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Schadensersatz und Schmerzensgeld aus Covid-Impfmittelhaftung

Corona-Impfstoff: Gericht weist Schadenersatzklage ab

Die Entwicklung und Zulassung neuer Medikamente und Impfstoffe ist stets ein komplexer und sorgfältig überwachter Prozess. Dabei steht das Wohlergehen der Patienten und Impfempfänger an oberster Stelle. Behörden wie die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) prüfen eingehend, ob ein Produkt ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis aufweist, bevor eine Zulassung erteilt wird. Dennoch kann es in Einzelfällen zu unerwarteten Nebenwirkungen kommen, deren rechtliche Folgen in Gerichtsverfahren geklärt werden müssen. Ein aktuelles Urteil behandelt die Frage, ob Geschädigte Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Impfschäden durch Covid-19-Impfstoffe geltend machen können.

[Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 16 O 33/23 >>>]

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Die Klage auf Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen nach einer Covid-19-Impfung wurde abgewiesen.
  2. Der von der Beklagten hergestellte Impfstoff wies nach Feststellung der zuständigen Behörden ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis auf.
  3. Gesetzliche Haftungsansprüche nach § 84 AMG oder § 823 BGB waren nicht gegeben, da ein Produktfehler bzw. eine fehlerhafte Zulassung nicht festgestellt werden konnten.
  4. Die vom Kläger behaupteten gesundheitlichen Schäden waren nicht nachweislich auf die Impfung mit dem Impfstoff der Beklagten zurückzuführen.
  5. Es fehlte daher am erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen der Impfung und den geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigungen.
  6. Ansprüche aus § 826 BGB wegen einer unterstellten sittenwidrigen Aufklärung durch die Beklagte bestanden ebenfalls nicht.
  7. Die Feststellungsklage, dass die Beklagte für künftige impfbedingte Schäden einzustehen habe, war daher ebenfalls unbegründet.

➜ Der Fall im Detail


Schadensersatz und Schmerzensgeld aus Covid-Impfmittelhaftung

Soldat erhält Impfung, Deutschlandfahne am Ärmel.
(Symbolfoto: Aleksandar Malivuk /Shutterstock.com)

Der Kläger nimmt die Beklagte, ein Biotechnologieunternehmen, auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch, nachdem er im Januar 2022 eine Impfung mit dem Impfstoff C. der Beklagten erhalten hatte. Der Kläger behauptet, dass die Impfung zur Entwicklung eines chronischen Fatigue-Syndroms, einer bodyplethysmographisch isolierten Diffusionsstörung sowie eines Post-Vac-Syndroms geführt hat.

Die Impfung und die Zulassung des Impfstoffs

Der Impfstoff C. der Beklagten wurde im Dezember 2020 von der Europäischen Kommission nach vorheriger Bewertung durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) für die Vermarktung in den EU-Mitgliedsstaaten zugelassen. Die EMA kam zu dem Ergebnis, dass der streitgegenständliche Impfstoff ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis aufweise, also der Nutzen die Risiken überwiege. Im September 2022 empfahl die EMA der Europäischen Kommission, die bedingte Zulassung in eine Standardzulassung umzuwandeln, was sodann mit Durchführungsbeschluss der Europäischen Kommission vom 10.10.2022 umgesetzt wurde.

Die Klage und die Entscheidung des Gerichts

Der Kläger behauptet, dass die Produktinformation der Beklagten nicht dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprochen habe und dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens um die Gefährlichkeit des Impfstoffs gewusst habe und daher verpflichtet gewesen sei, den Impfstoff zu kennzeichnen und auf die Gefahren hinzuweisen. Die Kammer hat die Klage jedoch abgewiesen, da sie den Ausführungen der EMA und der Europäischen Kommission folgt, wonach der Impfstoff C. ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis aufweise. Die Kammer hat keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür gefunden, dass die europäischen Behörden bei ihren fortlaufenden Prüfungen Tatsachen unbeachtet gelassen hätten, die bei ihrer Beachtung zu einem abweichenden Ergebnis geführt hätten.

Die Rechtsprechung

Das Gericht hat keine Zweifel an den Feststellungen der europäischen Behörden, die von einem fortwährenden positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis des Impfstoffs C. ausgehen. Es hat auch keine substantiierten Einwendungen des Klägers gegen die behördlichen Feststellungen gefunden, die geeignet gewesen wären, die Ergebnisse der behördlichen Prüfungen ernstlich in Zweifel zu ziehen und den Nachweis zu führen, dass die getroffenen Feststellungen nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechen.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was sind die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Schadensersatz und Schmerzensgeld?

Um Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen eines behaupteten Impfschadens geltend zu machen, müssen nach deutschem Recht mehrere Voraussetzungen erfüllt sein.

Zunächst muss ein Schaden vorliegen, der sich in einem Vermögensschaden (z.B. Behandlungskosten, Verdienstausfall) und/oder einem immateriellen Schaden (z.B. Schmerzen, Leiden) manifestiert.

Weiterhin muss dieser Schaden kausal auf die Impfung zurückzuführen sein. Es genügt nicht, dass der Schaden nach der Impfung auftrat. Vielmehr ist der Nachweis erforderlich, dass die Impfung ursächlich für den Schaden war. Dafür sind meist medizinische Gutachten nötig.

Ferner muss ein Verschulden des Herstellers vorliegen. Bei Impfstoffen greift zwar die verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung nach § 84 AMG. Jedoch hat der Gesetzgeber die Haftung der Hersteller für Covid-19-Impfstoffe beschränkt. Sie haften nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Der Kläger trägt dafür die Beweislast.

Schließlich darf kein Haftungsausschluss eingreifen. Die Haftung ist ausgeschlossen, wenn der Impfschaden nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft nicht vermeidbar war oder der Nutzen der Impfung die Risiken überwiegt. Auch hier obliegt dem Kläger die Beweislast.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann der Geschädigte Schadensersatz für materielle Schäden (z.B. Heilbehandlungskosten, Verdienstausfall) und ein angemessenes Schmerzensgeld für immaterielle Beeinträchtigungen verlangen. Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von Art und Schwere der Verletzungen.

Wie wird das Nutzen-Risiko-Verhältnis eines Impfstoffes bestimmt?

Das Nutzen-Risiko-Verhältnis eines Impfstoffs wird durch eine sorgfältige Abwägung aller verfügbaren Daten zu Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität des Impfstoffs bestimmt. Dabei müssen die möglichen Risiken bei Weitem von dem zu erwartenden Nutzen überwogen werden. Diese Nutzen-Risiko-Bewertung ist von zentraler Bedeutung für die Entscheidung über eine Zulassung.

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) und nationale Zulassungsbehörden wie das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in Deutschland führen diese Bewertung im Rahmen des Zulassungsverfahrens durch. Dabei werden alle vom Hersteller eingereichten Daten aus den Bereichen Qualität, präklinische und klinische Studien einer eingehenden Prüfung unterzogen.

