom 23.02.1966, Az.: 54 S 5/66, u. a. in: VersR 1967, Seite 69; LG Kempten, VersR 1963, Seite 1088; LG Traunstein, VersR 1963, Seite 1088; LG Augsburg, VersR 1952, Seite 183; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.; Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.; Beuermann, Grundeigentum 2010, Seite 146; Strauch, NZM 2012, Seiten 524 ff.).
Aber auch eine für den eingetretenen Schaden am Fahrzeug des Klägers kausale Verkehrssicherungspflichtverletzung der beklagten Kirchengemeinde gemäß § 823 BGB ergibt sich aus dem klägerischen Vortrag nicht; verwirklicht hat sich bedauerlicherweise vielmehr das allgemeine Lebensrisiko, welches der Kläger jedoch selbst tragen muss.
Voraussetzung für eine Haftung der beklagten Kirchengemeinde wäre nämlich stets, dass dem Kläger der Nachweis für die Ursächlichkeit der (unterlassenen) Handlungen der beklagten Kirchengemeinde für den ihm hierdurch entstandenen Schaden auch erbracht hätte. Die Beweislast gemäß § 823 BGB – mithin auch für den Kausalzusammenhang – obliegt nämlich stets dem Geschädigten, mithin hier dem Kläger. Nach ständiger Rechtsprechung muss dementsprechend eine Tatsache (ein Ereignis, eine Handlung bzw. eine Unterlassung) vorliegen, die nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass ein vom Kläger behaupteter Erfolg entfiele. Ein Ereignis, das nach der Äquivalenzlehre aber bereits als Ursache ausscheidet, kann auch nach der Adäquanztheorie keinesfalls Ursache sei. Die Prüfung nach der Äquivalenzlehre muss mithin jeder anderen Prüfung vorausgehen (BGH, BGHZ Band 2, Seite 138; BGH, BGHZ Band 3, Seite 267; BGH, VersR 1970, Seite 926; BayObLG, BayObLGZ 1962, Seite 168). Dieser Beweis ist zwar oftmals schwierig, der Kläger muss aber immer so viel vorbringen, dass nach allgemeiner Erfahrung von der Ursächlichkeit des Handlung der Beklagtenseite für diesen konkreten Schaden auszugehen ist, also eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für die Kausalität besteht. Auf die Feststellung eines typischen Geschehensablaufs kann hierbei nicht verzichtet werden; bloße Vermutungen der Klägerseite genügen dementsprechend nicht.
Eine Verkehrssicherungspflicht trifft grundsätzlich jeden, der Gefahrenquellen schafft, durch die Dritte geschädigt werden könnten. Derjenige, der eine Gefahrenlage gleich welcher Art schafft, ist somit zwar verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Der Umfang dieser rechtlich gebotenen Verkehrssicherung wird aber danach begrenzt, was ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren (BGH, Urteil vom 06.02.2007, Az.: VI ZR 274/05, u. a. in: NJW 2007, Seiten 1683 ff.; LG Köln, Beschluss vom 29.03.2012, Az.: 13 S 4/12). Ein völliger Ausschluss sämtlicher möglicher Gefahrenquellen ist weder möglich noch zu verlangen (BGH, Urteil vom 06.02.2007, Az.: VI ZR 274/05, u. a. in: NJW 2007, Seiten 1683 ff.; LG Köln, Beschluss vom 29.03.2012, Az.: 13 S 4/12), so dass dem Kläger hier gegenüber der beklagten Kirchengemeinde ein Anspruch gemäß § 823 BGB auch nicht zur Seite steht.
Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht hängt jedoch einerseits von den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs ab und andererseits von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für denjenigen, der den Verkehr eröffnet. Für eine Haftung des Gebäudeeigentümers für Schäden, die durch vom Dach seines Gebäudes herabstürzende Schnee- und/oder Eismassen verursacht werden, ist gemäß § 823 BGB insoweit aber zumindest Fahrlässigkeit erforderlich, d. h. hier die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt.
Insofern trifft einen Gebäudeeigentümer nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts (DR 1942, Seite 1759) und ihm nachfolgend des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 08.12.1954, VI ZR 289/53, u. a. in: NJW 1955, Seiten 300 f. = VersR 1955, Seite 82 = BB 1955, Seiten 49 f. = DB 1955, Seite 46 = VRS Band 8, Seite 99 = LM Nr. 4 zu § 823 BGB) sowie der herrschenden Rechtsprechung (vgl. u. a.: OLG Jena, Beschluss vom 28.03.2012, Az.: 4 U 966/11; OLG Hamm, Beschluss vom 07.02.2012, Az.: I-7 U 87/11; OLG Brandenburg, Urteil vom 23.08.2011, Az.: 2 U 55/10, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 96 f.; OLG Jena, Urteil vom 20.12.2006, Az.: 4 U 865/05, u. a. in: WuM 2007, Seiten 138 f.; OLG Hamm, NJW-RR 2003, Seiten 1463 f.; OLG Dresden, Urteil vom 17.07.1996, Az.: 8 U 696/96, u. a. in: DAR 1997, Seiten 492 ff.; OLG Düsseldorf, OLG-Report 1993, Seite 119; OLG Köln, ZfSch 1989, Seite 44; OLG Celle, Urteil vom 28. Oktober 1987, Az.: 9 U 227/86, u. a. in: NJW-RR 1988, Seiten 663 f.; OLG Hamm, Urteil vom 11.11.1986, Az.: 27 U 68/86, u. a. in: NJW-RR 1987, Seite 412; OLG Saarbrücken, VersR 1985, Seite 299; OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.03.1983, Az.: 15 U 280/82, u. a. in: NJW 1983, Seiten 2946 f.; OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.07.1980, Az.: 9 U 291/78; OLG Celle, Urteil vom 19.03.1980, Az.: 9 U 204/79, u. a. in: VersR 1980, Seiten 1028 f.; OLG Stuttgart, VersR 1973, Seiten 324 f.; OLG Karlsruhe, VersR 1956, Seite 542; LG Potsdam, Beschluss vom 06.02.2012, Az.: 7 S 118/11; LG Bückeburg, Urteil vom 07.12.2011, Az.: 1 S 49/11; LG Köln, Beschluss vom 29.03.2012, Az.: 13 S 4/12; LG Bautzen, VersR 1999, Seiten 1254 f.; LG Konstanz, Urteil vom 29.05.1981, Az.: 6 O 323/80; LG Kempten, VersR 1963, 1088; AG Brandenburg an der Havel, Urteil vom 21.10.2011, Az.: 32 C 47/11; AG Halle/Saale, Urteil vom 21.07.2011, Az.: 93 C 4596/10, u. a. in: „juris“; AG Jena, Urteil vom 17.03.2011, Az.: 22 C 630/10, u. a. in: Info M 2011, Seite 192; AG München, Urteil vom 13.03.2009, Az.: 132 C 11208/08; AG Mannheim, BWGZ 1999, Seite 684; AG Säckingen, VersR 1979, Seite 552) und Literatur (Strauch, NZM 2012, Seiten 524 f.; Beuermann, Grundeigentum 2010, Seite 146; Hugger/Stallwanger, DAR 2005, Seiten 665 ff.; Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.; Gaisbauer, DWW 1967, Seite 345) grundsätzlich nicht die Pflicht, Dritte vor Dachlawinen durch spezielle Maßnahmen zu schützen, weil vom Gebäudeeigentümer Sicherheitsmaßregeln in der Regel nur beim Vorliegen „besonderer Umstände“ verlangt werden können. Regelmäßig trifft den Hauseigentümer also nicht die Pflicht, Dritte vor Dachlawinen durch spezielle Maßnahmen zu schützen. Allein die allgemeine Gefahr, dass von einem schneebedeckten Dach Lawinen abgehen können, begründet also keine Pflicht, Vorkehrungen zu treffen.
Bestehen im Einzelfall jedoch besondere Bestimmungen über die Sicherungsmaßnahmen (z.B. in Bauvorschriften), so handelt es sich bei ihnen in der Regel um Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, so dass Schadenersatzforderungen in solchen Fällen auch unter diesem Gesichtspunkt erhoben werden können (Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.; Gaisbauer, DWW 1967, Seite 345).
Zwar müssen insoweit gemäß § 28 Abs. 9 der Brandenburgischen Bauordnung – BbgBO – in der Fassung der Bekanntmachung vom 17.09.2008 (zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 29.11.2010) bzw. gemäß § 28 Abs. 8 BbgBO in der Fassung der Bekanntmachung vom 16.07.2003 (Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Brandenburg, Teil I, Nr. 12 vom 21.07.2003) geneigte Dächer, die an Verkehrsflächen angrenzen, Vorrichtungen zum Schutz gegen das Herabfallen von Schnee und Eis haben und hieß es in § 34 Abs. 10 der Brandenburgischen Bauordnung von 1998 noch, dass Vorrichtungen zum Schutz gegen das Herabfallen von Schnee und Eis verlangt werden können. Soweit der Kläger im vorliegenden Verfahren aber davon ausgeht, dass gemäß § 28 der BbgBO hier auch eine entsprechende Verpflichtung zur Anbringung von Schneefanggittern im Nachhinein normiert ist, welche die beklagte Kirchengemeinde verletzt habe, unterliegt er jedoch einem Rechtsirrtum, da diese Norm keine Verpflichtung zur Nachrüstung für bereits bestehende Gebäude darstellt (OLG Brandenburg, Urteil vom 23.08.2011, Az.: 2 U 55/10, u. a. in: Grundeigentum 2011, Seiten 1366 ff. = NJW-RR 2012, Seiten 96 f.; ObVerwG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.05.2008, Az.: OVG 1 S 191.07; ObVerwG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.05.2011, Az.: OVG 2 S 102.10; OLG Jena, Beschluss vom 28.03.2012, Az.: 4 U 966/11 [für den dortigen § 31 Abs. 8 Thüringer Bauordnung]; OLG Hamm, Beschluss vom 07.02.2012, Az.: I-7 U 87/11 [für den dortigen § 35 Abs. 8 LBauO NRW]; AG Brandenburg, Urteil vom 21.10.2011, Az.: 32 C 47/11). Vielmehr ergibt sich aus der Regelung des § 78 der BbgBO, dass nur unter bestimmten Bedingungen und behördlicher Anordnung eine entsprechende Anpassung unter Bestandsschutz stehender Gebäude möglich und nötig ist. Eine solche Anordnung gegenüber der hier beklagten Kirchengemeinde als Gebäudeeigentümerin ist hier aber unstreitig nicht durch das Bauamt erfolgt. Ohne eine solche behördliche Auflage war die beklagte Kirchengemeinde als Eigentümer der Kirche somit auch nicht zur nachträglichen Anbringung eines Schneefanggitters verpflichtet, da der Bestandsschutz des § 78 BbgBO hier eingreift (OLG Brandenburg, Urteil vom 23.08.2011, Az.: 2 U 55/10, u. a. in: Grundeigentum 2011, Seiten 1366 ff. = NJW-RR 2012, Seiten 96 f.; Beuermann, Grundeigentum 2010, Seite 146), so dass sich eine Pflicht der hier beklagten Kirchengemeinde zur nachträglichen Anbringung von Schneefanggittern auch nicht aus § 28 BbgBO ergibt.
