Grundsatzurteil des Bundesfinanzhofs (BFH) stellt traditionelles Steuerprivileg von Sportvereinen in Frage
Bislang galt für Sportvereine laut der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) die Norm, dass sich die Sportvereine auf die allgemeine Steuerfreiheit gegenüber der Umsatzsteuerpflicht, die sich aus einer nationalen Rechtsprechung heraus ergibt, berufen konnten. Diese Steuerfreiheit ist im Endeffekt aus den Mehrwertsteuerrichtlinien heraus abgeleitet. Eben jene Rechtsprechung hat der BGH jetzt jedoch als Folge von einem Urteil des Gerichtshofs von der Europäischen Union aufgegeben. Der Grund für dieses Urteil des Gerichtshofs von der Europäischen Union ist ein Vorabentscheidungsersuchen, welches als Frage des Bundesfinanzhofs in Richtung der Europäischen Union erging.
Übersicht:
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Lediglich gewisse Bereiche der Sportvereine sind betroffen
Grundsätzlich ist jedoch nicht der gesamte Sportverein von dieser Rechtsprechung betroffen. Vielmehr bezieht sich die Entscheidung des Bundesfinanzhofs lediglich auf diejenigen Leistungen der Sportvereine, für die eine gesonderte Vergütung berechnet wird.
Die Entscheidung von dem Bundesfinanzhof hat jedoch grundsätzlich eine bindende Wirkung auf die Umsatzbesteuerung im gesamten Sportbereich.
Angesprochen wurde von dem Bundesfinanzhof in seinem Urteil ausdrücklich, dass Sportvereine auf der Grundlage der Rechtsprechung grundsätzlich als umsatzsteuerpflichtig gelten. Dies betrifft auch diejenigen Leistungen, welche die Sportvereine für ihre Mitglieder gegen die Zahlung des Mitgliedsbeitrages erbringen. Hieraus könnte sich jedoch in der gängigen Praxis eine Problematik ergeben, welche sich gesetzgeberisch durch eine Umsatzsteuerbefreiung lösen lässt. In der juristischen Welt wird diese Thematik bereits seit vielen Jahren, genauer gesagt seit 20 Jahren, ausgiebig diskutiert. Der Gesetzgeber indes hat diesbezüglich noch keine Maßnahmen ergriffen.
Der konkrete Fall
Der Bundesfinanzhof hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Golfverein nicht ausschließlich durch die Mitgliederbeiträge finanziert wurde. Der Golfverein hatte vielmehr aus der Sichtweise von der Finanzverwaltung auch Einnahmen aus gesonderten Leistungen, die gesondert vergütet wurden, erzielt. Diese Einnahmen seien, im Gegensatz zu den Mitgliedsbeiträgen, steuerbar. Als Beispiele für derartige gesonderte Leistungen nannte die Finanzverwaltung die Nutzung von dem Vereinsgolfplatz gegen gesonderte Entgelte sowie die Überlassung von entsprechenden Golfbällen auf Leihbasis nebst der Durchführung von Turnieren bzw. Veranstaltungen. Bei Turnieren bzw. Veranstaltungen sollte der Golfverein Startgelder von den Teilnehmern verlangt haben, welche als Einnahmen an den Golfverein gingen. Überdies soll der Golfverein auch Einnahmen aus dem Verkauf von Golfschlägern sowie der Überlassung von entsprechenden Caddys generiert haben.
Laut Ansicht der Finanzverwaltung seien eben jene Einnahmen steuerbar und somit umsatzsteuerpflichtig, sodass der Golfverein sich nicht auf die allgemeine Steuerfreiheit berufen konnte. Diese Ansicht begründete die Finanzverwaltung damit, dass der Golfverein durch die Generierung von Einnahmen aus gesonderten Leistungen den Status der Gemeinnützigkeit nicht mehr final innehatte. Überdies fehlte es auch an der hinreichenden Vermögenszweckbindung, falls der Golfverein jemals zur Vereinsauflösung anstehen würde.
Zweifel kamen auf
In der ersten Instanz hatte sich das Finanzgericht München 1 mit dem Fall zu befassen, welches der Klage des Golfvereins gegen die Entscheidung der Finanzverwaltung recht gab. Laut Ansicht des Finanzgerichts München 1 konnte sich der Sportverein sehr wohl auf die allgemeine Steuerfreiheit gem. Art. 132 Abs. 1 MwStSysRL berufen. In der Zwischenzeit kamen jedoch an dieser Ansicht Zweifel auf, sodass der Bundesfinanzhof im Zuge der Revision den Gerichtshof von der Europäischen Union für eine Vorabentscheidung anrief. Der Gerichtshof von der Europäischen Union entschied, dass sich der Golfverein eben nicht auf die allgemeine Steuerfreiheit berufen konnte.
