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Sachverständigenkosten –  107% Vorschussüberschreitung nicht erheblich

Expertenvergütung und Kostentransparenz: LG Berlin setzt Grenzen für Sachverständige

Die jüngste Entscheidung des Landgerichts Berlin (Az.: 14 OH 10/19) vom 21. August 2023 wirft ein Schlaglicht auf die Vergütungspraxis und Kostentransparenz von Sachverständigen im Rechtsprozess. Im Kern ging es um die Frage, inwieweit ein Sachverständiger für seine Leistungen vergütet werden kann, wenn die tatsächlichen Kosten die ursprünglich geschätzten und vorgestreckten Beträge erheblich überschreiten. Die Entscheidung macht deutlich, dass Sachverständige nicht nur fachlich kompetent sein müssen, sondern auch in puncto Kostenaufklärung und -transparenz sorgfältig agieren sollten.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 14 OH 10/19  >>>

Die Rolle des Sachverständigen und die Vorschusszahlungen

Der Sachverständige wurde beauftragt, ein zweites Ergänzungsgutachten zu den Fragen beider Antragsgegnerinnen zu erstellen. Beide Parteien hatten Vorschüsse eingezahlt, wobei die Antragsgegnerin zu 1 auf gerichtliche Aufforderung sogar einen weiteren Vorschuss leistete. Trotzdem kam es zu einer erheblichen Kostenüberschreitung, die der Sachverständige dem Gericht erst sehr spät mitteilte.

Rückzug der Antragsgegnerin und Vergütungsanspruch

Die Antragsgegnerin zu 1 zog ihre Ergänzungsfrage zurück, nachdem sie von der Kostenexplosion erfahren hatte. Das Gericht stellte klar, dass der Sachverständige für die bis dahin erbrachten Leistungen grundsätzlich zu vergüten ist. Allerdings wurde die Vergütung auf den bereits eingezahlten Vorschuss begrenzt, da der Sachverständige das Gericht nicht rechtzeitig über die höheren Kosten informiert hatte.

Kostentransparenz als Pflicht des Sachverständigen

Das Gericht betonte, dass der Sachverständige viel früher auf die höheren Kosten hätte hinweisen müssen. Er hatte bereits 22 Stunden aufgewandt, was fast dem gesamten eingezahlten Vorschuss entsprach. Hätte er das Gericht und die Parteien früher informiert, hätte die Antragsgegnerin zu 1 möglicherweise ihre Beweisfrage früher zurückgezogen, und weitere Kosten wären vermieden worden.

Keine besondere Vergütung nach § 13 JVEG

Das Gericht lehnte auch eine besondere Vergütung nach § 13 JVEG ab. Für diese wäre ein hinreichender Vorschuss erforderlich gewesen, der jedoch nicht vorhanden war. Die Antragsgegnerin zu 1 hatte bereits zu einem früheren Zeitpunkt einen höheren Vorschuss abgelehnt und aus Kostengründen ihre Ergänzungsfrage zurückgezogen.

Diese Entscheidung zeigt, dass Sachverständige nicht nur ihre fachliche Expertise, sondern auch ihre Kostenplanung und -kommunikation sorgfältig managen müssen. Sie unterstreicht die Bedeutung der Kostentransparenz und macht deutlich, dass eine nachlässige Handhabung zu erheblichen finanziellen Einbußen führen kann.

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Wichtige Begriffe kurz erklärt