Insbesondere muss in klinischen Studien am Menschen nachgewiesen werden, dass der Impfstoff wirksam vor der Erkrankung schützt und dabei ein akzeptables Sicherheitsprofil aufweist. Unerwartete Nebenwirkungen, die in den Studien auftreten, müssen sorgfältig untersucht und bewertet werden.

Auch nach der Zulassung wird das Nutzen-Risiko-Verhältnis kontinuierlich überwacht. Die Hersteller müssen weitere Daten aus Anwendungsstudien vorlegen und regelmäßig aktualisierte Sicherheitsberichte bei der EMA einreichen. Zudem werden alle Verdachtsmeldungen zu Nebenwirkungen zentral erfasst und analysiert.

Nur wenn die Abwägung aller Aspekte zweifelsfrei ergibt, dass der Nutzen die potenziellen Risiken deutlich überwiegt, darf eine Zulassung erfolgen bzw. aufrechterhalten werden. Bei den Covid-19-Impfstoffen von BioNTech/Pfizer und Moderna führten die vorgelegten Daten und die fortlaufende Überwachung dazu, dass die EMA eine Umwandlung der bedingten in eine Standardzulassung empfahl.

Wie kann ein Betroffener seinen Schaden in einer Impfhaftungsklage nachweisen?

Um in einer Impfhaftungsklage erfolgreich zu sein, muss der Betroffene mehrere Beweishürden überwinden. Die zentrale Herausforderung besteht darin, einen kausalen Zusammenhang zwischen der Impfung und dem eingetretenen Gesundheitsschaden nachzuweisen.

Dafür sind in erster Linie medizinische Beweise erforderlich. Arztbriefe, Klinikunterlagen und Laborbefunde müssen den zeitlichen Zusammenhang zwischen Impfung und Schaden sowie Art und Schwere der Beeinträchtigungen dokumentieren. Ideal wäre der Nachweis sogenannter Biomarker, also organisch messbarer Merkmale, die spezifisch auf eine impfbedingte Erkrankung hindeuten. Solche Biomarker werden derzeit für die seltenen schweren Nebenwirkungen der Covid-19-Impfstoffe erforscht, sind aber noch nicht routinemäßig verfügbar.

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Weiterhin sollte der Kläger durch medizinische Gutachten belegen, dass die Impfung nach aktuellem wissenschaftlichen Erkenntnisstand die wahrscheinlichste Ursache für den Schaden ist. Dabei müssen andere mögliche Ursachen wie Vorerkrankungen oder Lebensumstände ausgeschlossen werden. Je seltener die behauptete Impfkomplikation ist, desto schwieriger ist dieser Nachweis.

Zusätzlich kann der Betroffene versuchen, einen Produktionsfehler oder eine Fehlverabreichung des Impfstoffs zu beweisen. Dafür wären Zeugenaussagen des Impfpersonals oder Beweise für Qualitätsmängel der verwendeten Charge hilfreich. In der Praxis dürfte dies aber oft schwierig sein.

Letztlich muss der Kläger auch den Schaden beziffern können, etwa anhand von Rechnungen, Verdienstausfällen oder Schmerzensgeldtabellen. Die bloße Behauptung eines Schadens genügt nicht.

Insgesamt sind die Beweisanforderungen hoch und der Nachweis eines kausalen Impfschadens gelingt nur selten. Viele Betroffene scheitern mangels ausreichender medizinischer Beweise oder weil andere Ursachen nicht sicher ausgeschlossen werden können. Dennoch sollten Geschädigte alle verfügbaren Indizien sammeln und fachkundigen Rechtsrat einholen, um ihre Erfolgsaussichten zu prüfen.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG): Regelt die Haftung für Schäden durch fehlerhafte Produkte. Im konkreten Fall könnte dies relevant sein, wenn der Kläger argumentiert, dass der Impfstoff fehlerhaft war und deshalb gesundheitliche Schäden verursacht hat.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 823: Dieser Paragraph behandelt die Schadensersatzpflicht bei der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit. Der Kläger könnte sich auf diese Vorschrift berufen, um Schadenersatz oder Schmerzensgeld für die gesundheitlichen Schäden, die er durch die Impfung erlitten hat, zu fordern.
  • Arzneimittelgesetz (AMG): Setzt Rahmenbedingungen für die Zulassung und Überwachung von Arzneimitteln in Deutschland. Die Zulassung und fortlaufende Bewertung des Impfstoffs durch die EMA und die Umwandlung der Zulassung könnten hier relevant sein.
  • Verordnung (EU) Nr. 726/2004: Regelt das Verfahren zur Zulassung und Überwachung von Arzneimitteln für den menschlichen und tierischen Gebrauch. Die Rolle der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) bei der Beurteilung des Impfstoffs fällt in den Anwendungsbereich dieser Verordnung.
  • Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG): Könnte in Betracht gezogen werden, falls es Diskriminierungsvorwürfe gibt, z.B. wenn angenommen wird, dass der Kläger wegen seines Status als Soldat anders behandelt wurde.
  • Grundgesetz (GG) Artikel 2 (2): Schützt die körperliche Unversehrtheit. Dies könnte thematisiert werden, wenn argumentiert wird, dass die Impfung und ihre Nebenwirkungen dieses Grundrecht verletzt haben.


Das vorliegende Urteil

LG Saarbrücken – Az.: 16 O 33/23 – Urteil vom 21.12.2023

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 160.000,00 € festgesetzt, wobei die Klageanträge zu 1) und 2) jeweils mit 80.000,00 € bewertet werden.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Arzneimittelhaftung auf Zahlung von Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld in Anspruch und begehrt darüber hinaus die Feststellung der künftigen Einstandspflicht der Beklagten.

Der Kläger, geboren am … 1994, ist Soldat bei der Bundeswehr, übt diesen Job derzeit aber nicht aus. Die Beklagte ist ein Biotechnologieunternehmen mit Sitz in M..

Am 20.05.2021 erhielt der Kläger seine erste Schutzimpfung gegen das Virus SARS-CoV-2 (im Folgenden: Coronavirus). Verimpft wurde ein Impfstoff des Herstellers J. & J., dessen Verimpfung als zweifache Schutzimpfung gegen das Coronavirus galt. Die Impfung verlief komplikationslos.

Am 08.01.2022 erfolgte die technisch gesehen zweite, von der Wirkweise gezählt dritte Impfung des Klägers, diesmal mit dem Impfstoff C., der von der Beklagten hergestellt wurde. Die Beklagte brachte den Impfstoff auf den Markt und ist Inhaberin der Zulassung.

Die Impfung vom 08.01.2022 erfolgte im Hinblick auf eine seitens des Arbeitgebers des Klägers bestehenden Befehls, den der Kläger nicht hinterfragte.

Seit dieser Impfung befindet sich der Kläger in Behandlung von verschiedenen Fachärzten.

