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Kunstberatungsvertrag – Keine Gewinnbeteiligung bei nur zum Teil erbrachten Leistungen

Das Landgericht Stuttgart entschied, dass die Kunstberatungsgesellschaft ihre vertraglich vereinbarten Leistungen für das Jahr 2021 nur zu einem geringen Teil erfüllt hat und daher keine Gewinnbeteiligung an Kunstverkäufen des Künstlers bekommt. Der Künstler muss der Gesellschaft lediglich die 800 € für die Videoerstellung nebst Zinsen erstatten.

→ Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 21 O 160/23

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Der Künstler muss der Kunstberatungsgesellschaft nur die Aufwendungen für die Videoerstellung erstatten, nicht jedoch eine Gewinnbeteiligung für selbst verkaufte Werke zahlen.
  • Das Vertragsdokument regelte keine verbindliche Provisionshöhe, sondern enthielt lediglich unverbindliche Beispiele.
  • Eine 50%ige Gewinnbeteiligung für jegliche Verkäufe, unabhängig von einer Vermittlungsleistung, wäre nach Ansicht des Gerichts sittenwidrig.
  • Die Gesellschaft konnte 2021 aufgrund von Corona und des Künstlerverhaltens wesentliche Leistungen nicht erbringen, weshalb ihr kein Gewinnanteil zusteht.
  • Für die Zukunft sind keine Vereinbarungen getroffen, obwohl eine 9-jährige Laufzeit intendiert war, was auf einen Einigungsmangel hindeutet.
  • Der Künstler muss Auskunft über Verkäufe erteilen, wenn die Gesellschaft hierauf einen Anspruch hätte, was aber nicht der Fall ist.
  • Die Gesellschaft ist ausreichend aktiv-legitimiert, da sie selbst den Auftrag für die Videoerstellung erteilte.
  • Aufwendungsersatz nach § 670 BGB ist möglich, Gewinnbeteiligung aber nicht, da Voraussetzungen nach § 326 BGB nicht erfüllt sind.

Kunstberatungsvertrag: Keine Gewinnbeteiligung bei unvollständigen Leistungen

Kunstberatung
(Symbolfoto: Andrey_Popov /Shutterstock.com)

Kunstwerke haben seit jeher eine besondere Anziehungskraft auf Sammler und Kunstliebhaber. Der Markt für zeitgenössische Kunst ist jedoch komplex und stellt Künstler sowie interessierte Käufer oft vor Herausforderungen. Um den Einstieg in die Kunstwelt zu erleichtern und Künstler erfolgreich zu etablieren, haben sich spezialisierte Kunstberater etabliert. Diese Experten unterstützen Künstler bei der Vermarktung, Organisation von Ausstellungen und Vernetzung in der Branche.

Allerdings kann es bei solchen Kunstberatungsverträgen zu Meinungsverschiedenheiten kommen, etwa über die Höhe der Gewinnbeteiligung oder den Umfang der Leistungen. Rechtliche Fragen rund um Kunstberatungsverträge sind daher ein wichtiges Thema, das im Folgenden anhand eines konkreten Gerichtsfalls näher betrachtet wird.

Der Fall vor dem Landgericht Stuttgart im Detail

Kunstberatungsvertrag: Keine Gewinnbeteiligung trotz nur teilweiser Leistungen

In diesem Fall standen sich eine Kunstberatungsgesellschaft und ein junger Künstler vor Gericht gegenüber. Die Gesellschaft klagte auf Auskunft über Kunstverkäufe des Künstlers sowie Zahlung von Gewinnanteilen und Aufwendungsersatz. Hintergrund war eine Vereinbarung aus dem Jahr 2020, in der die Gesellschaft die Etablierung des Künstlers auf dem Kunstmarkt anstrebte. Dazu sollten im Jahr 2021 diverse Leistungen erbracht werden, darunter die Organisation von Ausstellungen, Messeteilnahmen und die Erstellung von Werbematerialien. Die „Preispolitik“ des Vertrags enthielt Beispiele für die Aufteilung von Verkaufserlösen, jedoch keine eindeutige Provisionshöhe.

Tatsächlich erbrachte die Gesellschaft 2021 nur eine “Pop-Up”-Ausstellung und die Beauftragung eines Videos für die Social-Media-Kanäle des Künstlers. Letzteres führte zur Klageforderung auf Aufwendungsersatz in Höhe von 800 €. Weitere Leistungen blieben seitens der Gesellschaft aus, auch in den Folgejahren. Dennoch beanspruchte sie Gewinnbeteiligung an selbst getätigten Kunstverkäufen des Künstlers.

Gerichtliche Entscheidung: Nur Erstattung der Aufwendungen

Das Landgericht Stuttgart gab der Klage teilweise statt. Der Künstler muss der Gesellschaft die 800 € für die Videoerstellung nebst Zinsen erstatten. Die Forderungen auf Auskunft über Verkäufe sowie Gewinnbeteiligung wurden hingegen abgewiesen.

Begründung des Urteils: Unmöglichkeit der Leistung und fehlende Teilbarkeit

Das Gericht begründete seine Entscheidung mit § 326 BGB, der regelt, wann der Anspruch auf die Gegenleistung bei einem Vertrag entfällt. Der Anspruch auf Gewinnbeteiligung entfällt, da die Gesellschaft ihre vertraglich vereinbarten Leistungen für das Jahr 2021 nur zu einem geringen Teil erfüllt hat. Die restlichen Leistungen sind aufgrund des Zeitablaufs unmöglich geworden (§ 275 BGB). Dabei handelt es sich um sogenannte absolute Fixschulden, deren Erbringung nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt sinnvoll ist, um den Vertragszweck zu erreichen.

Da die Gesellschaft ihre Leistungspflichten nur zu einem geringen Teil erfüllt hat, kann der Gegenleistungsanspruch nicht anteilig gekürzt werden. Die Gewinnbeteiligung ist rechtlich nicht teilbar, da sie nicht einer einzelnen konkreten Leistung der Gesellschaft gegenübersteht, sondern in der Gesamtheit der Leistungen ihre Rechtfertigung findet.

