Das Landgericht Berlin hat seinen Hauptsitz in Berlin-Mitte, Littenstraße 12–17. Allerdings gehören zu diesem Gericht drei Baukomplexe im gesamten Stadtgebiet, ein weiterer im Stadtbezirk Charlottenburg-Willmersdorf und einer in Moabit. Am Landgericht sind über 900 Mitarbeitende beschäftigt, womit es das größte deutsche Landgericht und das insgesamt zweitgrößte Gericht in Deutschland ist. Platz 1 hält das Amtsgericht München. Im Berliner Landgerichtsbezirk sind über 13.000 Rechtsanwälte zugelassen.
Übersicht:
Einordnung des Landgerichts Berlin
Das Kammergericht Berlin ist dem Landgericht als Oberlandesgericht übergeordnet. Die nächsthöhere Instanz ist der Bundesgerichtshof. Nachgeordnet sind diese Berliner Amtsgerichte:
- Charlottenburg
- Köpenick
- Kreuzberg
- Lichtenberg
- Mitte
- Neukölln
- Pankow
- Schöneberg
- Spandau
- Tiergarten
- Wedding
Geschichte des Landgerichts Berlin
Im Jahr 1879 trat im Deutschen Reich das Gerichtsverfassungsgesetz in Kraft. In Berlin wurden damals zwei Landgerichte geschaffen: Das Landgericht I war für den Stadtkreis zuständig, das Landgericht II verhandelte Fälle aus dem Berliner Umland. Im Jahr 1899 kam ein drittes Landgericht hinzu. Ab sofort waren das Landgericht II für das südliche und das Landgericht III für das übrige Umland zuständig. Ab 1920 erhielten sie noch größere Zuständigkeiten, nachdem verschiedene Gemeinden nach Groß-Berlin eingegliedert worden waren. Die Stadt Berlin erhielt damals in etwa die Fläche, die sie heute noch hat. Am heutigen Sitz in Charlottenburg, Tegeler Weg 17–21, hatte damals das Landgericht III seinen Sitz. Nach der Teilung von Berlin in einen Ost- und drei Westsektoren ab 1945 war es für die Westsektoren zuständig, während in der heutigen Littenstraße (damals: Neue Friedrichstraße) das Oberste Gericht der DDR und die DDR-Generalstaatsanwaltschaft untergebracht wurden. Die Zusammenlegung der vormals drei selbstständigen Landgerichte I, II und III war schon 1933 erfolgt.
Gerichtsgebäudekomplexe des Landgerichts Berlin
Das Gerichtsgebäude am Tegeler Weg 17–21 ist denkmalgeschützt, es wurde 1901–1906 errichtet. Hier haben die meisten erstinstanzlichen Zivilkammern ihren Sitz. Das Gebäude lehnt sich architektonisch an ein romanisches Kaiserpalais an. Die verantwortlichen Architekten waren damals Hermann Dernburg, Ernst Heinrich Petersen, Rudolf Mönnich und Paul Thoemer. In den Gebäuden in Mitte und Moabit haben weitere Zivilkammern sowie Berufungs- und Beschwerdekammern, Wettbewerbskammern, Verkehrskammern, Strafkammern und Kammern für Handelssachen ihren Sitz.
Internationale Kammern am Landgericht Berlin
Am Berliner Landgericht haben die Internationale Kammer für Handels- und Wettbewerbssachen sowie die Internationale Zivilkammer für allgemeine Zivilsachen und Baustreitigkeiten ihren Sitz.
Wichtige Fälle der jüngeren Zeit am Landgericht Berlin
Das Landgericht Berlin hat in jüngerer Zeit einige wichtige Fälle verhandelt, die auch bundesweite Aufmerksamkeit erzeugten.
