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unternehmerische Garantieerklärung auf eBay – Anforderungen


Bundesgerichtshof

Az: I ZR 88/11

Urteil vom 05.12.2012


Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. April 2011 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten auch hinsichtlich der Variante „und/oder Letztverbraucher zur Abgabe von Angeboten zum Abschluss entsprechender Verträge aufzufordern …“ zurückgewiesen hat.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 14. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Bochum vom 21. Oktober 2010 im Umfang der Aufhebung und im Kostenpunkt abgeändert.

Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.

Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Klägerin 3/4 und die Beklagte 1/4. Die Kosten der Rechtsmittel werden der Klägerin zu 1/4 und der Beklagten zu 3/4 auferlegt.

Das Urteil ist für die Beklagte vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen


Tatbestand

Die Klägerin steht beim Vertrieb von Spielgeräten über das Internet mit der Beklagten in Wettbewerb. Sie nimmt diese wegen Angaben, die die Beklagte im Zusammenhang mit einem von ihr über die Internet-Plattform eBay am 20. Juni 2010 zum Preis von 577 € angebotenen Trampolin zur Herstellergarantie gemacht hat, auf Unterlassung in Anspruch.

Das betreffende Angebot enthielt auf der dritten Seite folgende Angaben:

Garantiefristen:

Trampolinrahmen: 5 Jahre

Schutzrand, Sprungtuch und Federn: 2 Jahre

Bei der Garantie handelt es sich um eine Garantie des Herstellers Berg Toys.

Die Garantiebedingungen finden Sie am Ende der Artikelbeschreibung.

Am Ende der Artikelbeschreibung befanden sich folgenden Informationen:

Berg Toys Garantie Bedingungen im Detail für das jeweilige Produkt:

BERG Favorit

BERG Favorit ist mit einem breiten Schutzrand ausgestattet, der die Federn vollständig bedeckt. Das Sprungtuch besteht aus Bisonyl und bietet die Gewähr für jahrelangen Spielspaß. Die Federn sind mittels Dreiecksösen am Sprungtuch befestigt und nicht weniger als 8-mal gesteppt.

Der Rahmen wurde sowohl an der Innen als auch an der Außenseite galvanisiert und ist daher rostbeständig. Dadurch hat das Trampolin eine lange Lebensdauer.

Garantiefristen:

Trampolinrahmen: 5 Jahre; Schutzrand, Sprungtuch und Federn: 2 Jahre

Bei den angegebenen Garantien handelt es sich um die Herstellergarantie der Firma BERG Toys Deutschland GmbH

Siemensstraße 32

47533 Kleve

Die Klägerin hat beantragt,

es der Beklagten unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Angebote zum Abschluss von Verbrauchsgüterkäufen über Produkte aus dem Sortiment Spielzeug und Spielgeräte zu offerieren und/oder Letztverbraucher zur Abgabe von Angeboten zum Abschluss entsprechender Verträge aufzufordern und hierbei mit Garantien zu werben, ohne auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf, dass diese durch die Garantie nicht eingeschränkt werden, hinzuweisen und/oder über den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, zu informieren.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es am Ende des Verbotstenors heißt: „wie geschehen in der Internetwerbung vom 24. Juni 2010 gemäß Anlage K 3 zur Klageschrift“ (OLG Hamm, Urteil vom 5. April 2011 – 4 U 221/10, juris).

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Die ordnungsgemäß geladene Klägerin war im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht nicht vertreten. Die Beklagte beantragt, über ihr Rechtsmittel durch Versäumnisurteil zu entscheiden.


Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat die Klage – beschränkt auf die konkrete Verletzungsform – für begründet erachtet, weil die Bestimmung des § 477 BGB eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG sei, gegen die die Beklagte verstoßen habe, da sie mit einer Herstellergarantie geworben habe, ohne die vom Gesetz geforderten genauen Angaben zu deren Bedingungen zu machen und darauf hinzuweisen, dass die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers durch die Garantie nicht eingeschränkt würden. Die beworbene Garantie stelle sich aus der insoweit maßgeblichen Sicht der angesprochenen Verbraucher ungeachtet dessen als vorteilhafter Bestandteil des Angebots der Beklagten dar, dass es sich um die Garantie eines Dritten handele. Da die Informationen, die dem Verbraucher nach § 477 BGB erteilt werden müssten, wesentliche Informationen seien, handle es sich auch nicht um einen Bagatellverstoß.

