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Einstandspreis: Verkäufe darunter wettbewerbswidrig

Landgericht Coburg

Az.: 1 HK O 98/01

Urteil vom 11.04.2002


In dem Rechtsstreit wegen Feststellung hat der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Coburg, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. April 2002 für Recht erkannt:

1. Es wird festgestellt, dass ein Unterlassungsanspruch der Beklagten gegen die Klägerin, wie dieser mit der Abmahnung vom 24.11.2001 der Rechtsanwälte … (Aktenzeichen 7…/2001) geltend gemacht wurde, nicht besteht.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000 Euro vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien betreiben auf demselben Markt Einzelhandel u. a. mit Elektrogeräten und Geräten der Unterhaltungselektronik. Mit Anwaltsschreiben vom 24.11.2001 mahnte die Beklagte die Klägerin ab, weil sie in zwei Werbungen drei bestimmte Geräte unter Einstandspreis angeboten habe, nämlich am 13.9.2001 ein CD-Autoradio Pioneer DEH 1300 sowie einen Radiorecorder mit CD-Player Grundig KR CD 120 und, am 22.10.2001, eine Kühlgefrierkombination Bosch KSV 2004. Die Beklagte drohte gerichtliche Verfolgung und Schadensersatzforderungen an.

Die Klägerin meint, auch Angebote unter Einstandspreisen seien nicht wettbewerbswidrig. Sie macht geltend, sie habe rechtliches Interesse, „die Berechtigung der Abmahnung“ klären zu lassen; die Angaben der Beklagten zu den Einstandspreisen seien unzutreffend und beruhten ersichtlich auf Mutmaßungen; es liege auf der Hand, dass die Klägerin als europäischer Marktführer der Branche andere Einkaufskonditionen als die Beklagte habe; zur Wahrung der Betriebsgeheimnisse der Klägerin sei sie zu Angaben zu ihrem Einstandspreis nicht veranlasst.

Die Klägerin beantragt:

Es wird festgestellt, dass ein Unterlassungsanspruch der Beklagten gegen die Klägerin, wie dieser mit der Abmahnung vom 24.11.2001 der Rechtsanwälte … (Aktenzeichen: 7…/2001) geltend gemacht wurde, nicht besteht.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, die Einkaufspreise der Klägerin hätten bei Berücksichtigung aller möglichen Abzüge 305,66 DM, 239,89 DM und 92,22 DM betragen, während die Klägerin mit netto 254,00 DM, 214,00 DM und 83,00 DM angeboten habe. Zum Beweis legt die Beklagte Schreiben der Hersteller vor und bietet Mitarbeiter der jeweiligen Hersteller als Zeugen sowie Sachverständigenbeweis an.

Wegen Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die negative Feststellungsklage, die auf das Nichtbestehen eines gegen die Klägerin wegen eines angeblichen Wettbewerbsverstoßes geltend gemachten Unterlassungsanspruchs gerichtet ist, ist zulässig. Hier besteht grundsätzlich ein Interesse an alsbaldiger Feststellung, ohne dass es darauf ankommt, ob die Klägerin auch auf Leistung in Form der Unterlassung weiterer, auf den angeblichen Anspruch gestützter Angriffe des Beklagten klagen konnte (vgl. BGH GR 85, 571 (573); Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, RN 497 Einl UWG).

Die Klage ist auch begründet. Auf die wirklichen Einstandspreise der Klägerin, auf die Beweislast oder auf die „sekundäre Darlegungslast“ hierzu kommt es nicht an, denn es ist nicht grundsätzlich wettbewerbswidrig, unlauter oder sittenwidrig, Waren unter Selbstkosten oder unter Einstandspreis zu verkaufen (vgl. u. a. OLG Hamburg – 3 U 261/98 – vom 25.02.1999 und – 3 U 96/96 – vom 22.08.1996; OLG München – 6 U 2608/97 – vom 12.02.1998; OLG Naumburg – 9 U 125/96 – vom 27.08.1996; BGH NJW-RR 1989, 356). Dem Unternehmer steht es im Rahmen der geltenden marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftsordnung grundsätzlich frei, seine Preisgestaltung in eigener Verantwortung vorzunehmen; danach sind auch Verkäufe unter dem Einstandspreis zulässig, sofern nicht besondere, die Sittenwidrigkeit eines solchen Verhaltens begründete Umstände hinzutreten (BGH a.a.O.). Besondere Umstände sind nicht dargetan und nicht ersichtlich. Insbesondere ist aus den beanstandeten Preisgestaltungen zu drei einzelnen Waren in zwei Werbemaßnahmen aus einer gerichtsbekannt großzügigen Warenauswahl in beiden Unternehmen nicht die Zielsetzung erkennbar, die Beklagte als Wettbewerber zu verdrängen oder gar zu vernichten (BGH) oder allgemein die Mitbewerber vom Markt zu verdrängen und dadurch den Wettbewerb auf dem Markt völlig oder nahezu aufzuheben. Im Übrigen bezieht sich die Feststellungsklage auf eine ganz bestimmte Abmahnung. Diese ist mit ihrem nicht gerechtfertigt, weil die darin vertretene Meinung der Beklagten, es sei grundsätzlich wettbewerbswidrig, unter Einstandspreis anzubieten, der Rechtslage nicht entspricht.

Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 91, 709 ZPO.

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