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Ärzte – plastische Chirurgie – wettbewerbswidrig

Landgericht Köln

Az: 31 O 556/07

Urteil vom 29.11.2007


1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen,

im Wettbewerb handelnd wie nachstehend wiedergegeben in Branchen- oder Telefonbüchern unter der Rubrik „Arzte: Plastische Chirurgie“ zu werben:

-es folgt eine Aufstellung

2.Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 189,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2007 zu zahlen.

3.Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung. Die Sicherheitsleistung beträgt für den Unterlassungstenor zu Ziffer 1. EUR 10.000,00 und im übrigen 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der Beklagte ist Facharzt für Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie. In seiner Praxis erbringt er ganz überwiegend Leistungen im Bereich plastischer und ästhetischer Operationen. Das Leistungsspektrum ist dabei nicht beschränkt auf den Bereich des Kopfes. Vielmehr werden auch ästhetische Operationen an allen sonstigen Körperregionen erbracht. Der Beklagte inseriert in dem Branchen- und Telefonverzeichnis „Gelbe Seiten“ unter der Rubrik „Ärzte: Plastische Chirurgie“ wie aus dem Tenor ersichtlich.

Der Kläger ist ein gerichtsbekannter eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen. Er hält das Inserat des Beklagten in den „Gelben Seiten“ für irreführend im Sinne des § 5 UWG. Zugleich verstoße der Beklagte gegen § 27 der Berufsordnung für die Nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte. Zur Begründung führt der Kläger aus, der Leser der „Gelben Seiten“ werde annehmen, dass die in der Rubrik „Arzte: Plastische Chirurgie“ aufgeführten Arzte die Qualifikation eines Facharztes für plastische Chirurgie besäßen. Der Beklagte aber sei weder Facharzt für plastische Chirurgie noch Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie, so dass die potentiellen Patienten in der durch die konkrete Form der Inserierung geschaffenen Erwartung enttäuscht würden.

Der Kläger beantragt, wie erkannt.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hält die konkrete Form des Inserates unter der Rubrik „Ärzte: Plastische Chirurgie“ weder für allgemein irreführend im Sinne des § 5 UWG, noch sieht er einen Verstoß gegen § 27 der Berufsordnung als gegeben an. Er führe solcherlei Operation ganz überwiegend aus. Die Gefahr einer Verwechslung mit einem Facharzt für plastische Chirurgie bzw. für plastische und ästhetische Chirurgie werde durch die konkrete Inserierung nicht begründet. Die Rubrik, unter der das Inserat stehe, laute nicht „Facharzt für plastische Chirurgie“ und weise damit nicht auf Facharztqualifikationen der unter der Rubrik inserierenden Ärzte hin. Vielmehr würden die potentiellen Patienten die Rubrik und den Eintrag ausschließlich so verstehen, dass die dort inserierenden Ärzte Leistungen der plastischen Chirurgie als Tätigkeitsschwerpunkt erbringen. Dies aber treffe für den Beklagten zu. Ein weitergehendes Verkehrsverständnis dahingehend, dass die dort inserierenden Ärzte zwangsläufig Fachärzte seien, könne demgegenüber nicht angenommen werden. Dies ergebe sich bereits daraus, dass es in den „Gelben Seiten“ an einer Unterteilung in Fachärzte und sonstige Ärzte fehle, so dass zwangläufig auch Ärzte ohne Facharzttitel unter den entsprechenden Oberbegriffen inserierten. Dies könne jeder Interessierte der Darstellung unschwer entnehmen und innerhalb der Gliederung einen Facharzt auswählen, wenn er einen solchen bevorzuge. Die Einteilung der Rubriken diene allein der Unterteilung nach Tätigkeitsbereichen, da der potentielle Patient in diesen Kategorien nach möglichen Ärzten suche. Eine weitergehende Unterteilung nach Qualifikationen sei in den „Gelben Seiten“ nicht vorgesehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist vollumfänglich begründet.