II. Obwohl die Klägerin im Verhandlungstermin vor dem Senat nicht vertreten war, ist über die Revision der Beklagten nicht durch Versäumnisurteil, sondern durch streitiges Urteil (unechtes Versäumnisurteil) zu entscheiden, soweit die Revision sich auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts als unbegründet erweist (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2012 – I ZR 24/11, GRUR 2012, 914 Rn. 10 = WRP 2012, 1257 – Take Five, mwN). Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte dadurch, dass sie in ihrem Kaufangebot keine Angaben zum Inhalt der dabei zugleich angebotenen Herstellergarantie gemacht hat, gegen § 477 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoßen hat (dazu unten unter II 1 bis 4). Mit Recht hat es auch angenommen, dass die Beklagte damit zugleich wettbewerbswidrig gehandelt hat und der von der Klägerin deswegen geltend gemachte Anspruch auf Unterlassen von Angeboten zum Abschluss von entsprechenden Verbrauchsgüterkaufverträgen ohne gleichzeitige hinreichende Angaben zum Inhalt der mit angebotenen Garantie begründet ist (dazu unten unter II 5). Dagegen reicht der Klageantrag hinsichtlich der Variante „und/oder Letztverbraucher zur Abgabe von Angeboten zum Abschluss entsprechender Verträge aufzufordern …“ zu weit. Die Klage ist deshalb in diesem Umfang durch echtes Versäumnisurteil unter teilweiser Aufhebung des Berufungsurteils und teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen (dazu unter II 6). Die Entscheidung beruht aber auch insoweit nicht auf der Säumnis der Klägerin, sondern stellt eine Sachentscheidung dar, die ebenso ergangen wäre, wenn die Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung ordnungsgemäß vertreten gewesen wäre (BGH, Urteil vom 20. Juli 2009 – I ZR 166/06, GRUR 2009, 1077 Rn. 10 = WRP 2009, 1380 – Finanz-Sanierung, mwN).

1. Nach der für den Verbrauchsgüterkauf im Sinne von § 474 Abs. 1 BGB geltenden und gemäß § 475 Abs. 1 BGB zwingenden Vorschrift des § 477 Abs. 1 Satz 1 BGB muss eine Garantieerklärung im Sinne des § 443 BGB einfach und verständlich abgefasst sein. Gemäß § 477 Abs. 1 Satz 2 BGB muss eine solche Erklärung zudem den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers und darauf, dass diese durch die Garantie nicht eingeschränkt werden (§ 477 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB), sowie den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben enthalten, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie den Namen und die Anschrift des Garantiegebers (§ 477 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB). Diese Bestimmungen setzen die Vorschrift des Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter in das deutsche Recht um. Unter den Begriff der Garantieerklärung fallen dabei nur Willenserklärungen, die zum Abschluss eines Kaufvertrags (unselbständige Garantie) oder eines eigenständigen Garantievertrags führen, nicht dagegen die Werbung, die den Verbraucher lediglich zur Bestellung auffordert und in diesem Zusammenhang eine Garantie ankündigt, ohne sie bereits rechtsverbindlich zu versprechen (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 2011 – I ZR 133/09, GRUR 2011, 638Rn. 26 bis 31 = WRP 2011, 866 – Werbung mit Garantie, mwN).

2. Danach sind die Fälle, in denen ein Unternehmer gegenüber einem Verbraucher eine Garantieerklärung in dem vorstehend genannten Sinn abgibt und diese Erklärung daher den in § 477 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB bestimmten Erfordernissen entsprechen muss, von einer Werbung danach abzugrenzen, ob der Unternehmer – wie im Zweifel bei durch das Internet übermittelten Aufforderungen zur Bestellung – nur eine invitatio ad offerendum gemacht (vgl. BGH, GRUR 2011, 638Rn. 32 – Werbung mit Garantie; BGH, Urteil vom 15. Dezember 2011 – I ZR 174/10, GRUR 2012, 730Rn. 43 = WRP 2012, 930 – Bauheizgerät) oder aber bereits ein rechtsverbindliches Angebot im Sinne des § 145 BGB abgegeben hat und der Verbraucher damit zu entscheiden hat, ob er dieses annehmen soll. Als Garantieerklärung, die den in § 477 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB bestimmten Erfordernissen entsprechen muss, ist deshalb im Falle einer selbständigen Garantie die auf den Abschluss eines Garantievertrags gerichtete Willenserklärung des Unternehmers und bei einer unselbständigen Garantie dessen auf die Modifikation der gesetzlichen Rechtsbehelfe des Verbrauchers gerichtete Willenserklärung anzusehen (MünchKomm.BGB/S. Lorenz, 6. Aufl., § 477 Rn. 3; Faust in Bamberger/Roth, BGB, 3. Aufl., § 477 Rn. 3 i.V.m. § 443 Rn. 14 f.). Dagegen ist in diesem Zusammenhang eine Unterscheidung zwischen selbständiger und unselbständiger Garantie nicht angebracht; insbesondere ist unerheblich, ob der Unternehmer auch der Verkäufer ist (Faust in Bamberger/Roth aaO § 477 Rn. 3 i.V.m. § 443 Rn. 11 f.). Die gegenteilige Auffassung vernachlässigt, dass gemäß § 443 BGB, Art. 1 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 1999/44/EG neben dem Verkäufer insbesondere auch der Hersteller Garantiegeber sein kann.

3. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen, unbeanstandet gebliebenen Feststellungen stellte sich die von der Beklagten beworbene Herstellergarantie aus der insoweit maßgeblichen Sicht der angesprochenen Verbraucher ungeachtet dessen als vorteilhafter Bestandteil des Angebots der Beklagten dar, dass es sich um die Garantie eines Dritten handelte. Ob die Beklagte dabei die Stellung einer Erklärungsvertreterin (§ 164 BGB) oder einer Erklärungsbotin (§ 120 BGB) hatte, ist für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung ohne Belang (vgl. unten Rn. 13).

4. Die Revision macht auch vergeblich geltend, dass Herstellergarantien nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 23. März 1988 – VIII ZR 58/87, BGHZ 104, 82, 85 f. mwN) jedenfalls in der Regel dadurch zustande kommen, dass der Ware – etwa in Form einer Garantiekarte – eine auf den Abschluss eines entsprechenden Vertrags gerichtete schriftliche Willenserklärung des Herstellers beiliegt und die Annahme dieser Erklärung durch den Käufer gemäß § 151 BGB unter Verzicht auf eine Willenserklärung und deren Zugang gegenüber dem Hersteller erfolgt. Es erscheint schon als zweifelhaft, ob diese Rechtsprechung auch nach der der Umsetzung der Richtlinie 1999/44/EG dienenden Änderung der §§ 443, 477 BGB noch gelten kann (vgl. dazu MünchKomm.BGB/H.P. Westermann aaO § 443 Rn. 7; Faust in Bamberger/Roth aaO § 443 Rn. 14). Ihre Anwendung kommt aber jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der Garantievertrag – wie im Streitfall – bereits zum selben Zeitpunkt wie der Kaufvertrag zustande gekommen ist.

5. Die weiteren Voraussetzungen für die wettbewerbsrechtliche Haftung der Beklagten sind – wie die Revision selbst nicht in Zweifel zieht – ebenfalls erfüllt (vgl. im Einzelnen BGH, GRUR 2011, 638 Rn. 16 bis 22 – Werbung mit Garantie, mwN). Der Umstand, dass die Beklagte die beanstandete Garantieerklärung nicht im eigenen Namen, sondern als Erklärungsvertreterin oder Erklärungsbotin des Herstellers abgegeben hat, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, weil die Beklagte dabei zugleich zugunsten ihres eigenen Unternehmens gehandelt hat. Zudem hätte auch bei einem Tätigwerden allein zugunsten des Herstellers eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vorgelegen.

6. Wie bereits dargelegt (oben Rn. 10), brauchte die Beklagte, soweit sie Letztverbraucher lediglich zur Abgabe von Angeboten zum Abschluss entsprechender Verträge aufforderte, noch nicht die bei Angeboten gemäß § 477 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderlichen Angaben zu machen. Der Klageantrag und die dementsprechende Verurteilung der Beklagten reichten daher in dieser Hinsicht zu weit. Der Umstand, dass beide auf den von der Klägerin beanstandeten konkreten Internetauftritt der Beklagten vom 24. Juni 2010 bezogen waren, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung; denn dieser Auftritt konnte je nach den Umständen, unter denen er erfolgte, entweder bereits ein Angebot oder aber auch nur eine Aufforderung an die Letztverbraucher darstellen, ihrerseits ein Angebot abzugeben. Die Klage ist daher in diesem Umfang unter teilweiser Aufhebung des Berufungsurteils und teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils durch (echtes) Versäumnisurteil abzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 2 ZPO.


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