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Restschuldbefreiung – fehlende Erwerbsbemühungen

AG Göttingen

Az: 71 IN 122/05

Beschluss vom 08.09.2011


1. Die beantragte Restschuldbefreiung wird versagt.

2. Die bewilligte Stundung der Verfahrenskosten wird aufgehoben.

Gründe

I.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Gläubigerin das Ziel, entgegen dem Beschluss des Amtsgerichts vom 31.01.2011 dem Insolvenzschuldner die Restschuldbefreiung zu versagen, nachdem in dem genannten Beschluss der Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zurückgewiesen worden war. Der Beschwerde ist im Abhilfeverfahren statt zu geben.

Auf seinen Eigenantrag hin war über das Vermögen des Schuldners mit Beschluss vom 26.09.2005 das Insolvenzverfahren unter gleichzeitiger Bewilligung der Stundung eröffnet worden. Das Gläubigerverzeichnis weist 61 Gläubiger mit Forderungen in Höhe von mehr als 730.000 € auf.

Nachdem der Schuldner ab November 2004 bis letztendlich zum 30.11.2009 eine Haftstrafe hatte antreten müssen, führte er in diesem Zeitraum die pfändbaren Beträge seines Eigengeldes ab, wobei mit Beschluss des Gerichts vom 05.10.2007 angeordnet worden ist, dass dem Schuldner ein monatlicher Betrag in Höhe von 118 € zusätzlich zu dem nach § 850 c ZPO unpfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens pfandfrei zu belassen seien. Grund hierfür war, dass er glaubhaft gemacht hatte, zusätzliche Beträge zur Finanzierung seines Fernstudiums zum geprüften Immobilienfachwirt IHK bei der Studiengemeinschaft Darmstadt zu benötigen. Diese Ausbildung hat der Schuldner nicht mit Erfolg beendet. Laut Bericht des Verwalters vom 07.08.2008 hatte sich (auch) aus den pfändbaren Beträgen des Schuldners ein Guthaben auf dem Treuhandkonto in Höhe von 1.680,75 € angesammelt, welches sich letztendlich bis zum August 2009 auf über 2.600 € belief.

Nach seiner Entlassung aus der Haft fand der Schuldner anschließend eine Beschäftigung bei einer Zeitarbeitsfirma, der ihm nach wenigen Wochen zum 15.12.2009 gekündigt wurde. Der Schuldner als jetzt fünfzigjähriger Industriekaufmann meint, auch in der Folgezeit alles getan zu haben, eine Anstellung zu finden. Dies sei ihm aber unter Berücksichtigung seiner Vita ohne eigenes Verschulden nicht gelungen.

Mit Schriftsatz vom 30.12.2010 beantragte eine Gläubigerin des Schuldners, diesem die angekündigte Restschuldbefreiung zu versagen, weil der Schuldner in der Vergangenheit gegen seine Erwerbsobliegenheiten verstoßen habe. Er habe sich nicht genügend auf dem Arbeitsmarkt bemüht, dies habe auch zu einer Beeinträchtigung der Befriedigung der Gläubiger geführt, denn der Schuldner hätte ansonsten wenigstens einen pfändungsfreien Einkommensbetrag von mehr als 100 € monatlich erzielen können. Dieser sei damit der Insolvenzmasse entgangen.

Der Schuldner hat dies in Abrede gestellt. Er habe sich, wie er teilweise näher ausführt, um Arbeit beworben. Spätestens zum 01.03.2011 sei ihm ein Arbeitsverhältnis – wie dann auch geschehen – in Aussicht gestellt worden, wobei sich allerdings im Nachhinein herausgestellt hat, dass dort keine pfändbaren Beträge zu erzielen sind. Der Insolvenzverwalter hat in einem ergänzenden Bericht hierzu Stellung genommen, er sieht die Bemühungen des Schuldners um Arbeit für genügend an.

Mit Beschluss vom 31.01.2011 hat das Gericht den Antrag der Gläubigerin auf Versagung der Restschuldbefreiung zurückgewiesen und hierbei ausgeführt, dass die Ausführungen des Schuldners zu Arbeitsbemühungen nachvollziehbar und tragfähig seien, eine schuldhafte Pflichtverletzung könne nicht festgestellt werden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Gläubigerin.

II.

Auf die Beschwerde war im Hinblick auf weitere Ermittlungen dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen, weil nach den vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 19.05.2011 (IX ZB 224/09) aufgestellten Grundsätzen der Schuldner sich nicht angemessen um weitere Beschäftigung bemüht hat, ferner ist durch die Gläubigerin hinreichend dargetan, dass sich dieses Verhalten auch schädigend auf die Gläubiger ausgewirkt hat, denn nach dem vorgelegten und unbestritten Zahlenmaterial der Gläubigerin hätte der Schuldner selbst unter Berücksichtigung einer weiteren Unterhaltsverpflichtung monatlich pfändbare Beträge von wenigstens 100 € zugunsten der Masse erzielen können.

Nach der genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss von einem Schuldner erwartet werden, dass er eigene Bemühungen um Arbeit glaubhaft nachweist, die im Jahresdurchschnitt ca. 10 – 12 Bewerbungen im Monat umfassen müssen. Eine derartige Bewerbungszahl hat der Schuldner für die Zeit nach seiner Haftentlassung auch nicht ansatzweise vorgebracht, der allgemeine Hinweis darauf, er sei zu alt, auch unter Berücksichtigung seiner langjährigen Haftstrafe sei ihm ein Neustart nicht möglich, verfängt dabei nicht.

Allein die Meldung bei der zuständigen Agentur für Arbeit als arbeitsuchend reicht als Arbeitssuche gleichfalls nicht aus. Der arbeitslose Schuldner muss sich selbst um eine Arbeitsstelle bemühen.

Der Schuldner war folglich nach der Kündigung seines Kurzzeitjobs im Zeitraum vom 15.12.2009 bis 28.02.2011 nicht unverschuldet ohne Beschäftigung, in diesem Zeitraum von mehr als 14 Monaten hätte er wenigstens ca. 140 Bewerbungen substantiiert dartun müssen. Dies hat er nicht vorgebracht. Aus seinen Erwiderungen ist nur ersichtlich, dass er sich im Zeitraum April 2010 bis Februar 2011, also für die Dauer von 11 Monaten, zweimal konkret um Stellen auf dem Arbeitsmarkt bemühte.

Ebenso genügend dargetan ist die von § 296 Abs. 1 S. 1 InsO geforderte finanzielle Beeinträchtigung der Gläubiger, denn das durchschnittliche monatliche Bruttoeinkommen eines Industriekaufmanns oder Fachwirts in Niedersachsen liegt bei knapp unter 3.000 €, wie entsprechende Internetrecherchen darlegen.

Ist, wie die Gläubigerin errechnet, damit ein Nettoeinkommen in Höhe von 1.800 € zugrunde zu legen, verblieben dem Schuldner folglich bei Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit mehr als 200 €, die an die Gläubiger abgeführt werden könnten.

Weiter hat das Insolvenzgericht sein Ermessen dahin ausgeübt, die bewilligte Stundung gem. § 4 c Nr. 5 InsO aufzuheben. Das Verhalten des Schuldners stellt sich als schwere Pflichtverletzung dar, die eine Aufhebung der Stundung rechtfertigt. Die Entscheidungsbefugnis hat der Richter gem. § 18 Abs. 2 Satz 3 RpflG an sich gezogen.

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