Der Impfstoff C. der Beklagten wurde im Dezember 2020 von der Europäischen Kommission nach vorheriger Bewertung durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) für die Vermarktung in den EU-Mitgliedsstaaten zugelassen (sog. bedingte Zulassung). Dabei kam die EMA zu dem Ergebnis, dass der streitgegenständliche Impfstoff ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis aufweise, also der Nutzen die Risiken überwiege. In der Folgezeit wurde der Impfstoff von den europäischen Behörden fortlaufend geprüft. Der Ausschuss für Humanarzneimittel der EMA (CHMP) empfahl am 16.09.2022 auf Grundlage der fortlaufenden Prüfungen, die bedingte Zulassung in eine Standardzulassung umzuwandeln. Diese Empfehlung wurde sodann mit Durchführungsbeschluss der Europäischen Kommission vom 10.10.2022 umgesetzt. Die Kammer nimmt insoweit Bezug auf die mit der Klageerwiderung vorgelegten Anlagen B3-B5.

Am 30.08.2023 empfahl die EMA der Europäischen Kommission, den auf die Covid-19-Subvariante O. angepassten C.-Impfstoff der Beklagten zuzulassen und ging dabei auch von einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis aus. Die Kammer nimmt Bezug auf Anlage B6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 21.09.2023 (Bl. 1603 f. sowie Bl. 1607 ff. d. A.). Die Europäische Kommission folgte dieser Empfehlung und ließ den benannten Impfstoff am 31.08.2023 zu.

Der Kläger behauptet:

Ca. drei Tage nach der Impfung am 08.01.2022 seien bei ihm erste Erkrankungssymptome aufgetreten. Zunächst habe er leichtes Fieber verspürt. Die erkältungsähnlichen Symptome hätten sich dann zunehmend verstärkt, sodass er unter starken Schlafstörungen gelitten habe. Er habe unter Belastung eine starke Atemnot verspürt, zudem Brustschmerzen, Herzrasen, Herzklopfen, Herzstolpern, Schwindelgefühle und Konzentrationsstörungen sowie Gedächtnisstörungen und Wortfindungsstörungen erlebt. Weiterhin habe er seinen Geruchssinn verloren und ein Taubheitsgefühl in den Händen entwickelt. Auch habe er unter Kopf- und Muskelschmerzen gelitten.

Er habe im Jahr 2022 vielfach durch ärztliche Hilfe versucht, die Ursachen seiner Beschwerden zu finden, was aber nicht vollständig gelungen sei. Inzwischen sei bei ihm ein chronisches Fatigue-Syndrom, eine bodyplethysmographisch isolierte Diffusionsstörung sowie ein Post-Vac-Syndrom diagnostiziert worden. Auch lägen bei ihm psychische Probleme bis hin zu depressiven Verstimmungen vor. Unstreitig befindet er sich in psychotherapeutischer Behandlung. Bzgl. der weiteren Einzelheiten der behaupteten Gesundheitsbeeinträchtigungen wird auf die Darstellung in der Klageschrift vom 17.03.2023 (Bl. 5 ff. d. A.) nebst Anlagen sowie auf die Darstellungen in den Schriftsätzen vom 15.09.2023 (Bl. 278 ff. d. A.) nebst Anlagen sowie vom 20.09.2023 (Bl. 1455 ff. und 1496 ff. d. A.) nebst Anlagen und vom 17.10.2023 (Bl. 1732 f. d. A.) nebst Anlagen sowie vom 18.10.2023 (Bl. 1986 f. d. A.) nebst Anlagen verwiesen.

Seine gesundheitlichen Beschwerden seien auf die Impfung mit dem Impfstoff C. der Beklagten im Januar 2022 zurückzuführen. Vor der Impfung sei er ein gesunder Mensch ohne relevante Vorerkrankungen gewesen.

Aufgrund der bei ihm bestehenden Krankheitssymptomatik sei er derzeit arbeitsunfähig. Er habe gute und schlechte Tage, leide aber weiterhin unter erheblichen gesundheitliche Einschränkungen.

Der Kläger behauptet, der Impfstoff der Beklagten weise ein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis auf, weshalb von ihm schädliche Wirkungen ausgingen. Dies zeige sich schon daran, dass im Zulassungsverfahren keinerlei Langzeitauswirkungen überprüft worden seien. Der Kläger vertritt die Ansicht, für die Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses sei der Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs rechtlich relevant.

Für weitere Einzelheiten des Vortrags wird auf Bl. 11 f. und 288 f. sowie 333 ff. d. A. verwiesen.

Die bei ihm bestehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen gingen weit über das Maß normaler Impfreaktionen hinaus und seien auf den fehlerhaften Impfstoff der Beklagten zurückzuführen. Dieser sei schon generell geeignet, derartige Gesundheitsbeeinträchtigungen hervorzurufen.

Der Kläger behauptet ferner, die Produktinformation der Beklagten habe zum seiner Meinung nach maßgeblichen Zeitpunkt, also zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens, nicht dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprochen. Die Beklagte habe zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens um die Gefährlichkeit des Impfstoffs gewusst und sei daher verpflichtet gewesen, den Impfstoff zu kennzeichnen und auf die Gefahren hinzuweisen. Dass die Produktinformation nicht ausreichend gewesen sei, zeige sich schon daran, dass eine Aufklärung vor der Impfung überhaupt nicht wirksam möglich gewesen sei, da die Beklagte nicht die dafür notwendigen Informationen bereitgestellt habe. Für weitere Einzelheiten des Vortrags wird auf Bl. 289 f. und 316 ff. d. A. sowie 361 ff. d. A. verwiesen.

Die Ärzte, die den Kläger geimpft haben, hätten ihn nicht geimpft, wenn sie umfassend über sämtliche Risiken der Impfung informiert gewesen wären oder gewusst hätten, dass zahlreiche Risiken noch nicht erforscht gewesen seien.

Zudem sei nicht ersichtlich, dass den Fachinformationen zu dem Impfstoff der Beklagten die notwendige Genehmigung des Fachinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zugrunde liege.

Eine Impfung mit dem Impfstoff der Beklagte hätte schon grundsätzlich überhaupt nicht vorgenommen werden dürfen, u.a. deshalb, weil die Produktinformationen der Beklagten der völlig neuartigen mRNA-Technologie nicht gerecht würden. Für weitere Einzelheiten dieses Vortrags wird auf Bl. 1740 ff. d. A. verwiesen.

Der Kläger behauptet, er hätte auf eine Impfung verzichtet, hätte die Beklagte die Produktinformation entsprechend den wissenschaftlichen Erkenntnissen ausgestaltet.

Der Kläger behauptet zudem, die Erfassungspraxis des P.-E.-Instituts (PEI) zur statistischen Darstellung von Impfnebenwirkungen, wonach schwere Nebenwirkung nur „sehr selten“ aufträten, sei methodisch nicht haltbar und könne daher nicht entlastend zugunsten der Beklagten herangezogen werden. Für weitere Einzelheiten dieses Vortrags wird auf Bl. 308 ff. d. A. nebst Anlagen verwiesen.

Bei den verschiedenen Chargen des Impfstoffs der Beklagten seien Qualitätsunterschiede aufgetreten. Insoweit wird auf Bl. 333 f. d. A. verwiesen.