Ausschluss der Gewinnbeteiligung: Verantwortlichkeit und Ausnahmegründe

Weiterhin stellte das Gericht fest, dass der Künstler nicht für den Leistungsausfall der Gesellschaft verantwortlich ist. Auch die Absage einer geplanten Ausstellung durch den Künstler rechtfertigt keine Ausnahme von der Regelung des § 326 BGB. Somit behält die Gesellschaft ihren Anspruch auf Gewinnbeteiligung nicht ausnahmsweise.

✔ FAQ zum Thema: Kunstberatungsvertrag


Was versteht man unter einem Kunstberatungsvertrag?

Ein Kunstberatungsvertrag ist ein Vertrag zwischen einem Künstler und einem Berater oder einer Agentur, der die Beratung und Förderung der Karriere des Künstlers zum Gegenstand hat. Es handelt sich dabei in der Regel um einen Dienstvertrag, in Ausnahmefällen kann er auch als Werkvertrag ausgestaltet sein.

Der Berater schuldet dem Künstler die vertragsgemäße Erbringung von Beratungsleistungen, wie z.B. Unterstützung bei der Vermarktung und dem Verkauf von Kunstwerken, Kontaktvermittlung zu Galerien und Sammlern oder Öffentlichkeitsarbeit. Eine Gewinnbeteiligung des Beraters an den durch seine Tätigkeit erzielten Verkaufserlösen des Künstlers ist nur geschuldet, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde. Allein aus der Erbringung von Beratungsleistungen ergibt sich kein Anspruch auf Gewinnbeteiligung.

Für den Künstler besteht die Verpflichtung zur Zahlung der vereinbarten Vergütung an den Berater. Die Höhe des Honorars und die Fälligkeit sollten im Vertrag klar geregelt sein. Üblich sind Pauschalvergütungen pro Zeiteinheit (z.B. Tagessatz) oder erfolgsabhängige Provisionen.

Kunstberatungsverträge unterliegen keinen besonderen Formvorschriften, aus Beweisgründen empfiehlt sich aber die Schriftform. Inhaltlich sollten neben dem genauen Vertragsgegenstand und der Vergütung auch Vertragsdauer, Kündigungsfristen, Geheimhaltungspflichten und Haftungsfragen geregelt werden.


Wie wird die Gewinnbeteiligung in Kunstberatungsverträgen üblicherweise geregelt?

In Kunstberatungsverträgen ist die Regelung der Gewinnbeteiligung des Beraters an den durch seine Tätigkeit erzielten Verkaufserlösen des Künstlers ein wichtiger Punkt. Dabei gilt:

Eine Gewinnbeteiligung des Beraters ist nur geschuldet, wenn dies ausdrücklich im Vertrag vereinbart wurde. Allein aus der Erbringung von Beratungsleistungen ergibt sich kein Anspruch auf Gewinnbeteiligung.

Üblich sind entweder Pauschalvergütungen pro Zeiteinheit (z.B. Tagessatz) oder erfolgsabhängige Provisionen. Die genauen Modalitäten wie Höhe, Berechnungsgrundlage und Fälligkeit sollten eindeutig im Vertrag geregelt werden, um Streitigkeiten zu vermeiden.

Scheidet der Berater innerhalb eines Geschäftsjahres aus, wird meist nur eine anteilige Gewinnbeteiligung für den Zeitraum seiner Tätigkeit gewährt. Kündigt der Auftraggeber aus wichtigem Grund, kann der Anspruch auf Gewinnbeteiligung für das laufende Jahr ganz entfallen.

Grundsätzlich steht dem Berater die Gewinnbeteiligung nur bei vollständiger vertragsgemäßer Leistungserbringung zu. Hat er die geschuldete Beratung nur teilweise erbracht, muss dies bei der Berechnung der Beteiligung berücksichtigt werden.

Die Vereinbarung einer Gewinnbeteiligung dient dazu, den Berater zu motivieren, sich für den Erfolg des Künstlers einzusetzen. Sie ist ein leistungsbezogener finanzieller Anreiz, der die Interessen beider Parteien in Einklang bringen soll. Daher empfiehlt es sich, die Voraussetzungen und die Berechnung fair und transparent zu regeln.


Welche Rechte und Pflichten ergeben sich aus einem Kunstberatungsvertrag?

Aus einem Kunstberatungsvertrag ergeben sich typischerweise folgende wesentliche Rechte und Pflichten für die Vertragsparteien:

Pflichten des Beraters:

  • Erbringung der vertraglich vereinbarten Beratungsleistungen, wie z.B. Vermarktung und Verkauf von Kunstwerken, Kontaktvermittlung zu Galerien und Sammlern, Öffentlichkeitsarbeit. Art, Umfang und Qualität der geschuldeten Leistungen sollten möglichst genau im Vertrag definiert werden.
  • Einhaltung der vereinbarten Termine und Fristen
  • Wahrung der Interessen des Künstlers, insbesondere in Bezug auf dessen Reputation und künstlerische Freiheit
  • Verschwiegenheit über vertrauliche Informationen des Künstlers

Rechte des Beraters:

  • Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Höhe, Fälligkeit und Zahlungsmodalitäten sollten klar geregelt sein. Üblich sind Pauschalvergütungen pro Zeiteinheit oder erfolgsabhängige Provisionen.
  • Anspruch auf Aufwendungsersatz, sofern dies vereinbart wurde
  • Recht zur fristgerechten Kündigung aus wichtigem Grund

Pflichten des Künstlers:

  • Erbringung der erforderlichen Mitwirkungshandlungen, z.B. rechtzeitige Bereitstellung von Informationen und Bildmaterial
  • Zahlung der vereinbarten Vergütung an den Berater
  • Unterlassung von Handlungen, die den Berater bei seiner Tätigkeit behindern könnten

Rechte des Künstlers:

  • Anspruch auf die vertragsgemäße Erbringung der Beratungsleistungen durch den Berater
  • Recht zur fristgerechten Kündigung aus wichtigem Grund
  • Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft über die Tätigkeit des Beraters

Entscheidend ist, dass die Rechte und Pflichten beider Parteien möglichst umfassend und eindeutig im Vertrag geregelt werden, um Unklarheiten und Streitigkeiten zu vermeiden. Insbesondere sollte klargestellt werden, dass der Berater nur bei vollständiger vertragsgemäßer Leistungserbringung Anspruch auf die volle Vergütung bzw. Gewinnbeteiligung hat.