Dabei kann die Kammer offen lassen, ob die Inserierung unter der Rubrik „Ärzte: Plastische Chirurgie“ in der konkreten Form gegen § 5 UWG bzw. § 27 Abs. 5 S. 3 der Berufsordnung der Nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte verstößt, indem sie die Gefahr begründet, dass die angesprochenen Verkehrskreise irrtümlich davon ausgehen, bei dem Beklagten handele es sich um einen Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie, wenngleich nach Auffassung der Kammer vieles dafür spricht, dass die angesprochenen Verkehrskreise die unterschiedlichen Rubriken der „Gelben Seiten“ in der derzeitigen Form als Einteilung nach Tätigkeitsbereichen der inserierenden Ärzte und nicht nach deren Qualifikation verstehen werden.

Ungeachtet dessen verstößt der Beklagte durch die konkrete Form der Inserierung gegen § 27 Abs. 6 S. 1 der Berufsordnung der Nordrheinischen Ärztinnen und Arzte. Indem der Beklagte unter der Rubrik „Ärzte: Plastische Chirurgie“ inseriert, kündigt er als besonderes Leistungsangebot die Erbringung von plastischen Operationen an. Er macht hierbei jedoch entgegen § 27 Abs. 6 der Berufsordnung der Nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte nicht hinreichend deutlich, dass er diese Leistungen nach eigenen Angaben erbringt. Dies begründet einen Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.

§ 27 Abs. 6 Berufsordnung der Nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte ist eine das Marktverhalten regelnde Vorschrift im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG. Die Regelung verlangt im Interesse der Marktteilnehmer eine KlarsteIlung dahingehend, dass der Arzt hinsichtlich der von ihm angebotenen besonderen Leistung eine eigene Einschätzung abgibt, hinsichtlich derer es an einer objektivierten Kontrolle von dritter Seite, wie sie beim Facharzttitel besteht, fehlt. Dies trägt dem Vertrauensverhältnis von Arzt und Patient Rechnung und soll verhindern, dass der potentielle Patient aufgrund eines dem Arzt üblicherweise entgegengebrachten Vertrauensvorschusses dessen Angaben als zutreffend übernimmt, ohne sie kritisch zu hinterfragen. Der von § 27 Abs. 6 der Berufsordnung geforderte Hinweis soll den potentiellen Patienten daher dafür sensibilisieren, gegebenenfalls weitere Informationen über die Qualifikationen des ankündigen Arztes hinsichtlich des besonderen Leistungsangebotes einzuholen, soweit dieser die angebotene Leistung nach eigenen Angaben und nicht auf der Grundlage einer nach geregeltem Weiterbildungsrecht erworbenen Qualifikation erbringt.

Einen klarstellenden Hinweis in diesem Sinne enthält das streitgegenständliche Inserat des Beklagten nicht. Der Beklagte bewirbt vermittels der streitgegenständlichen Inserierung in den „Gelben Seiten“ eine Tätigkeit im Spezialgebiet der plastischen Chirurgie, ohne dass sich aus dieser Bewerbung in irgendeiner Form ergäbe, dass der Beklagte diese Leistungen nach eigenen Angaben, also ohne objektive Bestätigung, erbringt. Deshalb kann dahinstehen, ob der von § 27 Abs. 6 der Berufsordnung der Nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte geforderte Zusatz vor dem Hintergrund des Grundrechts der Berufsfreiheit aus Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz zwingend in der dort dargestellten Form erfolgen muss. Denn jedenfalls muss sich aus der werblichen Ankündigung in irgendeiner Form ergeben, dass es an einer Objektivierung der angebotenen Leistung fehlt und diese lediglich auf der Grundlage einer eigenen Einschätzung erbracht wird. Die grundsätzliche Verpflichtung, einen solch klarstellenden Hinweis aufzunehmen, verstößt auch nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG, da das oben dargestellte Patienteninteresse an einer eindeutigen Aufklärung über die ärztliche Qualifikation das Interesse des Arztes an einer gänzlich unbeschränkten Ankündigung besonderer Leistungsangebote im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt.

Dem Kläger steht nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG auch ein Anspruch auf Erstattung der mit der Abmahnung verbundenen Kosten in Höhe von EUR 189,00 zu. Die Abmahnung war nach den vorstehenden Ausführungen vollumfänglich berechtigt. Die Abmahnpauschale ist auch der Höhe nach angemessen und entspricht dem Üblichen (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, § 12, Rz. 1.98). Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288, 187 analog BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.

Streitwert: EUR 15.000,00

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