Der Kläger ist der Meinung, § 3 Abs. 4 MedBVSV sei verfassungswidrig und damit unwirksam. Für den diesbezüglichen Vortrag wird auf Bl. 294 ff. d. A. verwiesen.

Der Kläger ist ferner der Meinung, ihm stehe auch ein Anspruch aus § 826 BGB zu, da sich die fehlende Aufklärung der Beklagten über mögliche Folgen der Impfung als sittenwidrig darstelle. Für weitere Einzelheiten dieses Vortrags wird auf Bl. 13 ff. d. A. verwiesen.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch 80.000,00 € nicht unterschreiten soll, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf den zuerkannten Betrag seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche Schäden, die ihm in Zukunft aus den Corona-Schutzimpfung vom 08.01.2022 mit dem Impfstoff C. des Herstellers B./P. entstehen, zu ersetzen soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet:

Der Impfstoff C. weise ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis auf, was sich unter anderem daran zeige, dass die zuständigen Behörden dies im Laufe der Zeit immer wieder bestätigt hätten. Zudem habe die EMA dem Impfstoff im Herbst 2022 die unbedingte Zulassung erteilt – was unstreitig ist – und damit nochmals bestätigt, dass er ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis aufweise. Bzgl. der Einzelheiten des Vortrags wird auf Bl. 88 ff. d. A. nebst Anlagen sowie auf Bl. 1602 ff. d. A. sowie auf Bl. 2031 ff. d. A. nebst Anlagen verwiesen.

Die Produktinformation des Impfstoffes habe dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprochen. Bzgl. der Einzelheiten des Vortrags wird auf Bl. 90 d. A. sowie auf Bl. 2047 d. A. verwiesen.

Ein unterstellter Produktinformationsfehler wäre jedenfalls nicht kausal geworden, da die Entscheidung des Klägers für eine Impfung nicht infolge eines unterstellten Informationsfehlers getroffen worden wäre.

Der Impfstoff C. sei schon generell nicht geeignet, die vom Kläger behaupteten Gesundheitsschädigungen hervorzurufen. Darüber hinaus fehle es jedenfalls im konkreten Fall an der Kausalität. Wegen der genauen Darstellung dieses Vortrages wird auf Bl. 83 ff. sowie 2016 ff. d. A. verwiesen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2023 (Bl. 1718 ff. d. A.).

Nachdem beide Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2023 ihre Zustimmung zum Übergang ins schriftliche Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO erklärt haben, hat die Kammer durch Beschluss vom selben Tage das schriftliche Verfahren angeordnet und den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, auf den 01.12.2023 festgesetzt (Bl. 1721 d. A.).

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Sie war daher abzuweisen.

A.

Die Klage ist zulässig.

Das Landgericht Saarbrücken ist für die Entscheidung über die erhobene Klage sachlich und örtlich zuständig (§§ 23, 71 GVG sowie § 32 ZPO und § 94a AMG).

Das für den Klageantrag zu 2) erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO liegt vor, denn es ist nicht absehbar, wie sich die gesundheitliche Situation des Klägers künftig entwickeln wird (vgl. MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, 6. Auflage 2020, § 256 Rn. 50 m.w.N.; Musielak/Voit/Foerste, 20. Auflage 2023, § 256 Rn. 29 m.w.N.). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass er aktuelle körperliche Beeinträchtigungen durch Vorlage von medizinischen Unterlagen sowie durch seine Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2023 glaubhaft gemacht hat. Es ist dem Kläger daher zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich, sämtliche Beeinträchtigungen, die nach seiner Behauptung auf die streitgegenständliche Impfung zurückgehen, abschließend zu beziffern.

B.

Die Klage ist unbegründet.

Dem Kläger stehen gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Ansprüche gerichtet auf Schmerzensgeld oder Schadensersatz zu (Klageantrag zu 1). Daher besteht auch keine Einstandspflicht der Beklagten für künftig eintretende Schäden des Klägers (Klageantrag zu 2).

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Leistung von Schmerzensgeld oder Schadensersatz.

Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 84 AMG (dazu unter 1.). Ein solcher Anspruch ergibt sich darüber hinaus auch weder aus § 823 Abs. 1 BGB noch aus § 826 BGB oder sonstigen Anspruchsgrundlagen (dazu unter 2.).

1.

Der Kläger kann von der Beklagten keine Leistung von Schmerzensgeld bzw. Schadensersatz aus § 84 Abs. 1 AMG verlangen.

Nach § 84 Abs. 1 S. 1 AMG ist der pharmazeutische Unternehmer, der ein Arzneimittel im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes in den Verkehr gebracht hat, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen, dass infolge der Anwendung dieses zum Gebrauch bei Menschen bestimmten Arzneimittels, das im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes an den Verbraucher abgegeben wurde und der Pflicht zur Zulassung unterliegt oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung befreit worden ist, ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen nicht unerheblich verletzt worden ist.

Nach § 84 Abs. 1 S. 2 AMG gilt diese Schadensersatzhaftung nur, wenn das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen oder wenn der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist.

Eine Haftung des pharmazeutischen Unternehmers nach § 84 Abs. 1 S. 1 AMG kommt nach der klaren gesetzlichen Konzeption und darüber hinaus auch nach dem klaren Wortlaut der Norm also überhaupt nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen von § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG oder von § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG vorliegen. Eine Haftung besteht daher nur für Schäden, die durch ein fehlerhaftes Arzneimittel entstanden sind (Kügel/Müller/Hofmann/Brock, Arzneimittelgesetz, 3. Auflage 2022, § 84 AMG Rn. 66).

Die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen von § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 AMG trägt der Kläger, da es sich dabei – wie gesehen – um anspruchsbegründende Voraussetzungen handelt (siehe auch OLG Schleswig v. 20.12.2013 – 4 U 121/11, NJW-RR 2014, 805 (805)).

Im vorliegenden Fall ist es dem Kläger nicht gelungen, das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Normen substantiiert darzulegen und zu beweisen, sodass es auf eine Vielzahl der von den Parteien erörterten Streitfragen schon gar nicht ankommt.

a)

Nach § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG kann eine Ersatzpflicht der Beklagten nach § 84 Abs. 1 S. 1 AMG nur bestehen, wenn das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der insoweit beweisbelastete Kläger nicht bewiesen.

Im Einzelnen:

Aus § 84 Abs. 3 AMG ergibt sich jedenfalls mittelbar, dass die Gründe, die schädliche Wirkungen des Arzneimittels im Sinne des § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG begründen sollen, im Bereich der Entwicklung und Herstellung des Impfstoffs liegen müssen (Spickhoff, Medizinrecht, 4. Auflage 2022, § 84 AMG Rn. 17).

Wirkungen sind dann schädlich, wenn sie negativen Einfluss auf die Gesundheit des Verbrauchers haben.

