Es gibt in Deutschland jedes Jahr aufs Neue unzählige rechtliche Verfahren, welche die Zielsetzung einer Einigung zwischen den jeweils beteiligten Personen verfolgen. In der gängigen Praxis ist insbesondere der Vertragsabschluss zwischen zwei Menschen ein regelrechtes Musterbeispiel für ein derartiges rechtliches Verfahren. Sofern bei diesem Verfahren ein Rechtsanwalt hinzugezogen wird, entstehen Kosten, welche letztlich von den beiden Seiten gemeinschaftlich getragen werden müssen. Die gesetzliche Basis dieser Kosten stellt das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) dar.
Übersicht:
- Definition der Einigungsgebühr gemäß RVG
- Was ist der Zweck der Einigungsgebühr
- Honorierung für Rechtsanwälte bei gütlicher Einigung
- Zeit und Kosten sparen im Rechtsverfahren
- Wie wird die Einigungsgebühr berechnet?
- Gebühren im Gerichtsverfahren: Besonderheiten und Auswirkungen auf die Kosten
- Wann fällt die Einigungsgebühr an?
- Einigungsgebühr bei Vertragsabschluss mit besonderem Inhalt
- Voraussetzungen und Möglichkeiten laut BGH-Rechtsprechung
- Einhaltung von Formvorschriften
- Widerrufsfrist entscheidet über Einigungsgebühr
- Die Art der Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Einigung ist nicht gesetzlich festgelegt
- Wie wirkt sich die Einigungsgebühr auf die Gesamtkosten aus?
- Praktische Tipps für Anwälte und Mandanten
- Fazit
Ein wesentlicher Bestandteil dieser Kosten ist die sogenannte Einigungsgebühr, welche jedoch den wenigsten Menschen letztlich bekannt ist. In diesem Artikel soll diese Einigungsgebühr näher beleuchtet und vornehmlich die Fragen der Berechnung sowie Höhe beantwortet werden. Zudem werden auch die Faktoren, die für die Gebührenfestlegung eine wesentliche Rolle spielen, geklärt.
Definition der Einigungsgebühr gemäß RVG
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Die Einigungsgebühr definiert sich als eine allgemeine Rechtsanwaltsgebühr, die ihre rechtliche Grundlage in dem Vergütungsrecht der Rechtsanwälte hat. Sie ist dabei eine vollständig eigenständige Gebühr und kann somit zusätzlich zu anderen Rechtsanwaltsgebühren wie der Verfahrens- oder auch Geschäftsgebühr von dem Rechtsanwalt berechnet werden.
Was ist der Zweck der Einigungsgebühr
Durch die Einigungsgebühr sollen diejenigen Bemühungen von dem Rechtsanwalt honoriert werden, die auf eine Einigung der Parteien ohne die Inanspruchnahme eines Gerichts abzielen. Der wesentliche rechtliche Charakter der Einigungsgebühr liegt in dem Umstand, dass zwischen allen Beteiligten eine gütliche Einigung erzielt und das Rechtsverfahren durch diese einvernehmliche Einigung beendet wird.
Honorierung für Rechtsanwälte bei gütlicher Einigung
Ein weiterer Charakter der Einigungsgebühr liegt in der Honorierung des Rechtsanwalts für die besondere Verantwortung, die der Rechtsanwalt durch die Bemühungen zu einer gütlichen Einigung übernimmt. Durch eine derartige Tätigkeit erhöht der Rechtsanwalt rechtlich betrachtet sein Haftungsrisiko, da das Rechtsgeschäft eben nicht durch eine gerichtliche Entscheidung beendet wird. Zudem verfolgt die Einigungsgebühr den Zweck, dass der Rechtsfrieden gesichert und die Gerichte entlastet werden.
Zeit und Kosten sparen im Rechtsverfahren
Für die Beteiligten des Rechtsverfahrens ist die Einigungsgebühr ebenfalls von besonderer Bedeutung, da die Bestrebungen des Rechtsanwalts auf eine gütliche Einigung in dem Rechtsverfahren den Beteiligten weitergehende Kosten einsparen kann. Erfolgt eine außergerichtliche Einigung in einem Rechtsverfahren, so fallen für dieses Verfahren keinerlei weitergehende Kosten wie die Gerichtsgebühren an. Zudem wird ein Rechtsverfahren durch eine gütliche Einigung in der gängigen Praxis erheblich schneller beendet.
