Amtsgericht Erfurt
Az: 11 C 894/07
Urteil vom 26.03.2008
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zahlung in Anspruch.
Die Wochenendsiedlung des Klägers umfasst 118 Parzellen. Die Beklagten haben von dem Kläger mit Kaufvertrag vom 19.06.1999 die Parzelle 37 erworben. Die Beklagten waren Mitglied des Klägers und habe ihre Mitgliedschaft mit Schreiben vom 03.05.2003 gekündigt.
Die Gartenparzellen der Wochenendsiedlung waren in der Vergangenheit an die Strom- und Wasserversorgung gemeinsam angeschlossen. Dabei erfolgte die Abwasserentsorgung über Klärgruben. Zur Erlangung des Status als ein zur Erholung dienendes Sondergebiet nach § 10 BauNVO beabsichtige der Kläger den Abschluss eines städtebaulichen Vertrages mit der Verwaltungsgemeinschaft …. Als Voraussetzung dafür mußte durch den Wasser- und Abwasserzweckverband … eine Kläranlage errichtet werden. Die Erschließung innerhalb der Wochenendsiedlung sollte durch den Kläger selbst erfolgen und die Wochenendsiedlung dann über einen Kanal an die Kläranlage angeschlossen werden.
Die Mitgliederversammlung des Klägers faßte am 24.11.2001 einen Beschluss über die abwasserseitige Erschließung der Wochenendsiedlung bei eigener Kostentragung. Die Beklagten haben gegen den Beschluss gestimmt.
Einen weiteren Beschluss zur Kostenumlage hat die Mitgliederversammlung am 09.11.2002 gefaßt. In der Liste zum Protokoll sind die Beklagten mit einem Kostenanteil von 1.142,41 € und 36,64 € erfaßt. Auch hier haben die Beklagten gegen den Beschluss gestimmt.
In der Mitgliederversammlung vom 22.11.2003 wurde ein Beschluss über die Bestätigung der Beschlussfassung vom 09.11.2002 gefaßt. Gleichzeitig wurde beschlossen, dass die Umlagen zum 15.12.2003 fällig sind. Auch hier haben die Beklagten gegen den Beschluss gestimmt.
In der Mitgliederversammlung am 08.03.2003 wurde schließlich ein Beschluss über die Umlage der Kosten für den Bau der Kläranlage gefaßt, wonach jedes Mitglied verpflichtet ist, einen Betrag von 1.000,00 € zu zahlen. Bei der Beschlussfassung haben sich die Beklagten der Stimme enthalten.
Die Parteien haben am 19.09.2004 zum 01.01.2004 einen Vertrag über die Nutzung der Wasser- und Stromversorgung des Klägers durch die Beklagten geschlossen. Darin haben sich die Beklagten neben der Zahlung für die verbrauchten Versorgungsleistungen zur Entrichtung eines pauschalen Nutzungsentgeltes für die Nutzung und Unterhaltung der Gemeinschaftseinrichtungen u. a. für den Wasser- und Stromverbrauch und die Abwasserentsorgung sowie einer weiteren Verwaltungskostenpauschale verpflichtet.
Die Beklagten haben auf Grundlage der Anordnung des Wasser-/Abwasserzweckverbandes … vom 14.12.2005 über den Anschluss ihres Grundstücks an die öffentliche Entwässerungseinrichtung mit der Anbindung des Klägers an die Kläranlage den Anschluss ihres Grundstücks am 20.07.2006 in Betrieb genommen.
Der Kläger ist der Meinung, dass auch ohne eine ausdrückliche Regelung zur Umlageerhebung in der Satzung 1998 durch die entsprechenden Beschlüsse der Mitgliederversammlung eine ausreichende Rechtsgrundlage geschaffen wurde. Im übrigen sei das Recht zur Erhebung von Umlagen in die Satzung vom 08.03.2003 aufgenommen worden. Auch habe die Mitgliedschaft der Beklagten noch bis 31.12.2003 bestanden, da entsprechende Bedingungen für die Kündigung der Mitgliedschaft ebenfalls in die Satzung 2003 aufgenommen wurden. Schließlich hätten die Beklagten das Fortbestehen ihrer Mitgliedschaft auch durch die Teilnahme an der Mitgliederversammlung am 22.11.2003 zum Ausdruck gebracht. Zudem hätten die Parteien in der Vereinbarung vom 19.09.2004 einvernehmlich geregelt, dass die Beklagten ihre Mitgliedschaft zum 31.12.2003 gekündigt haben. Der Kläger ist daher der Meinung, dass die Umlagen damit vor dem Ausscheiden der Beklagten aus dem Verein fällig geworden sind.
