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Flugannullierung – Rückerstattung Ticketpreis nach Abtretungsanzeige Fluggastrechteportal

AG Bremen – Az.: 9 C 321/20 – Urteil vom 05.03.2021

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 832,32 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.05.2020 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Rückzahlung aus abgetretenem Recht.

Der Fluggast A… buchte bei der Beklagten für den 16.04.2020 einen Flug von Bremen nach Istanbul via Shiraz und für den 18.05.2020 einen Rückflug nach Bremen zur Buchungs-Nr.: U… Beide Flüge wurden annulliert. Vorab war der Ticketgesamtpreis in Höhe von 832,32 € an die Beklagte geleistet worden.

Die Klägerin trägt vor, dass die Abtretung der Ansprüche des Fluggastes an die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 12.05.2020 angezeigt worden sei.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 832,32 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.05.2020 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, dass der – unbestrittene – Anspruch am 24.07.2020 durch Rückzahlung des Ticketpreises auf die Kontoverbindung des Fluggastes erfüllt worden sei und bestreitet die Anzeige der Abtretung mit Nichtwissen. Zu einer Abtretungserklärung gehöre zudem die Angabe der Adresse des Zedenten, damit diesem ggf. der Streit verkündet werden könne.

Das Gericht hat im Termin vom 29.01.2021 einen Hinweis erteilt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Rückzahlungsanspruch gemäß Art. 8 I a der Verordnung EG Nr. 261/04 ist gegenüber der Klägerin durch etwaige Rückzahlung vom 24.07.2020 an den Zedenten gegenüber der Klägerin als Zessionarin nicht erloschen.

Denn die Beklagte kann den Zugang der Abtretungsanzeige (§§ 409, 130 BGB) nicht mit Nichtwissen bestreiten (§ 138 IV ZPO). Es handelt sich insofern um einen Umstand in der Sphäre der Beklagten. Das Wissen ihrer Mitarbeiter müsste sich die Beklagte zurechnen lassen (vgl. Zöller, 30. A., § 138, Rn. 13, 16).

Das Gericht hat auf diesen Umstand im Termin hingewiesen und der Beklagten insofern nachgelassen, binnen 3 Wochen ergänzend vorzutragen. Innerhalb dieser Frist erklärte die Beklagte weder ein konkretes Bestreiten (Fax ist nicht zugegangen), noch erläuterte sie, welche (ergebnislosen) Informationsbemühungen sie innerhalb ihrer Organisationssphäre unternahm, um den Vortrag der Klägerseite zu verifizieren bzw. zu falsifizieren.

Somit ist mangels zulässigen Bestreitens davon auszugehen, dass das zur Akte gereichte Schreiben vom 12.05.2020 (Bl. 25 d.A.) nebst Kopie des Abtretungsvertrags vom 11.05.2020 (Bl. 26 d.A.) der Beklagten entsprechend dem Fax-Zustellungsbericht vom 12.05.2020 (Bl. 24 d.A.) erfolgreich zugeleitet wurde.

Die Abtretung war auch hinreichend bestimmt (§§ 398 ff. BGB). Die Anschrift des Zedenten muss in einem – sogar formlos zulässigen – Abtretungsvertrag nicht bezeichnet werden (vgl. Palandt, 80. A., § 398, Rn. 14). Im Übrigen kann die Beklagte die Adressdaten des Fluggastes über den (mit Personalausweiskopie) mitgeteilten Namen des Passagiers unschwer ermitteln, zumal im Abschreiben vom 12.05.2020 der Buchungscode mit den weiteren Flugdaten von der Klägerin konkret bezeichnet wurde. Die Wirksamkeit einer Abtretung hat mit einer (ggf. nachfolgenden) Streitverkündung in einem Prozess nichts zu tun.

Folglich hätte die Beklagte im Zeitpunkt der behaupteten Zahlung an den Zedenten Kenntnis gehabt, dass dieser nicht mehr Anspruchsinhaber war. Die Klägerin muss als Zessionarin eine etwaige Zahlung an den Zedenten nach der Abtretungsanzeige daher nicht gegen sich gelten lassen (§ 407 I BGB).

Ob die Beklagte, die während der Corona-Pandemie unstreitig nicht binnen 7 Tagen Kostenerstattung an den Fluggast leistete, überhaupt erst aufgrund des Schreibens der Klägerin aktiv wurde, kann dahinstehen.

Da die Beklagte die Echtheit der Unterschrift des Zedenten nicht bestritt, war dieser auch nicht – auf Beweisantrag der Klägerin – als Zeuge zu laden.

Der Beklagten steht es frei, gegenüber dem Zedenten nach (erneuter) Zahlung an die Klägerin Regressansprüche geltend zu machen. Sofern die Rückzahlung an den Zedenten hinreichend bestimmt wurde, könnte dieser im Zeitpunkt des Geldempfangs – wegen zwischenzeitlicher Abtretung an die Klägerin – bösgläubig gewesen sein (vgl. § 819 BGB). Die Adresse des Zedenten wurde mit Schriftsatz der Klägerin vom 17.02.2021 im Zuge des fristgerechten Widerrufs des Prozessvergleichs vom 29.01.2021 benannt.

Die Nebenforderung folgt aus Art. 12 der o.g. Verordnung i.V.m. §§ 286, 288 BGB.

Die Nebenentscheidungen basieren auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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