Was passiert, wenn vereinbarte Leistungen in einem Kunstberatungsvertrag nicht vollständig erbracht werden?

Wenn in einem Kunstberatungsvertrag vereinbarte Leistungen durch den Berater nicht vollständig erbracht werden, hat dies Auswirkungen auf dessen Anspruch auf die Vergütung bzw. Gewinnbeteiligung:

Grundsätzlich steht dem Berater die volle vereinbarte Vergütung oder Gewinnbeteiligung nur bei vollständiger vertragsgemäßer Leistungserbringung zu. Hat er die geschuldete Beratung nur teilweise erbracht, muss dies bei der Berechnung der Vergütung berücksichtigt werden.

Der Auftraggeber (Künstler) kann die Vergütung in diesem Fall angemessen mindern. Maßgeblich ist dabei das Verhältnis des Wertes der erbrachten Teilleistung zur vollständigen Leistung. Alternativ kann der Auftraggeber dem Berater eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen. Erst wenn diese fruchtlos verstreicht, kann er die Vergütung kürzen oder vom Vertrag zurücktreten.

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Wurde eine erfolgsabhängige Provision oder Gewinnbeteiligung vereinbart, entfällt der Anspruch darauf bei nur teilweiser Leistungserbringung ganz oder teilweise, je nachdem inwieweit die Schlechtleistung des Beraters ursächlich für den ausgebliebenen Erfolg war.

Neben der Kürzung der Vergütung kommen als Rechtsfolgen einer Schlechtleistung auch Schadensersatzansprüche des Auftraggebers in Betracht, wenn ihm durch die Pflichtverletzung des Beraters ein Schaden entstanden ist. Voraussetzung ist, dass den Berater ein Verschulden trifft.

Um Streitigkeiten über die Leistungserbringung zu vermeiden, sollten Kunstberatungsverträge den geschuldeten Leistungsumfang möglichst genau und abschließend definieren. Auch empfiehlt es sich, die Rechtsfolgen einer nur teilweisen Leistungserbringung vertraglich zu regeln, z.B. durch Vereinbarung einer angemessenen Vergütungsminderung.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 670 BGB – Aufwendungsersatz im Auftragsrecht: Der Paragraph regelt die Erstattung von Aufwendungen, die der Beauftragte im Interesse des Auftraggebers gemacht hat und die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin für den Beklagten Ausgaben getätigt, die zur Erstellung eines Videos für dessen Social-Media-Kanäle notwendig waren. Diese Kosten sind nach § 670 BGB erstattungsfähig, da sie im Rahmen des Auftrags angefallen sind.
  • § 326 BGB – Wegfall der Leistungspflicht: Dieser Paragraph ist relevant, wenn vertraglich vereinbarte Leistungen nicht oder nur teilweise erbracht werden und dadurch der Anspruch auf die Gegenleistung (hier: Gewinnbeteiligung) entfällt. Im Kontext des Falles wird die Gewinnbeteiligung nicht geschuldet, da die Klägerin ihre Hauptleistungspflichten nicht vollständig erfüllt hat, was den Wegfall des Anspruchs auf Gegenleistung nach sich zieht.
  • § 242 BGB – Treu und Glauben: Dieser Grundsatz wird oft herangezogen, um die Fairness und Angemessenheit von Vertragsbedingungen und -forderungen zu beurteilen. Im vorliegenden Fall nutzt das Gericht diesen Grundsatz, um die Anforderungen und Rechte bezüglich der Auskunftserteilung und weiteren Ansprüchen zu klären.
  • § 138 BGB – Sittenwidrigkeit von Rechtsgeschäften: Dieser Paragraph spielt eine Rolle, wenn Vertragsbedingungen als sittenwidrig eingestuft werden könnten, wie hier eventuell bei der Regelung der Gewinnbeteiligung ohne erbrachte Vermittlungsleistung.
  • § 154 BGB – Offener Einigungsmangel: Relevant, wenn Vertragsparteien wichtige Punkte eines Vertrags nicht abschließend geklärt haben. Im Fallbeispiel wird argumentiert, dass kein bindender Vertrag über die Gewinnbeteiligung zustande kam, da keine eindeutige Einigung über wesentliche Vertragsbestandteile erfolgte.
  • §§ 286, 288 BGB – Verzugszinsen: Diese Paragraphen regeln die Verpflichtungen bei Zahlungsverzug, einschließlich der Zinsen, die auf überfällige Zahlungen anfallen. Im gegebenen Fall sind sie relevant für die Zinsforderung auf den erstattungsfähigen Betrag von 800,00 €, der durch die Klägerin vorfinanziert wurde.

Diese Gesetze und Paragraphen bilden die rechtliche Grundlage, die die Beziehungen und Ansprüche zwischen den Parteien im Rahmen des Kunstberatungsvertrags regelt. Ihre Anwendung entscheidet über die Durchsetzbarkeit und die Art der durchsetzbaren Ansprüche in diesem speziellen Rechtsfall.


➜ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Stuttgart

LG Stuttgart – Az.: 21 O 160/23 – Urteil vom 17.04.2024

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 800,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.02.2023 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 91 % und der Beklagte zu 9 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Beklagten jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 9.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt vom Beklagten Auskunft über Verkäufe seiner Kunstwerke und daran anknüpfend Zahlung von Gewinnanteilen. Ferner möchte sie Ersatz für Aufwendungen, die sie für den Beklagten getätigt haben will.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus den Gesellschaftern W.M. und B.E. Sie ist in der Kunstbranche tätig und unterstützt unter anderem Künstler bei der Etablierung auf dem Kunstmarkt durch unterschiedliche Maßnahmen, etwa durch Organisation von Ausstellungen. Der Beklagte ist ein junger Künstler, der unter anderem Kunstwerke unter Verwendung von Bildschirmen herstellt.