Bestimmungsgemäß ist der Gebrauch, wenn er von den Angaben des pharmazeutischen Unternehmens (auf der Verpackung, den beigefügten Informationen, den Fachinformationen für Ärzte oder auch im Rahmen der Werbung) abgedeckt ist. Darüber hinaus ist bestimmungsgemäß aber auch der Gebrauch, der auf anerkannten Therapiegewohnheiten beruht, jedenfalls wenn solche Gewohnheiten vom pharmazeutischen Unternehmer auf den entsprechenden Angaben nicht ausgeschlossen werden, obwohl sie bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen (Spickhoff, Medizinrecht, 4. Auflage 2022, § 84 AMG Rn. 17).

Nach einhelliger Ansicht in Literatur (Kügel/Müller/Hoffmann/Brock, Arzneimittelgesetz, 3. Auflage 2022, § 84 AMG Rn. 68; Spickhoff, Medizinrecht, 4. Auflage 2022, § 84 AMG Rn. 18) wie Rechtsprechung (BGH v. 12.05.2015 – VI ZR 328/11, NJW 2015, 2502 (2505, Rn. 29) m.w.N.; LG Hof v. 03.01.2023 – 15 O 22/21) fordert § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG zur Ermittlung des Vorliegens schädlicher Wirkungen, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen, die Erstellung einer Nutzen-Risiko-Relation. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass es sich bei Arzneimitteln um Produkte handelt, die unvermeidbar neben ihren therapeutischen Wirkungen auch Risiken haben (Kügel/Müller/Hoffmann/Brock, Arzneimittelgesetz, 3. Auflage 2022, § 84 AMG Rn. 68).

Es bedarf also einer Gegenüberstellung der Nutzen des streitgegenständlichen Arzneimittels sowie dessen Risiken. Fällt diese Abwägung negativ aus, überwiegen also die Risiken den Nutzen, kann von schädlichen Wirkungen im Sinne der Norm ausgegangen werden. Fällt die Abwägung indes positiv aus, überwiegt also der Nutzen des Arzneimittels dessen Risiken, sind schädliche Wirkungen nicht anzunehmen. Wenn nämlich der therapeutische Wert die schädlichen Wirkungen des Arzneimittels überwiegt, liegt eine medizinische Vertretbarkeit im Sinne der Norm vor. Im Rahmen der Abwägung sind Art, Gefahr und Häufigkeit der schädlichen Nebenwirkungen mit dem potentiellen Nutzen und der Dringlichkeit der Behandlung in Beziehung zu setzen (Spickhoff, Medizinrecht, 4. Auflage 2022, § 84 AMG Rn. 18 m.w.N.).

Die Nutzen-Risiko-Abwägung erweist sich dabei als genuin juristische Aufgabe, die nicht per se in die Hand eines Sachverständigen gelegt werden kann. Zwar können statistische Vorfragen und einzelne medizinische Aspekte sachverständig erarbeitet werden, die Abwägungsfrage hat das Gericht aber selbständig zu beantworten (ebd.; OLG Schleswig v. 20.12.2013 – 4 U 121/11, NJW-RR 2014, 805 (806)). Die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist daher nicht erforderlich, wenn das Gericht die maßgeblichen Aspekte selbst aus wissenschaftlichen Quellen heranziehen und verwerten kann (vgl. OLG Bamberg v. 14.08.2023 – 4 U 15/23, Rn. 22 ff., openjur).

Welcher Zeitpunkt zur Feststellung des Abwägungsergebnisses maßgeblich ist, wird unterschiedlich beurteilt (siehe dazu nur etwa Spickhoff, Medizinrecht, 4. Auflage 2022, § 84 AMG Rn. 19; OLG Schleswig v. 20.12.2013 – 4 U 121/11, NJW-RR 2014, 805 (806)), kann hier aber mangels Unterschiedlichkeit des Ergebnisses zu verschiedenen denkbaren Zeitpunkten dahinstehen.

Der Kläger hat den ihm obliegenden Beweis, dass der streitgegenständliche Impfstoff der Beklagten im relevanten Zeitpunkt (sei es im Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Impfstoffs C. der Beklagten oder im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung) ein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis aufwies, nicht geführt und ist daher beweisfällig geblieben. Darüber hinaus sprechen gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis anzunehmen ist.

Bei der Vornahme der Nutzen-Risiko-Abwägung ist maßgeblich zu beachten, dass es dabei gerade nicht auf individuelle Nutzen oder Risiken, hier etwa des Klägers, ankommt. In die Abwägung einzustellen sind vielmehr Nutzen und Risiken im Hinblick auf den gesamten durch den Impfstoff angesprochenen Adressatenkreis. Deren Risiken und Nutzen sind gegenüberzustellen. Risiken des Einzelnen sind schon von Rechts wegen nicht separat zu gewichten. Es kommt daher gerade nicht darauf an, ob bei dem Kläger selbst die Risiken der Impfung deren Nutzen überwogen haben (beckonline.GK/Franzki, Stand 01.11.2023, § 84 AMG Rn. 83 f.; Kügel/Müller/Hofmann/Brock, Arzneimittelgesetz, 3. Auflage 2022, Rn 79 f., 82; LG Hof v. 03.01.2023 – 15 O 22/21; OLG Schleswig v. 20.12.2013 – 4 U 121/11, NJW-RR 2014, 805 (806) m.w.N.).

Daraus folgt ferner, dass auftretende – auch schwerwiegende – Nebenwirkungen Einzelner nicht automatisch dazu führen, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Impfstoffs negativ ausfällt.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der Kläger das Vorliegen eines negativen Nutzen-Risiken-Verhältnisses nicht bewiesen.

Im Dezember 2020 erteilte die Europäische Kommission dem Impfstoff C. der Beklagten eine sog. bedingte Marktzulassung, wodurch der Impfstoff in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zur Anwendung kommen konnte. Damit verbunden war für die Beklagte die Pflicht, laufende Studien abzuschließen oder neue Studien durchzuführen, also den Impfstoff weiterzuentwickeln (siehe Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 507/2006 der Europäischen Kommission vom 29.03.2006 in Kombination mit Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.03.2004).

Grundlage für diese Entscheidung der Europäischen Kommission war eine Prüfung sowie Empfehlung der EMA. Hierauf wird im Durchführungsbeschluss der Europäischen Kommission vom 21.12.2020 auch ausdrücklich Bezug genommen. Die Kommission stellt dabei in Erwägungspunkt (2) des Durchführungsbeschlusses fest, dass der hier streitgegenständliche Impfstoff der Beklagten die Voraussetzungen des Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 507/2006 erfüllt. Dort wiederum ist in Absatz 1 Buchstabe a) ausdrücklich ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis des Arzneimittels gefordert. Dieser Feststellung der Kommission ging eine Prüfung der EMA voraus. Die EMA ging dabei in ihrer Stellungnahme (ebenfalls vom 21.12.2020) davon aus, dass der streitgegenständliche Impfstoff der Beklagten ein hinreichend großes Sicherheitsmaß aufweise, die Anforderungen erfülle und damit auch ein positives Nutzen-Risiko-Profil aufweise.