Fehlen somit – wie hier – besonderen baurechtliche Anordnungen und kommt daher die Verletzung eines Schutzgesetzes nicht in Betracht, so ist zu prüfen, ob der Gebäudeeigentümer sich aus einem anderen Rechtsgrund schadenersatzpflichtig gemacht hat, und zwar kommt es darauf an, ob er eine ihm obliegende Pflicht verletzt hat (LG Tübingen, VersR 1967, Seite 669; Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.).
Der § 823 Abs. 1 BGB bestimmt insofern dann eine Ersatzpflicht, wenn vorsätzlich oder fahrlässig fremde Rechtsgüter verletzt werden. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 BGB). Die im Verkehr erforderliche Sorgfalt ist die nach Anschauung der Allgemeinheit erforderliche Sorgfalt; Lebenserfahrung und Gewissenhaftigkeit eines besonnenen Durchschnittsmenschen bilden den Maßstab (LG Augsburg, VersR 1952, Seite 184; Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.). Grundlage dafür, ob jemanden eine Verkehrssicherungspflicht trifft ist der Gedanke des „neminem laede“ (verletze niemand!). Deshalb hat auch der, von dessen Sache eine konkrete Gefahr ausgeht, dafür zu sorgen, dass Dritte keinen Schaden nehmen (AG Wangen, VersR 1979, Seite 923; Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.). Ein Gebäudeeigentümer ist nämlich wie jeder andere Eigentümer einer Sache verpflichtet, die Beschädigung anderer Personen oder Sachen durch sein Eigentum im Interesse der öffentlichen Sicherheit insoweit zu verhüten, als dies die billige Rücksichtnahme auf andere verlangt. Es liegt auch kein unabwendbares Ereignis vor, wenn eine Dachlawine von einem Gebäude niedergeht (AG Schönau, VersR 1953, Seite 264; Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.).
In diesem Zusammenhang ist zwar grundsätzlich zwischen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht und der Verkehrssicherungspflicht im engeren Sinne zu unterscheiden; deren Umfang nicht notwendig der gleiche sein muss (Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.). Im vorliegenden Fall könnte aber allenfalls nur die allgemeine Verkehrssicherungspflicht der beklagten Kirchengemeinde Grundlage einer etwaigen Haftung sein, da eine Verkehrssicherungspflicht im engeren Sinne (wie z. B. auf einem Privatgrundstück) oder gar eine Haftung aus Vertrag (wie z. B. bei einem Mietvertrag) hier unstreitig nicht gegeben sind.
Ausgangspunkt der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht ist aber der Satz, dass derjenige, der durch sein Tun eine allgemeine Gefahrenlage schafft, jedem Dritten gegenüber verpflichtet ist, die zur Abwendung eines Schadens von Personen und Sachen erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Jedermann, der eine eigene oder fremde, eine bewegliche oder unbewegliche Sache derart benützt, dass durch die Benutzung ein Dritter gefährdet werden kann, hat die aus § 823 BGB abgeleitete Verpflichtung, die Gefährdung von dritten Personen tunlichst abzuhalten.
Auch der Eigentümer eines Gebäudes ist (über den Fall des Einsturzes über § 836 BGB hinaus) gemäß § 823 Abs. 1 und § 276 BGB verpflichtet, die Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit anderer und die Beschädigung fremder Sachen durch sein Eigentum insoweit zu verhüten, als dies die billige Rücksichtnahme auf andere und die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verlangen. Diese allgemeine Verkehrssicherungspflicht umfasst auch die Verpflichtung, Gefahren, die im Zusammenwirken mit Naturkräften vom Gebäudeeigentum ausgehen, von Dritten nach Kräften fernzuhalten (OLG Celle, VersR 1980, Seite 1028; LG Landau, Urteil vom 03.06.1982, Az.: 3 O 123/82). Diese Pflicht besteht auch unabhängig von der baurechtlichen Pflichtigkeit (Reichsgericht, JW 1909, Seite 432; Reichsgericht, JW 1931, Seite 344; OLG Köln, VersR 1958, Seite 114; OLG München, VersR 1965, Seite 908; LG Augsburg, DAR 1965, Seite 96; LG Kempten, VersR 1969, Seite 743; AG Wangen, VersR 1979, 923; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.). Das Fehlen baurechtlicher Vorschriften über die Durchführung von Schutzmaßnahmen gegen den Herabsturz von Schnee vom Dach entbindet den Gebäudeeigentümer somit grundsätzlich noch nicht davon, das Erforderliche und Angemessene weiterhin zu tun (Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.), auch wenn das öffentliche Baurecht in dieselbe Richtung zielt (LG Ravensburg, Urteil vom 09.11.1978, Az.: 3 S 138/78; Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.).
Diese allgemeine Verkehrssicherungspflicht gilt auch, wenn die Gefahr besteht, dass die Benutzer einer öffentlichen Straße oder eines öffentlichen Weges durch Dachlawinen von einem unmittelbar an der Straße stehenden Gebäudes – wie hier der St. Katharinenkirche – geschädigt werden, da diese Rechtsgrundsätze auch für Kirchengebäude gelten (vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 1986, Seite 1404 = Justiz 1987, Seite 21 = VersR 1987, Seite 107; LG Memmingen, NJW-RR 1989, Seiten 986 f.; LG Kempten, Urteil vom 10.04.1968, Az.: S 211/66, u. a. in: VersR 1969, Seiten 743 f.).
Nur wenn aber „besondere Umstände“ vorliegen, muss ein Gebäudeeigentümer je nach Notwendigkeit einerseits und Zumutbarkeit andererseits überhaupt Maßnahmen zur Verhinderung von Schneelawinen ergreifen (Reichsgerichts, DR 1942, Seite 1759; BGH, Urteil vom 08.12.1954, VI ZR 289/53, u. a. in: NJW 1955, Seiten 300 f. = VersR 1955, Seite 82 = BB 1955, Seiten 49 f. = DB 1955, Seite 46 = VRS Band 8, Seite 99 = LM Nr. 4 zu § 823 BGB; OLG Jena, Beschluss vom 28.03.2012, Az.: 4 U 966/11; OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.02.2012, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 780 ff.; OLG Hamm, Beschluss vom 07.02.2012, Az.: I-7 U 87/11; OLG Brandenburg, Urteil vom 23.08.2011, Az.: 2 U 55/10, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 96 f.; OLG Jena, Urteil vom 20.12.2006, Az.: 4 U 865/05, u. a. in: WuM 2007, Seiten 138 f.; OLG Hamm, NJW-RR 2003, Seiten 1463 f.; OLG Dresden, Urteil vom 17.07.1996, Az.: 8 U 696/96, u. a. in: DAR 1997, Seiten 492 ff.; OLG Köln, VersR 1988, Seite 1244; OLG Celle, Urteil vom 28. Oktober 1987, Az.: 9 U 227/86, u. a. in: NJW-RR 1988, Seiten 663 f.; OLG Hamm, Urteil vom 11.11.1986, Az.: 27 U 68/86, u. a. in: NJW-RR 1987, Seite 412; OLG Saarbrücken, VersR 1985, Seite 299; OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.03.1983, Az.: 15 U 280/82, u. a. in: NJW 1983, Seiten 2946 f.; OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.07.1980, Az.: 9 U 291/78; OLG Celle, Urteil vom 19.03.1980, Az.: 9 U 204/79, u. a. in: VersR 1980, Seiten 1028 f.; OLG Stuttgart, VersR 1973, Seiten 324 f.; OLG Karlsruhe, VersR 1956, Seite 542; LG Potsdam, Beschluss vom 06.02.2012, Az.: 7 S 118/11; LG Bückeburg, Urteil vom 07.12.2011, Az.: 1 S 49/11; LG Konstanz, Urteil vom 29.05.1981, Az.: 6 O 323/80; LG Kempten, VersR 1963, 1088; AG Brandenburg an der Havel, Urteil vom 21.10.2011, Az.: 32 C 47/11; AG München, Urteil vom 13.03.2009, Az.: 132 C 11208/08; AG Säckingen, VersR 1979, Seite 552; Strauch, NZM 2012, Seiten 524 f.; Beuermann, Grundeigentum 2010, Seite 146; Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.; Gaisbauer, DWW 1967, Seite 345).