Der Beklagte, W.M. und B.E. unterschrieben am 10.11.2020 gemeinsam ein Dokument, das mit „VEREINBARUNG ÜBER PARTNERSCHAFT ZWISCHEN H. UND M.“ überschrieben war. Das Schriftstück hatte auszugsweise den folgenden Inhalt:

„H. wird als Künstler im Kunstmarkt etabliert. Beginn der Zusammenarbeit ab 10.11.2020, Laufzeit: auf unbestimmte Zeit, frühestens kündbar am 10.11.2030.

ZIELE UND AUFGABEN 2021

1. Für Bildschirmbild wird € 15 TSD inkl. MwSt angesetzt

2. Es werden 4 Ausstellungen organisiert und ebenfalls die Teilnahme an 1 Messe, unter Vorbehalt von Anordnungen von staatlichen Stellen (Thema Corona)

Beispiel: D. in F., Ausstellung bei D. in S., Ausstellung M. in B. und weitere 2 Ausstellungen

3. Teilnahme A. in S. 2021. dies prüfen, ob eine Teilnahme als auswärtige Galerie genehmigt wird.

4. Ebenfalls wird geprüft ob 2021/2022 eine Möglichkeit besteht in den F. Stores von U. in Deutschland eine Ausstellung zu organisieren. Vorteil ist, dass nur Geschäftskunden bei den Vernissagen eingeladen werden.

5. Events: es wird ein Drehbuch erstellt für Ausstellungen, d.h. für Musik, Catering, Presse, Videodreh und Fotograf

6. M.M. wird ein Corporate Design für die Außendarstellung entwerfen.

7. aktuelle Webseite H.: es gibt einen Link auf M.M.

8. Werksverzeichnis: Excel Liste (Bild + Beschreibung) erstellt durch H., jpg’s werden separat erstellt

9. Newsletter: 4 x im Jahr über Neuigkeiten, aktuelle Themen für die Kunst von H.

10. Online Shop: wird gepflegt durch H. und M.M.

Preispolitik:

Beispiel 1: € 10 TSD Verkauf ./. € 1 TSD für Bildschirm = € 9 TSD, davon 50/50 H. und M.

Beispiel 2: externe Galerieausstellungen:

€ 10 TSD Verkauf ./. € 1 TSD = 9 TSD, davon 50% H., Galerie 30%, M. 20 %

Beispiel 3: Beteiligung an Messen:

€ 10 TSD Verkauf ./. 1 TSD ./. Standkosten /Logistik 50/50 H. und M., danach vom Gewinn Aufteilung 50/50 H. und M.

Beispiel 4: Museumsbeteiligung:

Logistikkosten 50/50 H. + M.

Beispiel 5: – Familie frei -(1. Grad)

Alle anderen Galerien und enger Freundeskreis 20% für M.

[…]“

Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Dokuments wird auf die Anlage B2 verwiesen.

Der Beklagte begehrte die Erstellung eines Videos für seine Social-Media-Kanäle. Die Gesellschafter der Klägerin organisierten dies für den Beklagten und beauftragten über die G.M. GmbH, die in Verbindung zu den Gesellschaftern der Klägerin steht, die A.S. GbR mit der Erstellung des Videos. Das Video wurde erstellt und dem Beklagten zugeleitet. Die A.S. GbR verlangte für die Videoerstellung von der G.M. GmbH die Zahlung von 952,00 € brutto. Die G.M. GmbH zahlte den Betrag. Die Klägerin erstattete der G.M. GmbH diesen Betrag.

Die Klägerin organisierte für den Beklagten eine „Pop-Up“-Ausstellung in B.

Die Klägerin vermittelte den Verkauf eines Kunstwerks des Beklagten an einen Dritten. Daraufhin stellte der Beklagte am 04.03.2021 eine Rechnung i.H.v. 1.500 € für Gewinnbeteiligung an Herrn W.M. (Anl. B1).

Die Klägerin organisierte ferner für den Beklagten eine Einzelausstellung für Ende Juli 2021, welche vom Beklagten abgesagt wurde. Dieser hatte stattdessen selbst eine andere Ausstellung im B.B. in S. organisiert (Bl. 19, 31). Die Klägerin half dem Beklagten bei der Verbringung seiner Kunstwerke in das B.B.

Mit E-Mail vom 21.12.2021 (Anl. K2) teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er ein Bild verkauft habe und aus seiner Sicht der Klägerin nur 15 % abzüglich Umsatzsteuer zustünden, d.h. 795,00 €. Zu einer Auszahlung dieses Betrags kam es nicht. Der Beklagte teilte der Klägerin seitdem keinen weiteren Verkauf mit.

Im Jahr 2022 war die Klägerin auf der „I.A.“ vertreten. Der Beklagte stellte unabhängig davon einen eigenen Stand auf.

Mit anwaltlichen Schreiben vom 18.01.2023 (Anl. K6) und 28.02.2023 (Anl. K8) forderte die Klägerin den Beklagten unter anderem auf, Auskünfte über getätigte Verkäufe zu geben und einen Betrag von 952,00 € brutto für die Videoerstellung durch die A.S. GbR zu bezahlen. Es erfolgte weder eine Auskunftserteilung noch eine Zahlung.

Die Klägerin trägt vor, dass die Parteien einen Vertrag geschlossen hätten, deren Inhalt zumindest auslegungsfähig sei. Auf Grund dieser Vereinbarung könne die Klägerin Auskunft verlangen und ihr stehe auch ein noch zu beziffernder Zahlungsanspruch gegen den Beklagten zu. Insbesondere ergebe sich aus „Beispiel 1“, dass der Beklagte der Klägerin für jedweden Verkauf eines Kunstwerks einen Anteil am Gewinn schulde (ohne, dass die Klägerin eine Vermittlungsleistung erbringen müsse). Der prozentuale Anteil variiere, je nachdem, in welcher Situation das Kunstwerk verkauft werde (Beispiele 2 – 5). Denn der Gewinnbeteiligungsanspruch sei die Gegenleistung dafür, dass die Klägerin den Beklagten allgemein in seiner Bekanntheit, seiner Professionalität und seiner Außendarstellung weiterbringen und vernetzen sollte (Bl. 20 d. A.).