  1. Vorschusszahlungen und Kostenüberschreitung: In rechtlichen Verfahren werden oft Sachverständige hinzugezogen, um spezielle Fragen zu klären. Diese Experten erhalten in der Regel einen Vorschuss für ihre Arbeit. Das ist eine Art Anzahlung, die vor der Erbringung der Leistung gezahlt wird. Wenn der Sachverständige dann mehr Zeit und Ressourcen aufwendet als ursprünglich geplant, entstehen Kosten, die diesen Vorschuss überschreiten können. In solchen Fällen spricht man von einer Kostenüberschreitung. Das kann problematisch werden, wenn die Überschreitung nicht rechtzeitig kommuniziert wird, da die beteiligten Parteien dann mit unerwarteten finanziellen Belastungen konfrontiert werden.
  2. Kostentransparenz und -kommunikation: Kostentransparenz bedeutet, dass alle beteiligten Parteien in einem Rechtsprozess klar und deutlich über die zu erwartenden Kosten informiert werden. Das ist besonders wichtig, wenn es um die Beauftragung von Sachverständigen geht. Eine gute Kommunikation über die Kosten ist entscheidend, um Missverständnisse und finanzielle Überraschungen zu vermeiden. Wenn zum Beispiel ein Sachverständiger merkt, dass die Arbeit mehr Zeit in Anspruch nehmen wird als ursprünglich gedacht, sollte er das den beteiligten Parteien und dem Gericht so früh wie möglich mitteilen.
  3. § 13 JVEG und besondere Vergütung: Das JVEG (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz) regelt in Deutschland die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern und anderen in Gerichtsverfahren tätigen Personen. § 13 JVEG bezieht sich auf besondere Vergütungen, die über den normalen Satz hinausgehen können. Diese besondere Vergütung ist jedoch an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, zum Beispiel an einen ausreichenden Vorschuss. Wenn dieser Vorschuss nicht vorhanden ist, kann die besondere Vergütung nicht gewährt werden, selbst wenn der Sachverständige zusätzliche, unerwartete Arbeit geleistet hat.


Das vorliegende Urteil

LG Berlin – Az.: 14 OH 10/19 – Beschluss vom 21.08.2023

Die Vergütung des Sachverständigen ### für das Ergänzungsgutachten wird gemäß § 4 JVEG auf 3.000 Euro festgesetzt. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen der Bezirksrevisorin in deren Schreiben vom 28.06.2023 Bezug genommen:

„Der Sachverständige wurde mit der Erstellung eines 2. Ergänzungsgutachtens zu den Fragen beider Antragsgegnerinnen beauftragt. Die Antragsgegnerinnen haben gemäß Beweisbeschluss vom 20. 12. 2021 jeweils 500,00 Euro Vorschuss eingezahlt. Die Antragsgegnerin zu 1 hat darüber hinaus auf gerichtliche Aufforderung weitere 2.000,00 Euro Vorschuss eingezahlt. Vorausgegangen war eine Kostenschätzung des Sachverständigen für die Fragen der Antragsgegnerin zu 1 auf 5.000,00 Euro; den Vorschuss für die Fragen der Antragsgegnerin zu 2 hatte der Sachverständige hingegen für ausreichend erachtet. Nach Einwendungen der Antragsgegnerin zu 1 gegen die weitere Vorschussforderung hatte das Gericht eine eigene Schätzung auf etwa 2.500,00 Euro für die Fragen der Antragsgegnerin vorgenommen und nur noch weitere 2.000,00 Euro angefordert. In der Landeskasse ist somit ein Vorschuss in Höhe von 3.000,00 Euro vorhanden. Der Sachverständige wurde über den eingezahlten Vorschuss informiert.

Mit Schreiben vom 10. 2. 2023 hat der Sachverständige das Gericht darüber informiert, dass voraussichtlich Kosten in Höhe von 7.557,69 Euro entstehen werden. Aus der beigefügten Zeittafel ergibt sich, dass bereits Kosten in Höhe von 5.098,56 Euro angefallen waren und damit bereits eine erhebliche Überschreitung des Kostenvorschusses vorlag (+ knapp 70 %!).

Im Rahmen ihrer Anhörung hat die Antragsgegnerin zu 1 einer Erhöhung des Vorschusses nicht zugestimmt und ihre Ergänzungsfrage zurückgezogen. Dies wurde dem Sachverständigen mit Verfügung vom 31. 3. 2023 mitgeteilt. Der Sachverständige hat daraufhin das Gutachten über die Beweisfrage der Antragsgegnerin zu 2 eingereicht. Für seine Leistung hat der Sachverständige eine Vergütung von insgesamt 6.227,68 Euro geltend gemacht. Das bedeutet eine Überschreitung des Vorschusses um 107 % und ist als erhebliche Überschreitung des Kostenvorschusses anzusehen.