Der Grad der vom Gebäudeeigentümer anzuwendenden Sorgfalt bestimmt sich – beim Fehlen baurechtlicher Anordnungen wie hier – somit danach, was der „normale und gesunde Verkehr“ hier vor Ort erfordert, wobei die Anforderungen je nach den örtlichen Gegebenheiten durchaus verschieden sind (BGH, Urteil vom 08.12.1954, VI ZR 289/53, u. a. in: NJW 1955, Seiten 300 f. = VersR 1955, Seite 82 = BB 1955, Seiten 49 f. = DB 1955, Seite 46 = VRS Band 8, Seite 99 = LM Nr. 4 zu § 823 BGB; OLG Brandenburg, Urteil vom 23.08.2011, Az.: 2 U 55/10, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 96 f.; OLG Saarbrücken, VersR 1985, Seite 299; OLG München, NJW 1965, Seite 1085; LG Augsburg, DAR 1965, Seite 96; LG Kempten, VersR 1969, Seite 743; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.).
Die Verpflichtung des Grundstückseigentümers steht zudem auch unter der von der Rechtsprechung (OLG Brandenburg, Urteil vom 23.08.2011, Az.: 2 U 55/10, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 96 f.; OLG Celle, OLGZ 1988, Seiten 204 ff. = NJW-RR 1988, Seiten 663 f.; LG Tübingen, VersR 1967, Seite 669) im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht allgemein gemachten Einschränkung, dass geeignete Maßnahmen auch möglich und zumutbar sind. Deshalb kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an. Art und Umfang der Sicherungspflicht des Gebäudeeigentümers gegen Dachlawinen hängen dementsprechend insbesondere von der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten ab (OLG Brandenburg, Urteil vom 23.08.2011, Az.: 2 U 55/10, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 96 f.; OLG Karlsruhe, VersR 1956, Seite 542; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.). Eine Verpflichtung, Maßnahmen zur Verhinderung von Dachlawinen zu treffen, kann daher nicht unabhängig von den jeweils vor Ort gegebenen Verhältnissen allgemein angenommen werden (OLG Karlsruhe, VersR 1956, Seite 542; LG Konstanz, VersR 1965, Seite 1013; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.).
Als solch „besondere Umstände“ wurden von den Gerichten u. a. angesehen: allgemeine Schneelage des Ortes, allgemeine Beschaffenheit des Gebäudes, allgemein ortsübliche Sicherheitsvorkehrungen, allgemeine örtliche Verkehrsverhältnisse, die konkreten Schneeverhältnisse, die konkrete Witterungslage, die konkreten Informationen der Beteiligten und die konkrete Verkehrseröffnung (BGH, Urteil vom 08.12.1954, VI ZR 289/53, u. a. in: NJW 1955, Seiten 300 f. = VersR 1955, Seite 82 = BB 1955, Seiten 49 f. = DB 1955, Seite 46 = VRS Band 8, Seite 99 = LM Nr. 4 zu § 823 BGB; OLG Jena, Beschluss vom 28.03.2012, Az.: 4 U 966/11; OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.02.2012, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 780 ff.; OLG Brandenburg, Urteil vom 23.08.2011, Az.: 2 U 55/10, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 96 f.; OLG Naumburg, NJW-RR 2011, Seiten 1535 f.; OLG Saarbrücken, VersR 1985, Seite 299; OLG Karlsruhe, NJW 1983, Seite 2946; OLG Stuttgart, MDR 1983, Seite 316; OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.07.1980, Az.: 9 U 291/78; OLG Stuttgart, VersR 1973, Seiten 324 f.; OLG Stuttgart, VersR 1973, Seite 356; OLG München, VersR 1965, Seite 908; OLG Düsseldorf, VersR 1961, Seite 911; OLG Köln, VersR 1958, Seite 114; OLG Karlsruhe, VersR 1956, Seite 542; LG Bückeburg, Urteil vom 07.12.2011, Az.: 1 S 49/11; LG Konstanz, Urteil vom 29.05.1981, Az.: 6 O 323/80; LG Koblenz, VersR 1974, Seite 814; LG Kempten, VersR 1963, Seite 1088; AG Halle/Saale, Urteil vom 21.07.2011, Az.: 93 C 4596/10, u. a. in: „juris“; AG Wangen, VersR 1979, Seite 923). Es sind insbesondere somit die konkreten örtlichen Verhältnisse, die besonderen Witterungsumstände, die Lebhaftigkeit des örtlichen Verkehrs zu oder vor dem Gebäude, die Bauart des betreffenden Gebäudes/Daches und die zumutbare Absicherung durch den Gebäudeeigentümer zu berücksichtigen (Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.).
In einem schneereichen Gebiet sind insofern aber andere Anforderungen zu stellen als in einem schneearmen Bereich (OLG Brandenburg, Urteil vom 23.08.2011, Az.: 2 U 55/10, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 96 f.; Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.; Krebs, VersR 1961, Seite 911). Was in einer Großstadt oder in einem Ort mit starkem Fremdenverkehr als schuldhaft unvorsichtig zu gelten hat, kann in einem anderen Ort noch der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt entsprechen (BGH, Urteil vom 08.12.1954, VI ZR 289/53, u. a. in: NJW 1955, Seiten 300 f. = VersR 1955, Seite 82 = BB 1955, Seiten 49 f. = DB 1955, Seite 46 = VRS Band 8, Seite 99 = LM Nr. 4 zu § 823 BGB; OLG München, NJW 1965, Seite 1085; LG Tübingen, VersR 1967, Seite 669). Teils kann das Vorliegen nur eines solchen „besonderen Umstandes“ ggf. sogar ausreichen, um die Haftpflicht zu begründen; liegen jedoch mehrere Umstände gleichzeitig vor, so ergibt sich in der Regel eine Haftung (Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.).
Örtliche Gegebenheiten und Zumutbarkeit sind daher in weitgehendem Maße die Kriterien, nach denen sich nicht nur die grundsätzliche Verpflichtung zur Vornahme von Schutzmaßnahmen, sondern auch die Art derselben bestimmen (LG Kempten, VersR 1969, Seite 743; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.). Die Pflicht des Gebäudeeigentümers, Maßnahmen gegen Dachlawinen gemäß § 823 BGB (also beim Fehlen einschlägiger gesetzlicher Anordnungen) zu treffen, besteht somit nicht uneingeschränkt (LG Augsburg, DAR 1965, Seite 96; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.).
Die vor Ort jeweils üblichen Schneeverhältnisse geben insofern den Maßstab für die „im Verkehr erforderliche Sorgfalt“ ab. Die allgemeine Schneelage des Ortes, in dem die Dachlawine niederging, kann für die Frage nach Vorsorgemaßnahmen (Präventivmaßnahmen) somit entscheidend sein. In Betracht kommen das Anbringen von Schneefanggittern oder Dachhaken. Dabei sind in schneereichen Gebieten andere Anforderungen zu stellen als in schneearmen (OLG Zweibrücken, Urteil vom 09.07.1999, Az.: 1 U 181/98, u. a. in: OLG-Report 2000, Seiten 7 f.; OLG Saarbrücken, VersR 1985, Seite 299; OLG München, NJW 1965, 1085; OLG Düsseldorf, VersR 1961, 911; LG Berlin, Beschluss vom 29.03.2011, Az.: 49 S 178/10, u. a. in: SVR 2012, Seite 141; Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.). Zu unterscheiden sind schneearme, schneereiche sowie mittlere Lagen.
Zu den schneearmen Gebieten sind von der Rechtsprechung gezählt worden:
– Schleswig-Holstein (LG Kiel, MDR 1969, Seite 140 = VersR 1969, Seite 434),
– Hamburg (LG Hamburg, ZMR 1980, Seite 92),
– das Niederrheingebiet (LG Krefeld, VersR 1981, Seite 544),
– das Mittelrheingebiet (OLG Hamm, Beschluss vom 07.02.2012, Az.: I-7 U 87/11; OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.02.2012, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 780 ff.; OLG Köln, VersR 1980, Seite 878; OLG Düsseldorf, VersR 1961, Seite 911; OLG Köln, VersR 1958, Seite 114; LG Koblenz, VersR 1974, Seite 814; LG Köln, VersR 1972, Seite 58; AG Bonn, VersR 1980, Seite 396),
– das Oberrheingebiet (LG Karlsruhe, Urteil vom 22.01.1999; Az.: 9 S 440/98, u. a. in: BWGZ 1999, Seite 682; LG Baden-Baden, Urteil vom 28.05.1982, Az.: 2 O 90/82; LG Karlsruhe, Justiz 1977, Seite 59; AG Rastatt, Urteil vom 10.05.1982, Az.: 3 C 109/82; AG Kehl, Urteil vom 08.12.1978, Az.: 2 C 216/78; AG Achern, Urteil vom 16.09.1982, Az.: C 131/82),
– der Kraichgau (AG Mosbach, Urteil vom 14.12.1981, Az.: C 516/81),
– die Vorderpfalz (LG Landau, Urteil vom 03.06.1982, Az.: 3 O 123/82),
– der Bodenseeraum (AG Singen, Urteil vom 29.01.1978, Az.: 3 C 269/78),
– Berlin (LG Berlin, Beschluss vom 29.03.2011, Az.: 49 S 178/10, u. a. in: SVR 2012, Seite 141)
und vor allem auch
– das Land Brandenburg (OLG Brandenburg, Urteil vom 23.08.2011, Az.: 2 U 55/10, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 96 f.; LG Potsdam, Beschluss vom 06.02.2012, Az.: 7 S 118/11; AG Brandenburg an der Havel, Urteil vom 21.10.2011, Az.: 32 C 47/11), da das Land Brandenburg im Bundesvergleich als eher schneearmes Gebiet einzuschätzen ist und in durchschnittlichen Wintern somit gerade nicht regelmäßig mit Dachlawinen oder Eiszapfen hier zu rechnen ist (OLG Brandenburg, Urteil vom 23.08.2011, Az.: 2 U 55/10, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 96 f.).