Oben ohne am Wasserspielplatz: Verbot ist nicht diskriminierend
Eine Mutter hatte vor dem LG Berlin geklagt, weil sie sich durch das Oben-ohne-Verbot für Frauen auf öffentlichen Plätzen diskriminiert fühlte. Das Gericht wies ihre Entschädigungsklage ab (Az.: 26 O 80/22). Die 38-jährige Frau hatte vom Land Berlin 10.000 Euro Entschädigung verlangt. Im Sommer 2021 hatte sie sich auf einem Berliner Wasserspielplatz mit unbekleidetem Oberkörper aufgehalten und war nach Beschwerden von anderen Besuchern zunächst von Sicherheitskräften, später von Polizeibeamten aufgefordert worden, wahlweise ihre Brust zu verhüllen oder den Spielplatz zu verlassen. Dies empfand die Mutter als diskriminierend. Ihre Anwältin argumentierte, dass die weibliche Brust nicht sexualisiert werden dürfe, und stützte die Klage auf das Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz, das bislang unter den deutschen Bundesländern einmalig ist und einen weitreichenden Schutz vor Diskriminierung bieten soll. Dennoch wies das LG Berlin die Klage ab.
Betrugsfälle mit Corona-Teststationen
Als Pavillon oder in Ladengeschäften waren ab 2020 massenhaft private Corona-Teststationen entstanden, die auch Betrüger anzogen. Die Strafkammer des Landgerichts Berlin verhandelt aktuell (September 2022) einen Betrugsfall gegen ein Geschwisterpaar, das in mutmaßlich 18 Teststationen innerhalb von 10 Monaten von der Kassenärztlichen Vereinigung 12 Millionen Euro ergaunerte. Die bei der KV Berlin abgerechneten Tests waren nicht oder nicht im abgerechneten Umfang erbracht worden. Das Paar hatte laut Anklage 6,6 Millionen Euro von der Beute auf ein türkisches Konto weitergeleitet. Die Berliner Staatsanwaltschaft konnte konkret 67 Fälle nachweisen und geht damit von Betrug in besonders schwerem Fall aus. Für den Hauptangeklagten wurde Untersuchungshaft angeordnet. Sein Anwalt wirft umgekehrt dem Staat Versagen bei der Überwachung der Testzentren vor und bestreitet den Betrug. Der Fall wird bundesweit aufmerksam verfolgt, weil solche Betrügereien auch aus anderen Bundesländern gemeldet werden, so in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. In Bochum wurde zuletzt gegen einen Betrüger eine Haftstrafe von sechs Jahren verhängt, die Betrugssumme lag in diesem Fall bei 24,5 Millionen Euro. In Freiburg verurteilte das Amtsgericht einen Mann wegen einer Schadensumme von 5,7 Millionen Euro zu einer Bewährungsstrafe. In Berlin hatte es Mitte 2021 nach Angaben des Senats 1.656 gewerbliche Teststellen gegeben, sodass der Verdacht besteht, es könne noch deutlich mehr Betrugsfälle gegeben haben. Der Senat schätzt die Schadenssumme auf mindestens 24 Millionen Euro. Der Prozess läuft noch bis zum 24. Oktober 2022.
Lebenslange Freiheitsstrafe für Tötungsdelikt
Das Landgericht Berlin verurteilte nach einer gescheiterten Berufung vor dem BGH zum zweiten Mal einen Rocker der Hells Angels zu lebenslanger Haft, der an einem Tötungsdelikt in einem Wettbüro beteiligt war (LG Berlin, Urteil vom 10.08.2022, Az.: 530 Ks 5/22). Das Urteil entsprach dem Antrag der Berliner Staatsanwaltschaft. Der BGH hatte im Berufungsverfahren Klärungsbedarf durch das LG Berlin festgestellt: Dessen Richter hätten im ersten Verfahren nicht ausreichend erläutert, weshalb sie dem Verurteilten wegen seiner Aussagen im Ermittlungsverfahren nicht nach § 46b Absatz 1 Nummer 1 StGB eine Strafrahmenverschiebung gewährt hatten. Wer als Beteiligter zur Aufklärung schwerer Delikte beiträgt, kann auf ein milderes Urteil hoffen. Der Rocker hatte sich zwar in einigen Punkten zum Fall geäußert, aber nach Auffassung der Berliner Richter nur unzureichend. Der BGH verlangte Klärung, ob der Verurteilte unter Umständen Racheakte durch die Hells Angels zu befürchten hatte. Dies hatte er selbst vorgetragen. Das Berliner Landgericht glaubte daran allerdings nicht, denn die Richter konnten weder während der Vernehmungen noch im Prozess selbst ein feindseliges Verhalten der Rockerbande gegen den Verurteilten feststellen. Daher bestätigten sie nun ihr früheres Urteil aus dem Jahr 2019.
Webseite: https://www.berlin.de/gerichte/landgericht/
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