Infolge des Charakters einer bedingten Marktzulassung und der dadurch ausgelösten Notwendigkeit einer wiederholten Zulassung wurde diese im Dezember 2020 getroffene Einschätzung durch die EMA und ihre Fachausschüsse ab diesem Zeitpunkt fortlaufend überprüft und bestätigt. In einer Stellungnahme der EMA vom 15.09.2022 (vorgelegt als Anlage B5 zur Klageerwiderung, Bl. 102 ff. d. A.) setzt sich der zuständige Ausschuss (CHMP) im Rahmen der Frage, ob die bedingte Marktzulassung für den Impfstoff der Beklagten verlängert werden soll, wiederum ausführlich mit den Zulassungsvoraussetzungen auseinander. Es wird dabei aufgeführt, welchen Verpflichtungen zur weiteren Entwicklung und Überwachung des Impfstoffs die Beklagte ausgesetzt war und wie diese Verpflichtungen umgesetzt wurden. Die EMA kommt dabei unter Auswertung einzelner medizinischer Aspekte sowie unter Befassung mit konkreten gesundheitlichen Risiken des Impfstoffs zu dem Ergebnis, dass das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis des Impfstoffs bestätigt werde (Bl. 133, 135 f. d. A.). Abschließend wird auf Grundlage dieser Ausarbeitung empfohlen, die bedingte Marktzulassung in eine Standard-Marktzulassung umzuwandeln (Bl. 136 d. A.).

Die Europäische Kommission setzte diese Empfehlung der EMA (dort des CHMP) mittels Durchführungsbeschlusses vom 10.10.2022 (vorgelegt als Anlage B4 zur Klageerwiderung) um und erteilte der Beklagten für den streitgegenständlichen Impfstoff eine Standard-Marktzulassung.

Auch diese Einschätzung aus dem Jahr 2022 wurde durch die EMA fortlaufend neu geprüft, was im August 2023 sodann dazu führte, dass auch ein auf eine neue Subvariante des Coronavirus angepasster Impfstoff der Beklagten die Zulassung erhielt. Auch hierbei war die Feststellung eines positiven Nutzen-Risiko-Profils Zulassungsvoraussetzung und wurde im Vorfeld der Entscheidung der Europäischen Kommission in einer Stellungnahme der EMA (CHMP) vom 30.08.2023 erneut unter Verweis auf die vielfältigen verfügbaren Daten bejaht. Es kann insoweit auf die Anlage B6 zum Schriftsatz vom 21.09.2023 sowie die im Schriftsatz enthaltenden zutreffenden Übersetzungen verwiesen werden (Bl. 1607 ff. d. A.).

Die Kammer hat im Ergebnis keinen Anlass, an den immer wieder bestätigten Feststellungen der zuständigen europäischen Behörden zu zweifeln, die von einem fortwährenden positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis des Impfstoffs C. ausgehen. Die Ausführungen der EMA bzw. des CHMP erschöpfen sich nicht in bloßen Feststellungen ohne Tatsachenanknüpfungen, sondern gehen – besonders in der Stellungnahme vom 15.09.2022 – offenkundig in die Tiefe und setzen sich mit den Studienverläufen und den daraus gewonnenen Daten auseinander.

Hinzu kommt, dass zum aktuellen Zeitpunkt weit über zwei Milliarden Dosen des hier streitgegenständlichen Impfstoffs verimpft worden sind. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass bei der weit überwiegenden Mehrheit dieser geimpften Personen eben gerade keine Schädigungen aufgetreten sind. Schon vor diesem Hintergrund drängt sich der Kammer kein Grund auf, die fundierten Ausführungen der EMA im Ergebnis anzuzweifeln.

Ausgehend von den nachvollziehbaren und fundierten Feststellungen der europäischen Behörden wäre nur dann eine neue Begutachtung dieser Sachfragen erforderlich gewesen, wenn der Kläger substantiierte Einwendungen gegen die behördlichen Feststellungen vorgebracht hätte, die geeignet gewesen wären, die Ergebnisse der behördlichen Prüfungen ernstlich in Zweifel zu ziehen und den Nachweis zu führen, dass die getroffenen Feststellungen nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechen (vgl. OLG Bamberg v. 14.08.2023 – 4 U 15/23, Rn. 25, openjur).

An derartigem Vortrag des Klägers fehlt es aber. Insbesondere hat der Kläger keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die europäischen Behörden bei ihren fortlaufenden Prüfungen Tatsachen unbeachtet gelassen hätten, die bei ihrer Beachtung zu einem abweichenden Ergebnis geführt hätten.

Soweit der Kläger an mehreren Stellen die Wirksamkeit des streitgegenständlichen Impfstoffes zumindest anzweifelt, dringt er nicht durch. Es erweist sich als offenkundig und wissenschaftlich nicht ernstlich bestritten, dass der streitgegenständliche Impfstoff vor einer schweren Erkrankung mit dem Coronavirus schützen konnte und kann, wobei das genaue Maß des Schutzes hier dahinstehen kann.

Soweit der Kläger in seinem Schriftsatz vom 20.09.2023 darlegt, die Methoden des P.-E.-Instituts zur Erfassung der Fälle schwerer Nebenwirkungen nach Impfungen gegen das Coronavirus seien fehlerhaft, kann daraus nicht gefolgert werden, dass entgegen der behördlichen Prüfungen ein negatives Nutzen-Risiko-Profil des Impfstoffs der Beklagten vorliegt. Dabei kann schon dahinstehen, ob die Vorwürfe des Klägers zutreffen, denn selbst dann, wenn die Fallzahlen schwerer Nebenwirkungen nach einer erfolgten Impfung höher wären als nach aktueller Zählung des P.-E.-Instituts, hätte das keine Auswirkung auf die Nutzen-Risiko-Relation. Es ist – wie gesehen – allgemein bekannt und wissenschaftlich nicht ernstlich bestritten, dass die Impfung gegen das Coronavirus (auch mit dem Impfstoff der Beklagten) vor einer Erkrankung mit schwerem Verlauf schützt, wobei es auch hier nicht darauf ankommt, wie hoch der Schutzfaktor prozentual angegeben werden kann. Ferner ist allgemein bekannt und wissenschaftlich nicht ernstlich bestritten, dass eine Infektion mit dem Coronavirus zu schweren Erkrankungen führen kann. Selbst also dann, wenn die Berechnungsmethode des P.-E.-Instituts fehlerhaft sein sollte, ist in keiner Weise ersichtlich, dass die Zahl an Nebenwirkungsfällen derart hoch wäre, dass in Vergleich zum Nutzen des Impfstoffs ein Überwiegen des Risikos anzunehmen wäre.

Soweit der Kläger der Meinung ist, bereits das Fehlen von Langzeitstudien zum hier streitgegenständlichen Impfstoff der Beklagten, begründe ein fehlerhaftes Medizinprodukt, kann dem nicht gefolgt werden. Es ist schon nicht substantiiert vortragen oder sonst ersichtlich, dass sich aus Langzeitstudien abweichende Ergebnisse ergeben würden. Der Vortrag des Klägers erschöpft sich insoweit in reinen Mutmaßungen.