Ferner habe sie einen Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen i.H.v. 800,00 € netto aus §§ 675 Abs. 1, 670 BGB wegen der Beauftragung der A.S. GbR für die Erstellung eines „Social-Media-Inhalts“.

Die Klägerin habe den Beklagten über ihren Stand auf der „I.A.“ informiert. Der Beklagte habe verhindert, dass die Klägerin ihre Aufgaben und Ziele gemäß dem Vertrag erfüllen konnte. Im Übrigen habe die Corona-Pandemie noch zu erheblichen Behinderungen bei der Verwirklichung der Aufgaben und Ziele geführt.

Die Klägerin beantragt: Der Beklagte wird im Wege der Stufenklage verurteilt

1. der Klägerin Auskunft zu erteilen über alle von ihm seit 10. November 2020 verkauften Kunstwerke, insbesondere über:

a. die Titel/Namen der von ihm verkauften Kunstwerke,

b. den jeweiligen erzielten Kaufpreis von den veräußerten Kunstwerken nach lit.a,

c. die evtl. Materialkosten für die Herstellung des jeweiligen Kunstwerks,

d. den Zeitpunkt, den Ort und die Rahmenbedingungen des Verkaufs

e. darüber, ob und in welchem Grad der Käufer mit dem Beklagten ggf. verwandt, verlobt oder verschwägert ist.

2. Der Beklagte wird erforderlichenfalls verurteilt, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte eidesstattlich zu versichern.

3. Der Beklagte wird verurteilt, nach Erledigung der Ziffern 1 bis 2 an die Klägerin die entsprechenden Beträge aus den sich gemäß der Auskunftserteilung ergebenden Gewinnen zu entrichten.

4. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 800,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16. Februar 2023 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt: Die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte trägt vor, dass er das Dokument vom 10.11.2020 nicht mit der Klägerin, sondern mit den Kunstberatern W.M. und B.E. unterzeichnet habe, weswegen die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei. Wegen des diesbezüglichen weiteren Vortrags wird auf den Schriftsatz der Beklagtenseite vom 13.10.2023 verwiesen (Bl. 15 d. A.).

Der Klägerin stehe im Übrigen weder ein Auskunfts- noch ein Zahlungsanspruch zu. Bei dem Dokument vom 10.11.2020 handele es sich um einen losen Joint-Venture-Vertrag bzw. Rahmenvertrag. Wie die Überschrift „Preispolitik“ und die aufgezählten Beispiele zeigten, habe man sich nicht verbindlich über eine Provisionshöhe geeinigt. Es seien auch keine Absprachen für die Jahre nach 2021 getroffen worden, was angesichts der intendierten Vertragslaufzeit von ca. 9 Jahren erhebliche Zweifel aufkommen lasse, ob alle essentialia negotii vereinbart worden seien. Es liege ein offener Einigungsmangel i.S.d. § 154 BGB vor bzw. die offenen Punkte hätten zu einem späteren Zeitpunkt geregelt werden sollen. Für nähere Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beklagtenseite vom 13.10.2023 und 29.02.2024 verwiesen (Bl. 16, 58 d. A.).

Hilfsweise für den Fall, dass zwischen den Parteien ein Vertrag wirksam zustande gekommen sei, sei die Zahlungsvereinbarung so zu verstehen, dass eine Erlösbeteiligung nur bei von der Klägerin selbst vermittelten Kunstwerken bestehe. Außerdem sei eine Gewinnbeteiligung an die Bedingung geknüpft, dass die Klägerin alle ihre Aufgaben für das Jahr 2021, welche ihr im Dokument vom 10.11.2020 auferlegt worden sei, erfülle, was nicht der Fall gewesen sei. Für den diesbezüglichen weiteren Vortrag der Beklagtenseite wird auf deren Schriftsätze vom 13.10.2023 (Bl. 16 d. A.) und 23.01.2024 (Bl. 28 d. A.) verwiesen.

Ginge man vorliegend von einer Gewinnbeteiligung der Klägerin von 50 % für jeden Verkauf eines Kunstwerks aus, unabhängig davon, ob die Klägerin eine Vermittlungsleistung erbracht habe oder nicht, sei der Vertrag sittenwidrig und deshalb nach § 138 BGB nichtig.

Die 21. Zivilkammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 09.11.2023 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (Bl. 21 d. A.).

Das Gericht hat die Gesellschafter der Klägerin und den Beklagten informatorisch angehört. Bezüglich des Inhalts der Anhörungen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.02.2024 verwiesen (Bl. 46 d. A.).

Wegen der Einzelheiten des jeweiligen weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

A.

Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Stuttgart ist insbesondere gem. § 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG sachlich und nach §§ 12, 13 ZPO örtlich zuständig. Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, ist partei- und prozessfähig i.S.d. §§ 50 ff. BGB (BGH 29.01.2001 – II ZR 331/00, NJW 2001, 1056). Die Stufenklage (Anträge Ziff. 1 – 3) erfüllt die Anforderungen der §§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 254 ZPO.

B.

Die Klage ist begründet, soweit die Klägerin vom Beklagten die Zahlung von 800,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.02.2023 begehrt. Ein solcher Anspruch ergibt sich aus § 670 S. 1 BGB bzw. §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB (I.). Die Klägerin hat gegen den Beklagten jedoch keinen Anspruch auf die begehrte Auskunft aus § 242 BGB, da der im Wege der Stufenklage geltend gemachte Zahlungsanspruch, der mittels der begehrten Auskunft beziffert werden soll, nicht besteht. Dem steht jedenfalls § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB entgegen (II.).