Soweit man darauf verweisen möchte, dass Brandenburg an der Havel aufgrund einer eingetretenen Klimaveränderungen nicht mehr zu den schneeärmeren Regionen Deutschlands zähle, so würde das erkennende Gericht dem auch nicht folgen. An der generellen Schneearmut der Region um die Stadt Brandenburg an der Havel hat sich nämlich nichts dadurch geändert, dass in Deutschland nacheinander zwei Winter folgten (2009/2010 und 2010/2011), die mehr Schneefälle als im Durchschnitt vieler Jahre aufwiesen (OLG Düsseldorf, NJW-RR 2012, Seiten 780 ff.).
In solchen schneearmen Gegenden – wie dem Land Brandenburg – besteht von der regelmäßigen örtlichen Schneelage her aber gerade keine Veranlassung, Gitter oder Haken auf dem Gebäudedach anzubringen. Sind nämlich Schneefälle selten, dann verwandelt sich der niedergegangene Schnee in der Regel in eine weiche oder halbflüssige Masse, die von den Dächern in die Regenrinnen tropft (LG Kiel, MDR 1969, Seite 140 = VersR 1969, Seite 434); wenn nicht aufgrund anderer besonderer Umstände zu erwarten ist, dass sich Schneemassen vom Hausdach lösen und herabfallen können, können die Gebäudeeigentümer – auch im Land Brandenburg – somit auch darauf vertrauen, dass der Schnee auf dem Dach langsam abschmilzt und nicht als Lawine niedergeht (LG Kiel, MDR 1969, Seite 140; LG Hamburg, Urteil vom 15.05.1979, Az.: 1 O 106/78). Solange es sich um einen normalen Winter handelt und nicht aus einem anderen besonderen Umstand heraus Vorsorge zu treffen ist, konnte deshalb hier präventiv von der verklagten Kirchengemeinde auch keine Schutzmaßnahme verlangt werden (Beuermann, Grundeigentum 2010, Seite 146; Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.).
Daher kann auch den Gerichtsentscheidungen, die für andere Verhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland andere Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Gebäudeeigentümers gestellt haben, hier keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden (BGH, Urteil vom 08.12.1954, VI ZR 289/53, u. a. in: NJW 1955, Seiten 300 f. = VersR 1955, Seite 82 = BB 1955, Seiten 49 f. = DB 1955, Seite 46 = VRS Band 8, Seite 99 = LM Nr. 4 zu § 823 BGB; Beuermann, Grundeigentum 2010, Seite 146; Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.). Es ist vielmehr immer den Besonderheiten des Verkehrs im Einzelfall Rechnung zu tragen, da die Gewährleistung der Verkehrssicherheit je nach dem Grad der drohenden Gefahr und der Üblichkeit verschiedene Anforderungen stellt (LG Tübingen, VersR 1967, Seite 669; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.).
Mangels entsprechender Festlegungen in der BbgBO und/oder einer Ortssatzung der Stadt Brandenburg an der Havel ist somit hinsichtlich der Frage der Erforderlichkeit von Schneeschutzvorrichtungen insbesondere auf das Kriterium der Ortsüblichkeit abzustellen (OLG Jena, OLG-Report 2007, Seiten 173 f.; OLG Zweibrücken, OLG-Report 2000, Seite 7; OLG Dresden, OLG-Report 1997, Seite 121; OLG Köln, VersR 1988, Seite 1244; OLG Saarbrücken, VersR 1985, Seite 299; OLG Karlsruhe, NJW 1983, Seite 2946; OLG Stuttgart, MDR 1983, Seite 316). Für das Maß der zur Abwendung von Gefahren für andere erforderlichen Sorgfalt ist nämlich auch von Bedeutung, ob Vorbeugungsmaßnahmen ortsüblich oder deshalb entbehrlich sind, weil jedermann die durch das Herabfallen von Schnee drohenden Gefahren zur Genüge kennt und deshalb diesen durch eigene Vorsicht begegnen kann (LG Konstanz, VersR 1965, Seite 1013). Nicht zuletzt sind daher die örtlichen Gepflogenheiten bestimmend, außer es würde sich um eine eingerissene Nachlässigkeit oder um eine Unsitte handeln (BGH, Urteil vom 08.12.1954, VI ZR 289/53, u. a. in: NJW 1955, Seiten 300 f. = VersR 1955, Seite 82 = BB 1955, Seiten 49 f. = DB 1955, Seite 46 = VRS Band 8, Seite 99 = LM Nr. 4 zu § 823 BGB; OLG Jena, OLG-Report 2007, Seiten 173 f.; OLG Zweibrücken, OLG-Report 2000, Seite 7; OLG Dresden, OLG-Report 1997, Seite 121; OLG Köln, VersR 1988, Seite 1244; OLG Saarbrücken, VersR 1985, Seite 299; OLG Karlsruhe, NJW 1983, Seiten 2946 f.; OLG Stuttgart, MDR 1983, Seite 316; OLG München, VersR 1965, Seite 908; LG Kempten, VersR 1968, Seite 102): Besteht in einem Ort die Übung, Maßnahmen zum Schutze vor Dachlawinen zu treffen, so sind sie auch zu treffen (OLG Karlsruhe, VersR 1956, Seite 542; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.).
Sind dagegen Sicherungsmaßregeln gegen das Abstürzen von Schnee und Eis – wie hier in der Stadt Brandenburg an der Havel – nicht ortsüblich, so können sie von dem Gebäudeeigentümer in der Regel auch nicht gefordert werden und stellt deren Fehlen grundsätzlich auch keinen Pflichtverstoß dar (OLG Jena, Beschluss vom 28.03.2012, Az.: 4 U 966/11; OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.02.2012, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 780 ff.; OLG Naumburg, NJW-RR 2011, Seiten 1535 f.; OLG Jena, NJW-RR 2009, Seite 168; OLG Jena, OLG-Report 2007, Seiten 173 f.; OLG Zweibrücken, OLG-Report 2000, Seite 7; OLG Dresden, OLG-Report 1997, Seite 121; OLG Köln, VersR 1988, Seite 1244; OLG Saarbrücken, VersR 1985, Seite 299; OLG Karlsruhe, NJW 1983, Seiten 2946 f.; OLG Stuttgart, MDR 1983, Seite 316; LG Tübingen, VersR 1967, Seite 669).
Unter Berücksichtigung dessen ist somit hier aber zunächst grundsätzlich davon auszugehen, dass – bei Fehlen besonderer gesetzlicher Vorschriften – die Anbringung eines sich über die ganze Breite der Hausfront erstreckenden Schneefanggitters nicht in jedem Falle, sondern nur unter besonderen Voraussetzungen vom Gebäudeeigentümer verlangt werden kann (BGH, Urteil vom 08.12.1954, VI ZR 289/53, u. a. in: NJW 1955, Seiten 300 f. = VersR 1955, Seite 82 = BB 1955, Seiten 49 f. = DB 1955, Seite 46 = VRS Band 8, Seite 99 = LM Nr. 4 zu § 823 BGB; OLG Jena, Urteil vom 18.06.2008, Az.: 2 U 202/08, u. a. in: NJW-RR 2009, Seiten 168 f.; OLG Jena, Urteil vom 20.12.2006, Az.: 4 U 865/05, u. a. in: OLG-Report 2007, Seiten 173 f.; OLG Zweibrücken, OLG-Report 2000, Seite 7; OLG Dresden, OLG-Report 1997, Seite 121; OLG Köln, VersR 1988, Seite 1244; OLG Saarbrücken, VersR 1985, Seite 299; OLG Karlsruhe, NJW 1983, Seite 2946; OLG Stuttgart, MDR 1983, Seite 316; OLG München, NJW 1965, Seite 1085; OLG Stuttgart, DAR 1964, Seite 214; OLG Düsseldorf, VersR 1961, Seite 911; LG Konstanz, VersR 1965, Seite 1013; LG Kempten, VersR 1969, Seite 743; AG Burgwedel, NHG 1968, Seite 25; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.). Sind Schneefanggitter vor Ort aber nicht üblich, so besteht in der Regel auch keine Haftung für Schäden durch Dachlawinen (OLG Jena, OLG-Report 2007, Seiten 173 f.; OLG Zweibrücken, OLG-Report 2000, Seite 7; OLG Dresden, OLG-Report 1997, Seite 121; OLG Köln, VersR 1988, Seite 1244; OLG Saarbrücken, VersR 1985, Seite 299; OLG Karlsruhe, NJW 1983, Seite 2946; OLG Stuttgart, MDR 1983, Seite 316; OLG München, VersR 1965, Seite 908; OLG Düsseldorf, VersR 1961, Seite 911; LG Kempten, VersR 1963, Seite 1088; LG Traunstein, VersR 1963, Seite 1088; AG Burgwedel, NHG 1968, Seite 25; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.). Insoweit gelangt das Gericht hier aber gerade nicht zu der Überzeugung, dass Schneefanggitter auf den Dächern der in der Nähe des Schadensortes befindlichen Gebäude üblich sind. Im Stadtgebiet der Stadt Brandenburg an der Havel finden sich nämlich vor allem Gebäude älterer Bauart, die nur vereinzelt Schneefanggitter aufweisen, so dass hier auch nicht von einer „Ortsüblichkeit“ hinsichtlich der Anbringung derartiger Schneefanggitter ausgegangen werden kann, die eine entsprechende Pflicht der beklagten Kirchengemeinde hätte generieren können. Soweit die Nichtanbringung von Schneefanggittern durch den Kläger als Verletzung der der Klägerin obliegenden Verkehrssicherungspflichten rügt, ist somit hier festzustellen, dass es in der Stadt Brandenburg an der Havel keinesfalls ortsüblich ist, dass Schneefanggitter an Gebäuden angebracht werden. Dies vor allem wohl auch deshalb, da die Stadt der norddeutschen Tiefebene zuzurechnen und daher auch nicht als besonders schneereich einzustufen ist (AG Brandenburg an der Havel, Urteil vom 21.10.2011, Az.: 32 C 47/11). Insofern kann in der zur Entscheidung anstehenden Konstellation am Fehlen solcher Gitter auch nicht der von der Klägerseite erhobene Vorwurf einer Verkehrssicherungspflichtverletzung anknüpfen.