Darüber hinaus sei der Anspruch wegen Geschäftsführung ohne Auftrag begründet, da der entgegenstehende Wille der Beklagten unbeachtlich sei, soweit die Erschließung der Wochenendsiedlung im öffentliche Interesse liegt. Dies ergebe sich aus der Verpflichtung der Beklagten zur ordnungsgemäßen Entsorgung des Abwassers aus dem Bescheid des Wasser- und Abwasserzweckverbandes vom 14.12.2005. Der Anspruch sei auch insoweit begründet, als die Beklagten zur Herausgabe der Bereicherung verpflichtet seien, da das Grundstück durch den Anschluss an die Abwasseranlage eine Wertsteigerung erfahren habe. Zudem hätten die Beklagten durch den Anschluss ihrer Gartenparzelle und die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit auf der in ihrem Miteigentum stehenden Wegeparzelle das Handeln des Klägers genehmigt. Da die Beklagten durch die ersparten Aufwendungen durch die Kosten einer eigenen Erschließung zumindest aber der Beitragserhebung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes einen Vorteil erlangt hätten, liegt auch keine aufgedrängte Bereicherung vor. Schließlich sei der Anspruch auch wegen ungerechtfertigter Bereicherung der Beklagten begründet, da der Anschluss an die zentrale Abwasserentsorgungseinrichtung zu einer Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzungswertes des Grundstücks führt. Immerhin sei das Grundstück der Beklagten durch Anschluss an die zentrale Abwassersentsorgungseinrichtung des Klägers nicht mit einer Beitragsschuld, die als öffentliche Last auf dem Grundbesitz ruht, belastet.
Der Kläger beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 2.434,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2003 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen
Klageabweisung.
Die Beklagten wenden ein, dass die Beschlüsse der Mitgliederversammlungen zur Kostenumlage wegen fehlender satzungsmäßiger Rechtsgrundlage insgesamt nichtig sind. Soweit in der Mitgliederversammlung vom 08.03.2003 eine Satzungsänderung beschlossen wurde, sei diese jedoch erst mit deren Eintragung am 03.06.2003 wirksam geworden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Mitgliedschaft der Beklagten bereits beendet gewesen, da die Kündigung der Beklagten mit Zugang am 03.05.2003 wirksam geworden ist. Die damals noch gültige Satzung 1998 enthält keinerlei Bestimmungen über eine eventuell zu beachtende Kündigungsfrist.
Da der Kläger die Abwasserentsorgungsanlage von Anfang an gegen den ausdrücklichen Willen der Beklagten errichtet hat, bestehe auch kein Anspruch wegen Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus ungerechtfertigter Bereicherung. Den Beklagten sei aus der abwasserseitigen Erschließung ihrer Gartenparzelle keinerlei subjektiver Nutzen entstanden. Vielmehr hätten sich die Kosten durch Zahlungen an den Wasser- und Abwasserzweckverband und an den Kläger deutlich erhöht. Der Kläger könne sich auch nicht auf ein öffentliches Interesse für die abwasserseitige Erschließung berufen, da die Initiative hierfür stets allein von dem Kläger ausgegangen sei. Der Wasser- und Abwasserzweckverband hingegen hätte es niemals zur Auflage gemacht, die Vereinsanlage abwasserseitig zu erschließen. Allein wegen der vom Kläger geschaffenen Abwasserentsorgung sei für die Beklagten der Anschluss- und Benutzungszwang entstanden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
Das Amtsgericht Erfurt ist für den Rechtsstreit örtlich zuständig. Dabei ergibt sich die Zuständigkeit für Streitigkeiten zwischen dem Kläger und seinen Mitgliedern aus dem allgemeinen Gerichtsstand des Klägers, § 22 ZPO. Da der Kläger das angerufene Gericht bereits in seinem Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheids als für das streitige Verfahren zuständige Gericht angegeben hat wurde damit zugleich das Wahlrecht ausgeübt, §§ 690 Abs. 1 Nr. 5, 35 ZPO. Dies steht der beantragten Verweisung an das Gericht des allgemeinen Gerichtsstands der Beklagten entgegen.