I.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Zahlung von 800,00 € aus § 670 S. 1 BGB nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.02.2023 aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

1.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 800,00 € aus § 670 S. 1 BGB.

a)

Die Klägerin ist vom Beklagten beauftragt worden (§§ 662 ff. BGB), ein Video für die Social-Media-Kanäle des Beklagten erstellen zu lassen. Die Klägerin beauftragte daraufhin über die G.M. GmbH die A.S. GbR mit der Erstellung des Videos. Der diesbezügliche Vortrag der Klägerin blieb vom Beklagten unbestritten (vgl. Bl. 16 d. A.), weswegen er gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt.

b)

Zum Zwecke der Ausführung des Auftrags hat die Klägerin Aufwendungen i.H.v. 800,00 € netto gehabt. Die A.S. GbR stellte der G.M. GmbH eine Rechnung i.H.v. 952,00 € brutto bzw. 800,00 € netto, welche diese bezahlte. Die Klägerin erstattete der G.M. GmbH diesen Betrag. Dies blieb vom Beklagten ebenfalls unbestritten. Diese Aufwendungen durfte die Klägerin nach den Umständen auch für objektiv erforderlich halten, da eine professionelle Videoerstellung für jeden erkennbar regelmäßig nur gegen Entgelt erfolgt.

c)

Soweit der Beklagte in der informatorischen Anhörung angegeben hat, dass die Klägerin nach einer Abrede die Kosten tragen sollten (Bl. 54 d. A.) – wofür er die Darlegungs- und Beweislast trägt -, ist er beweisfällig geblieben, was zu seinen Lasten geht. Den Umständen des Klägervortrags lässt sich entnehmen, dass diese von einer Kostentragungspflicht des Beklagten ausging, woraus sich die Absicht entnehmen lässt, dass sie die vom Beklagten vorgebrachte Tatsache bestreitet (§ 138 Abs. 3 Hs. 2 ZPO). Der Beklagte hat keinen Beweis für seine Behauptung, die Klägerin müsse nach einer vertraglichen Abrede die Kosten für den Videodreh tragen, angeboten. Im Übrigen wies das Gericht darauf hin, dass keine vertragliche Anspruchsgrundlage für eine Kostentragungspflicht der Klägerin ersichtlich ist (Bl. 56 d. A.).

2.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Die Klägerin hat den Beklagten erstmalig mit anwaltlichem Schreiben vom 18.01.2023 zur Zahlung von 952,00 € brutto für den Videodreh durch die A.S. GbR aufgefordert. Schuldnerverzug tritt mit Wirksamwerden der Mahnung, d.h. dem Zugang ein (BGH 15.11.1989 – IV B ZR 3/89, NJW-RR 1990, 323; BeckOGK/Dornis, 1.10.2022, BGB § 286 Rn. 222). Die Klägerin macht Verzugszinsen ab dem 16.02.2023 geltend. Es ist anzunehmen, dass die Mahnung unter Berücksichtigung des gewöhnlichen Postlaufs am 15.02.2023, also nach beinahe vier Wochen, dem Beklagten längst zugegangen war.

II.

Die Klägerin kann vom Beklagten keine Auskunft über die von ihm seit 10.11.2020 verkauften Kunstwerke gem. § 242 BGB verlangen, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein weitergehender Zahlungsanspruch, zu dessen Durchsetzung die Auskunft dienen soll, besteht. Dem steht jedenfalls § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB entgegen, weswegen vorliegend dahinstehen kann, ob überhaupt zwischen den Parteien ein wirksamer Vertrag zustande gekommen ist.

1.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich das erkennende Gericht anschließt, gebieten es Treu und Glauben, dem Anspruchsberechtigten einen Auskunftsanspruch zuzubilligen, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, und wenn der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderliche Auskunft zu erteilen (BGH 06.02.2007 – X ZR 117/04, NJW 2007, 1806, Rn. 13 m.w.N.). Der Auskunftsanspruch besteht allerdings unabhängig von dem Vorstehenden dann nicht, wenn vom Bestehen eines weitergehenden Zahlungsanspruchs, zu dessen Durchsetzung die Auskunft dienen soll, von vornherein nicht ausgegangen werden kann (BGH 11.02.2015 – IV ZR 213/14, NJW 2015, 2809, Rn. 26 m.w.N.). Das ist vorliegend der Fall.

2.

Selbst wenn man unterstellt, dass zwischen den Parteien ein wirksamer Vertrag zustande gekommen ist – was insbesondere angesichts der Lückenhaftigkeit des Vertrages bezüglich der Leistungspflichten der Klägerin für die Jahre nach 2021 und der Auslegungsbedürftigkeit der Vereinbarung über die Gegenleistungspflicht des Beklagten, auch vor dem Hintergrund des Ausschlusses des Rechts zur ordentlichen Kündigung bis zum Jahr 2030, zweifelhaft erscheint -, ist ein Zahlungsanspruch, zu dessen Durchsetzung die Auskunft dienen soll (3. Stufe der Stufenklage), jedenfalls wegen § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB ausgeschlossen.

Nach § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung unter anderem, wenn der Schuldner nach § 275 Abs. 1 BGB nicht zu leisten braucht. Das ist vorliegend der Fall. Eine andere Beurteilung rechtfertigt sich hier auch nicht aus dem Umstand, dass bei Teilleistungen – wie hier – in § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB auf § 441 Abs. 3 BGB verwiesen wird. Der Gegenleistungsanspruch bleibt auch nicht ausnahmsweise nach § 326 Abs. 2 S. 1 Var. 1 BGB erhalten, weil der Beklagte eine von der Klägerin beabsichtigte zweite Ausstellung abgesagt hat.

a)