Bezüglich einer etwaigen Pflicht eines Grundstückseigentümers, an dem Dach seines Gebäudes auch ohne baurechtlicher Vorschrift und auch ohne eine Ortsüblichkeit dessen ungeachtet ein Schneefanggitter anzubringen, um die durch herunterfallende Schneemassen drohenden Gefahren abzuwenden, richtet sich somit nach der ganz konkreten Gefahr, die im von diesem konkreten Gebäude auszugehen pflegt (LG Kiel, MDR 1969, Seite 140 = VersR 1969, Seite 434; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.). Nur wenn somit ganz besondere Umstände vorliegen, die eine weitergehende Sicherung dritter Personen gebieten, müssen – trotz Fehlens baurechtlicher Vorschrift und trotz Fehlens einer diesbezüglicher Üblichkeit vor Ort – dort Schneefanggitter angebracht werden (LG Bautzen, VersR 1999, Seiten 1254 f.; LG Gießen, VersR 1966, Seite 198; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.). Solche besonderen Umstände sind jedoch nicht bloß daraus herzuleiten, dass die Straße und/oder der Gehweg unmittelbar an die Gebäudewand grenzt und der Dachrand ggf. sogar dadurch ein Stück in die Straße bzw. den Gehweg hineinragt (LG Gießen, VersR 1966, Seite 198; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.). Vielmehr gelten als solche besondere Umstände die allgemeine Schneelage des Ortes im Zusammenhang mit der allgemeinen Beschaffenheit des konkreten Gebäudes, die bei derartigen Gebäuden ortsüblichen Sicherheitsvorkehrungen sowie die konkrete Verkehrseröffnung (BGH, Urteil vom 08.12.1954, VI ZR 289/53, u. a. in: NJW 1955, Seiten 300 f. = VersR 1955, Seite 82 = BB 1955, Seiten 49 f. = DB 1955, Seite 46 = VRS Band 8, Seite 99 = LM Nr. 4 zu § 823 BGB; OLG Brandenburg, Urteil vom 23.08.2011, Az.: 2 U 55/10, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 96 f).
Da das Land Brandenburg im Bundesvergleich – wie bereits dargelegt – als eher schneearmes Gebiet gilt (OLG Brandenburg, Urteil vom 23.08.2011, Az.: 2 U 55/10, u. a. in: NJW-RR 2012, Seiten 96 f.), besteht auch in der hiesigen Stadt Brandenburg an der Havel keine Pflicht eines Grundstückseigentümers, an dem Dach seines Gebäudes auch ohne baurechtlicher Vorschrift und ohne Ortsüblichkeit ein Schneefanggitter anzubringen.
Etwas anderes folgt auch nicht allein aus dem von der Klägerseite behaupteten Umstand, dass das Dach der St. Katharinen-Kirche eine Neigung von etwa 45 Grad bis 50 Grad aufweisen soll. Wann die Steilstellung des Daches als besonderer Umstand zu berücksichtigen ist, ist in der Rechtsprechung und Literatur teilweise sehr umstritten (LG Karlsruhe, Urteil vom 22.01.1999; Az.: 9 S 440/98, u. a. in: BWGZ 1999, Seite 682). Dabei kann allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass bei einer Neigung unter 45 Grad nach dem Parallelogramm der Kräfte die Kraft, die den Schnee dachabwärts treiben will, geringer ist als die, welche ihn lotrecht gegen das Dach drückt. Ein Ball rollt auch über ein 20-Grad-Dach ab; es kommt allein auf die Gesamtumstände an (z. B. die Stabilität des Schnees auf dem Dach in dessen Verbindung), die sich sehr schnell ändern können (z. B. infolge von Temperaturschwankungen) und jeglichen Halt des Schnees entziehen können. Insofern wird in der herrschenden Rechtsprechung aber wohl doch davon ausgegangen, dass eine Dachneigung bis 45 Grad in aller Regel noch kein Umstand ist, der allein schon zu Vorsorgemaßnahmen – wie z. B. der Anbringung eines Gitters – Anlass gibt (OLG Düsseldorf, NJW-RR 2012, Seiten 780 ff.; OLG Zweibrücken, OLG-Report 2000, Seiten 7 f.; OLG Karlsruhe, Justiz 1972, Seite 355; LG Berlin, SVR 2012, Seite 141; LG Karlsruhe, Urteil vom 22.01.1999; Az.: 9 S 440/98, u. a. in: BWGZ 1999, Seite 682; LG Baden-Baden, Urteil vom 28.05.1982, Az.: 2 O 90/82; LG Gießen, VersR 1966, Seite 198; LG Konstanz, VersR 1965, Seite 1013; AG Mosbach, Urteil vom 14.12.1981, Az.: C 516/81; AG Stockach, Urteil vom 11.10.1977, Az.: C 85/77).
Andererseits ist aber auch bei einer Dachneigung von 50 Grad und mehr oder einer ungewöhnlichen Dachkonstruktion nicht immer eine Entschädigung zuzubilligen. Wenn nämlich Schneefanggitter für das Dach eines Gebäudes baurechtlich nicht vorgeschrieben und im Hinblick auf die Schneearmut der Region auch nicht ortsüblich sind, stellen auch die durch eine starke Dachneigung von bis zu 53 Grad und das Hineinragen der Dachtraufen in den öffentlichen Verkehrsraum noch keine besonderen baulichen Verhältnisse des Gebäudes dar, die den Gebäudeeigentümer verpflichten würden, ein Schneefanggitter zum Schutz vor Dachlawinen zu installieren (OLG Zweibrücken, Urteil vom 09.07.1999, Az.: 1 U 181/98, u. a. in: OLG-Report 2000, Seiten 7 f.). Nur der Umstand, dass ein Dach eine Neigung von ca. 50 Grad aufweist, reicht somit für sich allein in der Regel noch nicht aus (OLG Düsseldorf, NJW-RR 2012, Seiten 780 ff.; LG Baden-Baden, Urteil vom 28.05.1982, Az.: 2 O 90/82; AG Stockach, Urteil vom 11.10.1977, Az.: C 85/77), d. h. wenn keine weiteren besonderen Umstände sichtbar waren.
Je mehr allerdings weitere Umstände hinzutreten, je geringer ist das Limit, das die herrschende Rechtsprechung an die Dachneigung stellt. Geht die Straße direkt am Gebäude vorbei und wird der Schnee von einem ca. 50 Grad steilen Dach schanzartig auf eine stark befahrene Straße gelenkt und entfällt zudem eine Ausweichmöglichkeit für den fließenden Verkehr und ist diese Gefahrenlage vor Befahren des Straßenstückes im Übrigen auch nicht erkennbar, wäre somit ggf. ein Ersatzanspruch zu befürworten (LG Ravensburg, Urteil vom 09.11.1978, Az.: 3 S 138/78). Hier hat die Klägerseite aber noch nicht einmal den Nachweis erbracht, welche Konkrete Neigung das hier streitbefangene Kirchendach tatsächlich hat – d. h. insbesondere, ob die Neigung des Daches mehr als 45 Grad oder sogar mehr als 50 Grad beträgt -, so dass diese rechtlichen Erwägungen im vorliegenden Fall auch dahingestellt bleiben konnten.
Im Übrigen könnte auch nur in Verbindung mit weiteren Umständen (Dachgauben, glassierte Dachziegel, Schiefereindeckung, große Dachfläche, relativ hohe Traufhöhe, lebhafte Geschäftsstraße, etc. p. p.) das Fehlen eines Schneefanggitters bei einer Dachneigung von ca. 50 Grad und mehr ggf. als Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht angesehen werden (OLG Celle, VersR 1980, Seiten 1028 f.; LG Koblenz, VersR 1974, Seite 892; LG Tübingen, VersR 1967, Seite 669; AG Heidelberg, VersR 1972, Seite 892 = Justiz 1972, Seite 357).
Derartige weitere besondere Umstände erlauben aber selbst dann noch nicht den Schluss auf eine permanente erhöhte Schadensneigung dieses Daches und können deshalb auch keine Pflicht des Gebäudeeigentümers begründen, auf jeden Fall Schneefanggitter zum Schutz vor Dachlawinen zu installieren; zumindest dann nicht, wenn – wie hier – Schneefanggitter gesetzlich weder vorgeschrieben noch im Hinblick auf die Schneearmut der Region ortsüblich sind (OLG Zweibrücken, Urteil vom 09.07.1999, Az.: 1 U 181/98, u. a. in: OLG-Report 2000, Seiten 7 f.; LG Berlin, SVR 2012, Seite 141; LG Mannheim, Urteil vom 21.02.1998, Az.: 1 S 442/97, u. a. in: BWGZ 1999, Seiten 682 f.), so dass die beklagte Kirchengemeinde hier auch deswegen schon nicht aufgrund „besonderer Umstände“ in dem schneearmen Gebiet der Stadt Brandenburg an der Havel verpflichtet war Schneefanggitter auf dem Dach der Kirche anzubringen.
Auch war die beklagte Kirchengemeinde hier nicht verpflichtet andere Maßnahmen, wie etwa das Räumen des Daches oder die Anbringung von Warnschildern beziehungsweise die Absperrung des Straßenraumes vorzunehmen.