Dem Kläger steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Zahlung der Umlage für die Kosten der Errichtung der Abwasserentsorgungsanlage aus der Mitgliedschaft der Beklagten zu. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten setzt eine entsprechende Regelung in der Satzung für die Erhebung von Sonderumlagen voraus. Derartiges ist in der gültigen Satzung 1998 nicht enthalten und kann in Ermangelung einer entsprechenden Regelung auch nicht aus dem Vereinszweck hergeleitet werden. Eine über die reguläre Beitragsschuld hinausgehende Umlagepflicht muß bei einem Idealverein nicht nur eindeutig aus der Vereinssatzung hervorgehen, sondern es muß auch ihre Obergrenze der Höhe nach bestimmt oder objektiv bestimmbar sein (OLG München, NJW RR 1998, 966). Derartige Beschränkungen dienen dem Schutz des einzelnen Mitglieds vor einer schrankenlosen Pflichtenmehrung durch die Mehrheit der Vereinsmitglieder. In Ausnahmefällen kann eine Umlage auch ohne Bestimmung einer Obergrenze in der Vereinssatzung wirksam beschlossen werden, wenn sie für den Fortbestand des Vereins unabweisbar notwendig und dem einzelnen Mitglied unter Berücksichtigung seiner eigenen schutzwürdigen Belange zumutbar ist. An eine solche aus der Treuepflicht abgeleitete Verpflichtung des Mitglieds, eine Sonderumlage zu zahlen, sind aber wegen des damit verbundenen Eingriffs in das Mitgliedschaftsrecht hohe Anforderungen zu stellen (BGH NJW RR 2008, 194). Es kann vorliegend dahinstehen, ob diese Voraussetzungen vorliegend gegeben sind, da das Mitglied unter den gegebenen Umständen jedenfalls zum Austritt aus dem Verein berechtigt ist. Allerdings stellt die Errichtung einer zentralen Abwasserbeseitigungsanlage keinen Grund dar, der bei Nichtausführung einer derartigen Baumaßnahme die Auflösung des Vereins zur Folge hätte. Allein das wohl überwiegende Interesse der Mitglieder an einer weitergehenden Nutzung der Wochenendgrundstücke reicht dafür nicht aus.
Die Beklagten waren aufgrund der Beschlussfassung über die Erhebung der Umlage berechtigt, aus dem Verein auszutreten. Das Vereinsmitglied, dem eine in der Satzung nicht vorgesehene Umlagelast aufgebürdet wird, kann mit der Folge aus dem Verein austreten, dass die Pflicht zur Zahlung der Umlage entfällt (LG Hamburg, NJW RR 1999, 1708; MüKo-BGB/Reuter 5. Auflage, § 38 Rnr. 40). Das Vereinsmitglied wird durch die Erhebung einer Umlage unvorhergesehen mit einer finanziellen Belastung konfrontiert, die es nicht tragen will oder nicht tragen kann, und mit der es sich nicht schon bei seinem Vereinsbeitritt einverstanden erklärt hat. Diese unvorhergesehene Pflichtenmehrung kann ihm die weitere Mitgliedschaft unzumutbar machen. Es muß ihr deshalb mit seinem Austritt aus dem Verein begegnen können (BGH a. a. O.). Soweit der Austritt in angemessenem zeitlichen Zusammenhang mit dem Wirksamwerden des Beschlusses zur Erhebung einer Sonderumlage erklärt werden muß, ist dies vorliegend der Fall. Nachdem die Beklagten zunächst gegen die Beschlussfassung über eine abwasserseitige Erschließung gestimmt hatten wurde in der Mitgliederversammlung am 08.03.2003 der Beschluss über die Höhe der Kostenumlage gefaßt. Unter Berücksichtigung einer angemessenen Überlegungsfrist ist daher die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 02.05.2003 zeitnah erfolgt. Da die Kündigung in Ermangelung einer Bestimmung in der Satzung sofort mit dem Zugang am 03.05.2003 wirksam geworden ist, endete die Mitgliedschaft auch vor der Fälligkeit der Umlage, § 39 Abs. 2 BGB. Soweit die Satzung 1998 keine Bestimmung über eine Austrittsfrist enthalten hat, kann sich der Kläger auch nicht auf eine allgemeine Übung der Mitglieder berufen. Die Austrittserklärung der Beklagten hat zwingend die Beendigung der Mitgliedschaft zur Folge und kann nur mit Zustimmung des Vereins zurückgenommen werden. Allein die spätere Teilnahme der Beklagten an der Mitgliederversammlung am 22.11.2003 kann nicht als Willenserklärung im Sinne eines Fortbestehens der Mitgliedschaft gewürdigt werden. Ein dahingehender Wille der Beklagten ist auch nicht der Vereinbarung vom 19.09.2004 zu entnehmen. Dies verbietet sich bereits vor dem Hintergrund, dass die Beklagten die Kündigung erklärt haben, um sich nicht an den Kosten für die Errichtung der Abwasserbeseitigungsanlage beteiligen zu müssen.