Die Klägerin hat ihre Leistungspflichten bei unterstelltem wirksamen Vertragsschluss nur zu einem geringen Teil erfüllt. Die Klägerin hat nach übereinstimmendem Vortrag der Parteien im Jahr 2021 lediglich eine „Pop-Up“-Ausstellung in B. für den Beklagten organisiert. Der Vertrag sah aber noch weitere Leistungspflichten der Klägerin vor, die alle im Jahr 2021 hätten erfüllt werden sollen, was sich aus der gewählten Überschrift „ZIELE UND AUFGABEN 2021“ ergibt. Die Klägerin sollte unter anderem insgesamt vier Ausstellungen und eine Messeteilnahme organisieren (Ziff. 2 des Vertrags, Anl. B1), die Teilnahme bei A. in S. im Jahr 2021 prüfen und ggf. organisieren (Ziff. 3 des Vertrags, Anl. B1), Drehbücher für Events, insb. Ausstellungen erstellen (Ziff. 5 des Vertrags, Anl. B1), „M.M.“ ein Corporate Design entwerfen lassen (Ziff. 6 des Vertrags, Anl. B1) und vier Newsletter erstellen (Ziff. 9 des Vertrags, Anl. B1). Das Gericht hat nicht übersehen, dass die Klägerin nach unbestrittenem Vortrag dem Beklagten auch geholfen hat, seine Kunstwerke ins B.B. zu verbringen und wieder abzuholen, nachdem er eine von ihr organisierte Ausstellung abgesagt hat. Hier ist aber schon fraglich, ob dies eine nach dem Vertrag geschuldete Leistungspflicht der Klägerin gewesen ist. Jedenfalls dürfte sie aber nur von geringer Bedeutung für das gesamte Vertragsgefüge gewesen sein, sodass sich keine andere Beurteilung rechtfertigt. Abgesehen davon ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin in den Jahren nach 2021 nennenswerte Leistungen erbracht hätte.

b)

Die Erfüllung des bisher noch nicht geleisteten Teils (siehe lit. a) ist inzwischen wegen Zeitablaufs nach § 275 Abs. 1 BGB unmöglich geworden. Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf die Leistung ausgeschlossen, soweit sie für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. Davon ist unter anderem im Fall des Zeitablaufs bei sog. absoluten Fixschulden auszugehen (BGH 20.05.2021 – VII ZR 38/20, BeckRS 2021, 16517 Rn. 22; BeckOGK/Riehm, 1.8.2023, BGB § 275 Rn. 101).

Unter absoluten Fixgeschäften versteht man Verträge, bei denen die Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts nur bis zum Ablauf des Erfüllungszeitraums erbracht werden kann. Dabei muss der gesetzliche oder vereinbarte Leistungszeitpunkt nach dem Sinn und Zweck des Vertrags und nach der Interessenlage der Parteien so wesentlich sein, dass eine verspätete Leistung für den Gläubiger absolut sinnlos ist. In diesem Fall tritt mit dem Zeitablauf Unmöglichkeit ein, weil dann der Leistungszweck nicht mehr erreicht werden kann. Bei Dauerschuldverhältnissen – wie hier – führt eine Leistungsverzögerung zur Teilunmöglichkeit, wenn die verzögerte Leistung mit Ablauf des Leistungszeitraums nicht mehr nachgeholt werden kann. Davon ist auszugehen, wenn der Vertragszweck durch die verspätete Leistungserbringung nicht mehr erreicht werden kann. Ob die Parteien der Leistungszeit eine so weitgehende Bedeutung beimessen wollten, dass der Leistungszweck durch ein Nachholen der Leistung nicht mehr erreicht werden kann, ist – wenn der Vertragstext keine ausdrückliche Regelung enthält – unter Berücksichtigung aller Umstände durch Auslegung zu ermitteln, wobei sich jeder Zweifel gegen die Annahme eines absoluten Fixgeschäfts auswirkt (zum Ganzen BGH 20.05.2021 – VII ZR 38/20, BeckRS 2021, 16517 Rn. 22).

aa)

Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die unter der Überschrift „ZIELE UND AUFGABEN 2021“ aufgeführten Leistungspflichten der Klägerin in den Ziff. 2, 3, 5, 6 und 9 des Vertrages vom 10.11.2024 (Anl. B1) als absolute Fixschulden zu qualifizieren, die im Jahr 2021 hätten erfüllt werden müssen. Hierfür spricht allein schon die von den Parteien gewählte Überschrift. Für die Leistungspflichten in Ziff. 3 ergibt sich das außerdem aus der konkreten Formulierung, wonach die Teilnahme an einer Veranstaltung, die im Jahr 2021 stattfand, geprüft werden sollte. Auch aus der Formulierung der Ziff. 9 ergibt sich, dass pro Kalenderjahr (“im Jahr“), also auch für das Jahr 2021, vier Newsletter erstellt werden sollten. Schließlich spricht auch der Vertragszweck für die Annahme einer absoluten Fixschuld. Denn im ersten Satz der Vereinbarung hielten die Parteien fest: „H. wird als Künstler im Kunstmarkt etabliert. Beginn der Zusammenarbeit ab 10.11.2020, […].“ Der Vertragszweck, Etablierung des Beklagten im Kunstmarkt, konnte nur erreicht werden, wenn die Klägerin insbesondere vier Ausstellungen und eine Messeteilnahme i.S.d. Ziff. 2 des Vertrages organisiert. Nur bei vollständiger Erfüllung dieser und der anderen Verpflichtungen rechtfertigt sich die unter der Überschrift „Preispolitik“ vereinbarte, auslegungsbedürftige Gewinnbeteiligungsabrede für das Jahr 2021 der Höhe nach. Dies vor allem auch dann, wenn man die von der Klägerin vertretene Auslegungsvariante zugrunde legen würde, wonach der Beklagte grundsätzlich entsprechend „Beispiel 1“ für jeden Verkauf eines Kunstwerks der Klägerin 50 % des Gewinns bezahlen müsste und zwar unabhängig von einer Vermittlungsleistung der Klägerin. Denn nach dem Verständnis der Klägerin ergibt sich der Gewinnbeteiligungsanspruch „gerade daraus, dass die einzelnen Leistungen der Klägerin nicht immer unmittelbar zum Verkauf eines Kunstwerks führen, sondern den Beklagten allgemein in seiner Bekanntheit, seiner Professionalität und seiner Außendarstellung weiterbringen sollten“ (Bl. 20 d. A.). Die im Vertrag aufgeführten Leistungspflichten sind nicht nachholbar, weil der Vertragszweck, die Etablierung des Beklagten auf dem Kunstmarkt im Jahr 2021, wegen des Zeitablaufs nicht mehr erreicht werden kann. Der Vertragszweck wurde auch nicht etwa durch die Organisation der einen Ausstellung im Jahr 2021 erfüllt, da wohl kaum durch eine einmalige Veranstaltung von einer Etablierung auf dem Kunstmarkt ausgegangen werden kann und auch nicht vorgetragen ist, dass der Beklagte mittlerweile überhaupt als „auf dem Kunstmarkt etabliert“ gelten kann. Berücksichtigt man, dass die Klägerin dem Beklagten beim Verbringen seiner Kunstwerke in das B.B. half, folgt auch daraus nichts anderes für die Beurteilung. Denn diese Leistung war nur von untergeordneter Bedeutung und es ist nicht ersichtlich, inwieweit dies der Förderung des Vertragszwecks diente. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass diese Leistung mit der Gewinnbeteiligungsabrede korrespondiert.