Die Antragsgegnerin zu 1 hatte zwar ihre Beweisfrage zurückgezogen. Für die bis zur Rücknahme des Auftrags vorgenommene Leistung ist der Sachverständige jedoch grundsätzlich zu vergüten. Dies vorausgeschickt ist die Vergütung des Sachverständigen trotzdem gemäß § 8a Abs. 4 JVEG auf den eingezahlten Vorschuss zu kürzen. Denn der Sachverständige hatte das Gericht nicht rechtzeitig auf die höheren Kosten hingewiesen.

Zudem kommt eine Vergütung – wie vom Sachverständigen beansprucht – nach § 13 JVEG nicht in Betracht. Für die besondere Vergütung ist kein hinreichender Vorschuss vorhanden. Das ist jedoch eine maßgebliche Voraussetzung für die Zahlung der besonderen Vergütung. Da kommt es auf die Frage, ob die von den Parteien bzw. dem Gericht für das (Haupt)Gutachten erteilte Zustimmung auch für spätere Ergänzungsgutachten gelten, nicht an. Dass die Parteien den fehlenden Vorschuss einzahlen werden, ist nicht zu vermuten. Insbesondere die für den fehlenden Vorschuss haftende Antragsgegnerin zu 1 hat bereits zu einem früheren Zeitpunkt einen höheren Vorschuss abgelehnt und aus Kostengründen ihre Ergänzungsfrage zurückgezogen.

Der Sachverständige hat zwar bereits zu Beginn der Begutachtung die Kosten für die Beantwortung der Beweisfrage der Antragsgegnerin zu 1 auf 5.000,00 Euro geschätzt. Die Antragsgegnerin zu 1 hat hierzu und zum Umfang der weiteren Begutachtung Stellung genommen. Der Schriftsatz der Antragsgegnerin zu 1 vom 28.03. 2022 wurde dem Sachverständigen am 27. 4. 2022 übermittelt. Das Gericht hatte hierauf den Aufwand für die Beweisfrage der Antragsgegnerin zu 1 auf 2.500,00 Euro geschätzt und den weiteren Vorschuss angefordert, der auch eingezahlt wurde.

Erst am 10. 2. 2023 hat der Sachverständige erneut auf die nunmehr auf voraussichtlich über 7.000,00 Euro steigenden Kosten hingewiesen. Zu diesem Zeitpunkt lag jedoch bereits eine fast 70%ige Überschreitung des Kostenvorschusses vor. Der Sachverständige, der Kenntnis von dem Gesamtvorschuss von 3.000,00 Euro für die Fragen beider Antragsgegnerinnen hatte, hätte viel früher auf die höheren Kosten hinweisen müssen. Das hat er jedoch unterlassen.

Der Sachverständige hätte bereits am 6. 2. 2023 das Gericht über die Kostenüberschreitung hinweisen und die Begutachtung vorläufig einstellen müssen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits 22 Stunden aufgewandt. Das entspricht bei einem Stundensatz von 110,00 Euro incl. Umsatzsteuer 2.879,80 Euro und damit fast dem eingezahlten Vorschuss. Die Antragsgegnerin zu 1 hätte womöglich ihre Beweisfrage früher zurückgezogen. Die Bearbeitung der Beweisfrage der Antragsgegnerin zu 1 am 8. 2. 2023 mit immerhin 8,75 Stunden wäre z. B. nicht angefallen.

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Vor diesem Hintergrund kommt es vordergründig nicht mehr darauf an, ob einzelne Zeitangaben des Sachverständigen überhöht bzw. nicht nachvollziehbar sind (vgl. die Stellungnahmen der Parteien zum Schreiben des Sachverständigen vom 10. 2. 2023).“

 

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