Bei der Würdigung der Kündigung der Beklagten kommt es auch nicht auf die Satzungsänderung vom 08.03.2003 an, da die Änderung der Satzung zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung in das Vereinsregister bedarf, § 71 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Dem Kläger steht auch aus dem Grundsatz der Geschäftsführung ohne Auftrag nach den § 677 ff. BGB kein Anspruch gegen die Beklagten zu. Die Geschäftsführung ohne Auftrag stellt ein auftragsähnliches gesetzliches Schuldverhältnis dar. Die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag sind daher ausgeschlossen bei abschließenden gesetzlichen Sonderregeln zwischen dem Geschäftsführer und dem Geschäftsherrn (Palandt, 65. Auflage, Einführung § 677 Rnr. 8). So regelt sich das Verhältnis zwischen den Parteien allein über die Bestimmungen über Vereine nach §§ 21 ff. BGB. Da dem Kläger aus den vorgenannten Gründen kein Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung der Umlage zusteht, kann das Handeln des Klägers nicht nach dem Grundsatz der Geschäftsführung ohne Auftrag zum Erfolg führen. Der Kläger hat auch kein Geschäft für die Beklagten geführt, sondern für seine Mitglieder eine zentrale Abwasserbeseitigungsanlage errichtet. Es ist dabei unbeachtlich, ob der Kläger der Meinung war, die Beklagten müßten sich bei fortbestehender Mitgliedschaft an den Kosten beteiligen.
Da die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag keine Anwendung finden, kann es auch dahinstehen, ob für die Beklagten wegen der Unbeachtlichkeit des entgegenstehenden Willens etwa eine Verpflichtung zur Kostenbeteiligung bestand, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt. Auch hier hat das Vereinsrecht Vorrang, so dass die Beklagten unter Umgehung dieser Bestimmungen nicht zur Zahlung verpflichtet werden können. Darüber hinaus bestand auch kein öffentliches Interesse an der Errichtung einer Abwasserbeseitigungsanlage für die Wochenendsiedlung des Klägers. Mit der Errichtung der Anlage wurden allein die persönlichen Interessen der Mitglieder verfolgt.
Dem Kläger steht auch kein Herausgabeanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen die Beklagten zu. Als Leistung im Sinne des Bereicherungsrechts ist jene Zuwendung zu verstehen, die bewußt und zweckgerichtet fremdes Vermögen vermehrt. Dabei kommt es in erster Linie darauf an, welchen Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen mit der Zuwendung verfolgt haben (BGH NJW 2004, 1169). Dabei reicht es nicht aus, wenn der Kläger die Abwasserentsorgungsanlage in irrtümlicher Annahme über eine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Umlage auch für diese errichtet hat. Es war für den Kläger durch das Verhalten der Beklagten klar erkennbar, dass diese weder an der Errichtung der Anlage interessiert waren noch bereit waren, die dadurch entstehenden Kosten zu tragen. Wenn der Kläger somit eine Leistung gegen den ausdrücklichen Willen der Beklagten erbracht hat, so kann er nun daraus keinen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereichung herleiten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass das Grundstück der Beklagten zwischenzeitlich an die Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossen wurde. Der Anschluss ist allein deshalb erfolgt, weil der Wasser- und Abwasserzweckverband die Beklagten wegen des Anschluss- und Benutzungszwangs dazu verpflichtet hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.