Sind allerdings Schneefanggitter – so wie hier – nicht vorgeschrieben, so kann der Gebäudebesitzer ggf. verpflichtet sein, die Verkehrsteilnehmer vor der drohenden Gefahr des Abrutschens von Schnee von seinem Gebäude zu warnen (z.B. kann dies geschehen durch das Anbringen von Hinweisschildern; LG Augsburg, DAR 1965, Seite 96; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.). Eine Pflicht zur Warnung vor Dachlawinen ist aber immer erst dann gegeben, wenn der Gebäudeeigentümer Anhaltspunkte für eine Gefahrenlage haben kann. Hierfür trägt jedoch der Geschädigte die Beweislast (OLG Zweibrücken, OLG-Report 2000, Seiten 7 f.).
Warnschilder und dergleichen brauchen in schneearmen Gebieten – wie dem Land Brandenburg – nämlich grundsätzlich nicht aufgestellt werden. Selten strenge und schneereiche Winter können in grundsätzlich schneearmen Gebieten nämlich nicht zum Maßstab genommen werden (LG Kiel, MDR 1969, Seite 140; LG Hamburg, Urteil vom 15.05.1979, Az.: 1 O 106/78). Tritt also in einer schneearmen Gegend ausnahmsweise einmal mehr Schnee auf und damit die Gefahr von Schneelawinen, so ist es eher den Verkehrsteilnehmern zuzumuten, sich hierauf einzurichten (OLG Düsseldorf, OLG-Report 1993, Seite 119; Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.).
Einem Gebäudeeigentümer kann insoweit also grundsätzlich im Land Brandenburg – und insbesondere in der Stadt Brandenburg an der Havel – in der Regel nicht der Vorwurf gemacht werden, auf die Gefahr von Dachlawinen nicht (ausreichend) hingewiesen zu haben, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor, die ihm bei zumutbarer Beobachtung der Verhältnisse anzeigen, dass mit einem Niedergehen von Schneemassen an der Dachschräge alsbald zu rechnen ist (OLG Düsseldorf, OLG-Report 1993, Seite 119; OLG Karlsruhe, NJW 1983, Seite 2946; LG Karlsruhe, MDR 1998, Seiten 161 f. = NZM 1998, Seiten 154 f.). Eine Warnpflicht in schneearmen Gebieten besteht nämlich nur dort, wo eine konkrete Gefahrenquelle vorliegt, mit welcher der Verkehrsteilnehmer nach den konkret gegebenen Umständen nicht zu rechnen braucht (LG Berlin, VersR 1967, Seite 69). Notwendig ist also eine über das Maß des zu Erwartenden hinausgehende Gefahrenlage (OLG Düsseldorf, VersR 1953, Seite 70; LG Berlin, VersR 1967, Seite 69), z.B. wenn die Schneemassen auf dem Dach erheblich sind und zudem auch mit einem baldigen Abrutschen in stärkerem Maße gerechnet werden muss und deshalb eine über den gewöhnlichen Umfang hinausgehende Verkehrsgefährdung konkret zu besorgen ist (OLG München, VersR 1965, Seite 1037; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.). Allein dass es zuvor heftig geschneit hatte und unmittelbar vor dem Schadenszeitpunkt Tauwetter einsetzte, zeigt aber noch keine im Winter ganz ungewöhnlichen Umstände auf. Hieraus lässt sich zwar eine generell-abstrakte Dauergefahr, nicht aber eine konkret drohende, den üblichen Rahmen verlassende außergewöhnliche Gefahrlage begründen (LG Köln, Beschluss vom 29.03.2012, Az.: 13 S 4/12; AG Halle/Saale, Urteil vom 21.07.2011, Az.: 93 C 4596/10, u. a. in: „juris“). Für das Vorliegen einer solchen besonderen Gefahrenlage trifft im Übrigen den geschädigten Kläger hier die Beweislast (LG Karlsruhe, MDR 1998, Seiten 161 f. = NZM 1998, Seiten 154 f.).
Sind derartige Sicherheitsmaßregeln gegen die durch das Herabstürzen von Schnee drohenden Gefahren im Übrigen vor Ort selbst bei derartigen „besonderen Umständen“ nicht üblich, so können sie von dem einzelnen Gebäudeeigentümer auch nur bei Vorliegen weiterer besonderer Umstände verlangt werden (Reichsgericht, DR 1942, Seite 1759; BGH, Urteil vom 08.12.1954, VI ZR 289/53, u. a. in: NJW 1955, Seiten 300 f. = VersR 1955, Seite 82 = BB 1955, Seiten 49 f. = DB 1955, Seite 46 = VRS Band 8, Seite 99 = LM Nr. 4 zu § 823 BGB; OLG Düsseldorf, OLG-Report 1993, Seite 119; OLG Karlsruhe, NJW 1983, Seite 2946; OLG Düsseldorf, VersR 1961, Seite 911; AG Halle/Saale, Urteil vom 21.07.2011, Az.: 93 C 4596/10, u. a. in: „juris“).
Hat der Gebäudebesitzer erkannt oder hätte er erkennen müssen, dass aus dem auf dem Dach liegenden Schnee eine konkrete baldige Gefahr für dritte Personen droht (z.B. wenn bereits am Tage vor dem Unfall eine Schneelawine von dem Gebäude herabgestürzt ist, oder der Gebäudeeigentümer aus anderen Umständen mit dem Herabstürzen einer solchen Schneelawine von seinem Dach ganz konkret rechnen musste), so kann man zwar von dem Gebäudeeigentümer in der Regel nicht verlangen, dass er den auf dem (hier zudem ca. 20 m hohen) Dache liegenden Schnee beseitigt, wohl aber, dass er wenigstens dritte Personen auf die bestehende Gefahr aufmerksam macht (OLG Karlsruhe, VersR 1956, Seite 542; LG Aschaffenburg, Urteil vom 27.01.1980, Az.: S 179/80; LG Augsburg, VersR 1952, Seite 183). Das bloße Vorhandensein aufgestauten, aber nicht wesentlich überhängenden Schnees oberhalb der Dachrinne gibt aber insofern noch keine Veranlassung der Gefahrabwendung, da ein Gebäudeeigentümer davon ausgehen darf, dass der Schnee allmählich schmilzt und abfließt und nicht etwa in so großer Menge auf einmal herabstürzen wird, dass dadurch der Straßenverkehr ernsthaft geschädigt werden könnte (OLG Düsseldorf, VersR 1961, Seite 911; LG Köln, Beschluss vom 29.03.2012, Az.: 13 S 4/12). Insofern hat die Klägerseite hier aber dafür, dass die beklagte Kirchengemeinde erkannt oder hätte erkennen müssen, dass aus dem auf dem Dach liegenden Schnee eine konkrete baldige Gefahr für andere droht, weder etwas vorgetragen noch den geringsten Beweis hierfür erbracht.
Das Aufstellen von Warnschildern kann somit nur bei unmittelbar drohender Gefahr und nur kurzfristig verlangt werden (Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.). Sind in einem Ort besondere Vorbeugungsmaßnahmen, wie das Aufstellen einer Warntafel bei Eintritt der Schneeschmelze, aber selbst bei derartigen Gefahren nicht üblich, so beruht dies offensichtlich darauf, dass dort jedermann die durch das Herabfallen von Schnee drohenden Gefahren zur Genüge kennt und deshalb durch eigene Vorsicht solchen Gefahren begegnet; solche Erfahrungen und Anschauungen des Verkehrs sind dann aber auch bei Beurteilung der Frage, ob und welche Maßnahmen zur Verhütung eines Schadens erforderlich sind, ebenso mit zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 08.12.1954, VI ZR 289/53, u. a. in: NJW 1955, Seiten 300 f. = VersR 1955, Seite 82 = BB 1955, Seiten 49 f. = DB 1955, Seite 46 = VRS Band 8, Seite 99 = LM Nr. 4 zu § 823 BGB). So ist z. B. für Hamburg die Aufstellung von Hinweistafeln bei außergewöhnlichen Witterungsverhältnissen nicht für erforderlich gehalten worden (AG Hamburg, MDR 1967, Seite 762). Allerdings ist darauf zu verweisen, dass die Anschauungen und Gepflogenheiten des Verkehrs keine Beachtung finden könnten, wenn es sich um eine eingerissene Nachlässigkeit und Unsitte handeln würde.
Bei ungewöhnlich niedrigen Temperaturen, bzw. Tauwetter – so wie hier -, Wetterumschlag und starken Schneefällen kann zwar insofern eine Warnpflicht des Gebäudebesitzers im Land Brandenburg nicht (wie in Hamburg) ausgeschlossen werden (vgl. auch: OLG Köln, VersR 1958, Seite 114; OLG Stuttgart, VersR 1973, Seite 324; LG Landau, Urteil vom 03.06.1982, Az.: 3 O 123/82; AG Darmstadt, DAR 1980, Seite 276; AG Bonn, VersR 1980, Seite 396). Sind insofern aber Fernseh-, Rundfunk- und Presseaufrufe auch dem Geschädigten bekannt gewesen bzw. hätte er sie bei pflichtgemäßem Handeln kennen müssen, so entfällt auch (ohne weitere, hinzukommende „besondere Umstände“) ein Ersatzanspruch (OLG Karlsruhe, Justiz 1972, Seite 355). Zum Schutz vor ohnehin allgemein bekannten generell-abstrakten Gefahren ist eine Warnung nämlich nicht weiterführend und mithin auch nicht geboten (LG Köln, Beschluss vom 29.03.2012, Az.: 13 S 4/12; LG Wuppertal, Schaden-Praxis 2012, Seiten 8 f.; LG Berlin, SVR 2012, Seite 141; LG Passau, NJW-RR 1987, Seiten 1508 f.; AG Halle/Saale, Urteil vom 21.07.2011, Az.: 93 C 4596/10, u. a. in: „juris“).