Soweit der Kläger der Meinung ist, die verfügbaren Daten wiesen darauf hin, dass die Impfung mit dem Impfstoff der Beklagten eine „im Vergleich zu anderen Impfstoffen bisher nie dagewesene Gefahr für Leib und Leben“ darstelle, ist dem ebenfalls nicht zu folgen. Zur Untermauerung seiner These stützt sich der Kläger etwa auf die die beim P.-E.-Institut gemeldeten Todesfälle, bei denen ein Verdacht auf einen Zusammenhang mit den Corona-Impfungen bestehe. Dabei verkennt der Kläger wohl – obgleich er es selbst vorträgt –, dass es sich hierbei um reine Verdachtsmeldungen handelt, die in keiner Weise auf gesichertem Wissen beruhen und daher aus sich heraus noch keine hinreichende Aussagekraft haben. Auch der Verweis des Klägers auf eine „vermutlich beträchtliche Dunkelziffer“ ist gänzlich unsubstantiiert. Auch im Übrigen gehen die Verweise des Klägers auf Verdachtsfälle, etwa von schweren Nebenwirkungen der Impfungen, fehl, da nicht substantiiert vorgetragen ist, dass solche Verdachtsmeldungen tatsächlich auf gesicherten und nachvollziehbaren medizinischen Erkenntnissen beruhen.

Soweit der Kläger vorträgt, die Erteilung der bedingten Zulassung 2020 sowie der Standardzulassung 2022 habe nicht auf ausreichenden Studien basiert, dringt er ebenfalls nicht durch. Insbesondere ist ihm nicht zu folgen, wenn er vorträgt, schon ein reiner Verdacht auf mögliche künftige Erkrankungen durch die Corona-Impfung begründe ein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis. Auch hier fehlt es an substantiiertem Vortrag des Klägers, wieso andere potentiell durchgeführte oder noch durchzuführende Studien andere Ergebnisse ergeben sollten.

Soweit der Kläger insbesondere auf Bl. 329 ff. d. A. nebst Anlagen Einzelstatements bzw. -berichte von einem Herrn Dr. P. bzw. einem Herrn Dr. F. anführt und mit den dort genannten Erfahrungen eine abweichende Einschätzung begründen will, kann dem nicht gefolgt werden. Der Kläger verkennt, dass es sich dabei um Einzelmeinungen handelt, die für sich genommen kein Gewicht haben, um den auch von den europäischen Behörden vorgenommenen Gesamtbetrachtungen entgegengesetzt zu werden. Es fehlt an einem substantiierten Vortrag des Klägers, warum diese Einzelerfahrungsberichte derart flächendeckende Relevanz haben sollten, dass sie geeignet wären, ernstlich die Prüfungen des Impfstoffs in Zweifel zu ziehen.

Soweit der Kläger anführt, es bestünden bei verschiedenen Chargen des Impfstoffs der Beklagten Qualitätsunterschiede, fehlt es bereits an substantiiertem Vortrag, wieso dies zu einem negativen Nutzen-Risiko-Profil führen sollte. Der Kläger trägt an dieser Stelle nicht vor, wieso dieser Aspekt die Gesamtabwägung zulasten der Beklagten verändern sollte.

Soweit der Kläger anführt, die Stellungnahme des CHMP vom 15.09.2022, in der die Vergabe der Standardzulassung des Impfstoffs der Beklagten empfohlen worden sei, sei nicht vollständig verwertbar, weil dort nur Daten vom 30.04.2021 bis zum 29.04.2022 verarbeitet worden seien, dringt er auch damit nicht durch. Ob in dieser Stellungnahme weitere Daten überhaupt praktikabel verarbeitet hätten werden können, kann dahinstehen, da das CHMP und damit die EMA in den Folgeprüfungen und auch in der Empfehlung vom 30.08.2023 auch weitere Daten aus nachfolgenden Zeiträumen verwertet haben.

Soweit der Kläger davon ausgeht, die EMA und die Europäische Kommission hätten bei der Zulassung des Impfstoffs der Beklagten eigene politische Interessen verfolgt und seien nicht unabhängig gewesen (Bl. 348 ff. d. A.), kann schon seine Argumentation nicht überzeugen. Der Kläger führt an, dass mit Impfstoffherstellern wie der Beklagten eine Haftungsfreizeichnung vereinbart worden sei, um schnellstmöglich einen Impfstoff gegen das Coronavirus zu erhalten, den man der Bevölkerung zugesichert habe. Da die Haftung selbst nach dem Verständnis des Klägers aber gerade die Europäische Union treffen würde, erscheint es schon nicht schlüssig, wieso die europäischen Behörden sehenden Auges einen untauglichen und fehlerhaften Impfstoff hätten genehmigen und dadurch mittelbar ihre eigene Haftung auslösen sollen. Soweit der Kläger darüber hinaus davon ausgeht, die Stellungnahmen der EMA beruhten auf politischem Einfluss der Europäischen Kommission, ist dieser Vortrag schlicht unsubstantiiert.

Auch im Übrigen gelingt es dem Kläger nicht, wissenschaftliche fundierte und substantiiert vorgetragene Argumente für die Annahme eines negativen Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Impfstoffs anzubringen.

Ob ein Zivilgericht gar an die Feststellungen der europäischen Behörden gebunden ist (so LG Düsseldorf v. 16.11.2023 – 3 O 151/22) kann hier dahinstehen, da der Kläger – wie gesehen – jedenfalls eine abweichende Betrachtungsweise nicht hinreichend vorgetragen und darüber hinaus nicht bewiesen hat.

b)

Nach § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG kann eine Ersatzpflicht der Beklagten nach § 84 Abs. 1 S. 1 AMG nur bestehen, wenn der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist.

Diese tatbestandliche Voraussetzung des Anspruchs aus § 84 Abs. 1 S. 1 AMG liegt nach der Überzeugung der Kammer nicht vor. Ob die Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation des Impfstoffs der Beklagten zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens oder zum Zeitpunkt der Verimpfung beim Kläger nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprochen hat, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Selbst wenn man davon ausgehen würde, die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft seien nicht gewahrt bzw. umgesetzt worden, so fehlt es jedenfalls an einem infolge dieses Umstands eingetretenen Schadens beim Kläger. Die vom Kläger vorgetragenen Gesundheitsbeeinträchtigungen beruhen nämlich jedenfalls nicht auf einer unterstellt fehlerhaften Produkt- oder Gebrauchsinformation des Impfstoffs der Beklagten.

Im Einzelnen:

§ 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG fordert ausdrücklich, dass der eingetretene Schaden infolge der fehlerhaften Produkt- oder Gebrauchsinformation eingetreten sein muss. Es genügt also nicht, dass der Schaden durch das Arzneimittel verursacht wurde und die Arzneimittelinformation fehlerhaft war. Vielmehr muss der Schaden gerade auf die fehlerhafte Arzneimittelinformation zurückgehen (doppelte Kausalität; Kügel/Müller/Hofmann/Brock, Arzneimittelrecht, 3. Auflage 2022, § 84 AMG Rn. 110).