Wie wird die Einigungsgebühr berechnet?
Die gesetzliche Grundlage für die Berechnung der Einigungsgebühr findet sich in dem § 2 Abs. 2 RVG und in dem 1. Teil von dem Vergütungsverzeichnis (Nummer 1000) VV RV wieder. Als maßgebliche Berechnungsgrundlage dient dabei der Gegenstandswert, auf dessen Basis der Rechtsanwalt im Fall einer außergerichtlichen Tätigkeit einen 1,5 Gebührensatz berechnen darf. Beachtet werden muss allerdings, dass im Fall einer Zahlungsvereinbarung der Gegenstandswert gem. § 31b RVG lediglich in Höhe von 20 Prozent als Berechnungsgrundlage der Einigungsgebühr verwendet werden darf. Überdies ergeben sich auch Sonderregelungen für die Einigungsgebühr, wenn ein vollstreckbarer Titel vorliegt. Gem. § 25 RVG beläuft sich der Gegenstandswert dann auf den Forderungswert inklusive sämtlicher Zinsen und Nebenforderungen.
Gebühren im Gerichtsverfahren: Besonderheiten und Auswirkungen auf die Kosten
Sollte bereits ein Gerichtsverfahren anhängig sein, so wirkt sich dies gem. Nr. 1003 VV RVG auf den Gebührensatz der Einigungsgebühr aus. Ein Rechtsanwalt ist in derartigen Fällen lediglich zu einer Berechnung eines 1,0 Gebührensatzes berechtigt. Gem. Nr. 1004 VV RVG kann ein Rechtsanwalt einem Berufungs-/Revisionsverfahren einen 1,3 Gebührensatz berechnen. Eine andere Besonderheit ergibt sich aus dem § 183 SGG, welcher ganz bestimmte Personenkreise definiert. Für diese Personen gilt ein gerichtliches Verfahren vor der Sozialgerichtsbarkeit als gerichtskostenfrei. Demnach gibt es in derartigen Verfahren gem. § 3 Gerichtskostengesetz (GKG) auch keinen Gegenstandswert, auf dessen Basis ein Rechtsanwalt den Gebührensatz für die Einigungsgebühr festlegen könnte. Der § 3 RVG legt allerdings fest, dass in derartigen Verfahren die sogenannten Betragsrahmengebühren gem. Nummern 3102 und 3106 VV RVG in der ersten Instanz entstehen. Für die Berechnung der Einigungsgebühr wäre in derartigen Fällen die Höhe von der Geschäftsgebühr maßgeblich.
Wann fällt die Einigungsgebühr an?
Bei der Einigungsgebühr handelt es sich rechtlich betrachtet um eine Erfolgsgebühr. Sie fällt also gem. Nr. 1000 Vergütungsverzeichnis zu dem RVG dann an, wenn ein Rechtsanwalt eine aktive Mitwirkung bei dem Abschluss von einem Vertrag hat und wenn durch diesen Vertrag eine rechtliche Ungewissheit von den beteiligten Parteien oder ein Streit beigelegt wird. Es ist für das Entstehen der Einigungsgebühr nicht maßgeblich, ob ein Vergleich gem. § 779 Bürgerliches Gesetzbuch zwischen den Beteiligten geschlossen wird.
Einigungsgebühr bei Vertragsabschluss mit besonderem Inhalt
Die Einigung als solche ist bereits für das Auslösen der Einigungsgebühr ausreichend. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass der Inhalt der Einigung ebenfalls eine besondere Bedeutung hat. Sollte beispielsweise durch den geschlossenen Vertrag lediglich ein Anerkenntnis einer bestehenden Forderung von einem Gläubiger durch den Schuldner erfolgen oder der Gläubiger durch den Vertrag einen Verzicht auf seine Forderung aussprechen, so begründet dies keinen Anspruch des Rechtsanwalts auf eine Einigungsgebühr. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 13. April 2007 (Aktenzeichen II ZB 10/06) so festgelegt.