Der Kläger musste hier aber wegen der Fernseh-, Rundfunk- und Presseberichterstattung und auch durch eigenes Erleben und seine Beobachtungen in der Stadt Brandenburg an der Havel wissen, dass es ein besonders schneereicher Winter war, in dem natürlich Schnee in großer Menge nicht nur auf dem Boden, sondern auch auf den Dächern lag. Angesichts dessen war es für den Kläger aber auch zumutbar, selbst vorsichtig zu sein (LG Berlin, Beschluss vom 29.03.2011, Az.: 49 S 178/10, u. a. in: SVR 2012, Seite 141). Insoweit ist ein solcher Warnhinweis auch nur dann erforderlich, wenn der Dritte die Gefahr selbst nicht erkennen und sie meiden kann.
Diese Überlegung hat darüber hinaus Bedeutung für ein jedenfalls anzunehmendes erhebliches Mitverschulden des Klägers (§ 254 BGB; LG Berlin, Beschluss vom 29.03.2011, Az.: 49 S 178/10, u. a. in: SVR 2012, Seite 141).
Die für den Kläger hier bestehende Gefahr war nämlich für diesen ohne Weiteres erkennbar, da er als Anwohner eine gute Möglichkeit der Kenntnisnahme hatte. Die beklagte Kirchengemeinde hatte in dieser Hinsicht auch keinerlei Wissensvorsprung vor dem Kläger (KG Berlin, Beschluss vom 09.02.2011, Az.: 11 U 17/10, u. a. in: Grundeigentum 2011, Seite 482; LG Bückeburg, Urteil vom 07.12.2011, Sz.: 1 S 49/11; LG Wuppertal, Schaden-Praxis 2012, Seiten 8 f.; LG Berlin, VersR 1967, Seite 69; AG Halle/Saale, Urteil vom 21.07.2011, Az.: 93 C 4596/10, u. a. in: „juris“).
Zudem kann vorliegend nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass eine Verkehrssicherungspflichtverletzung für den Schadenseintritt kausal geworden wäre. Denn es sind keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger ein entsprechendes Warnschild zum Anlass genommen hätte, von einem Vorbeifahren seines Fahrzeugs an der Kirche abzusehen. Diese Annahme ist nicht zuletzt deshalb gerechtfertigt, weil ein derartiges Warnschild auch nur auf eine Gefahr hätte hinweisen können, die dem Kläger angesichts der Schneemassen ohnehin bekannt war. Selbst wenn man also insofern eine kausale Verkehrssicherungspflichtverletzung der beklagten Kirchengemeinde bejahen würde, schiede eine Schadensersatzpflicht aus, da den Kläger an dem Unfallereignis ein überwiegendes Verschulden treffen würde, hinter das ein Verschulden der beklagten Kirchengemeinde vollständig zurückträte (OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11.08.2011, Az.: 2 U 34/11, u. a. in: NJW-RR 2011, Seiten 1535 f.). Kannte der Geschädigte nämlich die konkreten Umstände vor Ort bestens, z. B. weil er – wie hier der Kläger – in der Nachbarschaft der Kirche wohnt, so entfällt auch insofern ein Ersatzanspruch (LG Köln, VersR 1972, Seite 58).
Die Aufstellung von Warnhinweisen kann zudem den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr beeinträchtigen und drängt die Fahrzeuge und Passanten ggf. auf einen Bereich, wo sie einerseits den Fahrverkehr behindern/stören und andererseits hierdurch den Gefahren des Straßenverkehrs ausgesetzt sind. Eine Verpflichtung des Gebäudeeigentümers zur Aufstellung solcher Warnhinweise ist daher nur in beschränktem Umfang und nur dort anzuerkennen, wo die Schneemassen auf dem Dache seines Gebäudes so erheblich sind oder eine so starke Bildung von Eiszapfen vorliegt, dass von ihnen eine besonders akute Absturzgefahr zu befürchten ist (Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.). Auch bergen solche Warnschilder die Gefahr in sich, dass die Eigentümer sich darauf verlassen und unter Umständen den ganzen Winter über das Schild stehenlassen, um sich damit jeder weiteren Verpflichtung zu entziehen. Auch diese Umstände sind mit zu berücksichtigen. Sinnvoll ist das Aufstellen von Warnschildern nämlich nur dann und dort, wo auf eine konkrete Gefahr hingewiesen werden muss; ansonsten würden überall Schilder aufgestellt werden, die in ihrer großen Anzahl jegliche Warnwirkung verlieren und praktisch unbeachtet bleiben würden (LG Konstanz, Urteil vom 29.05.1981, Az.: 6 O 323/80; Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.).
In der Regel kann von einem Gebäudeeigentümer auch nicht verlangt werden, den Schnee etwa täglich vom Dach zu räumen; insbesondere dann nicht, wenn er das Dach bei Schnee und Eis nur unter Lebensgefahr betreten könnte (OLG Jena, Urteil vom 18.06.2008, Az.: 2 U 202/08, u. a. in: NJW-RR 2009, Seiten 168 f.; OLG Düsseldorf, OLG-Report 1993, Seite 131; OLG Celle, NJW-RR 1988, Seite 663; OLG Köln, VersR 1980, Seite 878; LG Köln, Beschluss vom 29.03.2012, Az.: 13 S 4/12; LG Bückeburg, NZV 2012, Seiten 135 f.; LG Hechingen, VersR 1958, Seite 494; Hugger/Stallwanger, DAR 2005, Seiten 665 ff.; Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.). Es würde in Norddeutschland wohl auch eine Überspannung der an den Grundeigentümer zu stellenden Sorgfaltsanforderungen bedeuten, wollte man die stetige Räumung des Schnees vom Dach durch Bedienstete oder durch beauftragte Dachdecker oder die Feuerwehr verlangen (LG Hamburg, ZMR 1968, Seite 115; AG Hamburg, MDR 1967, 762; AG Hamburg, ZMR 1970, Seite 272). Auch und gerade die Räumung des Daches einer Kirche – wie hier – ist wegen der erheblichen Gefahren für die Ausführenden grundsätzlich unzumutbar (LG Kempten, VersR 1969, Seite 743). Im Hinblick auf die bloße und nicht konkrete Möglichkeit, dass der Schnee abrutschen könnte, braucht ein Verkehrssicherungspflichtige insofern das Dach auch nicht vom Schnee zu befreien (LG Hamburg, ZMR 1968, Seite 115). Die hiesige Wetterlage begründete auch noch nicht einen „besonderen Umstand“. Nach den ergiebigen – aber sich noch im Rahmen des Üblichen befindlichen – Schneefällen setzte zwar Tauwetter ein. Daraus lässt sich für die beklagte Kirchengemeinde aber noch keine Pflicht ableiten, an dem besagten Tag das Dach von Schnee und Eis zu befreien, da eine solche Wetterlage im Winter üblich ist (LG Bückeburg, Urteil vom 07.12.2011, Az.: 1 S 49/11).
Eine Pflicht, den Schnee vom Dach des Gebäudes zu beseitigen, könnte den Gebäudeeigentümer somit grundsätzlich nur dann treffen, wenn bereits längere Zeit zuvor ein Abrutschen des Schnees vom Dach aufgrund besonderer Umstände (z.B. allmähliches Abrutschen u. ä.) zu erwarten war (OLG Düsseldorf, VersR 1961, Seite 911; LG Hamburg, ZMR 1968, Seite 115), wobei den Gebäudeeigentümer aber selbst in diesem Falle ein Verschulden nur dann treffen würde, wenn er dies auch hätte voraussehen können (OLG Düsseldorf, VersR 1961, Seite 911; LG Hamburg, ZMR 1968, Seite 115).
Dass die Mitglieder der hier beklagten Kirchengemeinde aber ein Abrutschen des Schnees vom Dach an diesem Abend hätte voraussehen können, hat die Beklagtenseite bestritten und ist durch die Klägerseite hier auch nicht im Ansatz bewiesen worden.
Wo im Übrigen die technischen Voraussetzungen nicht gegeben sind und die Schneeräumung vom Dach mit ungleich größeren Gefahren für den Räumenden verbunden wäre, darf und muss sich die Sorgfalt auf das Aufstellen von Warnschildern beschränken; es kann auch nicht als Naturkatastrophe oder als elementares Ereignis angesehen werden, wenn der gefallene Schnee später ins Rutschen kommt und dadurch Schaden anrichtet (AG Schönau, VersR 1953, Seite 264; Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.).
Im Übrigen ist ein Gebäudeeigentümer in der Regel auch nicht verpflichtet, die von dem Schnee auf dem Dach ausgehende Gefahrenlage auch noch am Abend oder in der Nacht zu überprüfen (Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.).
Auch würde es eine Überspannung der an den Gebäudebesitzer zu stellenden Sorgfaltsanforderungen bedeuten, dass er schon früher mit einem Witterungsumschlag rechnen, die daraus entstehende besondere Gefahr erkennen und deshalb das Dach räumen oder Warntafeln aufstellen lassen müsse; denn mit Witterungsumschlägen (z.B. eine durch Einbruch von Föhn verursachte Schneeschmelze) ist bekanntlich stets zu rechnen. Wollte man – wie hier wohl die Klägerseite – die allgemeine Möglichkeit des überraschenden Eintrittes von Tauwetter genügen lassen, um den Gebäudeeigentümer zu besonderen Maßnahmen zur Vermeidung von Dachlawinengefahr für verpflichtet zu halten, so wäre damit der oben erwähnte Grundsatz, dass nur das Vorliegen einer akuten und konkreten Gefahr zu besonderen Maßnahmen Anlass geben könnte, aber durchbrochen, und es würde schon die Gefahr einer akuten Gefahr für ausreichend erklärt werden (OLG München, VersR 1967, Seite 88; Gaisbauer, VersR 1971, Seiten 199 ff.).