Möglicherweise dem Vertrag durch Auslegung zu entnehmende Leistungspflichten für die Jahre nach 2021 wären ebenfalls auf Grund des Vertragszwecks als absolute Fixschulden zu qualifizieren.

bb)

Die Klägerin hat die unter lit. a) aufgeführten absoluten Fixschulden für das Jahr 2021 unstreitig nicht erbracht, weshalb sie nach § 275 Abs. 1 BGB von ihrer Leistungspflicht wegen Unmöglichkeit kraft Zeitablaufs befreit wurde.

Es kann dahinstehen, ob dem Vertrag durch Auslegung Leistungspflichten der Klägerin für die Jahre nach 2021 entnommen werden können, wofür einiges sprechen würde, insbesondere auch die Einlassung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung (Bl. 53 d. A.). Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin irgendwelche nennenswerten Leistungen im Jahr 2022 oder 2023 erbracht hätte, weswegen die nachträgliche Erfüllung etwaiger anzunehmender Leistungspflichten ebenfalls nach § 275 Abs. 1 BGB unmöglich wären.

c)

Der in § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB bei einer Teilleistung – wie hier, vgl. lit. a) – enthaltene Verweis auf § 441 Abs. 3 BGB geht vorliegend ausnahmsweise mangels rechtlicher Teilbarkeit der Gegenleistungspflicht ins Leere, mit der Folge, dass die Gegenleistungspflicht insgesamt entfällt.

Die von § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB angeordnete entsprechende Anwendung des § 441 Abs. 3 BGB setzt voraus, dass die vom Gläubiger vertraglich geschuldete Gegenleistung teilbar ist. Sofern dies nicht der Fall ist (unteilbare Gegenleistung), scheidet eine entsprechende Anwendung des § 441 Abs. 3 BGB aus.

Ist die Gegenleistung unteilbar bzw. kann dem nicht ausgeschlossenen Teil der Leistung kein korrespondierender Teil der Gegenleistung zugeordnet werden, so ist die Leistung ebenfalls (rechtlich) nicht teilbar. Sofern der teilweise Ausschluss der Leistungspflicht unter anderem nach § 275 Abs. 1 BGB vom Schuldner nicht zu vertreten ist, geht die Anordnung der entsprechenden Anwendung des § 441 Abs. 3 BGB durch § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB ins Leere. Die entsprechende Anwendung der Norm ist in dieser Konstellation nicht möglich. In der Folge setzt sich der Kern der Regelung des § 326 Abs. 1 BGB, das funktionale Synallagma, durch, denn dem Gläubiger ist die Erbringung der (gesamten, unteilbaren) Gegenleistung aufgrund des (teilweisen) Ausschlusses der Leistung nicht zumutbar. Der Anspruch des Schuldners auf die Gegenleistung, der die eigene Leistung teilweise nicht erbringen kann, erlischt umfassend nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB. Sofern der Schuldner den teilweisen Ausschluss zu vertreten hat, ist § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB ebenfalls anwendbar. Eine Anwendung des § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 scheidet aus (zum Ganzen BeckOGK/Herresthal, 1.4.2022, BGB § 326 Rn. 142, 143, 146; MüKoBGB/Ernst, 9. Aufl. 2022, BGB § 326 Rn. 31 ff.; i.E. so auch BGH 30.10.1998 – V ZR 367/97, NJW-RR 1999, 346, unter II.; vgl. auch BeckOK BGB/H. Schmidt, 69. Ed. 1.2.2024, BGB § 326 Rn. 30).

Vorliegend ist die Gegenleistung (Gewinnbeteiligung) jedenfalls in rechtlicher Hinsicht nicht teilbar, weil ihr keine konkrete Leistungspflicht der Klägerin gegenübersteht, sondern sie – wie die Klägerin im Ergebnis auch selbst vorgetragen hat – ihre Rechtfertigung in der Gesamtheit der Leistungen der Klägerin findet, die nur zu einem untergeordneten Teil erbracht worden sind. Es kann dahinstehen ob die Klägerin für die Teilunmöglichkeit verantwortlich war, weil in jedem Falle § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB gilt.

d)

Der Gewinnbeteiligungsanspruch der Klägerin bleibt vorliegend auch nicht ausnahmsweise nach § 326 Abs. 2 S. 1 Var. 1 BGB erhalten, weil der Beklagte eine von der Klägerin für Mitte/Ende Juli 2021 anberaumte Ausstellung abgesagt hat. Denn der Beklagte ist für den Umstand, auf Grund dessen die Klägerin nach § 275 Abs. 1 BGB nicht zu leisten braucht (Zeitablauf), weder allein noch weit überwiegend verantwortlich. Selbst wenn die vom Beklagten verschobene Ausstellung stattgefunden hätte, hätte die Klägerin ihre Pflicht aus Ziff. 2 der Vereinbarung nur zu 2/5 erfüllt. Die anderen Pflichten der Klägerin, insbesondere aus Ziff. 3, 5, 6 und 9 der Vereinbarung wurden hierdurch nicht berührt. Im Übrigen hat der Beklagte ausweislich der Anlage K9 eine Verschiebung der Ausstellung vorgeschlagen und zwei Terminsvorschläge genannt. Das im gesamten Jahr 2021 kaum eine Leistungserbringung stattgefunden hat, lag nicht wenigstens überwiegend im Verantwortungsbereich des Beklagten. Im Übrigen ist eine Verantwortlichkeit des Beklagten für das Ausbleiben einer Leistungserbringung in den Jahren nach 2021 für das Gericht nicht erkennbar.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

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