Voraussetzungen und Möglichkeiten laut BGH-Rechtsprechung
Eine weitere Voraussetzung für die Begründung der Einigungsgebühr ist der Umstand, dass zwischen den Beteiligten ein gewisser Streitgegenstand zur Disposition steht und dass dieser Streitgegenstand durch das aktive Mitwirken des Rechtsanwalts ausgeräumt wurde. Es wurde mittlerweile durch die ständige Rechtsprechung des BGH anerkannt, dass eine Einigungsgebühr von einem Rechtsanwalt auch bei Umgangsrechtsstreitigkeiten oder Sorgerechtsstreits erhoben werden kann. An die Einigung selbst hat der Gesetzgeber keine gesonderten Formbedingungen geknüpft. Es ist dementsprechend möglich, dass eine formfreie Einigung zwischen den Beteiligten geschlossen wird und dass dies die Einigungsgebühr auslöst.
Einhaltung von Formvorschriften
Sollte jedoch der Gesetzgeber in Form des materiellen Rechts für eine Einigung eine ganz bestimmte Form vorschreiben, beispielsweise bei einem Grundstückskaufvertrag, so muss der Rechtsanwalt bei der Einigung zwingend die entsprechenden Formvorschriften einhalten. Werden diese Formvorschriften nicht eingehalten, so kann der Rechtsanwalt für die Einigung – unabhängig von dem Umfang seines Mitwirkens – keine Einigungsgebühr erheben.
Widerrufsfrist entscheidet über Einigungsgebühr
Sollte die Einigung der Beteiligten lediglich unter dem Vorbehalt des Widerrufs geschlossen worden sein, so entsteht die Berechtigung des Rechtsanwalts zur Erhebung der Einigungsgebühr mit dem Ablauf der Widerrufsfrist. Es besteht aktuell keine einheitliche Rechtsprechung, wie es sich mit der Einigungsgebühr im Fall einer Einigungsanfechtung verhält. Die Frage, ob eine Einigungsgebühr auch rückwirkend noch entfallen kann, bedarf dementsprechend erst noch einer abschließenden rechtlichen Klärung.
Die Art der Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Einigung ist nicht gesetzlich festgelegt
Der Gesetzgeber hat aktuell an die Art oder Form der aktiven Mitwirkung eines Rechtsanwalts an der Einigung nur sehr geringe Mindestanforderungen festgelegt. Rechtlich betrachtet löst jede Mitwirkung eines Rechtsanwalts an einer Einigung bereits die Berechtigung zur Erhebung der Einigungsgebühr aus.
Wie wirkt sich die Einigungsgebühr auf die Gesamtkosten aus?
Nicht selten haben Beteiligte in einem Rechtsverfahren große Sorgen im Hinblick auf die Kosten, die mit einem derartigen Verfahren einhergehen. Da jedoch die Einigungsgebühr von einem Rechtsanwalt für einen Streitgegenstand lediglich ein einziges Mal erhoben werden darf und zudem die Gebühr von den Beteiligten auch gemeinschaftlich getragen wird, sind die Auswirkungen dieser Gebühr auf die Gesamtkosten als minimal zu betrachten.
Praktische Tipps für Anwälte und Mandanten
Sowohl Rechtsanwälte als auch Mandanten sollten möglichst transparent mit der Möglichkeit einer Einigung umgehen und dabei auch die Einigungsgebühr thematisieren. Wichtig hierbei ist, dass stets die Position aller Beteiligten betrachtet wird. Der Vernunftgedanke sollte dabei immer im Vordergrund stehen.
Fazit
Die Einigungsgebühr hat eine sehr große Bedeutung für Rechtsanwälte und Beteiligte in einem Rechtsverfahren. Für den Rechtsanwalt stellt diese Gebühr die Honorierung von einer aktiven Mitwirkung an einer außergerichtlichen Einigung dar, während hingegen Mandanten durch die Einigungsgebühr letztlich Gerichtsgebühren sowie auch lange Gerichtsverfahren vermeiden können.