Die Entscheidung wird umgesetzt
Der Bundesgerichtshof hat nunmehr seine Rechtsprechung an die Entscheidung des Gerichtshofs von der Europäischen Union angepasst und die Klage des Golfvereins abgewiesen. Dementsprechend gelten die Einnahmen, die der Golfverein aus den gesonderten Leistungen heraus generiert, steuerbar. Ein Grund für diese Entscheidung ist die klare Maßgabe des Gerichtshofs von der Europäischen Union, dass ein Vereinsvermögen für den Fall der Vereinsauflösung zweckgebunden einer Verteilung unterliegen kann. Dies ist eine zwingende Voraussetzung für die allgemeine Steuerfreiheit eines Vereins. In dem vorliegenden Fall jedoch fehlte es an eben jener Zweckbindung des Vereinsvermögens.
Die Angelegenheit ist spruchreif
Der Golfverein kann keine Steuerfreiheit auf anderweitiger Basis im Sinne des § 4 Nr. 22 UStG für sich beanspruchen, weshalb die Angelegenheit nunmehr als spruchreif gilt. Die Klage des Golfvereins war daher abzuweisen. Der § 4 Nr. 22 UStG sieht vor, dass andere kulturelle oder auch sportliche Veranstaltungen, die von Unternehmen des Buchstabens a UStG organisiert sowie als Veranstalter durchgeführt werden, steuerfrei sind. Dies setzt allerdings voraus, dass das Entgelt alleinig aus Teilnehmergebühren zusammengesetzt wird. Als entsprechende Unternehmen gelten dabei Personen d. öffentlichen Rechts oder Wirtschafts- bzw. Verwaltungsakademien sowie Einrichtungen mit gemeinnützigen Zweckausrichtungen nebst Volkshochschulen.
Der gemeinnützige Zweck muss dabei dem Zweck von einem Berufsverband angelehnt sein. Dementsprechend stellt der Art. 132 Abs. 1 Buchstabe m des MwStSysRL die unionsrechtliche Grundlage der Steuerfreiheit dar.
Im Fall des Golfvereins scheiterte die Steuerfreiheit auch daran, dass der Golfverein nicht als Einrichtung ohne ein Gewinnstreben angesehen wird. Der Gerichtshof von der Europäischen Union hat mit dem Urteil „Golfclub Schloss Igling“ die Entscheidung getroffen, dass die Begrifflichkeit der Einrichtung ohne ein Gewinnstreben als autonome unionrechtliche Begrifflichkeit anzusehen ist, welche zwingend verlangt, dass die Einrichtung im Auflösungsfall sämtliche erzielten Gewinne ausdrücklich nicht an die eigenen Mitglieder verteilen darf.
Vereinfacht ausgedrückt wird das Fehlen des Gewinnstrebens von Einrichtungen daran festgemacht, dass während der gesamten Dauer des Bestehens von der Einrichtung keinerlei Gewinne zugunsten der Mitglieder des Vereins erwirtschaftet werden können. Überdies ist der Status der Steuerfreiheit auch daran gekoppelt, dass die Einnahmen ausschließlich für die reine Fortführung des Vereinszwecks aufgewendet werden. Gewinne, die im Fall einer Vereinsauflösung an die Mitglieder verteilt werden könnten, führen damit automatisch zu dem Verlust des Status „ohne Gewinnstreben“, sodass auch die allgemeine Steuerfreiheit nicht mehr von der Einrichtung in Anspruch genommen werden kann.
Die Rechtslage bleibt kompliziert
Auch wenn durch die Entscheidung des Gerichtshofs von der Europäischen Union nunmehr eine gute Leitlinie für die Grundsatzfrage sowie die Zweifel, die an dem Urteil des Finanzgerichts München 1 bestanden haben, geschaffen wurde. Fakt ist, dass diese Entscheidung den Sportbereich im Zusammenhang mit der Steuerfreiheit grundlegend verändern wird. Fraglich ist lediglich, in welchem Umfang es die jeweiligen Vereine betreffen wird. Aus juristischer Sicht wird es gerade im Hinblick auf die Begrifflichkeit der Gewinnorientierung mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in naher Zukunft noch zu Gerichtsverfahren kommen, da die jeweiligen Vereinsstatuten entsprechend angepasst werden können. Fraglich ist auch, inwiefern Sonderveranstaltungen in Verbindung mit regionalen Kleinsponsoren bei Amateursportvereinen und dergleichen von der Rechtsprechung des Gerichtshofs von der Europäischen Union betroffen sein werden.
Es ist daher aktuell davon auszugehen, dass die juristische Frage, die seit 20 Jahren diskutiert wird, auch durch die Entscheidung des Gerichtshofs von der Europäischen Union letztlich nicht abschließend geklärt werden konnte. Allein in Deutschland gibt es eine wahre Vielzahl von Vereinen, die durch gesonderte Leistungen – wenn auch in einem kleineren Umfang – Einnahmen generieren. Es dürfte für die allgemeine Finanzverwaltung durchaus eine wahre Mammutaufgabe werden zu überprüfen, inwieweit diese Einnahmen letztlich der reinen Fortführung des Vereinszwecks dienen oder inwieweit es sich um steuerbare Einnahmen handelt.