Eine Überspannung der an die Sorgfaltspflichten des Gebäudeeigentümers bei Schnee- und anschließendem Tauwetter zu stellenden Anforderungen bedeutet es auch, wenn man von ihm verlangen würde, das Dach des Gebäudes nicht nur einmal, sondern mehrmals im Laufe des Tages auf Gefahren hin zu überwachen, die etwa von dem darauf liegenden Schnee ausgehen könnten (OLG Düsseldorf, VersR 1961, Seite 911; OLG München, HRR 1941, Nr. 481). Insofern ist es einem Gebäudeeigentümer grundsätzlich auch nicht zuzumuten, die Wetterverhältnisse und örtlichen Verhältnisse ständig so zu beobachten, dass er bei jeder Änderung, die zur Ablösung von Dachlawinen führen kann, stets und immer sofort Vorkehrungen treffen kann (LG Mannheim, Urteil vom 21.01.1998, Az.: 1 S 442/97, u. a. in: BWGZ 1999, Seiten 682 f.).
Anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger behaupteten speziellen Wetterverhältnissen und den Umständen des konkreten Falles. Die Wetterverhältnisse waren zwar bereits Tage vor dem Unfallereignis aufgrund des erhöhten Schneefalles außergewöhnlich, da Schnee in großen Mengen gefallen war und auf den Dächern liegen blieb. Aufgrund wechselnder Temperaturen taute dieser Schnee auch immer wieder an, um anschließend wieder festzufrieren, so dass ggf. eine Gefahr des Abrutschens vom Dach gegeben war. Die ungewöhnliche Wetterlage war auch Gegenstand einer umfangreichen Berichterstattung in den Medien. Die ungewöhnliche Wetterlage allein vermag jedoch eine Pflicht dahingehend, Sorge zu tragen, dass Schnee und Eis vom Dach einer Kirche nicht zu Personen- und/oder Sachschäden für die Teilnehmer am Straßenverkehr führen, nicht zu begründen, da zunächst – bei solchen Ausnahmewitterungslagen – die Pflicht eines Jeden selbst dahingehend besteht, sich darauf einzustellen und darauf zu achten, dass weder er noch sein Eigentum zu Schaden kommen (OLG Jena, Urteil vom 20.12.2006, Az.: 4 U 865/05, u. a. in: OLG-Report 2007, Seiten 173 f. = WuM 2007, Seiten 138 f.; OLG Köln, Urteil vom 13.04.1988, Az.: 27 U 130/87, u. a. in: ZfSch 1989, Seite 44; OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.03.1983, Az.: 15 U 280/82, u. a. in NJW 1983, Seiten 2946 f.; AG Jena, Urteil vom 17.03.2011, Az.: 22 C 630/10, u. a. in: Info M 2011, Seite 192; AG Halle, Urteil vom 25.11.2010, Az.: 93 C 1526/10).
Insofern würde auch – selbst bei unterstellter Verkehrssicherungspflicht der beklagten Kirchengemeinde – das Mitverschulden des Klägers hier derart überwiegen, dass dahinter ein etwaiges Verschulden der beklagten Kirchengemeinde zurücktreten würde. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger trotz Kenntnis der allgemeinen Gefahr seinen Pkw in den Gefahrenbereich gebracht hat (BGH, Urteil vom 25.03.1980, Az.: VI ZR 61/79, u. a. in: BGHZ Band 76, Seiten 397 ff. = NJW 1980, Seiten 1579 f.; OLG Hamm, Beschluss vom 07.02.2012, Az.: I-7 U 87/11). Die mangelnde Voraussicht des Klägers war also auch Mitursache des Schadens geworden (BGH, Urteil vom 25.03.1980, Az.: VI ZR 61/79, u. a. in: BGHZ Band 76, Seiten 397 ff. = NJW 1980, Seiten 1579 f.).
Soll also eine Pflicht zur Abwendung von Dachlawinen durch den Gebäudeeigentümer begründet werden, müssen vielmehr weitere „besondere Umstände“, über einen besonders nachhaltigen Schneefall oder eine spezielle Wetterlage hinaus vorliegen, die eine Gefährdung Dritter nahelegen (LG Bielefeld, Urteil vom 11.03.2011, Az.: 8 O 310/10; AG Mannheim, Urteil vom 30.07.1997, Az.: 17 C 1363/97).
Insofern wäre hier eine generell erhöhte Gefahrenlage (etwa wegen der örtlichen Lage der Kirche an einer Straße mit starkem Verkehrsaufkommen) nötig gewesen. Denn gerade in einem starken Durchgangsverkehr läge ein besonderes Gefahrenpotential dahingehend, dass Verkehrsteilnehmer mit großer Sicherheit durch herab fallende Schneemassen geschädigt werden. Die Straße „Kirchgasse“ in Brandenburg an der Havel führt zwar insofern direkt an der Kirche vorbei, es handelt sich aber insoweit zum einen um einen verkehrsberuhigten Bereich und zum anderen um eine gerade in diesem Bereich endende Sackgasse, die (insbesondere nach 18:00 Uhr) nicht mehr dem steten Fahrzeugverkehr dient. Ein fließender Verkehr, der es den Verkehrsteilnehmern unmöglich macht auf äußere Gegebenheiten wie Schneelawinen zu achten, ist also in dieser Straße gerade nicht typisch. Für die Fußgänger existiert zudem ein gesonderter Fußweg, der der Kirche gegenüber liegt und damit gerade nicht im Gefahrenbereich möglicher Schneelawinen vom streitgegenständlichen Teil des Kirchendaches liegt.
Dritte sind aber im Rahmen von Verkehrssicherungspflichten grundsätzlich nur vor den Gefahren zu schützen, die sie selbst ausgehend von der sich ihnen konkret darbietenden Situation bei Anwendung der von ihnen in dieser Situation zu erwartenden Sorgfalt erwartungsgemäß nicht oder nicht rechtzeitig erkennen und vermeiden können.
Selbst wenn eine entsprechende Gefahrenlage mit der Verpflichtung zur Abwendung einer solchen Gefahr hier angenommen werden würde, hätte die diesbezügliche Pflicht zur Gefahrenabwehr jedoch nicht der Beklagten oblegen, sondern vielmehr der Stadt Brandenburg an der Havel. Diese ist nämlich gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Ziff. 1 BbgBKG (Brand- und Katastrophenschutzgesetz) verpflichtet, in Gefahrensituationen in ihrem Stadtgebiet die erforderlichen Maßnahmen zu deren Beseitigung zu ergreifen.
Die Verpflichtung zur Entfernung von Schnee und Eisüberständen auf Dächern steht darüber hinaus unter der von der Rechtsprechung im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht allgemein gemachten Einschränkung, dass geeignete Maßnahmen möglich und zumutbar sein müssen (OLG Brandenburg, Urteil vom 23.08.2011, Az.: 2 U 55/10; OLG Celle, Urteil vom 28.10.1987, Az.: 9 U 227/86). Daher sind – wie bereits dargelegt – die Umstände des Einzelfalles entscheidend. So gelten dann aber für Eigentümer von Einfamilienhäusern – für die eine Entfernung von Schneelasten oder Eiszapfen gegebenenfalls vom Erdboden unter Zuhilfenahme eines Stockes oder einer Leiter möglich ist – andere Maßstäbe, als für die Eigentümer mehrstöckiger, unter Umständen sehr hoher Miets- und Geschäftshäuser. Die St. Katharinen-Kirche verfügt über große und hoch gelegene Dachflächen, die teilweise an den Verkehrsraum grenzen. Insbesondere an der Teildachfläche, von der hier die Schneelawine abging, welche dann den klägerischen Pkw beschädigte, liegt die Dachkante in einer Höhe von ca. 20 Metern. Unter diesen Umständen aber war es den Mitgliedern der beklagten Kirchengemeinde hier auch nicht möglich ohne besondere Maßnahmen die von dem Schnee auf der Dachfläche ausgehenden Gefahren zu beseitigen.
Die entsprechende Verkehrssicherungspflicht oblag daher nach den vorgenannten Maßstäben hier nicht der beklagten Kirchengemeinde, sondern vielmehr der Stadt Brandenburg an der Havel, die sich zur Erfüllung dieser Pflichten grundsätzlich ihrer Berufsfeuerwehr hätte bedienen können (OLG Brandenburg, Urteil vom 28.08.2011, Az.: 2 U 55/10). Insofern beseitigen in Städten wie der Stadt Brandenburg an der Havel zwar in der Regel die Feuerwehr Schneeüberhänge von den Dächern; bei plötzlichem Tauwetter würden diese allerdings im Dauereinsatz sein, so dass ein Anruf dann auch nichts mehr helfen würde (Birk, NJW 1983, Seiten 2911 ff.; Kürzel, ZMR 1968, Seite 99). Dies wurde hier im Übrigen sogar durch die Zeugin Stephanie Krause in ihrer Aussage bestätigt. Sie sagte nämlich aus, dass sie nach dem Unfall die Polizei mit ihrem Handy telefonisch anrief und die Polizeibeamten ihr dann am Telefon sagten, dass sie nicht kommen würden. Ähnliche Dauereinsatz-Verhältnisse haben dann aber wohl erst recht bei der Feuerwehr an diesem Abend geherrscht, so dass hier auch der Feuerwehr der Stadt Brandenburg an der Havel kein Verschulden anzulasten wäre.
Aus diesen Gründen ist die hiesige Klage aber bereits dem Grunde nach als unbegründet abzuweisen, so dass Ausführungen der Prozessparteien zur Schadenshöhe (insbesondere zur Wertminderung) hier nunmehr auch dahingestellt bleiben können.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits stützt sich auf § 91 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.