Das Kausalitätserfordernis setzt also voraus, dass der Schaden bei ordnungsgemäßer Arzneimittelinformation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unterblieben wäre. Bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erfordert das, dass der Arzt die Fachinformation gelesen hat und das Arzneimittel bei richtiger Information nicht oder nicht zu den Bedingungen verordnet hätte. Bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln kommt es hingegen darauf an, ob der geschädigte Patient die Gebrauchsinformation zur Kenntnis genommen hat und das Arzneimittel bei richtiger Information nicht oder nicht zu den schädigenden Bedingungen eingenommen hätte (ebd.).

Unter Anwendung dieser Grundsätze kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass es an der erforderlichen haftungsbegründenden Kausalität im Falle des Klägers fehlt. Dabei kann gar dahinstehen, ob der streitgegenständliche Impfstoff als verschreibungspflichtiges (wofür viel spricht) oder als nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel gesehen werden kann. Denn in beiden Fällen scheiterte der Anspruch an der fehlenden Kausalität.

Käme es auf den behandelnden Arzt, hier also den Impfarzt vom 08.01.2022, an, so ist schon nicht davon auszugehen, dass bei im Sinne des Klägers abweichender Produktinformation eine Impfung nicht erfolgt wäre. Soweit der Kläger vorträgt, der Impfarzt hätte bei Kenntnis aller Risiken keine Impfung vorgenommen, ist dieser Vortrag schon deshalb unsubstantiiert, weil Coronaimpfungen auch heute noch – also in Kenntnis der vom Kläger behaupteten Risiken – flächendeckend vorgenommen werden.

Käme es auf den Kläger selbst an, so ist schon zweifelhaft, ob er die Gebrauchsinformation des Impfstoffs überhaupt aktiv zur Kenntnis genommen hat. Darüber hinaus gab der Kläger an, die Impfung vom 08.01.2022 sei auf Befehl seines Dienstherrn erfolgt. Der Kläger war zum Zeitpunkt der Impfung Soldat bei der Bundeswehr. Der Kläger gab im Rahmen seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2023 ferner an, dass er diesen Befehl nicht hinterfragt habe und sich ohne Weiteres habe impfen lassen, weil dies zur Berufsausübung damals einfach notwendig gewesen sei. Zudem hätten sich seine Kolleginnen und Kollegen ebenfalls impfen lassen, was ebenfalls dazu geführt habe, dass er sich dann eben auch habe impfen lassen.

Der Kläger hat daher schon nicht dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass er sich in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte, hätten die Produkt- und Gebrauchsinformationen des Impfstoffs zum damaligen Zeitpunkt anders ausgesehen. Im Gegenteil: Der Kläger hat sich nach seinem eigenen Vortrag unabhängig von den Produkt- und Gebrauchsinformationen des Impfstoffs alleine deshalb impfen lassen, um einen Befehl umzusetzen und um seinen Beruf als Soldat weiter ausüben zu können. Wenn der Kläger selbst angibt, diese Anweisung nicht hinterfragt zu haben, bleibt für die Annahme eines Entscheidungskonflikts und daraus folgend einer kausalen Verbindung zwischen (unterstellt) fehlerhafter Produkt- und Gebrauchsinformation und Schaden kein Raum. Denn die Kammer geht gerade nicht davon aus, dass der Kläger sich gegen eine Impfung entschieden und sich dem ausgesprochenen Befehl widersetzt hätte, wenn die Produktinformationen weitere, nach heutiger Ansicht des Klägers notwendige, Angaben enthalten hätte. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass in den Informationen zum Impfstoff sowie im Aufklärungsblatt zur Impfung ja gerade potentielle Nebenwirkungen aufgelistet waren, die in Art und Ausmaß durchaus vergleichbar zu den Beeinträchtigungen erscheinen, die der Kläger vorträgt. Wenn diese Aspekte den Kläger offenkundig in keiner Weise zum Zweifeln gebracht haben, ob er eine Impfung vornehmen lassen soll, so ist nicht davon auszugehen, dass andere ähnliche Produktinformationen den Kläger in den Zweifel getrieben hätten. Dabei ist zu beachten, dass rechtlich alleine die ex-ante-Sicht des Klägers zum Zeitpunkt der Durchführung der Impfung entscheidend ist. Es kommt nicht darauf an, ob der Kläger sich heute, in Kenntnis der als eingetreten behaupteten Nebenwirkungen, noch einmal für die Impfung entscheiden würde.

c)

Das vom Kläger durch Schriftsatz vom 22.09.2023 vorgelegte Gutachten von …. … und … (Bl. 1702 ff. d. A.) betrifft nahezu keine für diesen Rechtsstreit bedeutsamen Fragen und ist daher nicht entscheidungsrelevant.

2.

Auch aus sonstigen Normen kann der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch herleiten.

Einer Haftung der Beklagten aus § 823 Abs. 1 BGB steht zum einen entgegen, dass ein Verschulden der Beklagten weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen ist. Soweit der Kläger sich darauf stützt, die Beklagte hätte breiter aufklären und warnen müssen, so fehlt es auch hier – wie bei § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG – an der notwendigen haftungsbegründenden Kausalität. Auf die Ausführungen zu § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG kann verwiesen werden. Darüber hinaus steht aufgrund der vorstehenden Ausführungen schon das Vorliegen einer rechtswidrigen Verletzungshandlung der Beklagten ernstlich im Zweifel.

Eine Haftung der Beklagten aus § 826 BGB scheitert daran, dass der Vorwurf des vorsätzlichen, sittenwidrigen Vorgehens der Beklagten unsubstantiiert und in keiner Weise belegt ist. Es kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.

Ansprüche aus dem ProdHaftG scheiden wegen § 15 Abs. 1 ProdHaftG aus.

II.

Die Nebenforderung teilt das Schicksal der Hauptforderung.

III.

Mangels Schadensersatzanspruch kann der Kläger auch nicht mit Erfolg die künftige Einstandspflicht der Beklagten begehren.

IV.

Soweit der Kläger auf Bl. 324 d. A. sowie auf Bl. 1743 d. A. begehrt, das Gericht möge der Beklagten aufgeben, Unterlagen vorzulegen und Auskunft zu erteilen, war dem nicht nachzukommen. Es fehlt insoweit schon an einem ausdrücklichen Klageantrag. Darüber hinaus fehlt es zur Annahme einer sekundären Darlegungslast der Beklagten bereits weitgehend an substantiiertem Sachvortrag des Klägers.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

D.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

E.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 48 GKG i.V.m. § 3 ZPO.

Im Hinblick auf die vom Kläger vorgetragenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die sich zudem auf seine Arbeitsfähigkeit auswirken sollen, hält es die Kammer für angemessen, auch den Feststellungsantrag mit 80.000,00 € zu bewerten.

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